Gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen oder gegen den Auftragsverarbeiter. Was konkret einen materiellen oder immateriellen Schaden darstellt, ist in der DSGVO nicht definiert. Der Erwägungsgrund 85 der DSGVO nennt als typische Schadensgruppen – sowohl materiell als auch immateriell – lediglich Verlust der Kontrolle über personenbezogene Daten, Einschränkung der Rechte, Diskriminierung, Identitätsdiebstahl oder -betrug, finanzielle Verluste, unbefugte Aufhebung der Pseudonymisierung, Rufschädigung oder den Verlust der Vertraulichkeit. Aus dieser Auflistung wird bereits ersichtlich, dass im Zusammenhang mit Schadensersatz aufgrund von Datenschutzverletzungen hauptsächlich immaterielle Schäden relevant sind.

Die Frage, wann ein Ersatz für einen solch immateriellen Schaden zugesprochen werden soll, wird derzeit von deutschen Gerichten nicht einheitlich beantwortet:

Teile der Rechtsprechung sind der Ansicht, dass bereits ein einfacher Verstoß gegen die DSGVO ausreicht, um einen Schadensersatz auszulösen. So wurde zum Beispiel bei einer unrechtmäßigen Weitergabe von Gesundheitsdaten an eine Behörde,[1] bei einer versehentlichen Versendung einer E-Mail an einen falschen Empfänger[2], sowie bei einer unvollständigen Auskunft[3] ein immaterieller Schaden bejaht. Die Gerichte, die diese Entscheidungen getroffen haben, begründen ihre Auffassung insbesondere mit einer effektiven Durchsetzung der datenschutzrechtlichen Vorschriften sowie einer Abschreckungswirkung, die aufgrund höherer Schadensersatzsummen entstehen soll. Auch das BVerfG entschied kürzlich, dass im Hinblick auf immaterielle Schäden keine Erheblichkeitsschwelle eingeführt werden dürfe, sondern auch bei Bagatellverstößen ein Schaden vorliegen könne.[4]

Teilweise vertreten Gerichte jedoch auch eine wesentlich engere Auslegung des immateriellen Schadens. So wird von einigen Gerichten gefordert, dass für einen Schaden eine benennbare und tatsächliche Persönlichkeitsverletzung mit einem spürbaren Nachteil für die betroffene Person vorliegen müsse. Die bloße Befürchtung des Eintritts von Nachteilen beziehungsweise bloße individuell empfundene Unannehmlichkeiten könnten nicht ausreichen, um einen Schadensersatzanspruch zu begründen.[5]

[1] ArbG Dresden, 26.8.2020, 13 Ca 1046/20.
[2] LG Darmstadt, 26.5.2020, 13 O 244/19.
[3] ArbG Düsseldorf, 5.3.2020, 9 Ca 6557/18.
[5] LG Landshut, 06.11.2020, 51 O 513/20; AG Diez, 07.11.2018, 8 C 130/18; LG Hamburg, 4.9.2020, 324 S 9/19.

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