Verfahrensgang

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 10.07.2003; Aktenzeichen 8 U 59/03)

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 10.07.2003; Aktenzeichen 8 U 60/03)

OLG Frankfurt am Main (Beschluss vom 24.06.2003; Aktenzeichen 8 U 52/03)

 

Tenor

Die Verfahren haben sich mit der Aufhebung der Vorlagebeschlüsse erledigt.

 

Tatbestand

I.

Mit jeweils gleichlautenden Beschlüssen vom 24. Juni 2003 – 2 BvM 6/03 – und vom 10. Juli 2003 – 2 BvM 7/03, 2 BvM 8/03 – legte das Oberlandesgericht dem Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 2 GG die Frage vor, ob ein vom Schuldnerstaat ausgerufener Staatsnotstand zur Verweigerung bestehender und fälliger Zahlungsverpflichtungen berechtigt und ob ein solcher Rechtssatz des Völkerrechts auch im Falle der klageweisen Geltendmachung von Forderungen aus Staatsanleihen durch private Gläubiger vor deutschen Zivilgerichten nach Art. 25 GG bindend ist.

In den drei vorgelegten Verfahren hob das Oberlandesgericht seinen jeweiligen Aussetzungs- und Vorlagebeschluss mit Beschlüssen vom 29. Mai 2006 auf. Zur Begründung führt das Gericht aus, die Entscheidungserheblichkeit der Normverifikation sei entfallen. Der Senat sei zu der Auffassung gelangt, dass die Republik Argentinien ihre Zahlungsverweigerung wegen der Veränderung der tatsächlichen Umstände und ungeachtet ihres Notstandsgesetzes nicht mehr mit der Berufung auf einen Staatsnotstand rechtfertigen könne. Auf die völkerrechtliche und innerstaatliche Wirkung des Notstands komme es daher nicht mehr an.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Vorlageverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht haben sich erledigt. Das Oberlandesgericht hat die Vorlagebeschlüsse aufgehoben.

Bei der völkerrechtlichen Normverifikation handelt es sich um ein objektives Zwischenverfahren, das mit dem fachgerichtlichen Hauptsacheverfahren in wechselseitiger Beziehung steht. Nach Art. 100 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 25 GG sind die Fachgerichte verpflichtet, eine Frage dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen, wenn Zweifel daran bestehen, ob eine allgemeine Regel des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt. Ungeschriebene Zulässigkeitsvoraussetzung einer Vorlage gemäß Art. 100 Abs. 2 GG ist die Entscheidungserheblichkeit des Bestehens oder der Tragweite einer allgemeinen Regel des Völkerrechts (vgl. BVerfGE 4, 319 ≪321≫; 15, 25 ≪30≫; 16, 27 ≪32 f.≫; 46, 342 ≪358≫).

Aus der Funktion der völkerrechtlichen Normverifikation als Zwischenverfahren ergibt sich, dass die Verfahrensherrschaft des Bundesverfassungsgerichts insofern beschränkt ist, als das Vorlageverfahren von dem Verlauf des Ausgangsverfahrens abhängig bleibt (vgl. Schorkopf, in: Umbach/Clemens/Dollinger ≪Hrsg.≫, Bundesverfassungsgerichtsgesetz – Mitarbeiterkommentar, 2. Aufl. 2005, §§ 83, 84, Rn. 28). Entfällt aufgrund einer Veränderung der tatsächlichen Umstände nachträglich die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Frage, kann das vorlegende Gericht den Vorlagebeschluss aufheben.

 

Unterschriften

Hassemer, Broß, Osterloh, Di Fabio, Mellinghoff, Lübbe-Wolff, Gerhardt, Landau

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1717783

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