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Die Haftung des Geschäftsleiters für die Erstattung der verbotenen Auszahlungen ist gemäß § 15 b Abs. 4 Satz 2 InsO auf den Gesamtgläubigerschaden beschränkt, das heißt auf den Schaden, der insgesamt durch die Verschleppung den Gläubigern entstanden ist.[1] Ist also der Gläubigerschaft der insolventen Gesellschaft ein geringerer Schaden entstanden, beschränkt sich die Ersatzpflicht auf den Ausgleich dieses Schadens. Konsequent ist § 15 b Abs. 4 Satz 1 InsO GmbHG als Schadensersatzanspruch und nicht als ein Anspruch eigener Art einzuordnen. Es handelt sich zweifelsohne nicht um einen deliktischen Anspruch, so dass eine Haftung bei Beihilfe und Anstiftung ausscheidet.[2] Durch ihn soll der Schaden durch die Verringerung der Insolvenzmasse infolge der Verschleppung des Insolvenzantrags ausgeglichen werden. Dies wäre der Schaden, den die Gläubiger durch die Verschlechterung der Quote infolge der Verschleppung erlitten haben. Der Geschäftsleiter kann also nachweisen, dass trotz der Verschleppung des Insolvenzantrag und der verbotenen Auszahlungen "per Saldo" kein Schaden oder nur ein geringerer Schaden entstanden ist, weil im Verschleppungszeitraum die Masse nur im geringen Umfang geschälert oder sogar sich erhört hat. Dann entfiele die Haftung mangels Schadens komplett.

 

Beispiel: "Mit Tiefbauleistungen zu mehr Masse"[3]

Eine GmbH, die im Tiefbau mit 20 Mitarbeitern tätig ist, ist zahlungsunfähig, weil sie einen fälligen Kredit über 1 Mio. EUR nicht bedienen kann. Die Gesellschaft hat noch, wenn man von den Vermögenswerten alle Schulden abzieht, ein Reinvermögen von 20.000EUR. Es fehlt ihr indes an Liquidität. Auf dem Konto ist nur Geld für die laufenden Kosten, nicht für die Bedienung des Kredits. Das Vermögen steckt im Anlagevermögen, dieses ist der Bank, die den Kredit über 1 Mio. EUR fällig gestellt hat, zur Sicherheit übereignet. Die Kreditkündigung wurde von dem vormaligen Geschäftsführer verursacht, der die Kreditraten mehrmals verzögert gezahlt hat. Dieser Geschäftsführer wurde abberufen und fristlos entlassen. Ein langjähriger Mitarbeiter übernimmt in dieser Situation die Geschäftsführung. Von einem Geschäftspartner erfährt er, dass bei einem großen Bauvorhaben, das Unternehmen mit den Tiefbauleistungen ausgefallen ist. Da dort Fristen einzuhalten ist, schafft es der Geschäftsführer diesen Auftrag mit einer sehr großen Marge an Land zu ziehen. Binnen sechs Monaten wird der Auftrag abgearbeitet. Nach sechs Monaten hat die GmbH nunmehr ein Vermögen in Höhe von 520.000 EUR statt nur noch 20.000EUR . Gleichwohl kann der Kredit von 1 Mio. EUR weiterhin nicht bedient werden. Da ein Anschlussauftrag nicht in Sicht ist, stellt der neue Geschäftsführer nunmehr Insolvenzantrag. Der Insolvenzverwalter möchte nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nunmehr Erstattung der verbotenen Auszahlungen gemäß § 15b Abs. 4 Satz 1 InsO. Unstreitig hat der Geschäftsführer während der gesamten Amtszeit den Insolvenzantrag verschleppt. Die GmbH war durchgängig zahlungsunfähig. Der Geschäftsführer hat sich hierbei auch strafbar gemacht. Nach § 15b Abs. 4 Satz 2 InsO beschränkt sich die Ersatzpflicht jedoch auf den Ausgleich des Schadens, der der Gläubigerschaft der juristischen Person durch die Verschleppung tatsächlich entstanden ist. Hier wurde die Insolvenzmasse um 500.000 EUR in sechs Monaten erhöht, insofern ist der Gläubigerschaft durch die Verschleppung kein Schaden entstanden, weshalb der Geschäftsführer auch nicht aus § 15b Abs. 4 InsO haftet.

[1] Grundlegend noch zur alten Rechtslage, wo dies umstritten war Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, 2006 sowie Weiß, Insolvenzspezifische Geschäftsführerhaftung, 357 f., 371 ff.
[2] Kleindiek in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 64 Rn. 8.
[3] Entnommen aus Jula, D&O-Versicherung und Managerhaftung, S. 158.

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