Verfahrensgang

VG Frankfurt (Oder) (Aktenzeichen 6 K 559/96)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 29. November 2000 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Dem klagenden Land B. ist ein ca. 200 000 großes (kostenträchtiges) Grundstück in E. zugeordnet worden, das bis Ende 1989 als Übungsgelände für die bezirkliche Zivilschutzausbildung diente. Hiergegen wehrt sich der Kläger, indem er geltend macht, der Vermögensgegenstand habe am 3. Oktober 1990 nicht mehr zum Verwaltungsvermögen i.S.v. Art. 21 Abs. 1 EV gehört, weil er zu diesem Zeitpunkt „tatsächlich” nicht mehr für diesen Zweck genutzt worden sei. Nach der Nutzungsbeendigung – selbst wenn diese nur stillschweigend und ohne förmliche Entwidmung erfolgt sei – habe es sich nicht mehr um Verwaltungsvermögen gehandelt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen; die Revision gegen sein Urteil hat es nicht zugelassen. Die gegen die Nichtzulassung der Revision erhobene Beschwerde bleibt erfolglos.

Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung.

Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur, wenn zu erwarten ist, dass die Revisionsentscheidung dazu beitragen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die weitere Entwicklung des Rechts zu fördern. Die aufgeworfene Rechtsfrage muss der Klärung hierzu bedürfen. Hieran fehlt es u.a. dann, wenn sie sich gewissermaßen von selbst versteht oder sich anhand des Gesetzeswortlauts oder eventueller höchstrichterlicher Entscheidungen ohne weiteres beantworten lässt. So liegt der Fall hier.

Alle vier vom Kläger aufgeworfenen Detailfragen kreisen um die Kernfrage, ob die Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen i.S.v. Art. 21 Abs. 1 EV dadurch entfallen ist, dass das betreffende Grundstück in der Zeit nach dem 1. Oktober 1989 und vor dem 3. Oktober 1990 nicht mehr für den früheren – aber auch für keinen anderen – Zweck „tatsächlich” verwendet worden ist. Das angegriffene Urteil beruht auf der Annahme, dass die jederzeitige Nutzungsmöglichkeit zu dem bisherigen Zweck der tatsächlichen Nutzung gleich zu erachten ist. Die Richtigkeit dieser Annahme ist nach Überzeugung des Senats evident, so dass es einer Klärung durch ein Revisionsverfahren nicht bedarf.

Der Annahme, die zur Klärung gestellten Fragen seien von grundsätzlicher Bedeutung, steht bereits deren mangelnde Verallgemeinerungsfähigkeit entgegen. Selbst wenn man mit dem Kläger davon ausginge, dass die Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen mit dessen fortdauernder tatsächlichen Nutzung zu einem öffentlichen Zweck verknüpft ist, ließe sich das Vorliegen dieser Voraussetzung nur einzelfallbezogen beurteilen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang z.B. auf Gegenstände des Verwaltungsvermögens, bei denen entweder von einer Nutzung im engeren Sinne kaum gesprochen werden kann (wie etwa bei Denkmälern), oder die von vornherein nicht auf eine permanente Nutzung angelegt sind, oder die schließlich wegen größeren Reparaturbedarfs längere Zeit nicht benutzt werden können.

Selbst bei Bejahung der Verallgemeinerungsfähigkeit – etwa nach einer entsprechenden Anpassung der Fragestellung an die vorliegende Fallkonstellation – würde es der Sache jedenfalls aus einem anderen Grunde an der grundsätzlichen Bedeutung ermangeln: Ein Gegenstand kann seine bisherige Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen nur dann verlieren, sofern der insoweit verfügungsbefugte Verwaltungsträger eine hierauf gerichtete definitive Entscheidung getroffen hat. Dem Fehlen einer – wie hier – mangelnden tatsächlichen Nutzung über einen Zeitraum von etwa neun Monaten käme allenfalls dann eine statusverändernde Bedeutung zu, wenn sie als Folge eines entsprechenden Beschlusses zu gelten hätte. Dabei kann dahingestellt bleiben, welchen Förmlichkeiten ein solcher Beschluss unter den Bedingungen der sich auflösenden DDR hätte genügen müssen; denn im vorliegenden Fall ist jedenfalls bis zum 3. Oktober 1990 über die weitere Verwendung des Übungsgeländes überhaupt nicht entschieden worden. Dieser Mangel kann durch die Behauptung einer „stillschweigenden Nutzungsbeendigung” bzw. der fehlenden Absicht, an der bisherigen Nutzung festzuhalten, nicht ausgeräumt werden.

Der Kläger hätte nach seinem Entstehen als Bundesland (an dem vorgenannten Datum) die frühere Nutzung ohne weiteres, das heißt, ohne eine frühere Entscheidung ändern zu müssen, fortführen können. Würde man unter diesen Umständen gleichwohl annehmen, dass wegen der kurzzeitig unterbliebenen Nutzung die Zugehörigkeit zum Verwaltungsvermögen entfallen sei, so wäre damit die Möglichkeit gegeben, den Vermögensgegenstand je nach dessen Werthaltigkeit oder Belastungspotential zu beanspruchen oder zurückzuweisen. Dies würde dem Sinn der gesetzlichen Regelung, die einen Eigentumsübergang ipso iure und ohne Berücksichtigung des Wertes vorsieht, widersprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, Dr. Borgs-Maciejewski, Dr. Brunn

 

Fundstellen

NVwZ 2002, 489

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