Gesetzestext

 

(1)Der Erblasser kann durch Vertrag einen Erben einsetzen, Vermächtnisse und Auflagen anordnen sowie das anzuwendende Erbrecht wählen (Erbvertrag).

(2)Als Erbe (Vertragserbe) oder als Vermächtnisnehmer kann sowohl der andere Vertragschließende als ein Dritter bedacht werden.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Neben dem Testament bildet der Erbvertrag die zweite Art der Verfügung von Todes wegen. Das Testament ist jederzeit frei widerruflich, während der Erbvertrag die Vertragsparteien grundsätzlich bindet. Das gemeinschaftliche Testament unter Ehegatten fällt nicht unter die Vorschrift des § 1941 BGB. Es handelt sich hierbei um eine Zwischenform zwischen Einzeltestament und Erbvertrag, da hierin sowohl einseitige als auch wechselbezügliche Verfügungen mit bindender Wirkung getroffen werden können. Die Bindung tritt jedoch erst nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten ein. § 1941 BGB stellt den Begriff des Erbvertrages klar und regelt darüber hinaus, was zulässiger Inhalt eines Erbvertrages ist. Die Einzelheiten zum Erbvertrag finden sich in den §§ 2274 ff. BGB.

B. Rechtsnatur des Erbvertrages

 

Rz. 2

Beim Erbvertrag handelt es sich um eine Verfügung von Todes wegen, die in vertraglicher Form errichtet wird (Doppelnatur, d.h. Vertrag und Verfügung von Todes wegen). Der Erbvertrag hat rein erbrechtlichen Charakter und ist ein zweiseitiges Rechtsgeschäft von Todes wegen. Er ist eine vertragliche Vereinbarung, in der mindestens eine Person vertraglich bindend eine Person zum Erben eingesetzt hat bzw. ein Vermächtnis oder eine Auflage angeordnet wurde.[1] Es liegt weder ein schuldrechtlicher noch ein gegenseitiger Vertrag vor, da im Erbvertrag keine Verpflichtungen, insbesondere nicht die Verpflichtung zur Errichtung einer letztwilligen Verfügung, übernommen werden. Vielmehr werden die erbrechtlichen Regelungen bereits getroffen. Auch wenn ein Dritter in einem Erbvertrag bedacht wird, handelt es sich nicht um einen Vertrag zugunsten Dritter.[2] Der Erblasser geht nämlich keine Verpflichtung gegenüber dem Dritten ein. Enthält ein Erbvertrag Leistungspflichten, so ist von einem Rechtsgeschäft unter Lebenden auszugehen, das auch dann, wenn es zusammen mit einer letztwilligen Verfügung in einer Urkunde enthalten ist, nicht Bestandteil des Erbvertrages ist.[3] Die Verfügungen von Todes wegen wirken nicht auf die Rechtlage unter Lebenden. Es liegt daher im Erbvertrag keine sachenrechtliche Verfügung vor. Durch einen Erbvertrag bleibt die Freiheit des Erblassers, durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, gem. § 2286 BGB grundsätzlich unangetastet, jedoch wird der Erblasser durch den Abschluss eines Erbvertrages in seiner Testierfreiheit eingeschränkt. Ein Ehevertrag kann ebenfalls mit einem Erbvertrag verbunden werden. Es werden jedoch zwei verschiedene Verträge abgeschlossen, die nur in einer Urkunde zusammengefasst sind. Eine falsche Bezeichnung macht aus einem Erbvertrag keinen Ehevertrag.[4] Wird der Erbvertrag mit einem anderen Vertrag verbunden, kann darin ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S.v. § 139 BGB zu sehen sein.[5]

[1] BGHZ 26, 204.
[2] BGHZ 12, 115 = NJW 1954, 633.
[3] BGHZ 36, 65, 70 (Verbindung).
[4] LG München I FamRZ 1978, 364.
[5] BGH FamRZ 1966, 445; offenlassend BGHZ 29, 129, 131.

C. Rolle des Vertragspartners

 

Rz. 3

Die Rolle des Vertragspartners besteht darin, die letztwilligen Verfügungen des Erblassers in vertraglich bindender Form anzunehmen. Eine Verfügung von Todes wegen braucht er nicht zu errichten. In den Fällen, in denen auch der Vertragspartner Verfügungen von Todes wegen errichtet, handelt es sich um einen zweiseitigen oder gemeinschaftlichen Erbvertrag (§ 2298 BGB). Gem. § 1941 Abs. 2 BGB kann sowohl der andere Vertragspartner als auch ein Dritter zum Erben oder Vermächtnisnehmer eingesetzt werden. Von einem gegenseitigen Vertrag spricht man, wenn beide Vertragspartner letztwillige Verfügungen treffen und sich dabei gegenseitig bedenken.

D. Inhalt des Erbvertrages

 

Rz. 4

Der Erbvertrag kann sowohl vertragsmäßige als auch einseitige Verfügungen enthalten.

I. Vertragsmäßige Verfügungen

1. Allgemeines

 

Rz. 5

Vertragsmäßig bindend können nur Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen und die Wahl des anzuwendenden Rechts getroffen werden, § 2278 Abs. 2 BGB (= numerus clausus der vertragsmäßig vorzunehmenden Verfügungen). Sind derartige Verfügungen in einem Erbvertrag enthalten, bedeutet dies im Umkehrschluss jedoch nicht, dass sie vertragsmäßig getroffen worden sind. Es kann sich auch um einseitige Verfügungen handeln.[6] Vielmehr ist der erklärte Wille entscheidend. Damit jedoch ein wirksamer Erbvertrag vorliegt, muss wenigstens eine vertragsmäßige Verfügung enthalten sein.[7] Abs. 1 spricht nur von der positiven Erbeinsetzung. Daraus folgt, dass für den Fall, dass ein gesetzlicher Erbe ausgeschlossen wird, ohne eine Erbeinsetzung zu verfügen, diese Verfügung nicht in vertragsmäßiger Form erfolgen kann.[8]

[6] RGZ 116, 321, 323; BGHZ 26, 204, 208 f.; BGH NJW 1961, 120.
[7] MüKo/Leipold, § 1941 Rn 6.
[8] OLG München NJW-RR 2006, 82.

2. Rechtswahl

 

Rz. 6

Durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonsti...

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