Verfahrensgang

VG Leipzig (Aktenzeichen 2 K 654/95)

 

Tenor

Die Beschwerde des Beigeladenen und Beschwerdeführers zu 1 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 21. Juli 1999 wird zurückgewiesen.

Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 2 und 3 werden verworfen.

Die Beschwerdeführer tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 200 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

Die Klägerin begehrt die Rückübertragung eines Eigenheimgrundstücks nach den Vorschriften des Vermögensgesetzes (VermG). Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zum Erlaß eines Rückübertragungsbescheids zugunsten der Klägerin verpflichtet. Die gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts gerichteten Beschwerden haben keinen Erfolg.

1. Die Beschwerden der Beschwerdeführer zu 2 und 3 sind unzulässig, weil diese Beschwerdeführer nicht am Verfahren vor dem Verwaltungsgericht beteiligt waren. Gemäß § 132 Abs. 1 und § 133 VwGO steht das Rechtsmittel der Revision oder – im Falle der Nichtzulassung der Revision – der Beschwerde „den Beteiligten” zu. Beteiligter in diesem Sinne ist nur derjenige, der bereits im vorinstanzlichen Verfahren Beteiligter war, nicht aber derjenige, der nach den Regeln über die notwendige Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO) an diesem Verfahren hätte beteiligt werden müssen. Der zu Unrecht nicht Beigeladene kann daher die Entscheidung der Vorinstanz nicht mit einem Rechtsmittel angreifen (vgl. Beschluß vom 12. Dezember 1990 – BVerwG 4 NB 14.88 – Buchholz 310 § 47 Nr. 52; Beschluß vom 27. Januar 1999 – BVerwG 8 B 245.98 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 39). Seine Interessen sind bereits dadurch ausreichend gewahrt, daß die getroffene Entscheidung ihm gegenüber weder formelle noch materielle Rechtskraft erlangt (vgl. BVerwGE 18, 124 ≪127≫; 104, 182 ≪184≫). Dementsprechend sind auch die Beschwerdeführer zu 2 und 3, die gemeinsam mit dem Beigeladenen und Beschwerdeführer zu 1 Eigentümer des umstrittenen Grundstücks sind und daher als Verfügungsberechtigte im Sinne von § 2 Abs. 3 Satz 1 VermG ebenfalls zum Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hätten beigeladen werden müssen (vgl. Beschluß vom 28. November 1997 – BVerwG 7 B 171.97 – Buchholz 428 § 37 VermG Nr. 16), nicht an das Ergebnis dieses Verfahrens gebunden. Sie können den aufgrund des Urteils des Verwaltungsgerichts ergehenden Rückübertragungsbescheid mit der Anfechtungsklage angreifen und in diesem weiteren Klageverfahren eine von dem Urteil des Verwaltungsgerichts abweichende Entscheidung erlangen (vgl. BVerwGE 104, 182 ≪185 f.≫).

2. Auch die Beschwerde des Beigeladenen und Beschwerdeführers zu 1 führt nicht zu der beantragten Revisionszulassung.

a) Die Revision ist nicht gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der vom Beschwerdeführer zu 1 gerügten Verfahrensmängel zuzulassen.

Ohne Erfolg macht der Beschwerdeführer zu 1 geltend, daß die Beschwerdeführer zu 2 und 3 vom Verwaltungsgericht zum Verfahren hätten beigeladen werden müssen. Diese Verfahrensrüge ist zwar, wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt, in der Sache zutreffend; jedoch wird der Beschwerdeführer zu 1 durch die unterbliebene Beiladung der Beschwerdeführer zu 2 und 3 nicht beschwert. Denn das Unterbleiben der Beiladung anderer, gleichfalls notwendig beizuladender Personen ist für die Rechtsstellung desjenigen, der – wie der Beschwerdeführer zu 1 – ordnungsgemäß am Verfahren beteiligt worden ist und damit dem Zweck der notwendigen Beiladung entsprechend auf das Verfahrensergebnis einwirken konnte, ohne Bedeutung. Eine etwaige wechselseitige Stärkung der Verfahrenspositionen mehrerer aus demselben Grund Beigeladener im gerichtlichen Verfahren ist mit dem Rechtsinstitut der notwendigen Beiladung nicht bezweckt. Da der Beschwerdeführer zu 1 durch die unterbliebene Beiladung der Beschwerdeführer zu 2 und 3 nicht in seinen Rechten berührt wird, kann der gerügte Verfahrensmangel seiner Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen (vgl. Beschluß vom 10. März 1998 – BVerwG 8 B 27.98 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 4 VwGO Nr. 7; Pietzner, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Bd. II Stand März 1999, § 133 VwGO Rn. 26).

Die vom Beschwerdeführer zu 1 erhobene Rüge mangelhafter Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) ist gleichfalls unzulässig. Nach den im angefochtenen Urteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen, die das Verwaltungsgericht aufgrund von Aktenauszügen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR getroffen hat, hat der Beschwerdeführer als inoffizieller Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR über seinen Dienstvorgesetzten auf das Zustandekommen des Kaufvertrags, mit dem er und seine verstorbene Ehefrau das umstrittene Grundstück erworben haben, Einfluß genommen. Der Beschwerdeführer zu 1 hält die Feststellungen des Verwaltungsgerichts für unzulänglich und meint, es sei „erforderlich gewesen, die näheren Umstände des Erwerbsvorgangs nochmals zu hinterfragen, insbesondere zu prüfen, was aus der Empfehlung der Stasi, den Rechtsweg zu beschreiten, geworden ist”. Dieses Vorbringen wird den Anforderungen, die nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung des gerügten Verfahrensmangels zu stellen sind, nicht gerecht. Nach der ständigen Spruchpraxis des Bundesverwaltungsgerichts ist der Verfahrensmangel unzureichender Sachverhaltsaufklärung nur dann ordnungsgemäß bezeichnet, wenn u.a. angegeben wird, welche sich anbietenden Beweismittel das Tatsachengericht pflichtwidrig ungenutzt gelassen hat und welches Ergebnis die unterlassene Beweiserhebung voraussichtlich gehabt hätte. Hierzu enthält die Beschwerdebegründung vom 4. Oktober 1999 keine Angaben. Das ergänzende Vorbringen des Beschwerdeführers zu 1 im Schriftsatz vom 10. März 2000 muß in diesem Zusammenhang außer Betracht bleiben, weil dieser Schriftsatz erst nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist.

Auch die weitere Verfahrensrüge des Beschwerdeführers zu 1, das Verwaltungsgericht habe ihn mit der Annahme seiner Unredlichkeit im Sinne von § 4 Abs. 3 Buchst. b VermG in unzulässiger Weise überrascht, bleibt ohne Erfolg. Da bereits der Prozeßbevollmächtigte der Klägerin in seinem Schriftsatz vom 30. Juni 1999 aus den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes den Schluß gezogen hatte, daß der Beschwerdeführer zu 1 in unredlicher Weise über seinen Dienstvorgesetzten auf die Auswahl des Grundstückserwerbers Einfluß genommen hat, hatte der Beschwerdeführer zu 1 vor dem Erlaß des angefochtenen Urteils hinreichend Gelegenheit, zu dieser Frage Stellung zu nehmen. Sein Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist daher mit dem Erlaß des für ihn ungünstigen Urteils nicht verkürzt worden. Wenn er im Vertrauen auf das Ergebnis des Verwaltungsverfahrens davon abgesehen hat, sich – entweder persönlich oder durch einen von ihm beauftragten Rechtsanwalt – gegen den Klageanspruch zu verteidigen und auf eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hinzuwirken, handelte er auf eigenes Risiko. Seine mangelnde Mitwirkung im vorinstanzlichen Verfahren kann jetzt nicht mehr durch eine Verfahrensrüge ausgeglichen werden.

b) Dem Rechtsstreit kommt ferner nicht die vom Beschwerdeführer zu 1 geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu. Der Beschwerdeführer zu 1 hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam und klärungsbedürftig, „ob eine Bitte um Unterstützung zum Erwerb eines Hauskaufes durch einen MfS-Mitarbeiter bereits dann als unredlich anzusehen ist, wenn das MfS keinerlei Einfluß zur Klärung im Sinne ihres Mitglieds ausgeübt hat und sich die Kaufvertragsparteien, die noch dazu verwandt waren, über alles einig waren”. Diese Fragestellung beruht auf einer Tatsachengrundlage, die nicht derjenigen des angefochtenen Urteils entspricht. Das Verwaltungsgericht hat entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers zu 1 angenommen, daß dieser sich die Machtstellung des Ministeriums für Staatssicherheit zunutze gemacht habe, um das Grundstück, das einem anderen Erwerber zugedacht war, selbst zu erwerben; es hat dabei die Umstände der von ihm angenommenen tatsächlichen Einflußnahme nicht näher dargelegt. Angesichts dessen besteht zwar die Möglichkeit, daß die in Rede stehende Rechtsfrage nach einer Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann. Das rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung jedoch nicht (vgl. Beschluß vom 5. September 1996 – BVerwG 9 B 387.96 – Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 1 VwGO Nr. 12).

c) Die sonstigen Ausführungen des Beschwerdeführers zu 1 erschöpfen sich darin, das Urteil des Verwaltungsgerichts mit tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen als unrichtig anzugreifen. Ein Revisionszulassungsgrund im Sinne von § 132 Abs. 2 VwGO ergibt sich aus diesen Ausführungen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und 3, § 159 Satz 2 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.

 

Unterschriften

Dr. Franßen, Dr. Bardenhewer, Herbert

 

Fundstellen

Dokument-Index HI566599

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