Verfahrensgang

Bayerischer VGH (Aktenzeichen 25 B 96.30373)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 12. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

 

Gründe

Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) und auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde rügt als Verfahrensverstoß, dass das Berufungsurteil unter Verletzung des Mündlichkeitsprinzips bei der Entscheidungsfindung zustande gekommen sei und den Anspruch des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletze. Da das Berufungsgericht in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2000 beschlossen habe, dass eine Entscheidung zugestellt werde, hätte es das Urteil nicht erst am 12. Januar 2001 ohne Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung erlassen dürfen. Darin liege ein Verstoß gegen die Zwei-Wochen-Frist des § 116 Abs. 2 VwGO.

Damit und mit dem weiteren Beschwerdevorbringen ist der geltend gemachte Verfahrensverstoß nicht schlüssig dargetan. Die Beschwerde berücksichtigt insbesondere nicht, dass § 116 Abs. 2 VwGO nur für aufgrund mündlicher Verhandlung ergehende Urteile gilt. Diese Vorschrift, die den engen Zusammenhang zwischen mündlicher Verhandlung und gerichtlicher Entscheidung sicherstellen soll (vgl. Beschluss vom 7. Juli 1998 – BVerwG 9 B 931.97 – juris), ist nicht anwendbar auf Urteile, die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung ergehen. So liegt es aber hier. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts vom 17. Mai 2000 übereinstimmend auf eine weitere mündliche Verhandlung verzichtet, und zwar ersichtlich mit Rücksicht auf die dem Kläger nachgelassene Schriftsatzfrist. Dementsprechend ist das Berufungsurteil nach § 101 Abs. 2 VwGO und nicht „aufgrund” der mündlichen Verhandlung im Sinne der das Mündlichkeitsprinzip gewährleistenden Vorschrift des § 101 Abs. 1 VwGO ergangen. Hinzu kommt, dass das Berufungsgericht in der erwähnten mündlichen Verhandlung die Zustellung einer „Entscheidung” und nicht – wie in § 116 Abs. 2 VwGO vorausgesetzt – eines Urteils beschlossen hat. Dabei lässt sich aus dem Umstand, dass eine solche Entscheidung vor Erlass des Urteils nicht mehr ergangen ist, der behauptete Verfahrensmangel nicht herleiten. Ob etwas Anderes zu gelten hätte, wenn der Verzicht auf mündliche Verhandlung zur Umgehung des § 116 Abs. 2 VwGO erklärt oder benutzt wird, kann dahingestellt bleiben. Für eine solche Fallgestaltung bestehen hier keine Anhaltspunkte.

Die Beschwerde macht auch nicht ersichtlich, inwiefern sich der gerichtliche Ermessensspielraum „nach knapp 8 Monaten dahingehend verdichtet” haben soll, dass ausnahmsweise trotz des Verzichts auf eine weitere mündliche Verhandlung eine Verpflichtung zur Mitteilung des geplanten Entscheidungszeitraums bzw. zum Erlass einer Anhörungsmitteilung oder zum Wiedereintritt in die mündliche Verhandlung von Amts wegen bestanden haben soll. Soweit die Beschwerde geltend macht, nach so langer Zeit sei nicht mehr gewährleistet, dass dem Gericht der Ablauf des Verhandlungstermins in seinen Einzelheiten noch in dem erforderlichen Maß präsent sei, was einen Verstoß gegen das Erfordernis der Entscheidung „aufgrund” der mündlichen Verhandlung (§ 101 Abs. 1 VwGO) begründe, berücksichtigt sie wiederum nicht, dass das Berufungsurteil nicht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2000 gefällt worden ist. § 101 VwGO sieht eine zeitliche Bindung des Gerichts nach Verzicht auf die mündliche Verhandlung nicht vor. § 128 Abs. 2 Satz 3 ZPO, der eine Drei-Monats-Frist bestimmt, ist nicht entsprechend anwendbar (vgl. Beschluss vom 15. Februar 1980 – BVerwG 2 CB 19.79 – Buchholz 310 § 101 VwGO Nr. 9 = NJW 1980 1482; Beschluss vom 10. Juni 1994 – BVerwG 6 B 46.93 – nicht veröffentlicht).

Die Beschwerde, die sich ferner ohne Erfolg auf eine Verletzung des Gebots des „fair trial” beruft, zeigt auch nicht auf, inwiefern das Berufungsurteil auf dem geltend gemachten Verfahrensverstoß beruht. Das Berufungsgericht hat dem Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2000 die Möglichkeit zur Stellungnahme zu einer zuvor vom Beklagten vorgelegten Auskunft des Auswärtigen Amtes bis zum 22. Mai 2000 eingeräumt, wovon der Kläger auch Gebrauch gemacht hat. Er war auch an weiterem Vortrag nicht gehindert. Die Beschwerde macht nicht ersichtlich, inwiefern das Berufungsgericht ohne den geltend gemachten Verfahrensverstoß zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis hätte gelangen können.

Die Rüge, das angegriffene Urteil sei wegen verspäteter Absetzung gemäß § 138 Nr. 6 VwGO nicht mit Gründen versehen, greift schon deshalb nicht durch, weil die Beschwerde auch insoweit unzutreffend davon ausgeht, dass das Berufungsurteil aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Mai 2001 ergangen sei.

Nicht zur Zulassung der Revision kann schließlich auch die von der Beschwerde als rechtsgrundsätzlich aufgeworfene Frage führen, ob die für die ab Verkündung eines Urteils hinsichtlich der Übergabe an die Geschäftsstelle geltende Fünf-Monats-Frist auch für den Fall gilt, dass in der mündlichen Verhandlung die Zustellung der Entscheidung angekündigt war. Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich, da das Berufungsurteil, wie bereits dargelegt, nach § 101 Abs. 2 VwGO ergangen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.

 

Unterschriften

Eckertz-Höfer, Dr. Mallmann, Hund

 

Fundstellen

Dokument-Index HI675203

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