Gesetzestext

 

Der Erblasser kann durch einseitige Verfügung von Todes wegen (Testament, letztwillige Verfügung) den Erben bestimmen.

A. Allgemeines

I. Testierfreiheit

 

Rz. 1

Der Grundsatz der Testierfreiheit ist im Gesetz nicht geregelt. Auch bzgl. des Verhältnisses der gesetzlichen zur testamentarischen Erbfolge enthält das Gesetz keine Regelung. Die §§ 19371941 BGB nennen die wichtigsten Verfügungen, die der Erblasser treffen kann. Daraus folgt, dass diese Regelungen somit die gesetzliche Verankerung der Testierfreiheit darstellen. Diese Regelungen betreffen teilweise die Form und teilweise den Inhalt des Rechtsgeschäfts, mit welchem der Erblasser bestimmen kann, welches Schicksal sein Vermögen nach seinem Tod erleiden soll. Dem Erblasser soll somit die Möglichkeit eingeräumt sein, nach seinen persönlichen Wünschen und Vorstellungen die Erbfolge zu regeln.[1] Ebenso wie das Eigentumsgrundrecht und auch der Grundsatz der Privatautonomie dient die Testierfreiheit somit der Selbstbestimmung des Einzelnen.[2] Der Testierfreiheit wurden durch den Gesetzgeber zwei Schranken gesetzt. Die eine Schranke stellt das Verbot sittenwidriger Verfügungen dar, die andere Schranke bildet das Pflichtteilsrecht.

[1] BVerfG NJW 2005, 1561.

II. Vorrang der gewillkürten Erbfolge

 

Rz. 2

Gem. § 1937 BGB kann der Erblasser durch Testament seinen Erben bestimmen. Zusammen mit der Regelung des § 1938 BGB, der Enterbung, sowie der Vorschrift des § 1941 BGB, der die vertragliche Erbeinsetzung regelt, ergibt sich hieraus der Vorrang der gewillkürten Erbfolge vor der gesetzlichen Erbfolge. Nur dann, wenn der Erblasser keine letztwillige Verfügung von Todes wegen getroffen hat, tritt die gesetzliche Erbfolge ein. Der Erblasser muss auch persönlich handeln, d.h., er kann die Ausübung seiner Testierfreiheit nicht einem Dritten überlassen. Dabei unterliegt er dem erbrechtlichen Typenzwang.

III. Sinn und Zweck des § 1937 BGB

 

Rz. 3

In § 1937 BGB werden die Begriffe Testament, Verfügung von Todes wegen und letztwillige Verfügung klargestellt bzw. voneinander abgegrenzt.[3]

[3] BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 1937 Rn 2; MüKo/Leipold, § 1937 Rn 3; BeckOGK/Tegelkamp, § 1937 BGB Rn 5.

B. Begriffe der Verfügung von Todes wegen, Testament, letztwillige Verfügung

I. Verfügung von Todes wegen als Oberbegriff

 

Rz. 4

Aus § 1937 BGB ergibt sich, dass der Terminus "Verfügung von Todes wegen" den Oberbegriff zu Testament und Erbvertrag darstellt.[4] Bei der Verfügung von Todes wegen handelt es sich um eine rechtsgeschäftliche Anordnung, die erst beim Tod wirksam wird und in einer bestimmten erbrechtlichen Form erfolgt.[5] Hierin liegt der Unterschied zu einem Rechtsgeschäft unter Lebenden, das ebenfalls erst mit dem Tod Wirkungen entfalten kann (siehe hierzu § 2301 BGB). Auch im bürgerlich-rechtlichen Sprachgebrauch außerhalb des Erbrechts kennt man den Begriff der Verfügung. Hiermit hat die Verfügung von Todes wegen jedoch nichts zu tun. Sie stellt auch keinen Unterfall der Verfügung im vorgenannten Sinne dar. In diesem Falle würde es sich um ein Rechtsgeschäft handeln, das die bestehende Rechtslage unmittelbar verändert, z.B. durch eine Übertragung oder Belastung. Die Rechtslage zu Lebzeiten des Erblassers bleibt durch eine Verfügung von Todes wegen jedoch unberührt. Im Übrigen ist in den Verfügungen von Todes wegen der Rechtsgrund für eine Zuwendung aus dem Vermögen des Erblassers bereits enthalten. Eines Verpflichtungsgeschäfts, welches bereicherungsrechtliche Ansprüche ausschließt, bedarf es daher nicht. Aus der Unterscheidung zwischen Verfügungen von Todes wegen und Verfügungen unter Lebenden[6] folgt, dass die allg. Vorschriften über Verfügungsgeschäfte, z.B. § 185 BGB, daher nicht anwendbar sind.[7]

[5] MüKo/Leipold, § 1937 Rn 4.
[6] BGH NJW 1995, 1087, 1088 = ZEV 1995, 221.
[7] MüKo/Leipold, § 1937 Rn 5.

II. Testament, letztwillige Verfügung

1. Einzeltestament

 

Rz. 5

Beim Testament handelt es sich um eine einseitige Verfügung von Todes wegen, d.h. eine Verfügung durch einseitige nicht empfangsbedürftige Willenserklärung des Erblassers. Der Inhalt der Verfügung, d.h., ob es sich um eine Erbeinsetzung, eine Vermächtniszuwendung, eine Enterbung etc. handelt, ist für den Begriff des Testaments unbedeutend, da die Regelung des § 1937 BGB die Begriffe Testament und letztwillige Verfügung gleichsetzt. Im Folgenden verwendet das Gesetz hingegen den Begriff des Testaments für die äußere Einheit der Verfügung, während die einzelnen Anordnungen als letztwillige Verfügungen bezeichnet werden. Der Gesetzgeber hat jedoch eine gewisse Unschärfe in Kauf genommen. Mit der Bezeichnung letztwillige Verfügung kann auch das gesamte Testament gemeint sein.[8]

 

Rz. 6

Das Gesetz spricht von "letztwilliger" Verfügung. Hieraus geht hervor, dass der letzte Wille maßgeblich ist, sofern er in der erforderlichen Form erklärt worden ist, und auch dass die Verfügung durch den Erblasser jederzeit bis zu seinem Tode frei widerrufen werden kann (§ 2253 Abs. 1 BGB).[9] Hierin unterscheidet sich das Testament vom Erbvertrag. Bei diesem sind die vertragsmäßigen Verfügungen grundsätzlich bindend. Der potenzielle Erbe erwirbt zu Lebzeiten des Erblassers auch kein etwa aufgrund des Testaments entstehendes Anwartschaftsrecht. Er hat ledigl...

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