Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 07.06.1963)

Schleswig-Holsteinisches LSG (Urteil vom 12.10.1962)

 

Tenor

1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. Juni 1963 aufgehoben.

2. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 1962 wird als unzulässig verworfen.

3. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Der Kläger war im Anschluß an seine Kriegsgefangenschaft in Frankreich als freiwilliger Zivilarbeiter in einem Unternehmen der chemischen Industrie in Le Havre beschäftigt und verunglückte in diesem Unternehmen bei der Arbeit am 9. Oktober 1947. Für die Folgen dieses Unfalls erhielt er von der französischen Unfallversicherung bis zum Verlassen Frankreichs im August 1948 eine Unfallrente auf Grund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. Nach der Rückkehr des Klägers in die Bundesrepublik übernahm die Beklagte die Entschädigungsleistungen auf Grund von Art. 3 § 1 der 4. Zusatzvereinbarung (BABl 1951, 526) zum Allgemeinen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Frankreich über die Soziale Sicherheit – vgl. Gesetz vom 18.10.1951 (BGBl II 177)–. Sie gewährte ihm durch Bescheid vom 25. Juni 1953 vom 20. August 1948 an eine Rente in Höhe von 20 v.H. der Vollrente. Den Jahresarbeitsverdienst stellte sie im Bescheid nach § 566 der Reichsversicherungsordnung (RVO) – aF – auf Grund des Lohnes fest, den ein Vergleichsmann am 1. Januar 1952 in dem Betrieb bezogen hatte, in dem der Kläger nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik tätig geworden war. Der Jahresarbeitsverdienst betrug 3.408,– DM (vgl. hierzu Erlaß des Bundesministers für Arbeit vom 2. Mai 1952, BABl 1952, 248).

Auf Grund des Gesetzes zur vorläufigen Neuregelung von Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung vom 27. Juli 1957 (BGBl I 1071) stellte die Beklagte die Geldleistungen in der Weise um, daß sie den Jahresarbeitsverdienst mit dem für Unfälle im Jahre 1947 nach § 2 geltenden Umrechnungsfaktor 2,4 vervielfältigte. Die Sachbearbeiter übersahen dabei, daß der Rentenberechnung ein Jahresarbeitsverdienst aus dem Jahre 1952 zugrunde lag und für Unfälle in diesem Jahr nur ein Umrechnungsfaktor von 1,2 festgesetzt war (vgl. hierzu auch § 2 Abs. 4 des Gesetzes). Die Umrechnung ergab anstelle einer bisherigen Monatsrente von 37,90 DM eine Monatsrente von 90,90 DM. Über die Umrechnung erhielt der Kläger eine Mitteilung, aus der lediglich der bisherige Monatsbetrag und der neue Monatsbetrag zu ersehen sind.

Der Fehler in der Neuberechnung der Rente wurde bei der Umstellung der Renten nach dem 2. Gesetz zur vorläufigen Neuregelung von Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung vom 19. Dezember 1960 (BGBl I 1085) entdeckt. Die Beklagte unterrichtete den Kläger hiervon durch Schreiben vom 18. Mai 1961 und teilte ihm mit, daß seine Rente vom 1. Januar 1957 an bei richtiger Berechnung, d. h. bei Vervielfältigung mit 1,2 nur monatlich 45,40 DM betrage und sich nach dem Gesetz vom 29. Dezember 1960 durch Vervielfältigung mit 1,18 auf 53,60 DM monatlich erhöhe, in dieser Höhe werde die Rente vom 1. Juni 1961 an ausgezahlt. Eine Rückforderung der zuviel bezahlten Beträge enthält das Schreiben nicht. Es enthält auch keine Rechtsmittelbelehrung.

