Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Urteil vom 11.05.1998; Aktenzeichen 15 B 95.124)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 11. Mai 1998 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin wendet sich gegen eine den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für ein Folien-Gewächshaus auf dem Nachbargrundstück. Sie hat eine Verletzung der Abstandsvorschriften geltend gemacht. Ferner hat sie vorgetragen, wegen der Beschaffenheit des Gewächshausdaches entstehe bei Regen ein mit der TA-Lärm unvereinbarer Lärm; bei mittelstarkem Regen sei ein Wirkpegel von 55 dB(A) festgestellt worden. Ihre Klage wurde vom Berufungsgericht abgewiesen. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich ihre Beschwerde.

Die Beschwerde der Klägerin muß erfolglos bleiben. Dabei kann offenbleiben, ob ihrem Antrag auf Wiedereinsetzung wegen der Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist stattzugeben wäre. Denn die Revision kann jedenfalls schon deshalb nicht zugelassen werden, weil sich aus der Beschwerdebegründung kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO ergibt.

Soweit die Beschwerde sinngemäß geltend macht, die Auslegung von Vorschriften der Bayerischen Bauordnung über die erforderlichen Brandschutzabstände habe grundsätzliche Bedeutung, übersieht sie, daß die Bayerische Bauordnung zum irrevisiblen Landesrecht gehört. Dessen Auslegung durch das Berufungsgericht ist der Überprüfung durch das Bundesverwaltungsgericht entzogen (§ 137 Abs. 1, § 173 VwGO, § 562 ZPO). Damit fehlt es an einer grundsätzlichen Frage des revisiblen Rechts, die allein eine Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnte.

Wegen der Frage, ob die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm) auf Geräuschimmissionen, die von Wetterlagen wie etwa Regen verursacht werden, anwendbar ist, kann die Revision nicht zugelassen werden, weil sie im vorliegenden Verfahren nicht entscheidungserheblich ist. Denn die TA-Lärm gilt nur für nach § 4 BImSchG genehmigungsbedürftige Anlagen, zu denen Gewächshäuser nicht gehören.

Allerdings können die Richtwerte der TA-Lärm für Anlagen, die gemäß § 22 BImSchG keiner immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, als Anhalt dienen (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 8. Aufl. 1995, § 15 Rn. 17). Insoweit können diese Richtwerte auch bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben gemäß § 34 Abs. 1 BauGB “einfügt” oder ob es wegen der von ihm ausgehenden Emissionen gegen das Rücksichtnahmegebot verstößt, berücksichtigt werden. Grundsätzlich klärungsbedürftige Fragen stellen sich gleichwohl nicht. Denn in der Rechtsprechung des Senats ist bereits entschieden, daß durch die Richtwerte für Schallpegel nach der TA-Lärm nicht abschließend bestimmt ist, ob eine geltend gemachte Beeinträchtigung durch Geräusche von einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsfreien Anlage die für eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots maßgebliche Zumutbarkeitsschwelle überschreitet (Bundesverwaltungsgericht, Beschluß vom 20. Januar 1989 – BVerwG 4 B 116.88 – Buchholz 406.11 § 34 BBauG/BauGB Nr. 129). Ob die Anlage in einer die Rechte des Nachbarn verletzenden Weise rücksichtslos ist, kann vielmehr nur aufgrund einer einzelfallbezogenen Bewertung aller ihrer Auswirkungen beurteilt werden. Eine derartige Beurteilung hat das Berufungsgericht hier vorgenommen. Seine Rechtsauffassung, daß sich ein Gewächshaus in eine durch Wohnhäuser mit Nebenanlagen sowie durch einen dominierenden Gartenbaubetrieb mit anderen Gewächshäusern geprägte Umgebung einfüge und auch nicht wegen der durch Naturereignisse wie Regen verursachten Geräusche rücksichtslos sei, ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Den Wert des Streitgegenstandes setzt der Senat gemäß § 14 Abs. 3, § 13 Abs. 1 GKG fest.

 

Unterschriften

Gaentzsch, Lemmel, Rojahn

 

Fundstellen

BauR 1999, 732

NVwZ-RR 1999, 431

BRS 1999, 324

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge