Entscheidungsstichwort (Thema)

Stattgebender Kammerbeschluß: Verletzung von GG Art. 3 Abs. 1 durch Verurteilung zur Zahlung eines erhöhten Mietzinses - hier: Nichtberücksichtigung des Disagios bei der Berechnung der vom Vermieter entrichteten und auf den Mietzins umlegbaren Kapitalkosten

 

Orientierungssatz

1. Zur Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch eine ungleiche Behandlung von Normadressaten durch eine dem Gesetzgeber verwehrten, von den Fachgerichten aber im Wege der Lückenfüllung vorgenommenen Differenzierung vgl BVerfG, 1991-06-11, 1 BvR 538/90, BVerfGE 84, 197 ≪199≫.

2a. Die Schlechterstellung von Mietern, die ihre Wohnung von einem Vermieter gemietet haben, der deren Erstellung durch Aufnahme eines Darlehens finanziert hat, das zwar mit einem niedrigeren Satz verzinst aber nicht in voller Höhe ausgezahlt wird, ist im Hinblick auf GG Art 3 Abs 1 dann jedenfalls nicht gerechtfertigt, wenn das Disagio nur noch Rechenfaktor für die Zinsbemessung während des Zinsfestschreibungszeitraums ist und als laufzeitabhängiger Ausgleich für einen niedrigeren Nominalzins anzusehen und deshalb nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl BGH, 1990-05- 29, XI ZR 231/89, BGHZ 111, 287) rechtlich wie Zins zu bewerten ist.

2b. Unabhängig davon, welche Art der Finanzierung der Vermieter wählt (Disagio mit niedrigerem Nominalzins oder höherer Nominalzins bei vollem Auszahlungskurs), kann nur eine Änderung der Kapitalmarktzinsen eine Mieterhöhung rechtfertigen, nicht aber der Wegfall eines Berechnungsfaktors, der sich ohne entsprechende effektive Erhöhung der Kapitalkosten in einem höheren Nominalzins niederschlägt. Die Auslegung und Anwendung des MietHöReglG § 5 MHG darf deshalb nicht an die aus der Sicht des Mieterhöhungsrechts zufällige Art der Finanzierung anknüpfen.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1; BVerfGG § 93c Abs. 1 S. 1; MietHöReglG § 5 Abs. 1, § 1 S. 1; BGB § 535 S. 2

 

Verfahrensgang

LG Augsburg (Entscheidung vom 14.06.1994; Aktenzeichen 4 S 4968/93)

 

Fundstellen

Haufe-Index 543623

NJW 1995, 1145

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