Entscheidungsstichwort (Thema)

Verbandswechsel, – eines nach § 33 Satz 2 BPersVG gewählten weiteren Vorstandsmitgliedes

 

Leitsatz (amtlich)

Der Übertritt eines nach § 33 Satz 2 BPersVG gewählten Mitgliedes des erweiterten Vorstandes einer Personalvertretung zu einem Verband, der eine andere Wahlvorschlagsliste getragen hat, führt nicht zur nachträglichen Ungültigkeit der Wahl zum Vorstandsmitglied.

 

Normenkette

BPersVG § 33 S. 2

 

Verfahrensgang

Hessischer VGH (Beschluss vom 02.02.1983; Aktenzeichen BPV TK 8/82)

VG Kassel (Entscheidung vom 01.10.1981; Aktenzeichen K 8/81)

 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 2. Februar 1983 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Im Mai 1979 fanden Wahlen zum Bezirkspersonalrat beim Grenzschutzkommando Mitte statt, zu denen zwei Wahlvorschläge mit den Kennworten „GdP im Deutschen Gewerkschaftsbund” (Liste 1) und „Bundesgrenzschutzverband im Deutschen Beamtenbund” (Liste 2) zugelassen waren. Die Kandidaten der Liste 1 erhielten in allen Gruppen die meisten Stimmen und damit die höhere Anzahl von Sitzen; auch die Kandidaten der Liste 2 erhielten jedoch mehr als ein Drittel der abgegebenen Stimmen. In seiner konstituierenden Sitzung wählte der Bezirkspersonalrat als einzigen Vertreter der Liste 2 den Polizeihauptkommissar H. in den erweiterten Vorstand. Im Jahre 1981 trat H. aus dem Bundesgrenzschutzverband aus und schloß sich der Gewerkschaft der Polizei (GdP) an.

Der Antragsteller, der dem Bezirkspersonalrat als Mitglied angehört, hat daraufhin das personalvertretungsrechtliche Beschlußverfahren eingeleitet und beantragt,

festzustellen, daß der Vorstand des beteiligten Bezirkspersonalrats nach dem Übertritt des Polizeihauptkommissars H. vom Bundesgrenzschutzverband zur Gewerkschaft der Polizei nicht mehr rechtmäßig zusammengesetzt ist.

Er meint, mit dem Übertritt von H. in den Verband, der während der Wahl die konkurrierende Liste 1 getragen habe, seien die Voraussetzungen des § 33 Satz 2 BPersVG für seine Wahl in den erweiterten Vorstand entfallen. Der Bezirkspersonalrat sei daher verpflichtet, entweder den gesamten Vorstand neu zu bilden oder dessen Ergänzungsmitglieder neu zu wählen und dabei die auf der Liste 2 gewählten Mitglieder zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus Sinn und Zweck der in § 33 Satz 2 BPersVG getroffenen Regelung, die sicherstellen solle, daß die zweitstärkste Liste bei der Bildung des erweiterten Vorstandes dann zu berücksichtigen sei, wenn dies nicht schon bei der Bildung des engeren Vorstandes geschehen sei. Dem sei nicht mehr genügt, nachdem H. aus dem Verband ausgeschieden sei, der die Liste 2 während der Wahl getragen habe. Als Folge dessen sei diese Liste nicht mehr im Vorstand vertreten, der sich nunmehr ausschließlich aus Mitgliedern des Verbandes zusammensetze, der während der Wahl die Liste 1 getragen habe.

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag abgelehnt. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers blieb ohne Erfolg, im wesentlichen aus folgenden Gründen:

Der Listenschutz des § 33 Satz 2 BPersVG werde nicht dadurch berührt, daß ein Vorstandsmitglied nach der Wahl des Vorstandes in einen Verband überwechsele, der eine konkurrierende Wahlliste getragen habe; denn er gelte nur für den Zeitpunkt der Wahl des erweiterten Vorstandes, nicht hingegen für die gesamte Wahlperiode. Der Verbandswechsel eines in den erweiterten Vorstand gewählten Personalratsmitgliedes wirke sich auch deswegen nicht auf die Rechtmäßigkeit der Zusammensetzung des erweiterten Vorstandes aus, weil § 33 Satz 2 BPersVG keinen Verbandsschutz, sondern lediglich einen Listenschutz bezwecke. Im übrigen sei H. trotz seines Verbandswechsels nach wie vor der Vertreter derjenigen Liste im erweiterten Vorstand, über die er in den Bezirkspersonalrat gewählt worden sei.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vom Beschwerdegericht zugelassene Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er der Auslegung des § 33 Satz 2 BPersVG entgegentritt, auf der der angegriffene Beschluß beruht. Er meint, die Vorschrift solle sicherstellen, daß die zweitstärkste Liste unter bestimmten Voraussetzungen während der gesamten Amtszeit der Personalvertretung in deren Vorstand vertreten sei, um so den Willen derjenigen Wähler Rechnung zu tragen, die den Wahlvorschlag einer Minderheit unterstützt hätten. Dadurch solle gewährleistet werden, daß diese Minderheit und die sie unterstützenden Wähler durch ein Vorstandsmitglied Einfluß auf die Arbeit des Vorstandes nehmen könnten. Das aber sei nicht mehr möglich, wenn der einzige Vertreter der zweitstärksten Liste im Vorstand in einen Verband übertrete, der eine konkurrierende Wahlliste getragen habe und andere verbandspolitischs Ziele verfolge als diejenigen, welche die Wähler der Liste, der dieses Vorstandsmitglied angehöre, durch ihre Stimmabgabe für diese Liste unterstützen wollten. Dem Zweck des § 33 Satz 2 BPersVG sei nicht genügt, wenn die zweitstärkste Liste im erweiterten Vorstand lediglich formal durch ein Personalratsmitglied vertreten sei, daß sich nach der Wahl anderen verbandspolitischen Zielen zugewandt habe.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluß des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs – Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 2. Februar 1983 und den Beschluß des Verwaltungsgerichts Kassel – Fachkammer für Personalvertretungssachen (Bund) – vom 1. Oktober 1981 aufzuheben und festzustellen, daß der Vorstand des Bezirkspersonalrats beim Grenzschutzkommando Mitte nach dem übertritt des Polizeihauptkommissars H. vom Bundesgrenzschutzverband zur Gewerkschaft der Polizei nicht mehr rechtmäßig zusammengesetzt ist.

Der Bezirkspersonalrat beim Grenzschutzkommando Mitte, der Beteiligte zu 1), und der Kommandeur des Grenzschutzkommandos Mitte, der Beteiligte zu 2), treten der Rechtsbeschwerde entgegen und verteidigen den angefochtenen Beschluß.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Rechtsbeschwerde bleibt ohne Erfolg. Der angefochtene Beschluß leidet nicht an Rechtsfehlern.

Den Ausgangspunkt der rechtlichen Prüfung bildet § 33 Satz 2 BPersVG. Danach ist bei der Bildung des erweiterten Vorstandes einer Personalvertretung für den Fall, daß die Mitglieder der Personalvertretung aus Wahlvorschlagslisten mit verschiedenen Bezeichnungen gewählt worden sind und daß dem nach § 32 Abs. 1 BPersVG gebildeten Vorstand kein Mitglied derjenigen Liste angehört, die die zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller abgegebenen Stimmen erhalten hat, eines der weiteren Vorstandsmitglieder aus dieser Liste zu wählen. Diese Bestimmung räumt dem im Wahlergebnis zum Ausdruck kommenden Wählerwillen insoweit Einfluß auf die Besetzung des erweiterten Vorstandes ein, als sie einem der Personalratsmitglieder, die über die Wahlvorschlagsliste gewählt worden sind, welche hinsichtlich ihres Wahlerfolges die genannten Voraussetzungen erfüllt, einen Platz im erweiterten Vorstand sichert. Sie gewährleistet damit, daß diejenige Wählerminderheit, welche durch den qualifizierten Erfolg des Wahlvorschlages, für den sie sich entschieden hat, gegenüber möglichen weiteren Wählerminderheiten herausgehoben ist, durch ein von ihrem Vertrauen getragenes Personalratsmitglied im erweiterten Vorstand repräsentiert wird. Das Bundespersonalvertretungsgesetz verschafft dieser Wählerminderheit so die Möglichkeit, die betrieblichen, verbandspolitischen und sonstigen Vorstellungen, die sie durch ihre Stimmabgabe unterstützt hat, in die Arbeit des Vorstandes einzubringen.

Als Mittel zur Erreichung dessen sieht § 33 Satz 2 BPersVG die Wahl eines der weiteren Vorstandsmitglieder „aus dieser Liste” vor, d.h. aus derjenigen Wahlvorschlagsliste, die die zweitgrößte Anzahl, mindestens jedoch ein Drittel aller abgegebenen Stimmen erhalten hat, aber nicht durch ein über sie in die Personalvertretung gelangtes Personalratsmitglied in dem nach § 32 Abs. 1 BPersVG gebildeten Vorstand vertreten ist. Einzige Voraussetzung für die Wählbarkeit des nach dieser Vorschrift auszuwählenden weiteren Vorstandsmitgliedes ist mithin, daß es über diese Liste in die Personalvertretung gelangt ist. Sie wird durch den Wahlvorschlag und seinen Erfolg bei der Wahl zur Personalvertretung für die Dauer von deren Amtsperiode unabänderlich geschaffen. „Mitglied” der Liste, über die es in die Personalvertretung gelangt ist, bleibt ein Personalratsmitglied – so auch das gemäß § 33 Satz 2 BPersVG gewählte weitere Vorstandsmitglied – auch dann, wenn es sich später zu anderen verbandspolitischen Zielen als denen dieser Liste bekennt und das durch einen Verbandswechsel dokumentiert. Wahlvorschlagslisten und deren „Mitglieder” im Sinne des § 33 Satz 2 BPersVG sind – anders als parlamentarische Fraktionen – keine organisatorischen Zusammenschlüsse, die die Zugehörigkeit ihrer Mitglieder zu einem oder mehreren bestimmten Verbänden voraussetzen. Sie sind vielmehr Gruppierungen, die zwar auf einem Wahlbündnis beruhen, einen organisatorischen oder ideellen Zusammenschluß für die Dauer der Amtsperiode der Personalvertretung aber nicht begriffsnotwendig voraussetzen.

Der Rechtsbeschwerde ist zwar einzuräumen, daß das dargestellte Ziel der in § 33 Satz 2 BPersVG getroffenen Regelung inhaltlich nicht mehr zu erreichen ist, wenn sich das nach dieser Vorschrift in den erweiterten Vorstand gewählte Personalratsmitglied nach der Wahl zu verbandspolitischen Vorstellungen bekennt, die von den Vorstellungen des oder der Verbände bzw. Gruppierungen abweichen, die die qualifizierte Minderheitsliste tragen. Jedoch bleibt die Wählbarkeit eines solchen Personalratsmitgliedes im Sinne des § 33 Satz 2 BPersVG nach dem zuvor Gesagten dadurch unberührt. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde wird folglich auch seine Wahl zum weiteren Vorstandsmitglied nicht nachträglich ungültig oder unwirksam. Nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut bietet § 33 Satz 2 BPersVG sonach keine gesetzliche Handhabe, ein Listenmitglied, welches das in ihn gesetzte verbandspolitische Vertrauen enttäuscht hat, im erweiterten Vorstand einer Personalvertretung durch ein anderes Listenmitglied zu ersetzen. Das Bundespersonalvertretungsgesetz enthält vielmehr weder in diesem noch in einem anderen Zusammenhang Bestimmungen darüber, ob und welche Konsequenzen es haben soll, wenn sich ein Listenmitglied von den verbandspolitischen und sonstigen Bestrebungen der Liste distanziert, über die es in die Personalvertretung gelangt ist.

Der Beschluß des Beschwerdegerichts ist daher zu bestätigen.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Gützkow, Dr. Eckstein, Dr. Schinkel, Nettesheim, Ernst

 

Fundstellen

Haufe-Index 1516381

BVerwGE, 311

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