Leitsatz (amtlich)

1. Die Verpflichtung zur Förderung der Teilnahme an Maßnahmen, die der Feststellung von Kenntnissen und Fertigkeiten dienen (AFG § 41 Abs 1), beschränkt sich nicht auf Maßnahmen, die die Eignung vor Eintritt in eine Bildungsmaßnahme feststellen sollen.

2. Voraussetzung für die Förderung von Prüfungen und der dazu besuchten Vorbereitungslehrgänge ist in Berufsbereichen, in denen keine allgemein verbindliche Prüfungsbestimmungen bestehen, die Anerkennung der Prüfung in den Kreisen der Arbeitgeber, die entsprechende Arbeitnehmer beschäftigen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Im Rahmen der Förderung der Fortbildung zum Bilanzbuchhalter nach AFG § 41 bilden die Lehrgänge an einer Steuerfachschule zur Vorbereitung auf die mündliche und schriftliche Prüfung und die Prüfung selbst eine Einheit. Diese auch dann, wenn die Lehrgänge an der Schule einzeln belegt werden können. Es ist deshalb unschädlich, wenn in dem Förderungsantrag (AFuU § 21 Abs 1 Fassung: 1969-12-18) zunächst der Lehrgang zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung nicht erwähnt worden ist.

2. Die Regelung in AFuU § 21 Abs 4 Fassung: 1969-12-18 ist jedenfalls insoweit bedenkenfrei, als sie die Angabe von Erklärungen verlangt, die für das Arbeitsamt erforderlich ist, um überhaupt Art und Umfang der begehrten Förderung überschauen zu können.

3. Hat der Antragsteller die notwendige Klarstellung nicht innerhalb der 2-Monats-Frist des AFuU § 21 Abs 4 Fassung: 1969-12-18 vorgenommen, so hindert dies die Leistungsgewährung nicht, wenn er die Verspätung nicht zu vertreten hat.

 

Normenkette

AFG § 41 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25, § 43 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 12 Fassung: 1969-12-18; BBiG §§ 46, 75; AFuU § 21 Abs. 1 Fassung: 1969-12-18, Abs. 4 Fassung: 1969-12-18

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 17. April 1972 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, Kurzlehrgänge zur Vorbereitung auf die schriftliche und mündliche Prüfung als Bilanzbuchhalter bei der K Steuerfachschule Dr. E GmbH K zu fördern und die Prüfungsgebühren zu übernehmen.

Der Kläger hat eine abgeschlossene Verwaltungslehre absolviert. Danach arbeitete er ab 1960 als Buchhalter und bereitete sich daneben darauf vor, an der Kölner Steuerfachschule Dr. E GmbH eine Prüfung als Bilanzbuchhalter abzulegen. Für den Fall eines Bestehens der Prüfung war ihm ein beruflicher Aufstieg in Aussicht gestellt worden. Vor Ablegung der Prüfung besuchte der Kläger in der Zeit vom 17. bis 21. August 1970 einen Lehrgang der Steuerfachschule Dr. E zur Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung. Diese fand am 22. und 23. August 1970 statt. Der Kläger hat sie mit Erfolg abgeschlossen. Das Bestehen der schriftlichen Prüfung war Voraussetzung für die Zulassung zur mündlichen Prüfung. Um auch die mündliche Prüfung erfolgreich abzulegen, nahm der Kläger am 3. und 4. Oktober 1970 an einem Kurzlehrgang zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung teil. Die mündliche Prüfung hat er am 10. Oktober 1970 ebenfalls mit Erfolg abgelegt.

Am 4. September 1970 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Förderung des Lehrgangs zur Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung und die Erstattung der Prüfungsgebühr. Dieser Antrag wurde abgelehnt (Bescheid vom 21. Dezember 1970) u.a. deshalb, weil der Lehrgang nicht die Mindestzahl von 50 Unterrichtsstunden umfasse.

In seinem Widerspruch (eingegangen am 14. Januar 1971) begehrte der Kläger außerdem die Förderung des Lehrgangs zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung.

Der Widerspruch wurde zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 26. Februar 1971). Die Klage hatte jedoch in beiden Vorinstanzen Erfolg (Urteil des Sozialgerichts - SG - Koblenz vom 28. Juni 1971; Urteil des Landessozialgerichts - LSG - Rheinland-Pfalz vom 17. April 1972). Das LSG hat die Auffassung vertreten, daß die Teilnahme an den Kurzlehrgängen zur Vorbereitung auf die Bilanzbuchhalterprüfung den Zielen des § 41 Abs. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) entspreche. Zwar dienten solche Lehrgänge nicht zur Feststellung von Kenntnissen; denn damit sei die Feststellung der Eignung eines Antragstellers für eine Förderungsmaßnahme vor deren Beginn gemeint. Die Lehrgänge seien wegen ihrer kurzen Dauer auch nicht geeignet, die Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln, die zur Ausübung der Berufstätigkeit eines Bilanzbuchhalters erforderlich seien. Gleichwohl dienten die Lehrgänge der Erweiterung von Kenntnissen und Fähigkeiten. Neben der Vorbereitung auf den technischen Ablauf der Prüfung sollten die Teilnehmer auch inhaltlich darauf vorbereitet werden, der Prüfung zu genügen, vorhandenes Wissen zu ordnen, die wichtigsten Leitgedanken herauszuarbeiten, häufige Fehler und kritische Punkte zu klären und Lücken im Wissen, die noch geschlossen werden können, aufzufinden. Der Begriff der Erweiterung der beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten sei nicht eng zu fassen. Die Auslegung des Begriffs habe sich an dem Ziel zu orientieren, den beruflichen Aufstieg zu ermöglichen. Dieser setze die bestandene Prüfung voraus. Die Vorbereitung in den Kurzlehrgängen diene dem Ziel, die Aussichten zu verbessern, die Prüfung zu bestehen und damit dem beruflichen Aufstieg.

Auch die nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1968 (AFuU 1969 - ANBA 1970,85) geforderte Dauer von 50 Unterrichtsstunden hält das LSG für gegeben. Beide Kurzlehrgänge seien als Einheit zu werten. Was zu einer Fortbildungsmaßnahme gehöre, richte sich nach ihrem Ziel. Beide Lehrgänge dienten hier einem einheitlichen Ziel. Die Trennung sei nicht anders zu werten, als wenn etwa die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und die praktische Unterweisung im Rahmen einer Fortbildungsmaßnahme zeitlich getrennt würden. Beide Lehrgänge zusammen umfaßten nach einer Bescheinigung der Schule 48 volle Stunden. Diese seien auf 55 Unterrichtstunden umzurechnen. Im übrigen seien aber auch 48 Unterrichtsstunden als ausreichend anzusehen. Wegen der Vorbildung der Lehrgangsteilnehmer und der besonderen Ausrichtung der Lehrgänge auf die sich daran anschließende Prüfung sei es geboten, von der Regel, wonach 50 Unterrichtsstunden zu fordern seien, abzugehen. Auch die sonstigen materiellen Förderungsvoraussetzungen hält das LSG für gegeben.

Der Kläger habe den Förderungsantrag innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt in die Maßnahme gestellt (§ 21 Abs. 1 AFuU 1969). Es sei unschädlich, daß er in seinem Antrag den Lehrgang zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung nicht erwähnt habe, denn es sei erkennbar zum Ausdruck gekommen, daß er die Bilanzbuchhalterprüfung habe ablegen, mithin an der mündlichen Prüfung habe teilnehmen wollen, wenn er aufgrund der Ergebnisse der schriftlichen Prüfung dafür zugelassen werde, und daß er für die diesem Ziel dienenden Fortbildungsmaßnahmen Leistungen zur Förderung nach dem AFG begehre.

Mit der zugelassenen Revision macht die Beklagte geltend, daß die Kurzlehrgänge weder berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten erweiterten noch einen beruflichen Aufstieg ermöglichten. Sie reichten für das angestrebte Ziel der Ablegung der Bilanzbuchhalterprüfung allein nicht aus. Zweck dieser Lehrgänge sei lediglich, vermitteltes Wissen aufzufrischen, was oft erforderlich sei, weil die Prüfung nicht im unmittelbaren Anschluß an die Ausbildungslehrgänge abgenommen werden könne.

Auch unter dem Gesichtspunkt der "Feststellung von beruflichen Kenntnissen" komme eine Förderung nicht in Betracht, weil damit nur Lehrgänge gemeint seien, die die Eignung eines Antragstellers für die Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme ermitteln sollten. Im übrigen handele es sich nicht um notwendige Kosten (§ 45 AFG). Die Teilnahme an Wiederholungs- und Auffrischungslehrgängen sei nicht unerläßliche Voraussetzung für das Ablegen der Prüfung. Schließlich werde auch die erforderliche Zahl von mindestens 50 Stunden nicht erreicht. Der Auffassung des LSG, daß beide Lehrgänge als eine Einheit anzusehen seien, könne nicht gefolgt werden. Es handele sich um zwei unabhängig voneinander mögliche Maßnahmen, wobei es dem Bewerber völlig freistehe, ob er nur eine davon oder beide besuche.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 17. April 1972 und das Urteil des SG Koblenz vom 28. Juni 1971 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf das Urteil des LSG.

Beide Parteien haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG.

Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Förderung des Klägers nicht ohne weiteres wegen verspäteter Antragstellung abgelehnt werden kann. Nach § 21 Abs. 1 AFuU 1969 sind die Leistungen u.a. vom Zeitpunkt des Eintritts an zu gewähren, wenn der Antrag innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt in die Maßnahme gestellt wird. Dies war hier der Fall. Nach den Feststellungen des LSG hat der Kläger den Vorbereitungslehrgang für die schriftliche Prüfung am 17. August 1970 begonnen und seinen Antrag am 4. September 1970 gestellt. Dabei war es unschädlich, daß der Kläger zunächst in diesem Antrag nur den Lehrgang zur Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung und die Prüfung selbst erwähnt hat, nicht hingegen den Lehrgang zur Vorbereitung auf die mündliche Prüfung. Beide Vorbereitungslehrgänge und die Prüfungen bilden eine Einheit. Sie sind nicht nur durch den Ausbildungsplan des Klägers oder die Ausgestaltung durch den Veranstalter als eine einheitliche Maßnahme anzusehen. Der enge Zusammenhang zwischen Prüfung und Vorbereitung sowie die Einheit von schriftlicher und mündlicher Prüfung, die auch die Vorbereitungslehrgänge zu einer Maßnahme verklammern, sprechen sachlich für eine einheitliche Betrachtung. Hinzu kommt, daß die Vorbereitungslehrgänge ihren Sinn ausschließlich von der als Einheit zu betrachtenden Prüfung her empfangen (vgl. Entscheidung des Senats vom 30. November 1973 - 7 RAr 43/71 - SozR Nr. 2 zu § 41 AFG). Die durch die Schule gegebene Möglichkeit, die Lehrgänge einzeln zu belegen, ändert hieran nichts (vgl. Urteil des Senats vom 29. August 1974 - 7 RAr 28/73 -). Wenn der Kläger in seinem Antrag zunächst nur die Vorbereitung auf die schriftliche Prüfung und diese Prüfung selbst erwähnt hat, so erklärt sich dies daraus, daß die Zulassung zur mündlichen Prüfung und zu dem dieser Prüfung vorgeschalteten Vorbereitungslehrgang vom Bestehen der schriftlichen Prüfung abhängig ist. Mit der rechtzeitigen Antragstellung sind jedoch noch nicht alle verfahrensmäßigen Voraussetzungen für die Gewährung der Förderung erfüllt. Nach § 21 Abs. 4 AFuU 1969 setzt eine rückwirkende Leistungsgewährung außerdem voraus, daß innerhalb von zwei Monaten nach Eintritt in die Maßnahme oder nach Antragstellung die für die Entscheidung erforderlichen Unterlagen eingereicht werden. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift in vollem Umfang durch die Ermächtigung des § 39 AFG gedeckt ist. Sie ist jedenfalls insoweit bedenkenfrei, als sie die Angabe von Erklärungen verlangt, die für das Arbeitsamt erforderlich ist, um überhaupt Art und Umfang der begehrten Förderung überschauen zu können. Nach § 21 Abs. 4 AFuU 1969 ist der Antragsteller jedenfalls verpflichtet, bestehende Unklarheiten über den Umfang der Maßnahme binnen zwei Monaten zu beseitigen. Dieser Verpflichtung oblag der Kläger um so mehr, als aus dem Antrag vom 4. September 1970 der volle Umfang seines Begehrens - nämlich Förderung der Teilnahme an der schriftlichen und mündlichen Prüfung und den jeweiligen Vorbereitungslehrgängen - für die Beklagte nicht erkennbar war. Die notwendige Klarstellung hat der Kläger nicht innerhalb der Zwei-Monats-Frist, sondern erst mehrere Monate später bei Einlegung des Widerspruchs vorgenommen.

Diese Fristversäumnis hindert die Leistungsgewährung jedoch nicht. § 21 Abs. 4 AFuU 1969 sieht die Leistungsgewährung trotz verspäteter Konkretisierung vor, wenn "der Antragsteller die Verspätung nicht zu vertreten hat". Hierzu hat das LSG keine Feststellungen getroffen, so daß schon aus diesem Grunde die Zurückverweisung der Sache geboten ist.

Sofern das LSG zu dem Ergebnis gelangt, daß dem Kläger Nachsicht i.S. des § 21 Abs. 4 AFuU 1969 zu gewähren ist, wird es auch bei der Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs noch weitere Feststellungen treffen müssen. Dem LSG ist darin zuzustimmen, daß es sich bei den bezeichneten Lehrgängen und Prüfungen um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung i.S. des § 41 AFG handelt. Die Tätigkeit als Bilanzbuchhalter stellt gegenüber der Tätigkeit des Buchhalters eine qualifiziertere, nicht hingegen eine Tätigkeit mit anderem Inhalt dar. Vorbereitungslehrgänge der hier vorliegenden Art sind nicht grundsätzlich von der Förderung ausgeschlossen. Sie werden von § 41 Abs. 1 AFG mit erfaßt. Diese Vorschrift sieht die Förderung auch für Maßnahmen vor, die das Ziel haben, berufliche Kenntnisse festzustellen. Die Vorgeschichte des Gesetzes deutet zwar darauf hin, daß damit solche Maßnahmen bezeichnet werden sollten, die vor Einleitung einer Ausbildungsmaßnahme der Feststellung der Eignung eines Bewerbers dienen (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit zu Drucks. V/4110, S. 9 zu § 40). Eine solche Eingrenzung hat jedoch im Gesetz keinen Ausdruck gefunden. Zwingende sachliche Gesichtspunkte, die eine derartige Einschränkung gebieten müßten, sind nicht ersichtlich. Sachlich ergibt sich insoweit eine Abgrenzung aus den in § 43 Abs. 1 AFG (nur beispielsweise) aufgeführten Fortbildungszielen. Wenn in § 43 Abs. 1 Nr. 4 AFG als förderungsfähige Teilnahme an einer Fortbildungsmaßnahme diejenige bezeichnet wird, welche auf eine bisherige berufliche Abschlußprüfung gerichtet ist, so ist kein Grund dafür einzusehen, einen auf eine Abschlußprüfung gerichteten Vorbereitungslehrgang, der - nach den Feststellungen des LSG - auf die Prüfung bezogene berufliche Kenntnisse feststellen soll, von der Förderung nach § 41 Abs. 1 AFG auszuschließen. Der Ausschluß solcher - regelmäßig auf den Prüfungsinhalt abgestimmter - Lehrgänge von der Förderung nach dem AFG würde an der Tatsache vorbeigehen, daß derartige Prüfungsvorbereitungen (in nicht wenigen Fällen) den Prüflingen erst die Möglichkeit geben, bestehende Wissenslücken zu schließen oder zu erkennen, ob sie das notwendige Wissen für das Bestehen der Prüfung haben. Insoweit aber haben diese Lehrgänge das Ziel, berufliche Kenntnisse und Fertigkeiten i.S. des § 41 Abs.1 AFG "festzustellen". Dem steht nicht entgegen, wie die Beklagte meint, daß der Kläger bereits früher einen Vorbereitungskurs zur Ablegung der bezeichneten Prüfung durchlaufen hat. Wenn die Beklagte in diesem Zusammenhang ausführt, sie habe nur notwendige Kosten i.S. des § 45 AFG zu tragen, so verkennt sie, daß der § 45 AFG (§ 12 AFuU 1969) nur die Höhe der Aufwendungen begrenzt, jedoch nichts darüber aussagt, ob die Teilnahme an einer Maßnahme dem Grunde nach zu fördern ist oder nicht (vgl. BT-Drucks. 484/67 S. 68).

Voraussetzung für die Förderung ist allerdings, daß die angestrebte Prüfung zu einem der in § 41 Abs. 1 AFG bezeichneten Fortbildungsziele führt. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 29. August 1974 - 7 RAr 28/73 - ausgesprochen, daß nicht nur die aufgrund der §§ 46, 75 Berufsbildungsgesetz (BBiG) von der Industrie- und Handelskammer (IHK) abgehaltenen Prüfungen als förderungsfähig in Betracht kommen. Zwar wird die IHK als zuständige Stelle auch für die Bilanzbuchhalterausbildung bezeichnet (§ 75 BBiG), jedoch bedeutet dies nicht die alleinige Befugnis der IHK zur Regelung dieses Ausbildungsbereichs und zur Abnahme von Prüfungen. Der § 46 BBiG räumt der zuständigen Stelle lediglich die Befugnis ein, Prüfungen durchzuführen. Darin kommt zum Ausdruck, daß neben der zuständigen Stelle auch andere, insbesondere private Berufsbildungseinrichtungen zur Abnahme von Prüfungen berechtigt sind. Dem steht § 46 Abs. 1 Satz 2 BBiG nicht entgegen. Dort ist zwar bestimmt, daß die zuständige Stelle den Inhalt, die Ziele, die Anforderungen usw. dieser Prüfungen regelt. Diese Befugnis bezieht sich aber nur auf die von der IHK selbst durchgeführten Prüfungen, enthält hingegen nicht die Befugnis zur alleinigen Ordnung des Prüfungswesens in diesem Bereich. Besteht aber, wie im vorliegenden Fall, die Möglichkeit, die Qualifikation eines Bilanzbuchhalters durch eine - nicht von der IHK nach dem BBiG geregelte und hierdurch allgemein anerkannte - anderweitige Prüfung zu erlangen, so sind die Voraussetzungen für die Förderungsfähigkeit nach § 41 Abs. 1 AFG nur dann gegeben, wenn diese (außerhalb der IHK) abgelegte Prüfung in den Kreisen derjenigen Arbeitgeber, welche Arbeitnehmer mit entsprechenden Qualifikationen beschäftigen, hinreichend anerkannt wird. Erst dann kann nämlich das mit der Fortbildungsmaßnahme (auch vom Kläger offenbar) angestrebte Ziel eines beruflichen Aufstiegs erreicht sein. Ob die vom Kläger abgelegte Prüfung diesen Anforderungen entspricht, hat das LSG nicht festgestellt; insoweit wird es noch die für eine abschließende Entscheidung erforderlichen Feststellungen treffen müssen, und zwar ggf. durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die Dauer der Vorbereitungslehrgänge steht dem Anspruch des Klägers auf Förderung nicht entgegen. Nach § 6 Abs. 1 AFuU 1969 muß die Dauer einer Maßnahme dem Zeitraum entsprechen, der notwendig ist, um das Ziel der Fortbildung ... zu erreichen. Die Maßnahme muß in der Regel mindestens 50 Unterrichtsstunden umfassen; dies gilt nicht für Maßnahmen zur Feststellung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten.

§ 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 AFuU 1969 sieht also ausdrücklich vor, daß für Maßnahmen zur Feststellung beruflicher Kenntnisse und Fertigkeiten die Mindestregeldauer von 50 Stunden nicht gilt. Möglicherweise geht die Beklagte bei dieser Bestimmung von der einengenden Auslegung des § 41 Abs. 1 AFG aus, wonach Maßnahmen mit dem Ziel der Feststellung von beruflichen Kenntnissen und Fertigkeiten nur diejenigen sind, die der Vorbereitung auf eine bestimmte Fortbildungsmaßnahme dienen. Da diese Beschränkung - wie oben ausgeführt - jedoch im Gesetz nicht enthalten ist, ist es gerechtfertigt, die in Halbsatz 2 des § 6 Abs. 1 Satz 2 AFuU 1969 enthaltene Bestimmung auch auf die Vorbereitungslehrgänge der vorliegenden Art anzuwenden. Danach bedurften diese Vorbereitungslehrgänge keiner Mindestdauer, um sie fördern zu können. Hinsichtlich der Prüfungen selber kann die Regelung des § 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 AFuU 1969 (Mindestdauer von 50 Stunden) keine Anwendung finden, was sich aus der Natur der Prüfungen ergibt.

Die Förderung ist ferner nach § 41 Abs. 1 AFG davon abhängig, daß die Maßnahme eine abgeschlossene Berufsausbildung oder eine angemessene Berufserfahrung voraussetzt (BSGE 36, 48). Angesichts des engen Zusammenhangs zwischen Vorbereitungslehrgängen und Prüfung erscheint es ausreichend, wenn diese Zugangsvoraussetzungen für die Prüfung vorgesehen sind; damit erstrecken sich die Zugangsvoraussetzungen auch auf die Teilnehmer der Vorbereitungslehrgänge. Auch hierzu fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen durch das LSG.

Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648425

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