Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfallversicherungsschutz bei betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltungen

 

Leitsatz (redaktionell)

Kehrt ein Betriebsangehöriger nach der Ankunft vor seinem Wohnhaus zu der noch andauernden Gemeinschaftsveranstaltung zurück und nimmt er den Kontakt zu dem verbliebenen, nicht unbedeutenden Rest der Veranstaltungsteilnehmer wieder auf, so führt das zur Wiederherstellung des vorher beendeten ursächlichen Zusammenhangs mit der versicherten Tätigkeit.

 

Normenkette

RVO § 548 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1963-04-30

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 4. Oktober 1972 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat der Klägerin auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

I

Der als Zivilkraftfahrer (ZKf) bei der Fahrbereitschaft der Bundeswehr-Artillerieschule in I beschäftigt gewesene Ehemann der Klägerin - Hans Werner R (R.) - ist am 19. Juli 1970 an den Folgen eines Verkehrsunfalles gestorben, den er am 17. Juli 1970 erlitten hatte. Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Am 17. Juli 1970 nahm R. an einem Betriebsausflug der Fahrbereitschaft der Artillerieschule teil, der in L am Sportheim stattfand. Hierzu waren alle Mitglieder der Fahrbereitschaft eingeladen worden; der Beginn des Betriebsausfluges war auf 9,00 Uhr festgesetzt, die Rückfahrt für etwa 17,00 Uhr angekündigt und auf die Möglichkeit der Benutzung zweier Dienstfahrzeuge hingewiesen worden. Von der Artillerieschule wurden zum Personen- und Materialtransport für den Betriebsausflug zwei VW-Busse für die Zeit von 8,30 bis 18,00 Uhr bereitgestellt. Verantwortlich für den Ablauf der Veranstaltung war Oberfeldwebel (OFw) B. Dieser kümmerte sich insbesondere ab 18,30 Uhr um das Nachhausekommen der noch verbliebenen Teilnehmer. Er, R. und noch zwei weitere ZKf bestiegen einen der zum Abtransport abgestellten VW-Kombi, um zuerst den unter Alkoholeinfluß stehenden R. nach Hause zu fahren. Nach der Ankunft vor seinem Wohnhaus ging R. auf seinen Privat-Pkw zu, um mit diesem nach L zurückzufahren. Auf Drängen der Klägerin ließ B den Ehemann der Klägerin, der unbedingt zur Betriebsfeier nach L zurückwollte, wieder in den VW-Bus einsteigen. Daraufhin fuhr auf B Veranlassung der VW-Bus wieder nach L. Nach der Ankunft kurz vor 19,00 Uhr bat B den ZKf B, sich um das Heimkommen des R. zu kümmern. Nachdem B beide verlassen hatte, brachen sämtliche noch in der Gaststätte verweilenden Teilnehmer gegen 19,00 Uhr auf. R. stieg mit dem Kollegen N in den Privat-Pkw des ZKf Sch, mit dem ZKf B das Heimbringen des R. vereinbart hatte. Mit dem von Sch, der unter Alkoholeinfluß stand, gesteuerten Pkw fuhren diese drei Personen von L aus in Richtung S. Um 19,20 Uhr stürzte der Pkw von der Kreisstraße Nr. 19 kurz vor R eine steile Böschung hinab; hierbei erlitt R. Verletzungen, die zu seinem Tode führten.

Durch Bescheid vom 19. Oktober 1970 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Hinterbliebenenrente ab, da der Versicherungsschutz des R. mit dem Erreichen der Wohnung beendet gewesen sei und die von R. danach zurückgelegten Wege rein eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient hätten.

Das Sozialgericht (SG) Koblenz hat durch Urteil vom 8. November 1971 die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat nach Anhörung der Klägerin und Vernehmung von Zeugen durch Urteil vom 4. Oktober 1972 die Beklagte antragsgemäß verurteilt, der Klägerin Hinterbliebenenrente zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Verkehrsunfall des R. sei ein Arbeitsunfall, weil er sich im Rahmen des zwischen ihm und der Artillerieschule der Bundeswehr bestehenden Arbeitsverhältnisses ereignet habe. Zu dem Unfall sei es im Anschluß an den auf dem Sportgelände in L und in der dortigen Gaststätte durchgeführten Betriebsausflug der Fahrbereitschaft gekommen. Der Betriebsausflug erfülle die Voraussetzungen einer betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung.

Die Teilnahme des R. an dieser Veranstaltung sei demnach einer versicherten Betriebstätigkeit gleichzuerachten. Die Beklagte und das SG hätten den Versicherungsschutz zu Unrecht mit der Begründung verneint, daß der von R. nach seiner Rückkehr von der Betriebsveranstaltung an seinen Wohnort erneut zurückgelegte Weg nach und von L. eigenwirtschaftlichen Zwecken gedient habe. R. habe nach dem Transport zu seinem Wohnort seinen häuslichen Wirkungsbereich noch nicht endgültig erreicht gehabt, so daß damit seine vorangegangene betriebliche Tätigkeit und der Versicherungsschutz noch fortbestanden habe. R. habe die Haustür bei seiner Ankunft nicht durchschritten. Selbst wenn jedoch durch die Rückkehr des R. an seinen Wohnort die versicherte Beschäftigung beendet gewesen sei, habe der Ablauf des weiteren Geschehens zu einer Wiederherstellung des Zusammenhanges mit der Betriebsveranstaltung geführt, da OFw B R. wieder an den Ort der Veranstaltung zurückgebracht habe. An dem betrieblichen Charakter der Rückkehr ändere sich auch nichts dadurch, daß R. auf Bitten und Drängen der Klägerin von B wieder mitgenommen worden sei. Zwar habe B auch aus Gefälligkeit gehandelt, um R. und seine Familie vor Schaden zu bewahren. Diese, dem eigenwirtschaftlichen Lebensbereich zuzurechnenden Gründe seien jedoch durch die Gestaltung des weiteren Geschehens derart in den Hintergrund gedrängt worden, daß sie bei der Beurteilung der Zusammenhangsfrage unberücksichtigt bleiben könnten. Denn das Geschehen habe zu einer rechtlich wesentlichen ursächlichen Verknüpfung mit der versicherten Tätigkeit geführt. Als Brückner den R. gegen 18,50 Uhr in der Gaststätte am Sportheim in L wieder absetzte, seien dort noch etwa 15 ZKf anwesend gewesen und hätten sich auch noch kurz dort aufgehalten. Folglich sei noch etwa ein Drittel der insgesamt 40 bis 50 Festteilnehmer versammelt gewesen; das sei ein nicht unbedeutender Rest der Gesellschaft. Ein offizielles und vor allem zeitlich eindeutiges Ende der Gemeinschaftsveranstaltung habe es vor der erneuten Ankunft des R. in L. nicht gegeben. OFw B habe gegen 15,30 Uhr lediglich begonnen, langsam zum Aufbruch zu mahnen, und er habe gegen 18,30 Uhr endgültig die Veranstaltung beenden wollen. Er habe nach seiner Rückkehr nach L. zwar darauf hingewiesen, daß ein weiteres Verbleiben in der Gaststätte Privatsache der Anwesenden sei, er habe jedoch deren Aufenthalt in der Gaststätte nicht ausdrücklich verboten und die Veranstaltung auch nicht offiziell für beendet erklärt. Das recht kurze Verweilen der restlichen Festteilnehmer bis zum baldigen endgültigen allgemeinen Aufbruch habe demnach den Charakter einer zu Ende gehenden Gemeinschaftsveranstaltung gehabt. Auch aus der Sicht des R. habe die Gemeinschaftsveranstaltung bis zum erneuten Aufbruch aus der Gaststätte noch angedauert. Denn er habe, in dem Glauben, daß die Feier noch nicht beendet gewesen sei, nach seiner R an seinen Wohnort auf alle Fälle wieder nach L. an den Ort der Veranstaltung zurückkehren wollen. Indem OFw B diesem Willen entsprochen habe, sei auch er von einer noch nicht beendeten Feier ausgegangen. Die Wiederherstellung des Zusammenhanges mit der noch nicht endgültig beendeten Betriebsveranstaltung sei dadurch vertieft worden, daß OFw B dem ZKf B die Aufsicht über R. und die Verpflichtung auferlegt habe, für dessen Heimtransport zu sorgen. Diese von OFw B auf den ZKf B übergegangene, vom Charakter des Betriebsausfluges geprägte Aufsichtsführung über R. habe eindeutig auch objektiv den Zusammenhang mit der Gemeinschaftsveranstaltung wiederhergestellt. Deren Gestaltung und das Verhalten des aufsichtsführenden OFw B ließen erkennen, daß - zumindest für R. - auch die Sorge für einen gefahrlosen Rückweg habe übernommen werden sollen. B habe in Erfüllung eines Auftrages gehandelt, als er sich in der Gastwirtschaft um R. gekümmert und die Frage seiner erneuten Heimkehr geklärt habe. Hiernach habe der Veranstalter die Verpflichtung übernommen, sämtliche von ihm erkennbaren Risiken, die durch einen während der Veranstaltung ermöglichten übermäßigen Alkoholgenuß verursacht worden seien, von Festteilnehmern abzuwehren. Wegen dieser Verpflichtung habe der Aufsichtsführende pflichtgemäß für die Durchführung eines gefahrlosen Rückweges des R. von der Gemeinschaftsveranstaltung zu seiner Wohnung gesorgt. Es sei unerheblich, daß R. schließlich von einem Dritten gefahren worden sei. Denn der ZKf B habe sich einen Eindruck über die Fahrtüchtigkeit des ZKf Sch verschafft und sich von diesem das Versprechen geben lassen, R. nach Hause zu fahren. Hierbei habe er wie der OFw B in Erfüllung der sich aus dem Arbeitsvertrag ergebenden Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gehandelt. Die Erfüllung der - möglicherweise freiwillig - übernommenen Verpflichtung, für einen gefahrlosen Rücktransport des R. von der Betriebsveranstaltung zu sorgen sowie der Umstand, daß R. in der Gaststätte am Sportheim in L in den Kreis der noch verbliebenen Festteilnehmer zurückgekehrt sei und mit diesen in der Gaststätte noch Kurze Zeit verweilte, habe den ursächlichen Zusammenhang mit der Betriebsveranstaltung erneut begründet oder ihn - bei Nichtannahme seiner Beendigung - fortdauern lassen. Bei dem Weg, auf dem R. verunglückt sei, habe es sich sonach um einen mit der Beschäftigung zusammenhängenden Weg von dem Ort der Gemeinschaftsveranstaltung gemäß § 550 Reichsversicherungsordnung (RVO) gehandelt. Es lägen keine Gründe dafür vor, daß durch den vom ZKf Sch eingeschlagenen Fahrtweg der Versicherungsschutz unterbrochen oder gelöst worden sei oder dieser durch eine von R. selbstgeschaffene Gefahr im Unfallzeitpunkt nicht mehr bestanden habe. Die Fahrt habe nur dazu gedient, die Insassen des FKW nach Hause zu bringen. Sch habe den Weg in Richtung S. eingeschlagen, weil ihm diese Strecke bekannt gewesen sei und er die unmittelbar zum Wohnort des R. führende Straße nicht gern befahren habe. Vermutlich hätte Sch ohne den Unfall die Abfahrt nach Nockenthal vor Rötsweiler benutzt, um von dort den Wohnort des R. zu erreichen und R. dort abzusetzen. Während die direkte Entfernung vom Ort der Veranstaltung zum Wohnsitz des R. nur etwa 5 km betrage, belaufe sie sich bei dem von Sch eingeschlagenen Weg auf etwa 12 km. Das Verhalten des Fahrers des Kraftfahrzeugs anläßlich des Einschlagens des Fahrtweges sei jedoch nicht geeignet, versicherungsrechtliche Folgen auch für den mitfahrenden R. auszulösen. Der ursächliche Zusammenhang zwischen dem Zurücklegen des Weges von dem Ort der Gemeinschaftsveranstaltung und der betrieblichen Tätigkeit sei nicht unterbrochen, weil der Umweg nicht in der Person des R. begründet und nicht wesentlich von seinem Willen bestimmt gewesen sei. R. habe auf den eingeschlagenen Fahrtweg keinen Einfluß genommen; er habe ihn nicht veranlaßt. Damit seien ihm aber versicherungsrechtliche Folgen wegen des Einschlagens eines möglichen Umweges nicht zuzurechnen. Gleiches gelte auch bezüglich der Alkoholbeeinflussung des ZKf Sch. Bei diesem habe im Unfallzeitpunkt eine Blutalkoholkonzentration von 1,12 0 / 00 bestanden. Ob diese Alkoholbeeinflussung allein wesentliche Ursache für das Zustandekommen des Unfalls gewesen sei, stehe nicht sicher fest. Eine solche Einwirkung auf den Geschehensablauf durch ein Fehlverhalten des möglicherweise fahruntüchtigen ZKf Sch würde aber auch den Versicherungsschutz des mitfahrenden R. nicht beeinträchtigen.

Dessen Versicherungsschutz könnte zwar entfallen sein, wenn R. durch sein eigenes alkoholbeeinflußtes Verhalten das Zustandekommen des Unfalls wesentlich mitverursacht hätte, z. B. durch Behinderung oder Ablenkung des Fahrzeuglenkers. Sch habe zwar ausgesagt, R. habe unmittelbar vor der Unfallstelle versucht, ihn vom Rücksitz des Pkw aus zu umarmen und ihm dabei plötzlich den rechten Arm vom Lenkrad weg nach hinten gezogen. Diese Darstellung sei jedoch nicht bewiesen. R. sei somit auf einem mit seiner versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weg verunglückt und habe daher unter Versicherungsschutz gestanden, so daß der Rentenanspruch der Klägerin begründet sei.

Die Beklagte hat - die vom LSG zugelassene - Revision eingelegt und sie wie folgt begründet: Entgegen den Feststellungen des LSG habe OFw B, bevor er R. zu seiner Wohnung habe fahren lassen erkennbar zum Ausdruck gebracht, daß die Veranstaltung offiziell beendet sei. Das weitere Verweilen von höchstens 16 Teilnehmern am Veranstaltungsort habe nicht mehr der Betriebsverbundenheit gedient, sei vielmehr nur als - dem Fortbestehen des Versicherungsschutzes für die Heimfahrt allerdings unschädliches - Hinausschieben des Rückweges von der Veranstaltung zu werten. R. habe zwar bei seiner ersten Rückfahrt die Außenhaustür nicht durchschritten, den betrieblichen Zusammenhang jedoch in dem Augenblick gelöst, als er erkennbar nicht nach Hause gewollt habe. Die Wiederherstellung des betrieblichen Zusammenhangs sei - auch bei entsprechender subjektiver Einstellung des R. - ausgeschlossen, weil eine betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung nicht mehr angedauert habe. Jedenfalls sei aber spätestens nach der "letzten Fahrt des Dienstwagens" die Veranstaltung nicht mehr von der Autorität des Unternehmers getragen gewesen. Objektiv habe die Rückkehr des R. nicht im Interesse des Betriebes gelegen. B habe nur aus Gefälligkeit gegenüber R. und seiner Familie gehandelt, um diese vor Schaden zu bewahren. Bei unterstellter Fortdauer der Veranstaltung sei durch die Rückkehr von R. zwar eine Betriebsbezogenheit in geringem Umfang wieder hergestellt worden, das eigene Interesse des R. habe jedoch überwogen. Bei den Bemühungen des ZKf B um den Heimtransport des R. habe es sich lediglich um eine selbstverständliche kameradschaftliche Vorsorge gehandelt, die in den eigenwirtschaftlichen Bereich falle. Darüber hinaus sei die subjektive Einstellung des R. nicht dahin gegangen, im Interesse der Festigung der Betriebsverbundenheit zu der Gemeinschaftsveranstaltung zurückzukehren; Triebfeder für sein alkoholbeeinflußtes Verhalten sei vielmehr sein Wille gewesen, nicht schon um 19,00 Uhr seine Wohnung aufzusuchen.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG im Ergebnis und in der Begründung für zutreffend.

II

Der Senat hat nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ohne mündliche Verhandlung entschieden, da sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung.

Das LSG ist zutreffend davon ausgegangen, daß der dienstlich angeordnete Betriebsausflug der Fahrtbereitschaft am 17. Juli 1970 eine - den vom erkennenden Senat hierfür aufgestellten Grundsätzen entsprechende - betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung gewesen ist; die Teilnahme des Ehemannes der Klägerin an dieser Veranstaltung war deshalb seiner versicherten Tätigkeit gleichzusetzen (vgl. u. a. BSG 1, 179, 182; 7, 249, 250; 17, 280, 281; SozR Nr. 66 zu § 542 RVO a. F.; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 1.-8. Aufl., S. 482 o I; Lauterbach, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl., § 548 Anm. 38-41 - jeweils mit weiteren Nachweisen).

Im Unfallzeitpunkt befand sich der Ehemann der Klägerin auf dem Weg von dem Ort, an dem die Veranstaltung stattgefunden hatte. Versicherungsschutz besteht auch auf den Wegen zum gemeinsamen Treffpunkt und auf dem Heimweg; es gelten die in der Rechtsprechung allgemein für Wegeunfälle aufgestellten Grundsätze (BSG SozR Nr. 35 zu § 548 RVO; Brackmann aaO S. 482 a). Zwischen dem Zurücklegen des Weges und der versicherten Tätigkeit - hier der Teilnahme an der betrieblichen Gemeinschaftsveranstaltung - muß danach ein ursächlicher Zusammenhang bestehen (§ 550 RVO). Dieser Zusammenhang war entgegen der Meinung der Revision im Unfallzeitpunkt gegeben.

Allerdings war der Ehemann der Klägerin, bevor es gegen 19,20 Uhr zu dem Unfall kam, bereits kurz nach 18,30 Uhr von dem für die Durchführung des Betriebsausflugs verantwortlichen OFw B mit einem von der Artillerieschule hierfür bereitgestellten VW-Bus bis vor sein Wohnhaus gefahren worden. Dies bewirkte jedoch nicht, daß der ursächliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit bei der nachfolgenden Betätigung des Ehemannes der Klägerin, insbesondere auch bei dem nochmaligen Zurücklegen des Heimweges, entfallen ist.

Nach den insoweit nicht mit Revisionsrügen angegriffenen und deshalb für das Bundessozialgericht bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) hat der Ehemann der Klägerin, als er zum Erstenmal zurückgefahren wurde, die Außentür seines Hauses nicht durchschritten und den Heimweg dadurch nicht beendet (vgl. BSG 2, 239, 243; 22, 10, 11; 22, 240, 242; Brackmann aaO S. 486 d I). Es kann dahinstehen, ob aus seinem Verhalten bei der Ankunft im übrigen eine Beendigung des Heimweges hergeleitet werden könnte. Denn der Versicherungsschutz nach § 550 RVO ist nicht auf täglich nur einen einzigen Weg nach oder von dem Ort der Tätigkeit beschränkt (vgl. BSG SozR Nr. 11 zu § 543 RVO aF; Brackmann aaO S. 486 o), sofern nur jeweils der ursächliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gegeben ist. Diese Voraussetzung war hier jedenfalls auch bei der späteren Heimfahrt, auf der sich der Unfall ereignete, gegeben. Der Aufenthalt des Ehemannes der Klägerin am Veranstaltungsort des Betriebsausflugs stand, nachdem er von dem für die betriebliche Gemeinschaftsveranstaltung verantwortlichen OFw B nach dort zurückgebracht worden war, auch während der noch verbliebenen Zeit mit seiner betrieblichen Tätigkeit im ursächlichen Zusammenhang.

Der Ehemann der Klägerin wollte, wie das LSG ebenfalls unangefochten festgestellt hat, an den Ort der Veranstaltung zurückkehren, und zwar ausgehend davon, daß die Feier zu dieser Zeit noch nicht beendet war. Diesem Wunsch ist OFw B auf Drängen der Klägerin nachgekommen. B Verhaltensweise war zwar auch dadurch bestimmt, daß er den unter Alkoholeinfluß stehenden Ehemann der Klägerin, der seinen eigenen Pkw benutzen wollte, und dessen Familie vor Schaden bewahren wollte. Die Beweggründe B für den Rücktransport sind jedoch für die versicherungsrechtliche Beurteilung nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Maßgebend ist vielmehr das Bestreben des Ehemannes der Klägerin, zu der vermeintlich fortdauernden Betriebsveranstaltung zurückzukehren, sowie die in dem Rücktransport durch den für die Veranstaltung Verantwortlichen zu erblickende Unterstützung dieses Vorhabens. Es braucht aus Anlaß dieses Falles nicht entschieden zu werden, ob der ursächliche Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit durch die Rückkehr des Ehemannes der Klägerin an den Ort der Veranstaltung schon allein wegen dessen subjektiver Einstellung - durch seinen Wunsch, an der vermeintlich fortbestehenden Feier weiter teilzunehmen - begründet worden ist. Denn auch objektiv waren die Verhältnisse im Sportheim L zu diesem Zeitpunkt nicht derart gelagert, daß der Aufenthalt der am Betriebsausflug Beteiligten bereits ohne Zusammenhang mit der Gemeinschaftsveranstaltung gewesen wäre. Es waren, als der Ehemann der Klägerin von OFw B gegen 18,50 Uhr wieder im Sportheim abgesetzt wurde, noch etwa 15 und damit rund ein Drittel der Veranstaltungsteilnehmer dort anwesend. Ein offizielles zeitliches Ende der Veranstaltung gab es bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Das Revisionsvorbringen der Beklagten, dem lediglich die Auffassung zu entnehmen ist, ein anderes Beweisergebnis für zutreffend zu halten, erschüttert die tatsächlichen Feststellungen des LSG nicht. B hatte zwar bereits gegen 15,30 Uhr begonnen, zum Aufbruch zu mahnen und gegen 18,30 Uhr die Veranstaltung endgültig beenden wollen. Immerhin hat er aber erst nach seiner Rückkehr zum Sportheim kurz vor 19,00 Uhr, als er sich in Begleitung des Ehemannes der Klägerin befand, darauf hingewiesen, daß ein weiteres Verbleiben in der Gaststätte Privatsache der Anwesenden sei. Erst daraufhin brachen nach noch kurzem Verweilen die restlichen Festteilnehmer auf, darunter auch der Ehemann der Klägerin. Bei diesen Gegebenheiten ist dem LSG in seiner Auffassung beizupflichten, daß der Aufenthalt etwa eines Drittels der Festteilnehmer zu der Zeit, als der Ehemann der Klägerin an den Ort der Veranstaltung zurückgekehrt war, den Charakter einer zu Ende gehenden Gemeinschaftsveranstaltung gehabt hat. Neben der subjektiven Einstellung des Ehemannes der Klägerin, der weiter an der Feier teilnehmen wollte, lagen somit auch in hinreichendem Maße objektive Umstände vor, welche die Annahme eines Zusammenhangs zwischen versicherter Tätigkeit und der Rückkehr an den Ort der Veranstaltung rechtfertigen.

Der ZKf Sch in dessen Pkw der Ehemann der Klägerin sich im Unfallzeitpunkt befand, hat zwar vom Sportheim L aus nicht den kürzesten, direkten Weg zu dessen Wohnort eingeschlagen; er wollte jedoch, wie das LSG festgestellt hat, R. nach Hause bringen. Mit Recht hat das LSG angenommen, daß der Versicherungsschutz des Ehemannes der Klägerin nach § 550 RVO nicht dadurch entfällt, daß der Fahrer, auf dessen Fahrtweg er keinen Einfluß genommen hat, nicht den für den Ehemann der Klägerin direkten Heimweg gewählt hat (vgl. BSG SozR Nr. 42 zu § 543 RVO aF). Das LSG hat es als nicht sicher feststehend bezeichnet, ob die Alkoholbeeinflussung des ZKf Sch (BAK 1,12 0 / 00 ) die rechtlich allein wesentliche Ursache des Unfalls gewesen ist. Diese Frage bedurfte auch keiner Entscheidung. Denn der Versicherungsschutz eines Beifahrers entfällt nicht schon deshalb, weil er die Fahruntüchtigkeit des Fahrers, der für das Zustandekommen des Unfalls verantwortlich ist, gekannt hat (BSG 14, 64; 30, 121, 122; Brackmann aaO S. 488 c mit weiteren Nachweisen). Eine Feststellung dahingehend, daß der Ehemann der Klägerin selbst den Unfall rechtlich allein wesentlich verursacht hat, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der selbstgeschaffenen Gefahr, hat das LSG - von der Revision unwidersprochen - nicht getroffen.

Das LSG hat sonach im Ergebnis zutreffend einen Versicherungsschutz des Ehemannes der Klägerin für den Unfallzeitpunkt bejaht. Es bedurfte keiner Entscheidung, ob das LSG einen ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit zu Recht auch aus einer Fürsorgepflicht des Arbeitgebers, für einen gefahrlosen Rücktransport alkoholbeeinflußter Festteilnehmer zu sorgen, hergeleitet hat (vgl. hierzu das Urteil des erkennenden Senats in SozR Nr. 35 zu § 548 RVO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1650051

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