Rz. 19

Das seit dem 1.1.1977 geltende Adoptionsrecht unterscheidet zwischen Minderjährigen- und Volljährigen-Adoptionen.

Für minderjährige Kinder gilt grundsätzlich die sog. Volladoption. D.h., dass das minderjährige Kind grundsätzlich Erbe erster Ordnung nach dem Annehmenden und sein Verwandtschaftsverhältnis zu seiner natürlichen Familien aufgelöst wird.[21] Es besteht daher keine gesetzliche Erbfolge des adoptierten Kindes zu den leiblichen Eltern (§ 1755 BGB). Das minderjährige adoptierte Kind wird in die Familie des Annehmenden vollständig eingegliedert und erlangt gegenüber den Verwandten (Eltern, Großeltern) ebenfalls ein volles Erbrecht (§ 1754 BGB). Eine Ausnahme besteht in den Fällen der Verwandten-, Verschwägerten- und Stiefkindadoption (§§ 1755 Abs. 2, 1756 Abs. 1 und 2 BGB).

 

Rz. 20

Bei der Stiefkindadoption (§ 1755 Abs. 2 BGB a.F.), bei der ein nichteheliches Kind eines verheirateten Elternteils von dessen Ehepartner bis zum 1.7.1998 angenommen wurde, ist ein gesetzliches Erbrecht nach diesem Elternteil und dessen Vorfahren nicht erloschen, weil das Verwandtschaftsverhältnis nur zu dem außerhalb der Ehe stehenden anderen Elternteil erloschen ist.[22] Zwischenzeitlich gilt § 1755 Abs. 2 BGB sowohl für nichteheliche als auch eheliche Stiefkinder. Es bleibt also in diesen Fällen bei einem Erbrecht nach dem Blutsverwandten des adoptierten Kindes. Dies gilt jedoch ausdrücklich nur für die Annahme des Stiefkindes durch den (neuen) Ehepartner des leiblichen Elternteils. Eine Privilegierung auch der Adoption durch den nichtehelichen Lebenspartner ist nicht vorgesehen.

 

Hinweis

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 26.3.2019[23] festgestellt, dass § 1755 Abs. 2 BGB in der derzeit geltenden Fassung gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, da es Kinder, deren einer Elternteil in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebt, gegenüber Kindern, deren einer Elternteil neu verheiratet ist, benachteiligt. Allein ein Abstellen auf eine zwischen dem Elternteil und dem Stiefelternteil bestehende oder nicht bestehende Ehe ist verfassungswidrig. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, bis zum 31.3.2020 eine Neuregelung zu treffen – bis zu diesem Zeitpunkt sind alle betroffenen Verfahren auszusetzen.

Bei einer Verwandtenadoption oder Verschwägertenadoption zweiten oder dritten Grades (also z.B. durch den Onkel oder die Tante) erlischt das Verwandtschaftsverhältnis des Kindes nur zu seinen Eltern, nicht aber auch zu seinen Großeltern (§ 1756 Abs. 1 BGB). Das adoptierte Kind wird insoweit gesetzlicher Erbe erster Ordnung nach seinen beiden leiblichen Großelternpaaren und nach dem durch die Adoption vermittelten Großelternpaar.

 

Rz. 21

In Fällen der Halbwaisenadoption, in denen der Ehegatte ein aus der durch Tod aufgelösten Vorehe stammendes Kind annimmt, bleibt das Verwandtschaftsverhältnis zu den Verwandten des vorverstorbenen leiblichen Elternteils erhalten, wenn der verstorbene Elternteil das elterliche Sorgerecht zum Zeitpunkt seines Todes hatte (§ 1756 Abs. 2 BGB).[24] Gleiches gilt nach § 9 Abs. 7 S. 2 LPartG bei Adoption eines Kindes des Lebenspartners.

 

Rz. 22

Bei der Adoption Volljähriger bleibt das Verwandtschaftsverhältnis zu den Blutsverwandten grundsätzlich bestehen (§ 1770 Abs. 2 BGB). Gegenüber den Verwandten des Annehmenden entsteht jedoch kein Erbrecht (§ 1770 Abs. 1 BGB). Auf Antrag können jedoch für die Adoption des Volljährigen die Regeln der Volladoption eines Minderjährigen zugesprochen werden (§ 1772 BGB). Allerdings kann ein entsprechender Antrag nicht nachträglich gestellt werden.[25]

[21] Kritisch hierzu Wetzel, ZEV 2011, 401.
[22] Palandt/Weidlich, § 1924 Rn 18. Vgl. zur Adoption des Kindes eines Lebenspartners § 9 Abs. 7 S. 2 LPartG und zur Frage der Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Sukzessivadoptionen nach § 9 Abs. 7 LPartG das Urt. des BVerfG v. 19.2.2013, NJW 2013, 847.
[23] ZErb 2019, 147.
[24] MüKo/Leipold, § 1924 Rn 19; LG Wuppertal FamRZ 2009, 1183.

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