Rz. 100

Vermögensrechtliche (Auseinandersetzungs- und Ausgleichs-)Ansprüche im Zusammenhang einer Scheidung sind güterrechtlich zu qualifizieren (Art. 79 Abs. 3 bzw. Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 oder 2 IPRGB).[102]

[102] S. hiezu auch EuGH, Beschl. v. 14.6.2017 – Rs. C-67/17: Iliev ./. Ilieva – ECLI:EU:C:2017:459 = FamRZ 2017, 1913 (betroffen war die Frage nach der internationalen Zuständigkeit bulgarischer Gerichte für die vermögensrechtliche Auseinandersetzung nach Ehescheidung). Gegen diese Entscheidung wendet sich Musseva, FamRZ 2017, 2009: Die Teilung des mit Beendigung der Errungenschaftsgemeinschaft durch Scheidung entstehenden einfachen Miteigentums der einst miteinander verheirateten Ehepartner erfolge im bulgarischen Recht nach sachenrechtlichen Prinzipien, und zwar in einem neuen "sachenrechtlichen Verfahren". Der ehegüterrechtliche Bezug stelle sich in diesem Verfahren nur bei der Vorfrage der Begründung des Miteigentums, nicht jedoch bei dessen Auseinandersetzung. Das spreche für eine sachenrechtliche Qualifikation. Das maßgebliche Kriterium der unmittelbaren vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehe oder Eheauflösung nach der Rechtsprechung in der Sache de Cavel (Urt. v. 27.3.1979 – C-143/78) sei deswegen aus bulgarischer Perspektive nicht klar fassbar, zumal der Gerichtshof in der Rs. Komu (Urt. v. 17.12.2015 – Rs. C-605/14 – ECLI:EU:C:2015:833 = IPRax 2016, 11 = EuZW 2016, 198 = NZM 2016, 151) die Aufteilung einer Miteigentümergemeinschaft an einer unbeweglichen Sache als Rechtsstreitigkeit i.S. des Art. 22 Nr. 1 Brüssel Ia-VO eingeordnet habe.

Die Kritik überzeugt nicht. Für die güterrechtliche Qualifikation reicht es aus, dass das sog. einfache Miteigentum der Eheleute mit Rechtskraft des Scheidungsurteils begründet ist und damit im unmittelbaren Zusammenhang mit der Auflösung der Ehe steht (bis dahin bestand das anteilslose Miteigentum der Gatten am Errungenschaftsvermögen). Dass dann die Teilung des so begründeten – nun einfachen – Miteigentums in einem separaten sog. Teilungsverfahren gem. §§ 341 ff. ZPO geschieht, ändert daran nichts: Zum einen wird im Teilungsverfahren jedes einfache Miteigentum der Ehepartner an Gegenständen aus der Errungenschaftsgemeinschaft aufgeteilt, ungeachtet des Beendigungsgrundes. Zum anderen steht es den scheidungswilligen Ehepartnern frei, die güterrechtliche Auseinandersetzung im Scheidungsverfahren anhängig zu machen. Die Verfahrensart kann m.a.W. über die Qualifikationsfrage keine zuverlässige Auskunft geben. Der Verweis auf die Rs. Komu geht ebenfalls fehl: Dort war das Miteigentum nicht ehe- bzw. scheidungsbedingt begründet worden (so richtig Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2018, 121, 134).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge