Entscheidungsstichwort (Thema)

Tuberkulosehilfe beim Zusammentreffen von Tuberkulose und Suchtkrankheit

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zuständigkeit des Rentenversicherungsträgers für die stationäre Tuberkulose-Heilbehandlung ändert sich nicht zu Lasten des Krankenversicherungsträgers, wenn der Tuberkulose-Kranke gleichzeitig wegen einer anderen Krankheit stationär behandelt werden muß.

Das gilt auch, wenn diese Krankheit eine Suchtkrankheit ist.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Leistungsverpflichtung des Rentenversicherungsträgers nach RVO § 1244a Abs 2 und 3 / AVG § 21a Abs 2 und 3 wird auch nicht durch Abs 7 S 3 aaO iVm BSHG § 130 zu Lasten des Trägers der Krankenversicherung geändert.

 

Normenkette

RVO § 1244a Abs. 3 Fassung: 1959-07-23, Abs. 7 S. 3 Fassung: 1959-07-23; BSHG § 130 Fassung: 1969-09-18; AVG § 21a Abs. 7 S. 3 Fassung: 1959-07-23, Abs. 3 Fassung: 1959-07-23; RVO § 1244a Abs. 2; AVG § 21a Abs. 2

 

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 12. Februar 1975 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Die klagende Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) verlangt von der beklagten Ersatzkasse Ersatz der Kosten die ihr durch die Behandlung des Rentners K. in der Tbc-Spezialabteilung des Psychiatrischen Landeskrankenhauses E vom 27. März 1968 bis zum 4. März 1969 entstanden sind.

K. bezieht Rente von der Klägerin und ist als Rentner bei der Beklagten pflichtversichert. Am 27. März 1968 wurde er wegen eines durch Alkoholmißbrauch hervorgerufenen Prädeliriums in das Bürgerhospital (Nervenklinik) S eingeliefert und am selben Tag wegen aktiver Tbc in die Tbc-Spezialabteilung des Landeskrankenhauses E verlegt. Die dort durchgeführte Tbc-Behandlung wurde mit einer Alkoholentziehungskur kombiniert. Am 4. März 1969 wurde K. aus dem Landeskrankenhaus E entlassen und in das Landeskrankenhaus W in W verlegt.

Die Klägerin übernahm zunächst die im Psychiatrischen Landeskrankenhaus E entstandenen Kosten. Sie beansprucht diese Kosten nunmehr von der Beklagten. Im Wege der Widerklage macht die Beklagte die Transportkosten von S nach E in Höhe von 277,90 DM geltend.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen und die Klägerin auf die Widerklage verurteilt, der Beklagten die Transportkosten zu erstatten (Urteil vom 24. August 1973). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen. Es hat im wesentlichen ausgeführt: Die Leistungspflicht des Rentenversicherungsträgers entfalle nach § 21 a Abs. 7 Satz 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) dann, wenn der an Tbc erkrankte Leistungsberechtigte gemäß § 130 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Epilepsie oder Suchtkrankheit auf öffentliche Kosten in Anstaltspflege untergebracht worden sei. Diese Voraussetzung sei hier jedoch nicht gegeben. Der Versicherte sei nicht i. S. dieser Bestimmung "in Anstaltspflege" untergebracht gewesen. Die Entziehungskur sei vielmehr die Behandlung einer Krankheit und keine Anstaltsunterbringung gewesen. Darüber hinaus sei die Anwendbarkeit des § 130 BSHG auch deshalb ausgeschlossen, weil der Versicherte nicht auf öffentliche Kosten untergebracht gewesen sei. Die Mittel der Träger der gesetzlichen Krankenversicherung seien keine öffentlichen Kosten.

Die Klägerin hat die zugelassene Revision eingelegt. Sie ist der Auffassung, die stationäre Behandlung im Psychiatrischen Landeskrankenhaus E sei Anstaltsunterbringung i. S. des § 130 BSHG gewesen. Diese Unterbringung sei auch auf öffentliche Kosten erfolgt, denn die Aufwendungen eines Trägers der Sozialversicherung seien hierzu zu rechnen. Sofern die Voraussetzungen des § 130 BSHG jedoch nicht für gegeben erachtet werden, müsse die Beklagte dennoch zur Erstattung der Kosten verurteilt werden, weil die Entziehungskur und nicht die Tbc-Behandlung im Vordergrund des stationären Aufenthalts gestanden habe. Diese Entziehungskur sei somit im Rahmen einer Krankenhauspflege nach § 184 der Reichsversicherungsordnung (RVO) durchgeführt worden, für die die Beklagte zuständig sei.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Landessozialgerichts Berlin vom 12. Februar 1975 und des Sozialgerichts Berlin vom 24. August 1973 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die dem Versicherten in der Zeit vom 27. März 1968 bis 4. März 1969 gewährte stationäre Heilbehandlung im Psychiatrischen Landeskrankenhaus E im Rahmen dessen Ersatz zu leisten, was sie nach dem Recht der Krankenversicherung hätte leisten müssen.

Sie beantragt ferner,

die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Die klagende BfA hat wegen der von ihr getragenen Kosten der stationären Behandlung des Rentners K. keinen Erstattungsanspruch gegen die beklagte Kasse, denn diese war gegenüber dem Tbc-kranken K. nicht leistungspflichtig.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG litt K. in der strittigen Zeit an aktiver Tbc, die eine stationäre Behandlung erforderlich machte. Er ist in dieser Zeit wegen Tbc stationär behandelt worden. Damit ist nach der Zuständigkeitsabgrenzung des § 21 a Abs. 3 AVG (in der sachlich nicht geänderten Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation - Reha Angl. G- vom 7. August 1974 - BGBl I 1881) zunächst geklärt, daß die Kasse nicht verpflichtet war, Krankenhauspflege (§ 184 RVO) zu gewähren. An die Stelle der an sich zuständigen Kasse ist der Rentenversicherungsträger und an die Stelle des Anspruchs auf Krankenhauspflege der Anspruch auf stationäre Heilbehandlung getreten. Nur die ambulante Behandlung, die hier nicht im Streit ist, hätte die Kasse zu tragen gehabt.

An dieser für die Tbc-Behandlung getroffenen Zuständigkeitsabgrenzung wird dadurch nichts geändert, daß zur gleichen Zeit stationäre Behandlung wegen einer anderen Krankheit durchgeführt worden ist und diese Krankheit möglicherweise "im Vordergrund stand", wie die Klägerin meint. Die Zuständigkeitsabgrenzung ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die andere Krankheit eine Suchtkrankheit ist, bei der die Sonderregelung des § 21 a Abs. 7 Satz 3 i. V. m. § 130 BSHG in Betracht kommt.

Muß neben der Tbc zugleich eine andere Krankheit stationär behandelt werden, dann wird dadurch grundsätzlich die Zuständigkeit des Trägers der Rentenversicherung zur Tbc-Behandlung nicht berührt. Es liegt vielmehr nahe, daß im Gegenteil der Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, auch für die Behandlungskosten dieser Krankheit aufzukommen. Die Verpflichtung, bei stationärer Tbc-Behandlung andere Krankheiten mitzubehandeln, ist zwar nur in § 49 Abs. 3 BSHG ausdrücklich formuliert. Der Grundsatz der Mitbehandlungspflicht gilt aber nicht nur für den Träger der Sozialhilfe, sondern auch für "die Träger der Tbc-Hilfe, die nicht Träger der Sozialhilfe sind", nämlich für die öffentlichen Dienstherren, die Träger der Anstaltspflege und die Haftvollzugsbehörden. Die Anwendung des § 49 Abs. 3 BSHG ist hier durch § 127 Abs. 4 Satz 1, § 130 Abs. 2 und § 131 Abs. 2 BSHG ausdrücklich angeordnet. Der Rentenversicherungsträger ist allerdings kein "Träger der Tbc-Hilfe", sondern nur eine "zur Tbc-Bekämpfung verpflichtete Stelle" (vgl. Überschrift des Unterabschnitts 2 des Abschnitts 13 des BSHG). Aus dem Fehlen eines Hinweises auf den Grundsatz der Mitbehandlungspflicht nach § 49 Abs. 3 BSHG kann aber nicht geschlossen werden, daß der Träger der Rentenversicherung für gleichzeitig mit stationärer Tbc-Behandlung notwendig werdende Krankenpflegemaßnahmen nicht zuständig ist. Auch § 21 a Abs. 3 Satz 3 AVG läßt durch den Hinweis auf Satz 2 - 4 des § 16 AVG (idF vor dem RehaAnglG) erkennen, daß "Krankenhilfe" neben "Heilbehandlung" durch den Rentenversicherungsträger vorausgesetzt wird. Auf den Grundsatz der Mitbehandlung anderer behandlungsbedürftiger Krankheiten durch den Rentenversicherungsträger weist im übrigen gerade die hier umstrittene Regelung des § 21 a Abs. 7 Satz 3 i. V. m. § 130 BSHG hin. Denn hiernach wird nur beim Zusammentreffen bestimmter Krankheiten mit Tbc der für die Tbc-Heilbehandlung zuständige Träger entlastet. Der Grundsatz der Mitbehandlung anderer Krankheiten bei stationärer Tbc-Behandlung wird in diesem Falle umgekehrt: Denn der für stationäre Maßnahmen im Hinblick auf die in § 130 BSHG genannten Krankheiten zuständige Kostenträger wird auch für die Tbc-Bekämpfung zuständig. Die Frage, in welchem Umfang der Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, im Rahmen einer stationären Heilbehandlung wegen Tbc auch Krankenhilfe für eine andere Krankheit zu gewähren, kann aber letztlich unentschieden bleiben. Denn die Klägerin macht keine gesonderten Kosten für diese Krankheit geltend.

Eine Verlagerung der Zuständigkeit auf die beklagte Kasse für die gesamten Behandlungskosten in der streitigen Zeit wäre nur unter der Voraussetzung möglich, daß § 21 a Abs. 7 Satz 3 i. V. m. § 130 BSHG zu Lasten der Träger der Krankenversicherung anwendbar ist. Das ist nicht der Fall. Dagegen spricht schon der Wortlaut des § 21 a Abs. 7 Satz 3 AVG, wonach im Falle des § 130 BSHG "der Anspruch auf Heilbehandlung nach Abs. 3 entfällt". Denn damit wird zwar der in § 21 a Abs. 3 Satz 1 AVG aufgeführte Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger ausgeschlossen, es wird aber nicht die in § 21 a Abs. 3 Satz 2 und 3 AVG enthaltene Freistellung des Trägers der Krankenversicherung für die stationäre Tbc-Behandlung korrigiert.

Aber auch der Sinn der Regelung des § 21 a Abs. 7 Satz 3 AVG i. V. m. § 130 BSHG spricht dagegen, daß im Falle des Zusammentreffens von stationärer Behandlung wegen Tbc und stationärer Behandlung wegen einer der in § 130 BSHG genannten Krankheiten die grundsätzliche Aufgabenteilung zwischen Krankenversicherung und Rentenversicherung zu Lasten der Krankenversicherung geändert werden soll. Der zunächst ins Auge fallende Zweck des § 130 BSHG könnte allerdings zu dem Ergebnis führen, in jedem Falle von stationären Maßnahmen wegen einer der in § 130 BSHG genannten Krankheiten müsse der für diese Maßnahmen zuständige Träger auch für die Tbc-Bekämpfung zuständig sein. Denn diese Regelung entspricht dem Interesse der für die Tbc-Behandlung zuständigen Kostenträger, diese Kosten nur dann tragen zu müssen, wenn sie auch einen angemessenen Einfluß auf die Durchführung der Tbc-Behandlung haben und insbesondere den Kranken in einer eigenen Heilstätte unterbringen können. Dies ist bei stationären Maßnahmen wegen der in § 130 BSHG genannten Krankheiten typischerweise nicht möglich; ebensowenig wie bei einer Tbc-Behandlung im Ausland, die die Kostentragungspflicht des Rentenversicherungsträgers ebenfalls nicht auslöst (§ 21 a Abs. 9 AVG). Der Gedanke der Identität von Kostenträger und verantwortlicher Stelle könnte dafür sprechen, in jedem Fall des Zusammentreffens von stationären Tbc-Heilmaßnahmen mit stationären Maßnahmen wegen der in § 130 BSHG genannten Krankheiten den für diese stationären Maßnahmen zuständigen Kostenpflichtigen zu belasten. Eine solche - an sich konsequente - Regelung ist aber ausdrücklich nicht getroffen worden. Denn nur wenn der Kranke "auf öffentliche Kosten in Anstaltspflege untergebracht" ist, (§ 130 Abs. 1 BSHG) muß von dem für diese Unterbringung zuständigen Kostenträger auch die Tbc-Heilbehandlung erbracht werden. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob durch den Begriff der Unterbringung in Anstaltspflege hinreichend deutlich gemacht ist, daß lediglich die Fälle gemeint sind, in denen die Verwahrung der Kranken und nicht deren Heilung im Vordergrund steht, so daß schon mangels Krankenhauspflege i. S. des § 184 RVO die Kostentragungspflicht der Kasse entfiele. Jedenfalls wird aber durch die Beschränkung auf die Fälle, in denen die stationären Maßnahmen auf "öffentliche" Kosten durchgeführt werden, klargemacht, daß der Träger der Krankenversicherung, selbst wenn er Krankenhauspflege gewähren müßte, nicht - jedenfalls nicht für die Tbc-Behandlung - zuständig wird.

Sicher ist, daß mit den Kosten der stationären Tbc-Heilbehandlung nicht die Kranken belastet werden, die für ihre Unterbringung wegen der in § 130 BSHG genannten Krankheiten selbst zahlen. In einem solchen Fall ist der Rentenversicherungsträger Kostenträger jedenfalls für die Tbc-Heilbehandlung, obwohl es an der erwünschten verantwortlichen Einflußnahme auf die Heilbehandlung durch ihn fehlen kann (BSG 27, 280, 284 f). Das gleiche gilt auch dann, wenn die Unterbringung wegen einer der in § 130 BSHG genannten Krankheiten von einem Leistungsträger finanziert wird, dessen Leistungen durch eigene Leistungen - Beiträge - des Kranken oder seiner Angehörigen aufgebracht wurden. Denn die Beschränkung der Leistungspflicht auf die Fälle, in denen jemand auf öffentliche Kosten untergebracht ist, hat nicht den Sinn, nur denjenigen Kranken den Anspruch gegen den Rentenversicherungsträger zu erhalten, die ihre Unterbringung aus Sach- oder Geldvermögen finanzieren können. Auch denjenigen Kranken, die für den Fall der Krankheit durch Beitragsleistung vorgesorgt haben, soll der Anspruch gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht genommen werden. Dabei kann es keinen Unterschied machen, ob der durch Beiträge finanzierte Leistungsträger privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich organisiert ist, ob Beitragspflicht und Leistungspflicht durch Vertrag, durch freiwilligen Beitritt oder kraft Gesetzes eintreten. Es ist unter Beachtung des Sinnes des § 130 BSHG auch nicht gerechtfertigt, die Leistungen des Krankenversicherungsträgers in den Fällen als "öffentliche Kosten" anzusehen, in denen die Beiträge nicht allein von dem Versicherten getragen werden. Ebensowenig ist es sinnvoll, die Leistungen des Trägers der Krankenversicherung dann als "öffentliche Kosten" zu charakterisieren, wenn die Beiträge dafür im wesentlichen durch den Rentenversicherungsträger (vgl. § 381 Abs. 2 und Abs. 4 RVO) aufgebracht werden. Zwar sind diese zur Krankenversicherung der Rentner erbrachten Beiträge und Beitragszuschüsse in ihrer Höhe nicht abhängig von der Höhe der Beiträge zur Rentenversicherung, sie sind aber nicht bloße Leistungen der öffentlichen Fürsorge; sie sind nicht prinzipiell von dem grundgesetzlichen Eigentumsschutz ausgenommen (vgl. BSG 41, 13, 14).

