Gesetzestext

 

Von dem Fiskus als gesetzlichem Erben und gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben kann ein Recht erst geltend gemacht werden, nachdem von dem Nachlassgericht festgestellt worden ist, dass ein anderer Erbe nicht vorhanden ist.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die Bestimmung des § 1966 BGB zieht aus dem Erfordernis des in §§ 1964 ff. BGB geregelten Feststellungsverfahrens Konsequenzen hinsichtlich der Rechtsstellung des Fiskus. Sie wirkt in zweifacher Richtung. Zum einen wird bezweckt, den Fiskus vor einer vorzeitigen, sprich vor Erlass eines Feststellungsbeschlusses i.S.d. § 1964 Abs. 1 BGB erfolgenden Inanspruchnahme durch Nachlassgläubiger zu schützen. Insoweit wird den Gläubigern zugemutet, ihre Forderungsbegehren für die Dauer der Erbenermittlung zurückzustellen.[1] Zum anderen gelangt in § 1966 BGB der gesetzgeberische Wille zum Ausdruck, dass der Fiskus den Nachlass nicht an sich ziehen können soll, bevor nicht die Feststellung nach § 1964 Abs. 1 BGB ergangen ist.[2]

 

Rz. 2

Ihrem sachlichen Anwendungsbereich nach ist § 1966 BGB auf die Regelung der Rechtsstellung des Fiskus als eines gesetzlichen Erben beschränkt. Soweit der Fiskus den Erblasser aufgrund gewillkürter Erbfolge beerbt, hat § 1966 BGB keine Bedeutung. In diesem Fall kann der Fiskus mit dem Nachlass verbundene Ansprüche sofort geltend machen und hinsichtlich Nachlassverbindlichkeiten auch sofort in Anspruch genommen werden. Sachlich bedeutungslos ist § 1966 BGB auch insoweit, als gegen den Fiskus als Erbschaftsbesitzer (§ 2018 BGB) nach den Vorschriften der §§ 2018 ff. BGB Ansprüche geltend gemacht werden. Diese Ansprüche und ihre Geltendmachung sind nicht von einer Feststellung gem. §§ 1964 f. BGB abhängig.

[1] Vgl. OLG Schleswig OLG-Report 1998, 358.
[2] Palandt/Weidlich, § 1966 Rn 1; Staudinger/Mesina, § 1966 Rn 1 m. Hinw. auf Mot. V, S. 380.

B. Tatbestand

 

Rz. 3

§ 1966 BGB bestimmt die rechtlichen Folgen hinsichtlich der Rechtsstellung des Fiskus unter Anknüpfung an die nachlassgerichtliche Feststellung, dass ein anderer Erbe nicht vorhanden ist. Der Feststellungsbeschluss nach § 1964 Abs. 1 BGB mit der Vermutungswirkung des § 1964 Abs. 2 BGB stellt mithin zeitlich und sachlich die für die Rechtsstellung des Fiskus als gesetzlichem Erben maßgebende Zäsur dar.

C. Rechtsfolgen

 

Rz. 4

Die rechtliche Folge der Feststellung nach § 1964 Abs. 1 BGB wird in § 1966 BGB dahin bestimmt, dass erst ab diesem Zeitpunkt von dem Fiskus als gesetzlichem Erben und gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben ein Recht geltend gemacht werden kann. Daraus folgt zugleich, dass bis zu diesem Zeitpunkt weder seitens des Fiskus noch gegen diesen ein Recht geltend gemacht werden kann.

 

Rz. 5

Unter dem Begriff des Rechts i.S.v. § 1966 BGB sind zunächst die mit der Stellung des Fiskus als gesetzlichem Erben verbundenen Rechte und Pflichten (Rechte gegen den Fiskus) zu verstehen.

 

Rz. 6

Erfasst wird darüber hinaus auch die Erbberechtigung des Fiskus als gesetzlichem Erben als solche.[3] Sachlich begründet ist die Einbeziehung der Erbberechtigung des Fiskus in § 1966 BGB unter dem Gesichtspunkt, dass der Gesetzgeber mit §§ 1964 f. BGB ein besonderes Verfahren zur Feststellung der Erbberechtigung des Fiskus normiert hat, das durch die Zulassung eines Feststellungsprozesses über diese Frage unter Umständen mit Bindungswirkung für das Nachlassgericht ausgehöhlt würde. Auch die Regelung des § 1965 Abs. 2 BGB der von der Zulässigkeit einer die Erbberechtigung des Erbprätendenten betreffenden Feststellungsklage ausgeht, steht insoweit nicht entgegen, als es hier um das Erbrecht des Erbanwärters geht.[4] Die Einbeziehung der Erbberechtigung hat zur Folge, dass der Fiskus bis zu einem Feststellungsbeschluss nach § 1964 Abs. 1 BGB seine Rechtsposition als gesetzlicher Erbe nicht im Wege einer Feststellungsklage geltend machen kann. Aus demselben Grund ist auch eine negative Feststellungsklage des Erbanwärters gegen den Fiskus des Inhalts, dass dieser nicht gesetzlicher Erbe ist, ausgeschlossen.[5] Denn dann müsste im Falle der Klageabweisung durch Sachurteil zwangsläufig die Erbberechtigung des Fiskus festgestellt werden, was allerdings nach dem oben Gesagten ausgeschlossen ist.

 

Rz. 7

Nicht wegen § 1966 BGB unzulässig ist hingegen die Klage eines Erbprätendenten gegen den Fiskus, mit welcher Ersterer die Feststellung seines Erbrechts begehrt (die Zulässigkeit einer solchen Klage ist durch § 1965 Abs. 2 BGB vorausgesetzt). Die Erbberechtigung des Erbprätendenten ist kein Recht gegen den Fiskus als gesetzlichen Erben i.S.d. § 1966 BGB. Aus dem gleichen Grund ist auch eine negative Feststellungsklage des Fiskus hinsichtlich der Erbberechtigung eines Erbanwärters nicht durch § 1966 BGB ausgeschlossen.[6]

 

Rz. 8

Der Begriff der Geltendmachung eines Rechts umfasst, wie bereits der im Vergleich zu § 1958 BGB abweichende Wortlaut deutlich macht, sowohl die außergerichtliche wie auch die gerichtliche Geltendmachung.[7] Diese sind bis zur Feststellung nach § 1964 Abs. 1 BGB sowohl für den Fiskus wie auch für Dritte gegen den Fiskus ausgeschlossen. Auch insowei...

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