Mit Schreiben vom 28. Juli 1961, das am 3. August 1961 bei der Beklagten eingegangen ist, hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers sich gegen die Neufeststellung der Rente gewendet und den Standpunkt vertreten, daß die Beklagte an den mit 2,4 vervielfältigten Jahresarbeitsverdienst gebunden sei. Dieses Schreiben, sowie ein weiteres Schreiben vom 6. November 1961, in dem nochmals um Erteilung eines „klagefähigen Bescheides” gebeten wird, hat die Beklagte dem Sozialgericht (SG) Itzehoe als Klage vorgelegt. Es ist dort am 11. November 1961 eingegangen. Das SG hat durch Urteil vom 3. April 1962 wie folgt entschieden: Der Bescheid vom 18. Mai 1961 wird geändert. Die Beklagte wird für verpflichtet erklärt, dem Kläger einen neuen Bescheid über die Gewährung seiner Rente mit der Maßgabe zu erteilen, daß bei der Umstellung der Rente auf Grund des 2. Gesetzes zur vorläufigen Regelung von Geldleistungen in der gesetzlichen Unfallversicherung im Jahre 1961 der Umrechnungsfaktor 2,4 zugrunde gelegt wird.

Das SG hat mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß die Beklagte an die Mitteilung über die Umrechnung im Jahre 1957 gebunden sei und sie auch nicht nach § 138 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) berichtigen könne, weil es sich nicht um einen Schreibfehler, Rechenfehler oder ähnliche offenbare Unrichtigkeit handle, sondern um einen Irrtum darüber, welches Jahr für die Wahl des Umstellungsfaktors maßgebend sei.

Die Beklagte, der das Urteil des SG am 14. Mai 1962 zugegangen ist, hat hiergegen am 25. Mai 1962 Berufung eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung des Urteils die Klage abzuweisen, für den Fall einer Zurückweisung der Berufung jedoch die Revision zuzulassen.

Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat durch Urteil vom 12. Oktober 1962 die Berufung zurückgewiesen. Das Urteil enthält weder im entscheidenden Teil noch im Tatbestand oder den Entscheidungsgründen Ausführungen über die Zulassung der Revision. Die Rechtsmittelbelehrung beginnt mit den Worten „Diese Entscheidung ist endgültig, wenn nicht die Revision auf einen wesentlichen Verfahrensmangel (§ 162 Abs. 1 Ziffer 2 SGG) gestützt werden sollte”. Das Urteil ist der Beklagten am 15. Februar 1963, den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 18. Februar 1963 zugestellt worden.

Die Beklagte hat durch einen am 6. März 1963 beim LSG eingegangenen Schriftsatz beantragt, das Urteil vom 12. Oktober 1962 nach § 140 Abs. 1 Satz 2 SGG dahin zu ergänzen, daß die Revision nach § 162 Abs. 1 Ziffer 1 SGG zugelassen wird.

Der Kläger hat demgegenüber den Standpunkt vertreten, daß auch eine versehentlich unterlassene Zulassung der Revision nicht durch Urteilsergänzung nachgeholt werden könne.

Das LSG hat auf Grund mündlicher Verhandlung am 7. Juni 1963 folgendes Urteil verkündet:

Das Urteil des 3. Senats des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 12. Oktober 1962 wird dahin ergänzt:

Die Revision wird zugelassen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision gegen dieses Ergänzungsurteil wird zugelassen.

Das Urteil vom 7. Juni 1963 ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 19. Juli 1963 zugestellt worden.

Die Beklagte hat gegen das Urteil vom 12. Oktober 1962 am 9. März 1963 Revision eingelegt mit dem Antrag

unter Aufhebung der Urteile des LSG und des SG die Klage gegen den Bescheid vom 18. Mai 1961 ab zuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

Mit Schriftsatz vom 25. April 1963, der am 30. April 1963 beim Bundessozialgericht (BSG) eingegangen ist, hat die Beklagte die Revision begründet. Sie wendet sich gegen die materiell-rechtliche Auffassung, auf der die Entscheidung des LSG beruht, und rügt als Mangel im Verfahren, daß das LSG über den ausdrücklichen Antrag auf Revisionszulassung nicht entschieden habe.

Der Kläger hat gegen das Ergänzungsurteil vom 7. Juni 1963 am 7. August 1963 Revision eingelegt mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben. Er ist der Auffassung, die versehentlich unterlassene Zulassung könne nicht durch Ergänzungsurteil ausgesprochen werden. Außerdem hätte der Senat, wenn überhaupt, nur in gleicher Besetzung entscheiden dürfen.

Gegenüber der Revision der Beklagten gegen das Urteil vom 12. Oktober 1962 beantragt der Kläger, die Revision als unzulässig zu verwerfen.

Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision des, Klägers gegen das Ergänzungsurteil vom 7. Juni 1963 ist durch Zulassung statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Das Ergänzungsurteil ist auch durch ein selbständiges Rechtsmittel anfechtbar (vgl. Stein/Jonas/Schönke/Pohle, Komm. zur ZPO, 18. Aufl. Anm. IV zu § 321, Baumbach/Lauterbach, ZPO, 29. Aufl. Anm. 4 zu § 321). Die Revision ist deshalb zulässig.

Das LSG hat in dem angefochtenen Urteil die Auffassung vertreten, daß die Ergänzung eines Urteils auch dann zulässig sei, wenn es sich darum handele, daß das Gericht versehentlich keine Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels getroffen habe. Hierzu hat es in dem Urteil ausgeführt, der Senat habe sich bei seiner Entscheidung vom 12. Oktober 1962 versehentlich keine Gedanken darüber gemacht, ob die Revision hiergegen zuzulassen sei, „andernfalls wäre das, wie in anderen Fällen, am Ende der Entscheidungsgründe zum Ausdruck gekommen”. Diese Ausführungen lassen nicht klar erkennen, ob der Senat in der Besetzung, in der er das Ergänzungsurteil gefällt hat, aus eigenem Wissen feststellen wollte, daß der Senat bei der Beratung des Urteils vom 12. Oktober 1962 sich keine Gedanken über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision gemacht habe, oder ob er diese Feststellung nur daraus schlußfolgert, daß im Urteil vom 12. Oktober 1962 nichts über die Revisionszulassung steht – und übrigens auch der Antrag auf Zulassung der Revision, den die Beklagte im Berufungsschriftsatz ausdrücklich gestellt hat, im Tatbestand nicht erwähnt ist. Doch kann das dahingestellt bleiben, denn die Feststellung des LSG, daß der Senat sich über die Zulassung der Revision versehentlich keine Gedanken gemacht habe, ist nicht durch wirksame Rügen angegriffen und deshalb für das. Revisionsgericht bindend (§ 163 SGG).

Es bedarf im vorliegenden Fall keiner näheren Prüfung, ob es nach § 138 SGG als „offenbare Unrichtigkeit” berichtigt werden kann, wenn versehentlich in dem verkündeten Entscheidungssatz (Tenor) kein Ausspruch der Zulassung der Revision aufgenommen worden, aber bei Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Entscheidungsgründe (§ 132 Abs. 2 Satz 2 SGG) bekanntgegeben worden ist, daß der Senat des LSG beschlossen habe, die Revision zuzulassen; denn ein solcher Sachverhalt ist hier nach den für das Revisionsgericht bindenden Feststellungen des LSG nicht gegeben.

Als Grundlage für eine nachträgliche Verhandlung, Beratung und Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels der Revision kommt vielmehr nur § 140 SGG in Frage, der jedoch seinem Wortlaut nach – ebenso wie § 321 der Zivilprozeßordnung (ZPO) – auf einen solchen Fall nicht zutrifft, weil es sich bei der Entscheidung über die Zulassung der Revision weder um den Kostenpunkt noch auch um einen von einem Beteiligten erhobenen Anspruch handelt. Die Entscheidung über die Zulassung der Revision ist, unabhängig von ausdrücklichen Anträgen der Beteiligten, jeweils von Amts wegen zu treffen. Die Zulassung der Revision durch ein Ergänzungsurteil ließe sich also nur rechtfertigen, wenn § 140 SGG auf das Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung über die Revisionszulassung entsprechend anzuwenden wäre.

Der 8. Senat des BSG hat im Urteil vom 15. September 1966 (BSG 25, 202) – auf das ausdrücklich Bezug genommen wird – diese Frage für die Zulassung der Berufung verneint.

Das LSG hat sich für seine Rechtsauffassung auf die Ausführungen in den Kommentaren zur ZPO von Stein/Jonas/Schönke/Pohle (18. Aufl. Anm. I 3 zu § 321, vgl. auch Fußnote 12) und Baumbach/Lauterbach (29. Aufl. Anm. 5 zu § 321) berufen (vgl. auch Rosenberg, Lehrbuch des. Deutschen Zivilprozeßrechts, 9. Aufl. S. 697, § 140 II 2 a). Der 8. Senat hat jedoch bereits darauf hingewiesen, daß diese von der ständigen Rechtsprechung des Reichsgerichts (RG), des Bundesgerichtshofs (BGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (vgl. BGHZ 44, 395; AP Nr. 1, 3 und 4 zu § 319 ZPO, Betriebsberater 1967, 211; vgl. auch LAG Berlin NJW 1967, 371) abweichenden Auffassungen im wesentlichen mit Hinweisen auf eine „neuere Rechtsauffassung” und mit Zweckmäßigkeitserwägungen begründet sind.

Die Schlußfolgerungen, die der BGH daraus zieht, daß der Gesetzgeber in der ZPO eine entsprechende Anwendung des § 321 zwar in den §§ 302, 599, 716, 721, nicht aber in § 546 angeordnet hat, obwohl ihm die im Schrifttum umstrittene Rechtsauffassung des RG dazu Anlaß hätte geben können, lassen sich zwar auf das SGG nicht unmittelbar übertragen, das überhaupt keine Verweisungen auf § 140 enthält; sie sind aber insofern bedeutsam, als der Gesetzgeber jedenfalls für die ZPO das Ergebnis der Rechtsprechung des RG und des BGH nicht korrigiert hat.

Der für das RG in erster Linie maßgebend gewesene Gedanke, daß die Urteile der Oberlandesgerichte, die nur kraft Zulassung der Revision mit diesem Rechtsmittel angefochten werden konnten, bei fehlendem Ausspruch über die Zulassung mit ihrer Verkündung formell rechtskräftig wurden, so daß eine nachträgliche Zulassung der Revision einen Eingriff in die Rechtskraft zur Folge gehabt hätte, trifft zwar für das SGG nicht unmittelbar zu (vgl. § 162 Abs. 1 Nr. 2 und 3 SGG); der BGH (BGHZ 44, 395, 398) hat jedoch mit ausführlicher Begründung dargelegt, daß dieser Gedanke, obwohl er auch für die ZPO erheblich an Gewicht verloren hat, keineswegs bedeutungslos geworden ist. Das trifft auch für die Revision im Verfahren nach dem SGG zu. Der 8. Senat hat hierzu auch bereits darauf hingewiesen, daß die Frist für einen Antrag auf Ergänzung des Urteils in § 321 ZPO nur eine Woche, in § 140 SGG dagegen einen Monat nach Zustellung des Urteils beträgt und die Beteiligten infolgedessen u.U. erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist erfahren würden, daß eine Ergänzung des Urteils durch eine Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels betrieben wird.

Der entscheidende Gesichtspunkt ist hierbei, daß eine ausdrückliche Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels nur erforderlich ist, wenn das Rechtsmittel zugelassen werden soll. Enthält ein Urteil weder im verkündeten Entscheidungssatz noch in den Gründen einen Ausspruch über die Zulassung, so hat das nicht zur Folge, daß eine Lücke besteht, die erst noch der Ausfüllung bedarf; durch ein solches Urteil ist vielmehr ausgesprochen, daß das Rechtsmittel nicht zugelassen ist. Ein nachträglicher Ausspruch der Zulassung auf Grund von § 140 SGG würde also das Urteil nicht durch eine bisher fehlende Entscheidung ergänzen, sondern eine bereits ergangene Entscheidung nachträglich ändern (vgl. auch BGHZ 44, 396; BAG in AP Nr. 2 zu § 319 ZPO).

Da eine solche Änderung des Urteils auch nach dessen Rechtskraft noch zulässig wäre, wenn der Antrag innerhalb der Monatsfrist nach Zustellung gestellt worden ist (vgl. hierzu § 517 ZPO), müßte ein Beteiligter, der sich von einer Revision nur im Falle der Zulassung Erfolg verspricht, gegen das ursprüngliche – noch nicht geänderte – Urteil in jedem Fall vorsorglich Revision einlegen, wenn im Urteil ein ausdrücklicher Ausspruch über die Zulassung oder Nichtzulassung fehlt (vgl. zB Baumbach/Lauterbach, ZPO, 29. Aufl. Anm. 2 zu § 517).

Der erkennende Senat stimmt mit dem 8. Senat darin überein, daß ein derartiger nachträglicher, ändernder Eingriff in die Rechtskraft eines Urteils mit den Erfordernissen der Rechtssicherheit in Widerspruch stehen würde und jedenfalls nicht durch eine ausdehnende Anwendung des seinem Wortlaut nach einen solchen Fall nicht umfassenden § 140 SGG gerechtfertigt werden kann.

Die Zulassung des Rechtsmittels der Revision gegen das Urteil vom 12. Oktober 1962 im Ergänzungsurteil vom 7. Juni 1963 war nicht zulässig. Der Senat hat deshalb auf die begründete Revision des Klägers das Urteil vom 7. Juni 1963 aufgehoben.

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil vom 12. Oktober 1962 ist in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden. Da, wie dargelegt, die nachträgliche Zulassung der Revision durch das Urteil vom 7. Juni 1963 nicht wirksam ist, ist die Revision der Beklagten nicht nach § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft. Eine Anwendung der Nr. 3 des § 162 Abs. 1 SGG scheidet im vorliegenden Fall aus. Infolgedessen hängt die Statthaftigkeit der Revision der Beklagten davon ab, ob die Voraussetzungen der Nr. 2 des § 162 Abs. 1 SGG gegeben sind. Die Revision der Beklagten rügt als wesentlichen Mangel im Verfahren des LSG, daß das LSG bei der Beratung und Beschlußfassung über das Urteil vom 12. Oktober 1962 das prozessuale Begehren der Beklagten auf Zulassung der Revision im Falle der Zurückweisung der Berufung nicht berücksichtigt habe.

Diese Rüge ist nicht geeignet, einen wesentlichen Mangel im Verfahren des LSG schlüssig darzutun.

Das Fehlen eines Ausspruchs über die Zulassung – oder Nichtzulassung – der Revision in einem Urteil hat, wie dargelegt, die Wirkung, daß das Rechtsmittel der Revision nicht zugelassen ist. Beruht diese – negative – Entscheidung über die Zulassung des Rechtsmittels auf unrichtigen Erwägungen oder, wie im vorliegenden Fall, darauf, daß der Senat des LSG bei der Beratung des Urteils über die Zulassung oder Nichtzulassung der Revision nicht beraten und entschieden hat, so liegt darin zwar eine Verletzung der Verpflichtungen, die sich für das LSG aus § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG ergeben, der Fehler betrifft aber nicht das Verfahren des LSG, sondern unmittelbar den Inhalt des Urteils. Es handelt sich nicht um einen Verfahrensmangel, sondern um einen Fehler bei der Urteilsfindung selbst (vgl. auch SozR Nr. 38, 39 und 40 zu § 150 SGG).

Da die Revision der Beklagten hiernach einen wesentlichen Mangel im Verfahren des LSG nicht schlüssig gerügt hat, ist sie nicht statthaft und war als unzulässig zu verwerfen.

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens ergeht auf Grund von § 193 SGG.

 

Unterschriften

Brackmann, Hunger, Demiani

 

Fundstellen

NJW 1968, 127

MDR 1967, 956

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