Rz. 45

Neben dem Recht zur Totenfürsorge spielt das mit dem Leichnam in Verbindung stehende Aneignungsrecht eine besondere Rolle. Das Aneignungsrecht betrifft den Leichnam des Erblassers, der grundsätzlich als herrenlose Sache i.S.v. § 90 BGB angesehen wird. Der Leichnam geht nicht in das Eigentum der Erben über. Soweit der Erblasser auch hier keine anderweitigen Verfügungen getroffen hat, steht das Recht auf Aneignung den nahen Angehörigen zu. Das Aneignungsrecht beschränkt sich jedoch auf die Verwandten des Erblassers,[143] und zwar ebenso wie bei der Totenfürsorge in der Reihenfolge, dass zunächst der Ehegatte bzw. der Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, danach die Kinder und dann die Eltern des Erblassers aneignungsberechtigt sind. Unter das Aneignungsrecht fällt die Entscheidungsbefugnis, ob der Erblasser obduziert werden darf.[144] Gleiches gilt im Hinblick auf die Frage von Organtransplantationen nach § 4 Abs. 1 und 2 TPG.[145] Bei gleichrangig berechtigten Angehörigen ist eine mehrheitliche Entscheidung zur Frage der Obduktion notwendig.[146]

 

Rz. 46

Auch bei der Frage von Organentnahmen gilt der Grundsatz, dass der Erblasser berechtigt ist, über seinen Tod hinaus Verfügungen über seinen Körper zu treffen.[147] Ungeklärt ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob zur Feststellung der Vaterschaft nach dem Ableben des Erblassers ein Einverständnis des Verstorbenen bzw. der Angehörigen notwendig ist. Hier wird nach bisheriger Rspr. das Recht auf Klärung der Abstammung einem postmortalen Persönlichkeitsrecht des Erblassers übergeordnet.[148] Schmerzensgeldansprüche können dem Totenfürsorgeberechtigten aber nicht zustehen, wenn er von den Ärzten nicht hinreichend über die Folgen einer Obduktion für den Leichnam aufgeklärt wurde.[149]

 

Rz. 47

Vom Aneignungsrecht erfasst sind auch künstliche Körperteile des Erblassers, wie bspw. künstliche Gelenke, Herzschrittmacher oder Zahnkronen.[150]

[143] Kallmann, FamRZ 1969, 572.
[144] Vgl. BGH FamRZ 1978, 15; Reimann, NJW 1973, 2240.
[145] Vgl. hierzu auch BVerfG NJW 1999, 3403.
[146] Stein, FamRZ 1986, 7, 16.
[147] OLG München NJW 1976, 1805; vgl. auch Thiele, NwVZ 2000, 405, zur Frage der Nichtigkeit von Verfügungen einer Körperspende zum Zweck der Plastination und deren Ausstellung.
[148] OLG München FamRZ 2001, 126.
[149] OLG Karlsruhe ZErb 2001, 187.
[150] Vgl. hierzu Soergel/Stein, § 1922 Rn 22.

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