Rz. 30

Einen eigenen Haftungstatbestand enthält § 15b Abs. 5 Satz 1 InsO. Danach haften die Geschäftsleiter soweit sie Zahlungen an Anteilseigner vornehmen, die zur Zahlungsunfähigkeit der juristischen Personen führen mussten.

 

Rz. 31

 

Beispiel: "Darlehen für Ware"[1]

Die Gesellschafterin Martina Maus (M) gewährt ihrer GmbH, die mit Leiterplatten handelt, ein Darlehen über 100.000 EUR. Ein Jahr später möchte M ihr Darlehen wie vereinbart zurück. Die Geschäftsführerin Gesine Geiz (G) verweigert dies, da dies eine Zahlungsunfähigkeit herbeiführen würde bzw. sei, so G, eine Zahlungsunfähigkeit jedenfalls dann gegeben, wenn das Darlehen von M beim Liquiditätsstatus berücksichtigt werde. Alle anderen fälligen Verbindlichkeiten könnten gerade noch so bedient werden, nicht jedoch der fällige Darlehensanspruch von M. Der BGH hat indes für die Konstellation entschieden, dass Zahlungen an einen Gesellschafter, die dann erfolgen, wenn die GmbH schon zahlungsunfähig ist, nicht die Haftung nach § 15b Abs. 5 Satz 1 InsO auslösen[2]. Hierbei ist bei Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit die fällige Forderung des Gesellschafters in den Liquiditätsstatus einzustellen. Damit ist indes der Geschäftsführerin wenig geholfen, sie haftet dann zwar nicht nach § 15b Abs. 5 Satz 1 InsO, jedoch weil die Zahlung nach Insolvenzreife erfolgt, würde eine Haftung nach § 15b Abs. 4 Satz 1 InsO auslöst werden – dies sieht auch der BGH in dieser Konstellation so[3]. Insofern sollte M die Rückzahlung des Darlehens verweigern. Der BGH hat konsequent der GmbH ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht eingeräumt. Hier sollte M mit G verhandeln, dass das Darlehen zur Ausräumung der Zahlungsunfähigkeit gestundet oder ein (Teil-)Verzicht erklärt wird. Ist M dazu nicht bereit und besteht die Zahlungsunfähigkeit fort, muss G Insolvenzantrag stellen.

 

Rz. 32

 

Beispiel: "Liquidation mit Insolvenz"

Eine GmbH soll aufgelöst werden. Bevor jedoch die Auflösung beschlossen wird, beschließen die Gesellschafter eine Ausschüttung der Gewinnrücklagen. Sie haben über Jahre Gewinne stehen gelassen. Der Geschäftsführer soll die Gewinnausschüttungen nach der Beschlussfassung vornehmen. Dies verweigert der Geschäftsführer jedoch mit der Begründung, dass dann, wenn anschließend die Liquidation beschlossen und durchgeführt würde, während der Abwicklungsphase die Liquidität benötigt würde. Diese ist besondere für die Bedienung der Arbeitsverhältnisse vorzuhalten, wobei hier Kündigungsfristen für langjährige Mitarbeiter von bis zu sieben Monaten einzuhalten sind. Wenn jetzt die Gewinne abgeschöpft werden, würde in einigen Monaten Liquidität fehlen und die Gesellschaft müsste dann in der Liquidation Insolvenzantrag stellen. Der Geschäftsführer verweigert hier zu Recht die Auszahlung. Dies dürfte genau ein Fall sein, für den die Vorschrift des § 15b Abs. 5 Satz 1 InsO geschaffen wurde

[1] Entnommen aus Jula, Der GmbH-Geschäftsführer S. 470.
[2] BGH, Urt. v. 9.10.2012, II ZR 298/11, BGHZ 195, 42, Leitsätze: "1. Die Zahlungsunfähigkeit wird durch eine Zahlung an den Gesellschafter nicht im Sinn des § 64 Satz 3 GmbHG verursacht, wenn die Gesellschaft bereits zahlungsunfähig ist. 2. Bei der Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit nach § 64 Satz 3 GmbHG ist eine fällige Forderung des Gesellschafters in der Liquiditätsbilanz zu berücksichtigen. 3. Im Fall des § 64 Satz 3 GmbHG kann die Gesellschaft die Zahlung an den Gesellschafter verweigern."

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