Rz. 87

Voraussetzung für die Inanspruchnahme ist ein entsprechender Beschluss der Gesellschafterversammlung oder bei entsprechender Zuständigkeit des Aufsichtsrats. Die Gesellschafter bzw. der Aufsichtsrat sind für die Überwachung der Geschäftsführung zuständig und entscheiden, ob sie diese seitens der Gesellschaft auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Dies gilt auch gegenüber dem bereits ausgeschiedenen Geschäftsführer.[1] Der Beschluss ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Haftung.[2] Erst durch ihn wird der Anspruch geltend gemacht und durch die nachfolgende Einforderung fällig.

 

Rz. 88

Eine Schadensersatzklage ohne den erforderlichen Beschluss wird als derzeit unbegründet abgewiesen. Eine Nachholung des Beschlusses bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung ist aber möglich,[3] auch noch, wenn der Anspruch bereits verjährt ist, die Klage aber in noch unverjährter Zeit erhoben wurde. Der Insolvenzverwalter, der den Anspruch aus der Innenhaftung geltend macht, benötigt keinen Gesellschafterbeschluss, da er die Entscheidung über die Geltendmachung für die Masse und damit im Interesse aller Gläubiger ohne Beteiligung der Gesellschafter trifft.[4]

 

Rz. 89

Grundsätzlich entscheidet über die Geltendmachung die Gesellschafterversammlung durch Beschluss. Sie entscheidet, ob man "die dreckige Wäsche" waschen möchte oder ob sie sich dafür entscheidet, ggf. auch zur Erhaltung der Arbeitskraft des für sie wichtigen Geschäftsführers von einer Geltendmachung absehen. Ein überstimmter Gesellschafter ist auf den Weg verwiesen, den Beschluss der Gesellschafter, durch den die Geltendmachung abgelehnt wird, anzufechten und mit einer sog. positiven Beschlussfeststellungsklage zu verbinden.

 

Rz. 90

Besteht ein Aufsichtsrat und hat dieser gemäß § 52 Abs.1 GmbHG i.V.m. § 112 AktG auch die Zuständigkeit Schadensersatzansprüche gegen die Geschäftsführer geltend zu machen. Bei einem fakultativ errichteten Aufsichtsrat kann die Satzung auch eine andere Aufgabenzuweisung vornehmen, also es z.B. bei der Zuständigkeit der Gesellschafterversammlung belassen. Auch wenn der Aufsichtsrat zuständig ist, wird gleichwohl zusätzlich ein Beschluss der Gesellschafterversammlung benötigt. Diese entscheidet, ob der Geschäftsführer letztendlich in Anspruch genommen wird. Entscheidet sie sich dafür, z.B. weil sie den Geschäftsführer "braucht", von einer Inanspruchnahme abzusehen, so ist dies grundsätzlich rechtlich zulässig. Ein solcher Beschluss kann im Einzelfall anfechtbar und ggf. nichtig sein bzw. im Anschluss an eine Anfechtungsklage für nichtig erklärt werden. Ein Grund könnte z.B. vorliegen, wenn der Mehrheitsgesellschafter, der sich gegen eine Inanspruchnahme ausspricht, gegen seine Treuepflicht verstößt und er damit der Gesellschaft existenziell schadet.

Ist der Aufsichtsrat funktionsunfähig, z.B. weil alle Mitglieder ihre Ämter niedergelegt haben, wäre es Aufgabe der Gesellschafterversammlung oder des sonstigen Organs bzw. Person, dass eine oder mehrere Mitglieder in den Aufsichtsrat entsenden kann, diesen Mangel zu beheben. Der BGH nimmt allerdings eine Auffangzuständigkeit der Gesellschafterversammlung an,[5] die ohne Aufsichtsrat für diese Funktion zuständig wäre. Dies gilt aber wohl nur, wenn kein Wille der Gesellschafter besteht die Funktionsunfähigkeit zu beheben.[6] Daher kann dann anstelle des funktionsunfähigen Aufsichtsrats die Gesellschafterversammlung beschließen, dass Schadenersatzansprüche gegen Geschäftsführer geltend gemacht werden und kann die Prozessvertreter bestellen. Die vorgenannten Erwägungen gelten aber nicht bei einem mitbestimmten Aufsichtsrat.

 

Rz. 91

Soweit der Aufsichtsrat zuständig ist, wird aber – wie im vorherigen Absatz erwähnt - gleichwohl der Gesellschafterbeschluss benötigt. Zusätzlich bedarf es eines Beschlusses des Aufsichtsrats, mit dem ebenfalls die Inanspruchnahme beschlossen wird. Prozessual wird die GmbH entweder durch den Aufsichtsrat gemäß § 112 AktG oder durch einen eigens bestellten Prozessvertreter vertreten, der von der Gesellschafterversammlung bestellt wird (siehe § 46 Nr. 8 GmbHG).

 

Rz. 92

Die verweigerte Entlastung ist nicht mit der Geltendmachung der Schadensersatzansprüche gleichzusetzen, ersetzt also nicht einen Beschluss der Gesellschafterversammlung über die Erhebung des entsprechenden Schadensersatzanspruchs.[7]

 

Rz. 93

Der Beschluss zur Inanspruchnahme muss das vorgeworfene Fehlverhalten benennen.[8] Es genügt also nicht, wenn allgemein der Beschluss lautet: "Der Geschäftsführer wird in Haftung genommen". Die Anforderungen an die Bestimmtheit sind indes nicht zu hoch anzusetzen. So genügt es, wenn stichwortartig umrissen wird, worum es geht, ohne dass zwingend Daten und Schadenssummen genannt werden müssen. Sofern der Beschluss zu unbestimmt ist, kann dieser allerdings grundsätzlich nachgeholt werden.

 

Rz. 94

Der Beschluss zur Inanspruchnahme des Geschäftsführers muss nicht innerhalb der Verjährungsfrist gefasst werden. Es genügt, wenn der Gesellschafterbeschluss am Schluss der münd...

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