Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung - Versorgungsbezüge - Beitragspflicht - Dienstzeitbezüge - Frankreich - Fremdenlegion

 

Leitsatz (redaktionell)

Dienstzeitbezüge, die ein im Inland Krankenversicherungspflichtiger aufgrund eines früheren Dienstes in der Fremdenlegion aus Frankreich erhält, sind als Versorgungsbezüge beitragspflichtig.

 

Normenkette

EWGV Art. 5; EWGV Art. 97; EWGV Art. 4 Abs. 1, 4; EWGV 1408/71 Art. 5, 97, 4 Abs. 1, 4; RVO § 180 Abs. 8 S. 2 Fassung 1982-12-20, S. 3 Fassung 1981-12-01; SGB V § 229 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 Fassung 1988-12-20

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 09.09.1993; Aktenzeichen L 5 K 83/92)

SG Trier (Entscheidung vom 26.10.1992; Aktenzeichen S 4 K 38/90)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe von Krankenversicherungsbeiträgen.

Der Kläger diente in der französischen Fremdenlegion. Er erhält deswegen seit November 1977 vom französischen Staat neben Bezügen für eine Gesundheitsbeeinträchtigung monatliche Dienstzeitbezüge von umgerechnet rund 1.750 DM. Seit Februar 1987 war der Kläger in der Bundesrepublik Deutschland krankenversicherungspflichtig und Mitglied der Innungskrankenkasse (IKK) Trier. Die Mitgliedschaft beruhte zunächst auf einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, später auf einem Krankengeldanspruch, dann auf dem Bezug von Arbeitslosengeld und schließlich auf dem Bezug von Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Als die IKK von den Auslandsbezügen des Klägers erfuhr, stellte sie mit Bescheid vom 25. Juli 1990 und Widerspruchsbescheid vom 12. November 1990 fest, daß die Dienstzeitbezüge aus Frankreich in der Krankenversicherung beitragspflichtig sind, und forderte unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze die Nachzahlung von Beiträgen für die Zeit ab Februar 1987 in Höhe von insgesamt 3.361,82 DM.

Das Sozialgericht (SG) hat mit Urteil vom 26. Oktober 1992 die genannten Bescheide sowie die Änderungsbescheide vom 25. Februar 1992 und vom 6. März 1992 insoweit aufgehoben, als aus den französischen Dienstzeitbezügen Beiträge erhoben worden sind. Es hat sich dabei im wesentlichen auf das Rundschreiben Nr 82/1989 der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung - Ausland beim AOK-Bundesverband (Verbindungsstelle) vom 30. Oktober 1989 gestützt. Danach würden aufgrund einer Übereinkunft zwischen dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA) und dem zuständigen französischen Ministerium die Caisse Nationale Militaire de Securiti Sociale (CNMSS) und die anderen französischen Sondersysteme für das Militär oder den Zivildienst in bezug auf die Risiken Krankheit/Mutterschaft vom Geltungsbereich der EWG-Verordnungen über soziale Sicherheit erfaßt. Als Folge hiervon seien die Bezüge eine Rente aus dem Ausland, die in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung nicht beitragspflichtig ist.

Auf die Berufung der IKK hat das Landessozialgericht (LSG) nach Einholung einer Auskunft des BMA mit Urteil vom 9. September 1993 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die französischen Dienstzeitbezüge seien Versorgungsbezüge und damit beitragspflichtige "Leistungen dieser Art aus dem Ausland" nach § 180 Abs 8 Satz 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und § 229 Abs 1 Satz 2 des Sozialgesetzbuchs - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Sie wiesen die wesentlichen Merkmale von Versorgungsbezügen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis auf. Demgegenüber beruhten sie nicht wie Renten aus der Rentenversicherung auf bestimmten Beitragsleistungen, sondern vergleichbar mit der Versorgung deutscher Beamten oder Berufssoldaten auf dem letzten Dienstgrad, also auf der bei Ausscheiden erreichten Besoldungshöhe. Sie seien von dem dafür zuständigen Verteidigungsministerium bewilligt worden und würden als "Dette Publique (öffentliche oder staatliche Schuld)" vom "Service des Pensions (Pensionsdienst)" des Wirtschafts- und Finanzministeriums gezahlt. Ob diese staatliche Militärversorgung des Klägers zur CNMSS oder zu einem anderen französischen Sondersystem für das Militär oder den Zivildienst gehöre, könne dahinstehen; denn jedenfalls werde sie gemäß Art 4 Abs 4 der Verordnung (EWG) Nr 1408/71 über die Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie auf deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (EWGV 1408/71), vom Anwendungsbereich dieser Verordnung nicht erfaßt. Dem stehe die genannte deutsch-französische Übereinkunft nicht entgegen. Diese erfasse nur Personen, für die eine eigene Versicherung im Staat des Wohn- oder Stationierungsortes nicht bestehe.

Gegen das Urteil des LSG hat der Kläger Revision eingelegt, mit der er eine Verletzung des § 180 Abs 8 Satz 3 RVO und des § 229 Abs 1 Satz 2 SGB V rügt. Die Beklagte, die nach Vereinigung der IKK Trier mit weiteren IKK den Rechtsstreit als deren Rechtsnachfolgerin fortführt, hat in der mündlichen Verhandlung anerkannt, daß für die Zeit der Arbeitslosigkeit des Klägers vom 2. Februar 1990 bis zum 30. November 1991 Beiträge aus Versorgungsbezügen nicht erhoben werden. Der Kläger hat dieses Teilanerkenntnis angenommen.

Im übrigen beantragt der Kläger,

das Urteil des LSG vom 9. September 1993 aufzuheben, soweit es die

Beitragsforderung für die Zeit vom 1. Februar 1987 bis zum 1. Februar 1990

und für die Zeit vom 1. Dezember 1991 an betrifft, sowie insofern die

Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG vom 26. Oktober 1992

zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Sie richtet sich nach der teilweisen Erledigung des Rechtsstreits durch das angenommene Anerkenntnis (§ 101 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) nur noch gegen die Beitragsforderung für die Zeit vom 1. Februar 1987 bis zum 1. Februar 1990 sowie für die Zeit vom 1. Dezember 1991 an. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß der Bescheid vom 25. Juli 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 1990 sowie die Änderungsbescheide vom 25. Februar 1992 und 6. März 1992, die Gegenstand des Verfahrens geworden sind (§ 96 SGG), für die genannten Zeiten rechtmäßig sind. Die französischen Dienstzeitbezüge sind beitragspflichtig.

Soweit die Beklagte die Beitragsforderung auf die Dienstzeitbezüge für die Zeit der versicherungspflichtigen Beschäftigung des Klägers erhoben hat, fiel diese vom 1. Februar 1987 bis zum 31. Dezember 1988 noch unter das Recht der RVO. Damals galten nach § 385 Abs 1 iVm § 180 Abs 6 Nr 2, Abs 8 Satz 2 Nr 1, Satz 3 RVO bei Versicherungspflichtigen wie versicherungspflichtigen Arbeitnehmern (§ 165 Abs 1 Nr 1, 2 RVO) auch Versorgungsbezüge als beitragspflichtiger Grundlohn. Sofern, was nicht eindeutig festgestellt ist, die Beschäftigung des Klägers über den 31. Dezember 1988 hinaus fortbestand, beruhte die Versicherungspflicht nunmehr auf dem seit dem 1. Januar 1989 geltenden § 5 Abs 1 Nr 1 SGB V. Damit waren nach § 226 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Halbs 1, Satz 2 SGB V ebenfalls Beiträge aus Versorgungsbezügen zu entrichten.

Die Pflicht des Klägers, aus Versorgungsbezügen Beiträge zu entrichten, bestand auch für die Zeit, in der er einen Anspruch auf Krankengeld hatte und dieses bezog. Zwar steht nicht fest, ob während der entsprechenden Zeit noch das frühere oder schon das neue Recht galt. Auf die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen ist dieses jedoch ohne Einfluß, weil sie nach altem wie nach neuem Recht gegeben ist. Die beim Anspruch auf Krankengeld nach § 311 Satz 1 Nr 2 RVO bzw § 192 Abs 1 Nr 2 SGB V erhaltene Mitgliedschaft ist als solche nicht beitragsfrei. Beitragsfreiheit besteht vielmehr nach § 383 Satz 2 RVO bzw § 224 Satz 2 SGB V aF (heute: § 224 Abs 1 Satz 2 SGB V) nur für das Krankengeld. Der Beitragserhebung unterliegen dagegen Einnahmen, die als solche beitragspflichtig sind und neben dem Krankengeld bezogen werden (vgl zu beitragsrechtlichen Fragen während erhaltener Mitgliedschaften BSGE 74, 282 = SozR 3-2500 § 192 Nr 2).

Der Kläger ist mit Versorgungsbezügen schließlich auch beitragspflichtig, seit er als Bezieher einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach den Feststellungen der Beklagten versicherungspflichtig ist. Zwar läßt das Urteil des LSG nicht eindeutig erkennen, wann diese Versicherungspflicht begann. Altes und neues Recht sehen aber für versicherungspflichtige Rentner (§ 165 Abs 1 Nr 3 Buchst a RVO; § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V) gleichermaßen eine Beitragspflicht aus Versorgungsbezügen vor (§ 385 Abs 1 iVm § 180 Abs 5 Nr 2 RVO im früheren Recht; § 237 Satz 1 Nr 2, Satz 2, § 229 SGB V im neuen Recht).

Nicht zu entscheiden hatte der Senat demgegenüber, ob der Kläger auch als krankenversicherungspflichtiger Bezieher von Arbeitslosengeld verpflichtet war, Beiträge aus Versorgungsbezügen zu entrichten. Denn für diese Zeit ist der Rechtsstreit durch das angenommene Anerkenntnis in der Hauptsache erledigt.

Die französischen Dienstzeitbezüge stellen Versorgungsbezüge iS der genannten Vorschriften dar und unterliegen mithin in den Zeiten, in denen der Kläger aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung, wegen eines Anspruchs auf Krankengeld oder als Rentner Mitglied der Innungskrankenkasse war und ist, der Beitragspflicht. Dem steht nicht entgegen, daß es sich um Bezüge aus dem Ausland handelt. Nach Maßgabe des § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 1 RVO und des inhaltlich gleichen § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Halbs 1 SGB V gelten als mit der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge), Versorgungsbezüge aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder aus einem Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen. Dieses gilt nach § 180 Abs 8 Satz 3 RVO und § 229 Abs 1 Satz 2 SGB V auch, wenn Leistungen dieser Art aus dem Ausland bezogen werden. Der Formulierung "Leistungen dieser Art" ist zu entnehmen, daß das Gesetz für die Gleichbehandlung von Leistungen aus dem Ausland mit inländischen Versorgungsbezügen nicht die völlige Gleichheit des betreffenden ausländischen Versorgungssystems mit dem deutschen verlangt, sondern es genügen läßt, wenn die ausländischen Bezüge den inländischen Versorgungsbezügen unter Berücksichtigung der Gesamtregelung des § 180 Abs 8 Satz 1 bis 3 RVO oder des § 229 Abs 1 Satz 1 und 2 SGB V im wesentlichen entsprechen (vgl BSGE 63, 231, 233 = SozR 2200 § 180 Nr 41). Andererseits werden jedoch von der Regelung des § 180 Abs 8 Satz 3 RVO und des § 229 Abs 1 Satz 2 SGB V nicht Renten aus gesetzlichen Rentenversicherungen oder ähnlicher Systeme ausländischer Staaten erfaßt. Grund für die Nichteinbeziehung ausländischer Renten war der Wille des Gesetzgebers, Konflikte mit anderen Staaten zu vermeiden, die sich ergeben hätten, wenn auch Renten der Beitragspflicht unterworfen worden wären. Dieses hat der Senat schon früher dargelegt (BSGE 63, 231, 235 = SozR 2200 § 180 Nr 41).

Die Dienstzeitbezüge des Klägers stellen keine Rente der französischen gesetzlichen Rentenversicherung oder eines ähnlichen Systems dar. Maßstab dafür, welche ausländischen Sicherungssysteme der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vergleichbar sind, ist in erster Linie das über- und zwischenstaatliche Recht (vgl BSGE 63, 231, 236 = SozR 2200 § 180 Nr 41), im vorliegenden Rechtsstreit also die EWGV 1408/71. Nach ihrem Art 4 Abs 1 gilt diese Verordnung für alle Rechtsvorschriften über Zweige der sozialen Sicherheit, die ua die Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft (Buchst a), bei Invalidität einschließlich der Leistungen, die zur Erhaltung oder Besserung der Erwerbsfähigkeit bestimmt sind (Buchst b) und Leistungen bei Alter (Buchst c). Leistungen aus dem Ausland, die unter Art 4 Abs 1 Buchst b) oder c) EWGV 1408/71 fallen, stellen ihrer Art nach Renten dar und dürfen nicht zur Beitragsbemessung in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung herangezogen werden. Demgegenüber ist nach Art 4 Abs 4 EWGV 1408/71 diese Verordnung nicht auf Sondersysteme für Beamte und ihnen Gleichgestellte anzuwenden. In Art 5 EWGV 1408/71 ist festgelegt, daß die Mitgliedstaaten in Erklärungen, die nach Art 97 EWGV 1408/71 notifiziert und veröffentlicht werden, niederlegen, welche Rechtsvorschriften und Systeme dem Gebiet der sozialen Sicherheit zuzuordnen sind. Solche Erklärungen haben nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) verbindliche Wirkung insofern, als Leistungen, die aus notifizierten Rechtsvorschriften oder Systemen stammen, in jedem Falle unter die Verordnung fallen; werden in den Erklärungen zu Art 5 EWGV 1408/71 Rechtsvorschriften oder Systeme nicht erwähnt, so ergibt sich daraus jedoch nicht ohne weiteres, daß sie nicht unter die Verordnung fallen (EuGHE 1977, 2249 = SozR 6050 Art 5 Nr 2). Als zwischenstaatliches Recht kommt zur Ermittlung der Frage, ob die Dienstzeitbezüge des Klägers Renten oder Versorgungsbezüge darstellen, allenfalls die zwischen dem BMA und dem zuständigen französischen Ministerium getroffene Übereinkunft in Betracht.

Weder aus der EWGV 1408/71 noch aus der genannten Übereinkunft kann aber ohne Prüfung der für die Dienstzeitbezüge maßgeblichen französischen Rechtsgrundlagen festgestellt werden, ob diese eine Rente oder Versorgungsbezüge darstellen. So sind das System oder die Rechtsvorschriften, aus denen der Kläger diese Bezüge erhält, nicht gemäß Art 97 EWGV 1408/71 notifiziert und veröffentlicht, so daß sie jedenfalls nicht kraft Notifizierung und Veröffentlichung unter Art 4 Abs 1 Buchst b) oder c) EWGV 1408/71 fallen und daher nicht aus diesem Grunde beitragsfreie Auslandsrenten sein können.

Eine solche Rechtsfolge kann auch nicht aus der genannten deutsch-französischen Übereinkunft abgeleitet werden. Dabei kann dahinstehen, welche rechtliche Bedeutung dieser Übereinkunft zukommt, insbesondere ob es sich bei ihr um eine Durchführungsvereinbarung iS des Art 121 der EWGV 574/72 über die Durchführung der EWGV 1408/71 handelt. Ferner kann offenbleiben, ob das System, aus dem der Kläger seine französischen Dienstzeitbezüge erhält, unter die von der Übereinkunft erfaßten militärischen Sonderversorgungssysteme fällt. Denn die Übereinkunft regelt allein Sachverhalte, die dem Leistungsrecht der Krankenversicherung zuzuordnen sind. Im wesentlichen wurde vereinbart, daß in Deutschland stationierte oder wohnende französische Soldaten und ihre Familienangehörigen von deutschen Krankenkassen Sachleistungen erhalten, deren Kosten vom französischen Träger erstattet werden. In diese Regelung werden in der Übereinkunft auch die Bezieher von französischen Militärpensionen mit der Begründung einbezogen, auch sie fielen bei den Sachleistungen der Krankenversicherung unter die Bestimmungen des allgemeinen Systems der sozialen Sicherheit und mithin unter die EWGV 1408/71. Selbst wenn der Kläger zu dem von der Übereinkunft erfaßten Personenkreis gehörte, hätte dies lediglich zur Folge, daß die Vorschriften der EWGV 1408/71 hinsichtlich der Sachleistungen der Krankenversicherung auf ihn anzuwenden wären. Entgegen der vom BMA und der Verbindungsstelle geäußerten Rechtsauffassung kann daraus, daß Personen in solchen Fällen hinsichtlich der Leistungen aus der Krankenversicherung unter die EWGV 1408/71 fallen, jedoch nicht geschlossen werden, daß dies auch gelte, wenn im Inland Versicherungspflicht oder jedenfalls eine Mitgliedschaft in der deutschen gesetzlichen Krankenversicherung besteht und es dann für beitragsrechtliche Fragen auf die Zuordnung von Bezügen zur Rentenversicherung oder einem anderen System ankommt. Sofern aktive und pensionierte französische Militärangehörige, wenn sie den französischen Rechtsvorschriften unterliegen, einem Versicherungssystem angehören, das hinsichtlich der Leistungen bei Krankheit unter Art 4 Abs 1 Buchst a EWGV 1408/71 (Leistungen bei Krankheit und Mutterschaft) fällt, folgt daraus nicht, daß bei einer bestehenden Krankenversicherung im Inland und dem entsprechenden Beitragsrecht die französischen Militärversorgungssysteme für Invalidität und Alter Systeme der Rentenversicherung iS des Art 4 Abs 1 Buchst b oder c EWGV 1408/71 sind.

Unter Heranziehung des für die Altersversorgung von Fremdenlegionären maßgeblichen französischen Rechts ergibt sich, daß die dem Kläger gewährten Dienstzeitbezüge keine Renten sind, sondern den Sondersystemen für Beamte und ihnen Gleichgestellte iS des Art 4 Abs 4 EWGV 1408/71 zugeordnet werden müssen und mithin beitragspflichtige Versorgungsbezüge iS des § 180 Abs 8 Satz 2 Nr 1, Satz 3 RVO und des § 229 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Halbs 1, Satz 2 SGB V darstellen. Insofern hat das LSG insbesondere festgestellt, daß die Dienstzeitbezüge nicht auf einer Beitragsentrichtung beruhen und nicht wie Renten der gesetzlichen Rentenversicherung von einem französischen Rentenversicherungsträger, sondern von staatlichen Stellen gewährt werden. Darüber hinaus knüpfen sie nach den Ausführungen des LSG an das zuletzt erreichte Einkommen an, was der Berechnung der Altersversorgung von deutschen Beamten und Berufssoldaten entspricht (vgl BSGE 63, 231, 234 = SozR 2200 § 180 Nr 41). An die Feststellungen des LSG zum französischen Recht ist der Senat gebunden, weil es sich um irrevisibles Recht handelt (§ 162 SGG, § 202 SGG iVm § 562 der Zivilprozeßordnung). Er muß die daraus vom Berufungsgericht gezogenen rechtlichen Schlußfolgerungen ebenso hinnehmen wie tatsächliche Feststellungen nach § 163 SGG. Das LSG hat alle wesentlichen Voraussetzungen festgestellt, die für die Bewertung der Dienstzeitbezüge als Versorgungsbezüge nach französischem Recht erforderlich sind. Die Revision hat insoweit eine revisionsrechtlich erhebliche Rüge nicht erhoben.

Die sich hieraus ergebende Entscheidung, daß die Dienstzeitbezüge des Klägers nicht als Renten unter Art 4 Abs 1 Buchst b) und c) EWGV 1408/71, sondern als Leistungen für Beamte und ihnen Gleichgestellte nicht unter die EWGV 1408/71 fallen (Art 4 Abs 4 EWGV 1408/71), kann der Senat ohne Anrufung des EuGH treffen. Eine Pflicht zur Anrufung des EuGH für eine Vorabentscheidung gemäß Art 177 Abs 1 und 3 des EWG-Vertrages besteht nicht, wenn - wie hier - bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts keine vernünftigen und entscheidungserheblichen Zweifel bleiben (EuGHE 1982, 3415, 3428 ff; BVerwGE 31, 279, 284).

Der Kläger hat die von ihm zu tragenden Beiträge aus den französischen Dienstzeitbezügen - wie in den angefochtenen Bescheiden vorgesehen - selbst zu entrichten (§ 393a Abs 2 Satz 7 RVO; § 252 SGB V), weil ein Zahlstellenverfahren nach § 256 SGB V nicht in Betracht kommt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat zugunsten des Klägers berücksichtigt, daß infolge des Teilanerkenntnisses der Beklagten die ursprüngliche Beitragsforderung verringert worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 60269

RegNr, 21969 (BSG-Intern)

Die Beiträge 1995, 757-762 (LT1)

EzS, 55/179 (T)

SozR 3-2500 § 229, Nr 9 (LT1)

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge