Entscheidungsstichwort (Thema)

Entzug eines Gesellschaftsanteils. Klage einzelner Miterben auf Erlaß eines Restitutionsbescheids zugunsten der Erbengemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Einzelne Miterben, die auf Erlaß eines Restitutionsbescheids zugunsten der Erbengemeinschaft klagen, sind keine notwendigen Streitgenossen.

 

Normenkette

VwGO § 64; ZPO § 62 Abs. 1; BGB § 2039

 

Verfahrensgang

VG Dresden (Entscheidung vom 23.08.1995; Aktenzeichen 5 K 2486/94)

 

Tenor

Der Antrag des Verwaltungsgerichts auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts wird abgelehnt.

 

Gründe

Der auf § 53 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit Abs. 3 VwGO gestützte Antrag des Verwaltungsgerichts auf Bestimmung des örtlich zuständigen Gerichts ist abzulehnen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen für die begehrte Entscheidung nicht erfüllt sind. Der Antrag beruht auf der Annahme, daß der Kläger des vorliegenden Verfahrens und der Kläger des beim Verwaltungsgericht Chemnitz anhängigen Verfahrens 6 K 1732/94, die jeweils als Mitglieder derselben Erbengemeinschaft auf Rückübertragung eines entzogenen Gesellschaftsanteils an die Erbengemeinschaft klagen, notwendige Streitgenossen sind und daß die Verfahren daher bei dem vom Bundesverwaltungsgericht zu bestimmenden Gericht zusammengeführt werden müssen. Diese Annahme des Verwaltungsgerichts trifft nicht zu.

Gemäß § 2039 BGB ist jeder Miterbe berechtigt, einen zum Nachlaß gehörenden Anspruch im eigenen Namen geltend zu machen und Leistung an alle Miterben zu verlangen. Diese Vorschrift gilt auch für öffentlich-rechtliche Ansprüche, die im Wege der Verpflichtungsklage nach § 42 VwGO zu verfolgen sind, darunter den Anspruch auf Erlaß eines Restitutionsbescheids nach dem Vermögensgesetz (vgl. Urteil des Senats vom 26. Mai 1994 – BVerwG 7 C 15.93 – Buchholz 112 § 6 VermG Nr. 6). Da § 2039 BGB dem Miterben ein von dem gleichen Recht der übrigen Miterben unabhängiges Sonderrecht gewährt, wirkt das im Rechtsstreit eines Miterben ergangene Urteil weder für noch gegen die übrigen Miterben (RGZ 93, 127; BFHE 156, 8). Das Gesetz nimmt demnach bei mehreren zeitlich aufeinanderfolgenden Klagen einzelner Miterben nach § 2039 BGB trotz der Identität des geltend gemachten Anspruchs einander widersprechende Gerichtsentscheidungen in Kauf. Ebensowenig ist eine einheitliche Entscheidung des Gerichts dann geboten, wenn – wie hier – einzelne Miterben gleichzeitig auf Leistung an die Erbengemeinschaft klagen. Daraus folgt, daß solche Miterben keine notwendigen Streitgenossen im Sinne der §§ 64 VwGO, 62 Abs. 1 ZPO sind (vgl. BGHZ 23, 207; BFH a.a.O.; ebenso für Klagen mehrerer Miteigentümer nach § 1011 BGB BGHZ 92, 351).

Da die vom Verwaltungsgericht vorausgesetzte notwendige Streitgenossenschaft zwischen dem Kläger des vorliegenden Verfahrens und dem Kläger des Verfahrens 6 K 1732/94 (VG Chemnitz) offensichtlich nicht vorliegt, besteht auch keine Notwendigkeit, ein für beide Klagen gemeinsam zuständiges Verwaltungsgericht zu bestimmen (vgl. BVerwG, Beschluß vom 1. Dezember 1993 – BVerwG 2 AV 7.93 – Buchholz 310 § 53 Nr. 23). Vielmehr haben die mit den Klagen befaßten Gerichte hierüber jeweils in eigener Zuständigkeit zu befinden.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Herbert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1210921

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