Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsbescheid. Anfechtungsklage. Prozeßzinsen

 

Leitsatz (amtlich)

Wird ein Bescheid nach § 10 BetrAVG, auf den unter Vorbehalt Beiträge zur Insolvenzsicherung entrichtet worden sind, erfolgreich angefochten, besteht kein Anspruch entsprechend § 291 BGB auf Zahlung von Prozeßzinsen auf den Erstattungsbetrag ab Erhebung der Anfechtungsklage.

 

Normenkette

BetrAVG § 10; BGB § 291

 

Verfahrensgang

OVG Berlin (Urteil vom 26.10.1993; Aktenzeichen 4 B 66.92)

VG Berlin (Entscheidung vom 26.06.1992; Aktenzeichen 12 A 577.91)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 26. Oktober 1993 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 3.034 DM festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger begehrt die Zahlung von Prozeßzinsen auf ihm nach erfolgreicher Anfechtungsklage erstattete Beiträge zur Insolvenzsicherung.

Der Beklagte nahm den Kläger durch Beitragsbescheid vom 22. November 1982 auf Zahlung eines Beitrags von 12.958,66 DM in Anspruch. Der Kläger zahlte diesen Betrag unter Vorbehalt und erhob gegen den Beitragsbescheid Anfechtungsklage. Das Oberverwaltungsgericht Berlin hob den Beitragsbescheid durch rechtskräftiges Urteil vom 29. Dezember 1989 auf, soweit der Kläger zu mehr als 3.905,35 DM veranlagt worden war. Der Kläger bat um Überweisung des Überzahlungsbetrags sowie um Zahlung von zunächst 4 v.H. Jahreszinsen, später von 0,5 v.H. Monatszinsen ab Erhebung der Anfechtungsklage. Der Beklagte erstattete die Hauptforderung, lehnte jedoch die Zinszahlung ab.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat die auf Zinszahlung gerichtete Klage abgewiesen. Der Kläger wendet sich mit der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Berufungsurteil und macht den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) geltend. Er hält für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob der Beklagte nach erfolgreicher Anfechtungsklage gegen einen Beitragsbescheid nach § 10 BetrAVG verpflichtet ist, Prozeßzinsen auf einen Erstattungsbetrag zu zahlen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche Bedeutung liegt nur vor, wenn eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage aufgeworfen wird, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Daran fehlt es.

Der Kläger beruft sich nicht mehr auf eine entsprechende Anwendbarkeit der §§ 236, 238 AO. Ohne daß dies erst in einem Revisionsverfahren geklärt werden müßte, hat das Berufungsgericht zu Recht entschieden, daß der Erstattungsbetrag auch nicht in entsprechender Anwendung des § 291 BGB verzinst werden muß. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, daß eine Verpflichtung zur Zahlung von Prozeßzinsen entsprechend § 291 BGB auch bei öffentlich-rechtlichen Leistungsklagen bestehen kann und daß dies auch dann gilt, wenn eine Behörde erfolgreich auf Erlaß eines die Leistungspflicht unmittelbar auslösenden Verwaltungsaktes verklagt worden ist (BVerwGE 11, 314 ≪318≫; 14, 1 ≪3≫; 38, 49 ≪50≫; 51, 287 ≪288≫). Ebenfalls ist geklärt, daß ein Beamter nach erfolgreicher Anfechtung seiner Versetzung in den Ruhestand keinen Rechtsanspruch auf Prozeßzinsen für die ihm nachzuzahlende Besoldung hat (Urteil vom 24. September 1987 – BVerwG 2 C 27.84 – Buchholz 240 § 3 BBesG Nr. 5). In der zuletzt angeführten Entscheidung wird zur Begründung ausgeführt, daß im Anfechtungsprozeß hinsichtlich der Zurruhesetzungsverfügung Streitfragen über die Höhe etwa nachzuentrichtender Bezüge nicht behandelt werden können. Demzufolge stehe der Leistungsanspruch mit Erfolg der Anfechtungsklage nicht der Höhe nach fest. Dieser Gesichtspunkt greift im vorliegenden Fall, worauf der Kläger zu Recht hinweist, nicht ein. Denn nach rechtskräftigem Abschluß der Anfechtungsklage stand fest, ob und in welcher Höhe der Kläger zu Beiträgen zur Insolvenzsicherung veranlagt werden durfte. Daraus ergab sich zugleich, in welcher Höhe sein Erstattungsanspruch bestand. Gleichwohl ist die Anwendung des § 291 BGB auf die vorliegende Fallkonstellation nicht möglich. Es fehlt an der dazu erforderlichen Gesetzeslücke, die die gleichsam doppelte Analogie, nämlich die Anwendung im öffentlichen Recht und dazu noch auf Anfechtungsklagen, rechtfertigen könnte. Denn die Verwaltungsgerichtsordnung gibt dem Kläger einer Anfechtungsklage die Möglichkeit, zugleich eine Leistungsklage zu erheben (§ 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 4 VwGO). Wenn der Kläger von der ihm danach eröffneten Möglichkeit keinen Gebrauch macht, besteht keine Veranlassung, ihn durch Anwendung einer Vorschrift, die auf Leistungsklagen zugeschnitten ist, so zu stellen, als hätte er Leistungsklage auf Zahlung des Erstattungsbetrages erhoben.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 2 GKG.

 

Unterschriften

Meyer, Hahn, Groepper

 

Fundstellen

ZIP 1994, 1127

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