Verfahrensgang

OVG Berlin (Aktenzeichen 5 B 11.98)

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 25. November 1999 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 800 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Klägerin beigelegte grundsätzliche Bedeutung.

Grundsätzlich bedeutsam ist eine Sache nur, wenn sie eine über den Einzelfall hinausgehende klärungsfähige und klärungsbedürftige Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Rechtsfortbildung oder der Wahrung der Rechtseinheit die Beantwortung in einem Revisionsverfahren erfordert. Daran fehlt es hier.

Die Beschwerde greift das Berufungsurteil mit der Begründung an, die Zulassung ihres Fertigarzneimittels habe nicht von der vorgängigen Vorlage einer randomisierten Phase III-Studie abhängig gemacht werden dürfen; die entsprechende Forderung der Arzneimittelprüfrichtlinie sei nach dem heutigen gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht gerechtfertigt, weil die Wirksamkeit selektiv auf Tumorzellen wirkender Arzneimittel, die für sich nur in Anspruch nähmen, das Wachstum der Tumorzellen zu hemmen oder zu stoppen, ohne die extremen Nebenwirkungen der klassischen Zytostatika aufzuweisen, nicht nach den strengen Regeln hochtoxischer Arzneimittel geprüft werden müsse. Diesem Vorbringen kann aus zwei Gründen keine klärungsbedürftige Rechtsfrage entnommen werden.

Zum einen bewegt sich die Frage, welche Prüfungen „nach dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse ausreichend” sind, auf der Ebene der Tatsachenfeststellung. § 25 Abs. 2 Nr. 2 AMG macht die Durchführung dieser Prüfungen zur Zulassungsvoraussetzung. § 26 Abs. 1 AMG ermächtigt das Bundesministerium für Gesundheit, nach Anhörung von Sachverständigen aus der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis mit Zustimmung des Bundesrats allgemeine Verwaltungsvorschriften über die u.a. an die klinische Prüfung zu stellenden Anforderungen zu erlassen; diese müssen dem jeweils gesicherten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen und sind laufend an diesen anzupassen. Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Notwendigkeit einer randomisierten Phase III-Studie dem gesicherten Stand wissenschaftlicher Erkenntnis entspreche. Eine solche Tatsachenfeststellung ist, da sie nicht mit Verfahrensrügen angegriffen worden ist, nach § 137 Abs. 2 VwGO für das Revisionsgericht bindend.

Zum anderen besteht in der Frage, ob an den Wirksamkeitsnachweis von Arzneimitteln unterschiedliche Anforderungen je nach dem Grad der mit ihnen verbundenen Nebenwirkungen zu stellen sind, kein Klärungsbedarf, weil diese Frage durch die Rechtsprechung des Senats bereits beantwortet ist. Im Urteil vom 14. Oktober 1993 (BVerwG 3 C 21.91 – Buchholz 418.32 AMG Nr. 25) ist ausgesprochen, dass Wirksamkeit und Unbedenklichkeit getrennt voneinander zu ermittelnde Zulassungskriterien sind. Dabei ist zwar zur Begründung darauf hingewiesen, dem Patienten bleibe bei Benutzung eines unwirksamen Arzneimittels ein anderes wirksames Arzneimittel vorenthalten, so dass seine Heilung möglicherweise verschleppt oder unmöglich werde. Das führt aber vorliegend nicht zur Unanwendbarkeit der in dem genannten Urteil entwickelten Grundsätze. Denn entgegen dem Beschwerdevorbringen steht den potenziellen Verbrauchern des Arzneimittels der Klägerin in Form der Zytostatika durchaus ein anderes Arzneimittel zur Verfügung, von dessen Anwendung sie gegebenenfalls abgehalten werden könnten.

Soweit die Beschwerde sich gegen die Abweisung des hilfsweise geltend gemachten Zulassensbegehrens unter Auflagen wendet, genügt sie schon nicht den Darlegungserfordernissen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Insoweit fehlt es selbst ansatzweise an der Herausarbeitung einer abstrakten Rechtsfrage, die in einem Revisionsverfahren der Beantwortung zugeführt werden sollte. Stattdessen rügt die Beschwerde, das Berufungsgericht habe an die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung des § 28 Abs. 3 AMG „überzogene Anforderungen gestellt”; die – teilweise mit den berufungsgerichtlichen Feststellungen nicht übereinstimmende – Schilderung der Vorteile des streitigen Arzneimittels mündet in die Feststellung, wer für derartige Arzneimittel den strengen Wirksamkeitsnachweis fordere, negiere praktisch die Existenz des § 28 Abs. 3 AMG. Die Beschwerde macht damit nicht einmal deutlich, welches Tatbestandsmerkmal dieser Vorschrift einen grundsätzlichen Klärungsbedarf aufwerfen soll.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14 GKG.

 

Unterschriften

Prof. Dr. Driehaus, van Schewick, Dr. Brunn

 

Fundstellen

Dokument-Index HI642435

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