Leitsatz (amtlich)

Bei einem Lehrhauer, der diese Tätigkeit vor dem 1971-06-01 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat, ist für die Beurteilung der wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit für die Zeit ab 1971-06-01 (Inkrafttreten der neuen Lohnordnungen im Bergbau) von der Lohngruppe 09 auszugehen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Tätigkeit eines Verlade- und Versandarbeiters im Bergbau ist eine ungelernte Tätigkeit.

2. Zur Verweisung eines Lehrhauers auf knappschaftliche Tätigkeiten.

 

Normenkette

RKG § 45 Abs. 2 Fassung: 1957-05-21

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 13. Oktober 1972 aufgehoben; der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückverwiesen.

 

Gründe

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger die Bergmannsrente wegen verminderter bergmännischer Berufsfähigkeit nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 des Reichsknappschaftsgesetzes (RKG) zusteht.

Der im Jahre 1933 geborene Kläger hat die mehrere Jahre lang verrichtete Tätigkeit eines Lehrhauers am 22. Februar 1962 aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben und ist seitdem als Transportarbeiter tätig. Die Beklagte lehnte den am 9. Oktober 1970 gestellten Antrag auf Bergmannsrente mit Bescheid vom 23. März 1971 ab, weil der Kläger nach den vorliegenden medizinischen Gutachten noch in der Lage sei, als angelernter Handwerker, 2. Anschläger, Verwieger, Wäschemaschinist, Rangierer und Maschinist in Energiebetrieben zu arbeiten, so daß er nicht vermindert bergmännisch berufsfähig sei. Der Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg.

Während des Verfahrens vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger seinen Anspruch auf die Zeit vom 1. Juni 1971 an beschränkt. Das SG hat die Beklagte am 20. Januar 1972 unter Aufhebung ihrer Bescheide verurteilt, dem Kläger Bergmannsrente vom 1. Juni 1971 an zu gewähren. Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 13. Oktober 1972 das Urteil des SG geändert und die Klage abgewiesen. Es hat die Ansicht vertreten, der Kläger sei nicht vermindert bergmännisch berufsfähig im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG. Auszugehen sei von der Tätigkeit eines Lehrhauers. Wenn auch die früheren Lehrhauer seit dem 1. Juni 1971 je nach Art der von ihnen ausgeübten Tätigkeit wie Hauer nach den Lohngruppen 09, 10 oder 11 entlohnt würden, so könne doch nicht wie beim Hauer einheitlich von der Lohngruppe 10 ausgegangen werden. Der Lehrhauer habe nach den früheren Lohnordnungen gegenüber dem Hauer je nach der Dauer der von ihm ausgeübten Tätigkeit einen um 5 bis 10 v.H. geringeren Lohn erhalten. Das müsse auch für die Einstufung eines früheren Lehrhauers nach der neuen, am 1. Juni 1971 in Kraft getretenen Lohnordnung gelten. Der Lehrhauer sei durch die neue Regelung des Lohntarifs nicht etwa zum Facharbeiter des Bergbaus mit der Folge geworden, daß er bei der Beurteilung seines Anspruchs auf Bergmannsrente weniger weit auf andere Tätigkeiten verwiesen werden könne als früher; er habe durch die neue Lohnordnung keine weiteren beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten gewonnen. Deshalb erscheine es gerechtfertigt, bei einem Lehrhauer von der Lohngruppe 09 auszugehen. Im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig seien daher die Tätigkeiten bis abwärts zur Lohngruppe 05, zu der auch die vom Kläger tatsächlich ausgeübte Tätigkeit eines Verlade- und Versandarbeiters gehöre. Aus der wesentlichen wirtschaftlichen Gleichwertigkeit könne in der Regel auch geschlossen werden, daß es sich um eine Tätigkeit von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten handele. Nur in besonders gelagerten Fällen, in denen nicht nur die Kenntnisse und Fähigkeiten sondern auch andere Umstände für die tarifliche Einstufung ausschlaggebend gewesen seien, könne eine Einschränkung der Verweisungsmöglichkeit gegeben sein. Für einen solchen Ausnahmefall seien bei der Einstufung des Verlade- und Versandarbeiters in die Lohngruppe 05 über Tage Gründe nicht ersichtlich.