Die hier vertretene Auffassung, daß die Träger der Krankenversicherung nicht entgegen § 231 a Abs. 3 AVG zum Kostenträger werden, wird auch bestätigt durch die Bedeutung des § 130 BSHG im System der Tbc-Bekämpfung: Diese Vorschrift steht in der Reihe der "Sonderbestimmungen für Träger der Tbc-Hilfe, die nicht Träger der Sozialhilfe sind". Sie legt somit fest, daß unter bestimmten Voraussetzungen der Kostenträger einer Anstaltsunterbringung zum Träger der Tbc-Hilfe wird. Da die Träger der Sozialversicherung nicht Träger der Tbc-Hilfe, sondern "sonstige zur Tbc-Bekämpfung verpflichtete Stellen" sind (vgl. § 132 BSHG und Überschrift des Unterabschnitts 2 des Abschnitts 13 des BSHG), für die eigene Regelungen gelten, liegt die Annahme fern, durch § 130 BSHG werde die Zuständigkeit eines Trägers der Sozialversicherung auf einen anderen Träger der Sozialversicherung verlagert. Gegen die Zuständigkeitsverlagerung auf den Träger der Krankenversicherung spricht außerdem, daß die Kassen kaum wirksame Möglichkeiten haben, auf die stationäre Behandlung einzuwirken (vgl. § 371 RVO) und daß ihre Leistungspflicht insofern zeitlich beschränkt ist, als sie davon abhängt, wie lange Krankenhauspflege wegen der neben Tbc bestehenden Krankheit erforderlich ist. Weder könnte der durch § 130 BSHG verfolgte Zweck, die Identität von Kostenträger und verantwortlicher Stelle herzustellen, erreicht werden, noch könnte der Gedanke der Kontinuität der Zuständigkeit zur Tbc-Bekämpfung (vgl. §§ 60, 128, 135 Abs. 1 BSHG) durchgesetzt werden. Wollte man die Zuständigkeit der Kasse zur Tbc-Hilfe gem. § 130 BSHG annehmen, so würde sie nach § 135 Abs. 2 BSHG, der die zeitliche Beschränkung der Leistungspflicht der Kassen ausdrücklich aufrecht erhält, jedenfalls dann enden, wenn ihre Pflicht zur Krankenhauspflege wegen der in § 130 BSHG genannten Krankheiten - etwa durch Wegfall der Behandlungsbedürftigkeit oder der Behandlungsfähigkeit - wieder entfällt.

Da somit die zugleich mit der stationären Tbc-Behandlung notwendig gewesene Behandlung wegen einer anderen Krankheit die Aufgabenteilung nach § 21 a Abs. 3 AVG zwischen Krankenversicherung und Rentenversicherung nicht änderte und insbesondere die für die hier vorliegende Suchtkrankheit bestehende Sondervorschrift des § 21 a Abs. 7 Satz 3 AVG i. V. m. § 130 BSHG nicht eingreift, ist die beklagte Kasse nicht zur Kostenerstattung verpflichtet.

Mit der dieser Entscheidung zugrunde liegenden Rechtsansicht, daß durch § 21 a Abs. 7 Satz 3 AVG i. V. m. § 130 BSHG nicht die grundlegende Zuständigkeitsregelung des § 21 a Abs. 3 Sätze 2 und 3 zu Lasten des Trägers der Krankenversicherung geändert wird, weicht der Senat nicht von der Entscheidung des 5. Senats des BSG vom 23. Oktober 1973 (SozR Nr. 2 zu VO über KVdR v. 4.11.1941 § 11) ab. In den Gründen dieser Entscheidung kommt möglicherweise die Auffassung des 5. Senats zum Ausdruck, daß die Zuständigkeit der Kassen bei Anstaltsunterbringung i. S. des § 130 BSHG gegeben sei; er hat dies aber weder entschieden, noch brauchte er es zu entscheiden.

Die Revision war daher zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648813

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