Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbengemeinschaft. Erbauseinandersetzung. Veräußerung eines Nachlaßgrundstücks. Veräußerung durch den staatlichen Verwalter. Schädigung eines Miterben. Unmöglichkeit der Rückübertragung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat der staatliche Verwalter an der Veräußerung eines Nachlaßgegenstands durch die Erbengemeinschaft nur mitgewirkt, ohne das Geschäft selbst zu betreiben, ist der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG nicht erfüllt.

Ist ein Nachlaßgegenstand durch Veräußerung aus dem Nachlaßvermögen ausgeschieden, so ist eine Restitution zugunsten eines einzelnen Miterben nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG ausgeschlossen. Der Miterbe kann nicht verlangen, daß ihm anstelle der untergegangenen gesamthänderischen Berechtigung Bruchteilseigentum eingeräumt wird.

 

Normenkette

VermG § 1 Abs. 1 Buchst. c, § 2a Abs. 1-2, 4, § 4 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

VG Chemnitz (Urteil vom 04.05.1995; Aktenzeichen C 2 K 1451/92)

 

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Chemnitz vom 4. Mai 1995 wird insoweit aufgehoben, als es den Beklagten verpflichtet hat, dem Kläger einen Miteigentumsanteil zu 1/5 an dem Grundstück Friedhofstraße 24 in Mylau, Flurstück Nr. 431 und 432 der Gemarkung Mylau, zurückzuübertragen. Die hierauf gerichtete Klage wird abgewiesen.

Im übrigen wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlußentscheidung vorbehalten.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, der im Jahre 1960 von einer Besuchsreise in die Bundesrepublik Deutschland nicht in die DDR zurückgekehrt ist, begehrt die Rückübertragung eines Anteils an einem Grundstück nach den Vorschriften des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz – VermG).

Der Vater des Klägers war Eigentümer des Grundstücks F.-Straße 24 in M. Nach seinem Tod im Jahre 1965 wurde er vom Kläger und dessen vier Geschwistern zu je 1/5 beerbt. Der Anteil des Klägers am Grundstück wurde mit Wirkung vom 1. August 1965 unter staatliche Treuhandverwaltung gestellt; zum Treuhänder wurde der Rat der Stadt M. bestimmt. Die Erbengemeinschaft verkaufte zum Zwecke der Auseinandersetzung mit notariellem Vertrag vom 2. November 1977 das Grundstück an die Miterbin G. M. und deren Ehemann H. M. Für den Kläger und dessen ebenfalls in der Bundesrepublik lebenden Bruder S. G. handelte der staatliche Treuhänder. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 6 100 M angegeben, der mit Aufwendungen der Grundstückserwerber für die Unterhaltung des Grundstücks seit 1965 verrechnet wurde. Mit notariellem Vertrag vom 7. Mai 1990 verkaufte Frau G. M., die inzwischen ihren Ehemann beerbt hatte, das Grundstück an die Beigeladenen zu 3 und 4, die am 26. November 1990 als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurden.

Mit Schreiben vom 2. Mai 1990 beantragte der Kläger die Rückübertragung seines Anteils an dem Grundstück F.-Straße 24 in M. sowie des Alleineigentums an zwei weiteren Grundstücken in R. Mit Bescheid vom 29. Mai 1991 lehnte der Rechtsvorgänger des Beklagten die Rückübertragungsanträge des Klägers ab und stellte fest, daß dem Kläger wegen des Eigentumsverlustes an den Grundstücken F.-Straße 24 in M. und M.-Straße 6 in R. ein Entschädigungsanspruch zustehe. Der Widerspruch des Klägers gegen diesen Bescheid wurde mit Bescheid des Sächsischen Landesamts zur Regelung offener Vermögensfragen vom 12. Oktober 1992 zurückgewiesen. Ferner hob die Widerspruchsbehörde den Bescheid vom 29. Mai 1991 insoweit auf, als darin dem Kläger hinsichtlich des Grundstücks F.-Straße 24 in M. ein Entschädigungsanspruch zuerkannt worden war.

Der Kläger hat daraufhin Klage erhoben, mit der er seine Rückübertragungsanträge weiterverfolgt.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 4. Mai 1995 den Rechtsvorgänger des Beklagten verpflichtet, einen Miteigentumsanteil zu 1/5 an dem Grundstück F.-Straße 24 in M. an den Kläger zurückzuübertragen; im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung des Verpflichtungsausspruchs hat es im wesentlichen ausgeführt: Der Kläger habe einen Anspruch auf Rückübertragung seines früheren Miterbenanteils an dem Grundstück in Form der Einräumung von Bruchteilseigentum. Er sei Berechtigter im Sinne von § 3 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG, weil das Grundstück unter Mitwirkung des staatlichen Verwalters zum Zwecke der Auflösung der Erbengemeinschaft veräußert worden sei. Eine Veräußerung im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG liege auch dann vor, wenn der staatliche Verwalter diese nicht selbst betrieben habe, sondern nur der von einem Miterben initiierten Veräußerung eines Nachlaßgrundstücks durch die Erbengemeinschaft zugestimmt habe. Denn die genannte Vorschrift knüpfe an das „Handeln des staatlichen Verwalters unter Ausschaltung des Eigentümers” an und setze daher keine eigene Initiative des Verwalters voraus. Der Restitutionsanspruch des Klägers sei nicht durch redlichen Erwerb (§ 4 Abs. 2 und 3 VermG) ausgeschlossen, weil die Beigeladenen das Grundstück erst nach dem 18. Oktober 1989 erworben hätten. Ebensowenig sei die Restitution im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG unmöglich. Zwar sei die Erbengemeinschaft aufgelöst worden und könne nicht wiederbegründet werden. Die sich insoweit ergebende Regelungslücke müsse jedoch unter Rückgriff auf den in § 3 Abs. 1 Satz 4 und in § 3 Abs. 1 a Satz 4 VermG zum Ausdruck gelangten Rechtsgedanken in der Weise geschlossen werden, daß dem Kläger anstelle seines früheren Miterbenanteils ein ähnliches Recht, nämlich das Bruchteilseigentum, eingeräumt werde.

Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen zu 3 und 4, mit denen sie beantragen, die Klage insgesamt abzuweisen. Sie sind der Ansicht, daß von einer Veräußerung im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG nicht gesprochen werden könne, wenn der staatliche Verwalter eines Erbanteils an der Erbauseinandersetzung nur mitgewirkt habe, ohne diese selbst zu betreiben. Der Beklagte hält überdies die Rechtsposition, zu deren Übertragung das angegriffene Urteil verpflichte, für mit der früheren Rechtsposition des Klägers nicht vergleichbar.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Revisionen des Beklagten und der Beigeladenen haben Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Unrecht verpflichtet, einen Miteigentumsanteil zu 1/5 an dem Grundstück F.-Straße 24 in M. an den Kläger zurückzuübertragen. Da ein solcher Restitutionsanspruch des Klägers nicht besteht, ist die Klage über die Abweisung in erster Instanz hinaus auch für diesen Teil als unbegründet abzuweisen. Soweit der Kläger wegen des Verlusts seiner Berechtigung an dem in Rede stehenden Grundstück hilfsweise einen Entschädigungsanspruch verfolgt, ist die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Verwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 144 Abs. 3 Nr. 2 VwGO).

1. Das Verwaltungsgericht ist bei der Prüfung des Schädigungstatbestands des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG, aus dem es den angenommenen Restitutionsanspruch des Klägers hergeleitet hat, von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen. Der von ihm festgestellte Sachverhalt rechtfertigt die Annahme dieses Schädigungstatbestands nicht.

Gemäß § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG können vermögensrechtliche Ansprüche an Vermögenswerten bestehen, die durch staatliche Verwalter an Dritte veräußert wurden. Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 18. Januar 1996 – BVerwG 7 C 45.94 – (VIZ 1996, 210 = ZOV 1996, 287) im Anschluß an frühere Entscheidungen ausgeführt hat, stellt sich der Schädigungstatbestand der Veräußerung durch den staatlichen Verwalter als Fortsetzung und Vertiefung des mit der Anordnung der staatlichen Verwaltung begonnenen Unrechts dar, und zwar dergestalt, daß über den bisherigen Entzug der Verfügungs-, Nutzungs- und Verwaltungsbefugnisse des Eigentümers hinaus auch das Eigentum an dem Vermögenswert selbst entzogen wurde. Daher setzt dieser Schädigungstatbestand – insoweit den übrigen in § 1 Abs. 1 VermG umschriebenen Schädigungsmaßnahmen vergleichbar – ein eigenständiges Handeln des staatlichen Verwalters voraus, das auf den Entzug des Eigentums an dem Vermögenswert gerichtet gewesen sein muß. Der staatliche Verwalter muß sich gewissermaßen des Eigentums bemächtigt haben, um es an einen Dritten zu übertragen. An einem solchen Handeln fehlt es, wenn der staatliche Verwalter eines Erbanteils an einer von der Erbengemeinschaft zum Zwecke der Erbauseinandersetzung vorgenommenen Veräußerung eines Nachlaßgrundstücks nur mitwirkte, ohne das Geschäft selbst zu betreiben. Denn in diesen Fällen beruhte die Veräußerung auf der prinzipiellen rechtlichen Unbeständigkeit der Erbengemeinschaft (vgl. § 2042 Abs. 1 BGB, § 423 Abs. 1 ZGB) und dem entsprechenden Willen der Miterben, sich hinsichtlich des Grundstücks durch dessen Veräußerung und die nachfolgende Aufteilung des Veräußerungserlöses auseinanderzusetzen; sie kann daher weder insgesamt noch teilweise dem staatlichen Verwalter als eigene (Unrechts–)Handlung zugerechnet werden. Allein der Umstand, daß das Grundstück ohne die Zustimmung des staatlichen Verwalters nicht aus dem Nachlaßvermögen ausgeschieden wäre, reicht demnach entgegen der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts zur Erfüllung des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG nicht aus, weil ein derartiges Verwalterhandeln keine zusätzliche, über die Anordnung der staatlichen Verwaltung hinausgehende und das Eigentum selbst betreffende staatliche Vermögensschädigung darstellt. Anders verhält es sich hingegen dann, wenn der staatliche Verwalter die Veräußerung des Grundstücks selbst betrieb und sich die Miterben dabei seinem Willen tatsächlich unterordneten oder nach der damaligen Rechtslage, beispielsweise nach § 25 der Verordnung über die Vollstreckung in Grundstücke und Gebäude vom 18. Dezember 1975 (GBl DDR I 1976, S. 1), unterordnen mußten; in diesen Fällen liegt, soweit das Grundstück der staatlichen Verwaltung unterworfen war, eine Veräußerung durch den staatlichen Verwalter im Sinne von § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG vor (vgl. Urteil des Senats vom 15. Dezember 1994 – BVerwG 7 C 26.93 – Buchholz 112 § 1 Nr. 35).

Da die im angefochtenen Urteil getroffenen Tatsachenfeststellungen keine aktive Mitwirkung des staatlichen Verwalters am Abschluß des Erbauseinandersetzungsvertrags vom 2. November 1977 erkennen lassen, durfte das Verwaltungsgericht den Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 1 Buchst. c VermG auf der Grundlage dieser Feststellungen nicht bejahen.

2. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt ferner auch insoweit gegen Bundesrecht, als es den Restitutionsanspruch des Klägers nicht an dem Restitutionsausschlußgrund der Unmöglichkeit (§ 4 Abs. 1 Satz 1 VermG) hat scheitern lassen. Denn die Restitution der durch Erbgang erworbenen Berechtigung des Klägers an dem Grundstück F.-Straße 24 in M. ist, nachdem dieses Grundstück aufgrund des Erbauseinandersetzungsvertrags vom 2. November 1977 aus dem Nachlaßvermögen ausgeschieden ist, im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG aus Rechtsgründen unmöglich. Zwar ist es, wie sich aus § 2 a Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 4 VermG ergibt, nicht von vornherein ausgeschlossen, daß ein Vermögenswert, der aufgrund einer Schädigungsmaßnahme im Sinne von § 1 VermG aus dem Nachlaßvermögen ausgeschieden ist, im Wege der Restitution dorthin zurückkehrt; in diesem Falle ist, soweit die Vermögensauseinandersetzung der Miterben im übrigen bereits stattgefunden hat, der restituierte Vermögenswert nachträglich in die Auseinandersetzung einzubeziehen (§ 2 a Abs. 2 VermG). Eine solche Restitution setzt jedoch voraus, daß die Erbengemeinschaft als solche geschädigt worden ist, und kommt demgemäß allen Miterben zugute (§ 2 a Abs. 4 und Abs. 1 VermG). Im vorliegenden Fall ist – eine Schädigungsmaßnahme im Sinne von § 1 VermG unterstellt – allein der Kläger geschädigt worden, so daß wegen des vermögensrechtlichen Grundsatzes der Konnexität zwischen Schädigungstatbestand, betroffenem Vermögenswert und Restitution (vgl. Urteil des Senats vom 6. April 1995 – BVerwG 7 C 11.94 – Buchholz 111 Art. 22 EV Nr. 10 S. 31) nur eine Restitutionsentscheidung zu seinen Gunsten in Betracht kommen könnte. Da indes die frühere Berechtigung des Klägers an dem Grundstück F.-Straße 24 in M. untrennbar mit seiner Zugehörigkeit zur Erbengemeinschaft und deren Eigenschaft als einer der Vermögensauseinandersetzung dienenden Gemeinschaft zur gesamten Hand (§ 2032 Abs. 1 BGB, § 400 Abs. 1 ZGB) verknüpft ist, läßt sich seine Rechtsstellung heute nicht mehr wiederherstellen.

Die Restitution ist auch nicht in der Weise möglich, daß dem Kläger anstatt seiner früheren gesamthänderisch gebundenen Berechtigung Bruchteilseigentum nach §§ 1008 ff., 741 ff. BGB eingeräumt wird, wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf § 3 Abs. 1 Satz 4 und § 3 Abs. 1 a Satz 4 VermG angenommen hat. Denn diese Vorschriften können im vorliegenden Fall weder unmittelbar noch entsprechend angewendet werden:

§ 3 Abs. 1 Satz 4 VermG sieht zugunsten der in der Zeit vom 30. Januar 1933 bis zum 8. Mai 1945 aus rassischen, politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen Verfolgten (§ 1 Abs. 6 VermG) eine die Unternehmensrestitution ergänzende Einzelrestitution von nicht mehr zum Unternehmensvermögen gehörenden Vermögenswerten vor, die mit dem zurückzugebenden oder bereits zurückgegebenen Unternehmen entzogen oder von ihm später angeschafft worden sind; an solchen Vermögenswerten ist den Gesellschaftern des Unternehmens nach Maßgabe ihrer Beteiligung Bruchteilseigentum einzuräumen. Diese Regelung beruht auf der Absicht, die Möglichkeiten der Wiedergutmachung für die Opfer des Nationalsozialismus gegenüber dem sonstigen Regelungsinhalt des Vermögensgesetzes zu verbessern und sie im Ergebnis der Wiedergutmachung nach alliiertem Rückerstattungsrecht anzunähern (vgl. BTDrucks 12/2944, S. 50). Sie ist mithin speziell auf den genannten Personenkreis zugeschnitten und läßt sich auf Fälle der vorliegenden Art nicht übertragen.

Gemäß § 3 Abs. 1 a Satz 4 VermG ist beim Entzug von dinglichen Rechten an Grundstücken und Gebäuden, die nach dem seit dem 3. Oktober 1990 geltenden Recht nicht wiederbegründet werden können, dasjenige Recht zu begründen, das dem früheren Recht entspricht oder am ehesten entspricht. Diese Vorschrift will vermeiden, daß ein Berechtigter deswegen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG von der Restitution ausgeschlossen ist, weil das ihm entzogene dingliche Recht nach Vorschriften begründet worden ist, die seit der Wiedervereinigung keine Geltung mehr haben (vgl. BTDrucks 12/2480, S. 41 sowie Urteil des Senats vom 28. Juni 1996 – BVerwG 7 C 8.95 – ZOV 1996 S. 385). Sie betrifft mithin ebenfalls Sachverhalte, die mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar sind. Denn die Unmöglichkeit der Restitution zugunsten des Klägers folgt nicht aus dem am 3. Oktober 1990 eingetretenen Wechsel des Rechtssystems, sondern daraus, daß seine frühere Rechtsstellung nach dem Ausscheiden des Grundstücks F.–Straße 24 in M. aus dem Nachlaßvermögen nicht wiederherstellbar ist.

3. Da der Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG auch dann nicht restitutionsberechtigt ist, wenn er durch den Abschluß des Erbauseinandersetzungsvertrags vom 2. November 1977 im Sinne des § 1 VermG geschädigt worden sein sollte, erweist sich die Klage hinsichtlich des Restitutionsanspruchs ohne weiteres als abweisungsreif. Mit dieser Entscheidung ist indes das Klagebegehren, soweit es das im Revisionsverfahren allein noch umstrittene Grundstück F.-Straße 24 in M. betrifft, nicht ausgeschöpft. Denn der Rechtsvorgänger des Beklagten hat in seinem Bescheid vom 29. Mai 1991 zugunsten des Klägers festgestellt, daß diesem wegen des Verlusts seiner Berechtigung an dem Grundstück ein Entschädigungsanspruch zusteht, und diese Feststellung ist im Widerspruchsbescheid vom 12. Oktober 1992 mit der Begründung aufgehoben worden, es liege keine Schädigungsmaßnahme im Sinne von § 1 VermG vor. Da der Kläger sich demgegenüber für geschädigt hält, ist sein Begehren sachgemäß dahin auszulegen (§ 88 VwGO), daß er hilfsweise die Wiederherstellung der im Bescheid vom 29. Mai 1991 getroffenen Feststellung seiner Entschädigungsberechtigung erstrebt. Zur Entscheidung über diesen Hilfsantrag des Klägers reichen die vom Verwaltungsgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen nicht aus; infolgedessen muß der Rechtsstreit insoweit zwecks weiterer Aufklärung des Sachverhalts an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen werden.

Legt man den Vortrag des Klägers zugrunde, ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß die Grundstückserwerber beim Abschluß des Vertrags vom 2. November 1977 mit Wissen oder gar Willen des staatlichen Verwalters die Absicht verfolgten, den in der Bundesrepublik lebenden Kläger ohne eine hinreichende Gegenleistung um seinen Anteil an dem veräußerten Grundstück zu bringen. Denn der Kläger hat die Richtigkeit der Angabe in Art. II des Vertrags bestritten, daß den Grundstückserwerbern durch die Unterhaltung des Grundstücks seit dem Tod des Erblassers Aufwendungen in einer Höhe entstanden seien, die es ermöglichten, sie von der Zahlung eines Kaufpreises zu befreien. Darüber hinaus hat der Kläger vorgetragen, daß ihm der Abschluß des Auseinandersetzungsvertrages von seinen Verwandten bis nach der Wiedervereinigung verheimlicht worden sei. Das Verwaltungsgericht muß daher jedenfalls noch prüfen, ob der Kläger Opfer einer unlauteren Machenschaft im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG geworden und aus diesem Grunde gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 EntschG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Satz 1 VermG entschädigungsberechtigt ist.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Kley, Herbert, Dr. Brunn

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1210939

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