Der Kläger hat dieses Urteil mit der - vom LSG zugelassenen - Revision angefochten. Er ist der Ansicht, daß er bei der Beurteilung der verminderten bergmännischen Berufsfähigkeit wie ein Hauer zu behandeln sei. Nach den seit dem 1. Juni 1971 geltenden Lohnordnungen sei auch derjenige Versicherte ein Hauer im Sinne dieser Lohnordnung, dem der Betrieb nach zweijähriger Untertagetätigkeit schriftlich bestätige, daß er die Kenntnisse und Fertigkeiten besitze, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten. Da er nach der vom SG eingeholten Arbeitgeberauskunft diese Kenntnisse und Fertigkeiten besitze, könne er ebensowenig wie ein Hauer auf die Tätigkeit eines Verlade- und Versandarbeiters verwiesen werden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts vom 13. Oktober 1972 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20. Januar 1972 zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision des Klägers zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil im Ergebnis für richtig und die Revision des Klägers für unbegründet. Sie ist der Ansicht, bei einem früheren Lehrhauer sei von keiner der Lohngruppen auszugehen, in die der Hauer eingestuft sei. Nach den früheren Lohnordnungen sei für den Lehrhauer gegenüber dem Hauerlohn ein Abzug von mindestens 5 v.H. zu machen gewesen. Daher müsse von der Lohngruppe 08 ausgegangen werden. Aber auch wenn man von der Lohngruppe 09 ausgehe, sei die vom Kläger verrichtete Tätigkeit im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig. Er könne auch sonst darauf verwiesen werden, zumal für den Lehrhauer, der kein gelernter Facharbeiter sei, das einschränkende Merkmal der Gleichwertigkeit der beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten keine eigenständige Bedeutung habe.

II

Die zulässige Revision des Klägers hat insofern Erfolg, als das angefochtene Urteil aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen wird. Die festgestellten Tatsachen reichen zur abschließenden Entscheidung nicht aus; sie lassen die Beurteilung nicht zu, ob der Kläger vermindert bergmännisch berufsfähig ist.

Der Versicherte ist nach § 45 Abs. 2 RKG vermindert bergmännisch berufsfähig, wenn er weder imstande ist, die von ihm bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit noch andere im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige knappschaftliche Arbeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten zu verrichten. Der danach erforderliche Wert- und Qualitätsvergleich setzt auf der einen Seite die Kenntnis der vom Kläger "bisher verrichteten knappschaftlichen Arbeit" im Sinne des § 45 Abs. 2 RKG ("Hauptberuf") und auf der anderen Seite die Kenntnis der Tätigkeiten voraus, die der Versicherte noch verrichten kann. "Hauptberuf" kann dabei nur eine solche Tätigkeit sein, die der Versicherte tatsächlich verrichtet hat, die also Grundlage des Versicherungsverhältnisses gewesen ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 22. Mai 1974 - 5 RKn 45/72 - und die dort zitierten Entscheidungen). Auszugehen ist daher mit dem LSG und den Beteiligten von der Tätigkeit eines Lehrhauers, die der Kläger nach mehrjähriger Verrichtung aus gesundheitlichen Gründen aufgeben mußte. Daran ändert der Umstand nichts, daß es in den seit dem 1. Juni 1971 geltenden Lohnordnungen die Berufsbezeichnung "Lehrhauer" nicht mehr gibt. Der Kläger hat zu keiner Zeit eine höherwertige Tätigkeit, insbesondere nicht die Tätigkeit eines Hauers verrichtet, so daß von ihr auch nicht ausgegangen werden kann. Zwar sind solche Lehrhauer, die über den 1. Juni 1971 hinaus im Gedinge tätig geblieben sind, nach dem Zusatz zur Lohnordnung Hauer im Sinne dieser Lohnordnung, wenn der Betrieb ihnen nach zweijähriger Untertagetätigkeit schriftlich bestätigt hat, daß sie die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzen, die sie befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten. Dies gilt aber nur für solche Gedingearbeiter, die über den 1. Juni 1971 hinaus im Gedinge tätig geblieben sind. Die nach der Lohnordnung erforderliche Bescheinigung des Betriebes kann also nur für solche Gedingearbeiter lohnmäßige Auswirkungen haben, die über den 1. Juni 1971 hinaus im Gedinge tätig geblieben sind. Bereits vorher beendete Beschäftigungsverhältnisse bleiben davon unberührt. Kann danach nicht von der Tätigkeit eines Hauers ausgegangen werden, so bereitet die Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit für die Zeit nach dem 1. Juni 1971 deshalb Schwierigkeiten, weil die Lohnordnungen für den früheren Lehrhauer keinen Tariflohn mehr ausweisen. Diese Schwierigkeit kann jedoch nicht von der Notwendigkeit befreien, für den früheren Lehrhauer den wirtschaftlichen Wert der Tätigkeit für die streitige Zeit zu ermitteln. Ziel der Bergmannsrente ist es, den durch die körperliche Leistungsminderung bedingten Lohnabfall im wesentlichen auszugleichen, den der Versicherte dadurch erleidet, daß er die bisher verrichtete knappschaftliche Arbeit nicht mehr ausüben kann. Es ist daher für die gesamte streitige Zeit zu prüfen, welchen Lohn der Versicherte auf der einen Seite bei ungeschwächtem Gesundheitszustand mit seinem "Hauptberuf" erwerben könnte und welchen Lohn er auf der anderen Seite mit den Verweisungstätigkeiten erzielen würde (vgl. hierzu SozR Nr. 40 zu § 45 RKG). Bei dem Wertvergleich für die Zeit nach dem 1. Juni 1971 muß daher von dem Lohn ausgegangen werden, den der frühere Lehrhauer bei gleicher Tätigkeit jetzt erhalten würde. Wenn die nach dem 1. Juni 1971 noch weiter im Gedinge tätigen Lehrhauer auch unter bestimmten Bedingungen Hauer im Sinne der Lohnordnung sind, so darf das keineswegs dazu verleiten, denjenigen Lehrhauer dem Hauer ohne weiteres gleichzustellen, der seine Tätigkeit bereits vor dem 1. Juni 1971 aufgegeben hat. Zu berücksichtigen ist nämlich, daß der Lehrhauer vor dem 1. Juni 1971 keineswegs vollwertige Hauerarbeiten verrichtet hat und auch nicht in vollem Umfang die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Hauers hatte. Für die Gedingearbeiter ohne Hauerschein, insbesondere also auch für den Lehrhauer, war eine einheitliche Bewertung der beruflichen Qualifikation nicht möglich. Diese Gedingearbeit wurde nämlich sowohl von geprüften Knappen (bergmännischer Lehrberuf) als auch von Arbeitern verrichtet, die nur eine mehrmonatige Anlernung unter Tage mitgemacht hatten. Sie war im allgemeinen eine Durchgangsstation für die Qualifikation zum Hauer, konnte aber auch zum eigentlichen Beruf werden. Daher konnte einem Lehrhauer, der als Neubergmann vor Aufnahme der Gedingearbeit nur eine mehrmonatige Anlernung und Eingewöhnung in den Grubenbetrieb erfahren hatte, nicht die Stellung eines Facharbeiters zuerkannt werden. Hatte er allerdings längere Zeit im Gedinge gearbeitet, so war er in etwa einem Versicherten gleichzustellen, der für einen anerkannten Anlernberuf ausgebildet worden war (vgl. SozR Nr. 16 zu § 46 RKG; Urteil des erkennenden Senats vom 4. April 1963 - 5 RKn 64/61 - in Mitteilungen der Ruhrknappschaft 1964, 132; Urteil vom 15. September 1964 - 5 RKn 35/62 - in Mitteilungen der Ruhrknappschaft 1965/1966, 54, 57). Dem Umstand, daß der Lehrhauer noch nicht in vollem Umfang die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Facharbeiters (Hauer) hatte und auch nicht sämtliche Hauerarbeiten mit dem gleichen Maß an Verantwortung wie der Hauer verrichtete, war in den bis zum 1. Juni 1971 gültig gewesenen Lohnordnungen dadurch Rechnung getragen, daß bei dem Lehrhauer je nach Dauer seiner Gedingetätigkeit ein Abzug vom Gedinge einer Kameradschaft von 5 bis 10 v.H. gemacht wurde. Hatte also die Tätigkeit eines Lehrhauers vor dem 1. Juni 1971 weder den wirtschaftlichen noch den qualitativen Wert der Hauertätigkeit, so hat sich daran für die bereits vor dem 1. Juni 1971 aus der Gedingetätigkeit ausgeschiedenen Lehrhauer durch die seitdem geltenden Lohnordnungen nichts geändert. Der wirtschaftliche Wert der früheren Lehrhauertätigkeit, der sich aus den neuen Lohnordnungen nicht unmittelbar ableiten läßt, ist am ehesten mit solchen Gedingetätigkeiten zu vergleichen, die von Arbeitern verrichtet werden, die nicht in vollem Umfange die Kenntnisse und Fähigkeiten eines Hauers haben. Die seit dem 1. Juni 1971 geltenden Lohnordnungen sehen zwar für die im Gedinge beschäftigten Arbeiter, die nicht Hauer sind, nicht mehr - wie früher - einen Lohnabzug von 10 bis 5 v.H. vor. Jedoch gibt es auch nach den neuen Lohnordnungen solche Arbeiter im Gedinge, die weitgehend der Hauerarbeit entsprechende Arbeiten verrichten, ohne daß diese Arbeiten aber in vollem Umfang die gleichen Kenntnisse und Fähigkeiten voraussetzen wie die Hauerarbeit. Nach dem Zusatz zur Lohnordnung werden nämlich Neubergleute, die Arbeiten der Lohngruppen 09 bis 11 verrichten, im ersten und zweiten Jahr der Untertagetätigkeit eine Lohngruppe unter der für die ausgeübte Tätigkeit maßgebende Lohngruppe eingestuft. Damit wird - wie früher beim Lohnabzug für den Lehrhauer - dem Umstand Rechnung getragen, daß solchen Arbeitern, die noch nicht in vollem Umfang die Kenntnisse und Fertigkeiten eines Hauers haben und diese Tätigkeiten auch nicht in vollem Umfang ausüben, nicht den gleichen Lohn erhalten können wie diese. Dementsprechend befindet sich der Neubergmann nach dem dritten Monat der Untertagetätigkeit je nach Art der ausgeübten Arbeit in der Lohngruppe 08 oder 09. Da der langjährige frühere Lehrhauer nach den früheren Lohnordnungen lediglich einen Lohnabzug von 5 v.H. hinzunehmen hatte, kann der wirtschaftliche Wert seiner Arbeit nicht aus einem Vergleich mit der geringer entlohnten, sondern nur mit der höher entlohnten Tätigkeit eines Neubergmanns ermittelt werden, die im übrigen auch der am geringsten entlohnten Hauergruppe entspricht. Über den am geringsten entlohnten Facharbeiter hinaus kann der wirtschaftliche Wert der nicht einmal in vollem Umfang der Facharbeitertätigkeit entsprechenden Lehrhauertätigkeit nicht angesetzt werden.

Geht man demgemäß in diesen Fällen bei der Prüfung der wirtschaftlichen Gleichwertigkeit von der Lohngruppe 09 unter Tage aus, so sind jedenfalls die Tätigkeiten der Lohngruppe 05 noch im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig, denn die Lohndifferenz hat nach dem 1. Juni 1971 zu keiner Zeit mehr als 17 v.H. betragen.

Das LSG hat zu Unrecht angenommen, daß die Tätigkeit eines Verlade- und Versandarbeiters für den früheren Lehrhauer eine Tätigkeit von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten sei. Der Senat ist zwar in vielen Entscheidungen davon ausgegangen, daß im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten im allgemeinen auch solche Tätigkeiten sind, die von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten ausgeübt werden, es sei denn, daß andere Gründe als die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten für die Einstufung maßgebend gewesen sind (vgl. SozR Nr. 40 zu § 45 RKG und die dort zitierten Entscheidungen). Bei der Tätigkeit eines Verlade- und Versandarbeiters ist aber zu berücksichtigen, daß es sich bis zum 1. Juni 1971 um Tätigkeiten gehandelt hat, die entweder in die Lohngruppe II oder III über Tage gehörten und der Lehrhauertätigkeit jedenfalls bis zum 1. Januar 1970 niemals im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertig waren (vgl. SozR Nr. 5 und 24 zu § 45 RKG). Die frühere Entlohnung sprach also eher gegen als für die Annahme, daß es sich um Tätigkeiten von Personen mit ähnlicher Ausbildung sowie gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten handelte. Durch die Neubewertung dieser Tätigkeiten hat sich an den notwendigen Kenntnissen und Fähigkeiten aber nichts geändert. Es spricht vielmehr vieles dafür, daß die relativ hohe Einstufung des Verlade- und Versandarbeiters seit dem 1. Juni 1971 dem Umstand Rechnung trägt, daß es sich um körperlich verhältnismäßig schwere Arbeiten handelt, die oft auch unter Witterungseinfluß ausgeübt werden. Jedenfalls sind für diese Tätigkeiten, die in den Erläuterungen zur Lohnordnung näher beschrieben sind, keinerlei Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich, die nicht schon jeder Arbeiter ohne weiteres mitbringt. Es handelt sich also um reine ungelernte Tätigkeiten, auf die ein früherer Lehrhauer, der immerhin die Qualifikation eines angelernten Arbeiters hat (vgl. SozR Nr. 16 zu § 46 RKG), selbst dann nicht verwiesen werden könnte, wenn sie sich aus dem Kreis der ungelernten Tätigkeiten durch besondere Anforderungen an das Verantwortungsbewußtsein, die Zuverlässigkeit oder Wendigkeit hervorhöbe. Diese Merkmale könnten allenfalls dazu führen, eine reine ungelernte Tätigkeit im Rahmen des § 46 RKG als zumutbar erscheinen zu lassen. Zwar sind diese Merkmale geeignet, den Wert erforderlicher Kenntnisse und Fertigkeiten zu erhöhen, jedoch rechtfertigen sie die Verweisung eines qualifizierten Arbeiters auf solche Tätigkeiten nicht (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 22. Mai 1974 - 5 RKn 45/72 -).

Kann der Kläger somit nicht auf die von ihm verrichtete Tätigkeit eines Verlade- und Versandarbeiters verwiesen werden, so bleibt zu prüfen, ob er noch andere im wesentlichen wirtschaftlich gleichwertige Tätigkeiten verrichten kann, die höhere Anforderungen an die Kenntnisse und Fähigkeiten stellen und für einen früheren Lehrhauer daher die verminderte bergmännische Berufsfähigkeit ausschließen. Das LSG hat zu dieser Frage keine weiteren Feststellungen getroffen. Da der Senat als Revisionsgericht die fehlenden Feststellungen nicht selbst treffen kann, hat er das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der abschließenden Entscheidung vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1647680

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge