Entscheidungsstichwort (Thema)

arbeitnehmerähnliche Tätigkeit. unternehmerähnliche Tätigkeit. Beschaffung von Baumaterial. Auftragsverhältnis. Gefälligkeitsvertrag. fremdnütziges Handeln im Interesse des Auftraggebers

 

Orientierungssatz

1. Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit iS von § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG gegeben, wenn eine ernstliche, dem anderen Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet wird, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden kann, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen; sie muß ferner unter solchen Umständen geleistet werden, daß sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist. Ob eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, richtet sich nach dem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie verrichtet wird (vgl BSG 25.8.1970 - 2 RU 51/68 = BSGE 31, 275, 277).

2. Ebensowenig wie Versicherungsschutz bei nur vorübergehenden Gefälligkeits- und Freundschaftsdiensten versagt werden kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit gegeben sind, vermag das Vorliegen eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses eine arbeitnehmerähnliche Stellung zu erzeugen, wenn die Tätigkeit ihrer Art nach nicht einer abhängigen Beschäftigung ähnlich ist.

3. Wer sich aus langjähriger Freundschaft bereit erklärt, für Umbauarbeiten benötigte Lichtkuppeln preisgünstig zu beschaffen, steht beim vorherigen Ausmessen der Dachöffnungen nicht unter Unfallversicherungsschutz. Eine solche Tätigkeit ist nicht den Arbeiten innerhalb eines Unternehmens ähnlich, sondern ihrer Art nach der eines Selbständigen vergleichbar.

 

Normenkette

RVO § 539 Abs 2; BGB § 662

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Entscheidung vom 16.12.1983; Aktenzeichen L 4 Kr 473/82)

SG Mannheim (Entscheidung vom 19.02.1982; Aktenzeichen S 4 Kr 1467/81)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die beklagte Krankenkasse verpflichtet ist, unfallbedingte Krankheitskosten zu erstatten bzw zu tragen, insbesondere, ob es sich bei dem Unfall des HM (M.) vom 6. Oktober 1979 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.

A T (T.), den eine langjährige Freundschaft mit M. verbindet, führte im Jahre 1979 Umbauarbeiten an einer auf seinem Grundstück befindlichen Gaststätte in Eigenleistung durch; ua sollten in ein Flachdach zwei Lichtkuppeln eingebaut werden. M., von Beruf Zimmermann, hatte sich erboten, die Lichtkuppeln über seine Beschäftigungsfirma preisgünstig zu besorgen. Den Einbau wollte T. selbst vornehmen. Als M. am 6. Oktober 1979 die Baustelle aufsuchte, um die für die Bestellung erforderlichen Maße der Dachöffnungen aufzunehmen, stürzte er aus etwa 3 m Höhe von einer Leiter und zog sich schwere Verletzungen zu. Im Rahmen der anschließenden Heilbehandlung wendete die Klägerin für Krankenhauskosten, Transportkosten und Kranken- bzw Übergangsgeld einen Betrag von 21.745,36 DM auf, dessen Erstattung sie von der Krankenkasse des M. mit der Begründung verlangt, der Unfall des M. habe nicht mit einer versicherten Tätigkeit in ursächlichem Zusammenhang gestanden. M. sei bei dem Ausmessen der Dachöffnungen weder als Arbeitnehmer noch in arbeitnehmerähnlicher Weise tätig geworden. Mit derselben Begründung lehnte die Klägerin gegenüber M. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung ab (Bescheid vom 9. Juni 1980 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1980).

Im Erstattungsstreit vor dem Sozialgericht Mannheim (SG) wurde der Beigeladene am Verfahren beteiligt. Die Beklagte erhob Widerklage bezüglich des von ihr weitergezahlten Krankengeldes und wegen Transportkosten in Höhe von insgesamt 11.890,89 DM.

Das SG hat den Beigeladenen auf Klage und Widerklage verurteilt, der Klägerin den Betrag von 21.745,36 DM und der Beklagten das nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall gezahlte Krankengeld sowie die am 28. November 1979 und am 12. Dezember 1979 entstandenen Transportkosten zu erstatten. Der Beigeladene sei der zuständige Unfallversicherungsträger, weil M. bei einem Bauunternehmen iS von § 657 Abs 1 Ziffer 7 der Reichsversicherungsordnung (RVO) wie ein Versicherter (§ 539 Abs 2 RVO) tätig geworden sei (Urteil vom 19. Februar 1982).

Auf die Berufung des Beigeladenen hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) das Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin 21.745,36 DM zu zahlen; die Anschlußberufung (Widerklage) der Beklagten hat es zurückgewiesen (Urteil vom 16. Dezember 1983). Die Beklagte sei als zuständiger Krankenversicherungsträger verpflichtet, die Krankenhauskosten, die Aufwendungen für das Krankengeld und die Transportkosten zu tragen, weil der bei ihr versicherte M. keinen Arbeitsunfall erlitten habe. M. habe nämlich nicht - wie beispielsweise der Sohn des T. und türkische Freunde - bei den Bauarbeiten mitgeholfen. Seine Gefälligkeit habe sich vielmehr auf die preisgünstige Beschaffung der Lichtkuppeln beschränkt und auch das Ausmessen der Dachöffnungen habe nur diesem Zweck gedient. Er habe sich nicht wie ein Versicherter im Sinne von § 539 Abs 2 iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO betätigt, sondern sollte wie ein - wenn auch nicht gewerbsmäßiger - Unternehmer tätig werden. Unter diesen Umständen sei nicht zu klären gewesen, welcher Unfallversicherungsträger anderenfalls zuständig gewesen wäre.

Durch Beschluß vom 12. Dezember 1984 (8 BK 4/84) hat das Bundessozialgericht (BSG) die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat dieses Rechtsmittel eingelegt und im wesentlichen wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des LSG habe M. sich nicht wie ein Unternehmer betätigt. Dies könne insbesondere nicht daraus gefolgert werden, daß die Beschaffung von Baumaterial gewöhnlich Sache des Unternehmers sei, oder dieser sich hierbei anderer, selbständiger Personen wie Händler, Kaufleute usw bediene. Dem Bauherrn bleibe es nämlich unbenommen, Tätigkeiten dieser Art auch an Beschäftigte seines Unternehmens zu delegieren. So läge es hier: Die Handlungsweise des M. habe dem Verhalten jeder anderen Person geähnelt, die einen klar umrissenen Auftrag erhalte und diesen weisungsgebunden ausführe. Meßarbeiten an Dachöffnungen dienten im übrigen den eigentlichen Bauarbeiten; sie seien mithin diesen zuzurechnen und nicht dem Wirtschaftsbereich Handel. Würden diese Arbeiten dann noch - wie hier - in arbeitnehmerähnlicher Weise ausgeführt, sei der Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO zu gewähren. Von rechtlich grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob Personen, die solche Tätigkeiten arbeitnehmerähnlich ausführten, rechtlich den Status des Kaufmanns, Händlers usw erhielten, weil ihre Tätigkeit - wäre sie nicht delegiert worden - eigentlich eine Unternehmertätigkeit sei. Ferner widerspreche das LSG-Urteil einer Reihe von Entscheidungen des BSG, insbesondere dem Urteil vom 5. August 1976 (BSGE 42, 126), weil das LSG das Ausmessen nicht als eine Bauarbeit und die Tätigkeit des M. als eine Unternehmerleistung angesehen habe (anders BSG, Urteil vom 13. Februar 1975 in VersR 1975, 713). Auch weiche das LSG von der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Beurteilung von Gefälligkeitsdiensten ab. Schließlich habe das LSG den Sachverhalt nur unzureichend aufgeklärt. Es habe sich gedrängt fühlen müssen, auch den Verletzten M. anzuhören, da nicht bewiesen sei, daß M. tatsächlich als Unternehmer habe tätig werden wollen.

Die Beklagte beantragt, 1. das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Dezember 1983 aufzuheben und die Klage abzuweisen,

2. die Klägerin, hilfsweise den Beigeladenen zu verurteilen, ihr Aufwendungen in Höhe von 11.890,89 DM zu erstatten, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, den Beigeladenen zu verurteilen, den streitigen Betrag von 21.745,36 DM zu erstatten, hilfsweise, den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Sie trägt vor, M. sei nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden. Das Besorgen der Lichtkuppeln habe vielmehr der Tätigkeit eines selbständigen Vermittlers, eines Lieferanten oder eines Zwischenhändlers geähnelt.

Der Beigeladene beantragt, 1. die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, 2. das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 16. Dezember 1983 aufzuheben und die Klägerin zu verurteilen, der Beklagten Aufwendungsersatz zu leisten, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Zu Recht habe das LSG das Bestellen der Lichtkuppeln und das zu diesem Zweck notwendige Ausmessen der Lichtkuppeln als einen einheitlichen Vorgang bewertet und nicht als eine Bauarbeit angesehen, die M. wie ein Beschäftigter ausgeübt habe. Es könne dahinstehen, ob die Tätigkeit des M. der eines selbständigen Lieferanten von Lichtkuppeln entsprochen habe; allein die mangelnde Vergleichbarkeit seiner Tätigkeit mit einer arbeitnehmerähnlichen schließe den Versicherungsschutz nach § 539 Abs 2 RVO aus. Bejahe man aber das Vorliegen eines Arbeitsunfalles, so sei die Sache an das LSG zurückzuverweisen, um durch weitere Ermittlungen feststellen zu können, wer der zuständige Unfallversicherungsträger sei (vorbereitende Arbeiten für die wiederzueröffnende Gaststätte - § 659 RVO -, kurze nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten - § 657 Abs 1 Nr 7 RVO - oder längerfristige, nicht gewerbsmäßige Bauarbeiten - § 646 Abs 1 RVO -).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist unbegründet.

Zutreffend hat das LSG entschieden, daß die Beklagte die unfallbedingten, der Höhe nach unbestrittenen Krankheitskosten zu tragen hat, weil der bei ihr für den Fall der Krankheit versicherte M. am 6. Oktober 1979 keinen Arbeitsunfall erlitten hat. Der aus § 105 Abs 1 des Sozialgesetzbuches - Zehntes Buch - (SGB X) folgende Erstattungsanspruch der unzuständigen Klägerin ist deshalb begründet, der mit der Widerklage verfolgte Erstattungsanspruch der Beklagten (§ 1504 Abs 1 RVO) dagegen unbegründet.

Nach § 548 Abs 1 RVO ist Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet. Da im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte für das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses iS von § 539 Abs 1 Nr 1 RVO gegeben sind, konnte ein Arbeitsunfall nur vorgelegen haben, wenn M. wie ein nach Abs 1 Nr 1 Versicherter tätig geworden ist (§ 539 Abs 2 RVO). Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind jedoch nicht gegeben.

Eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit iS von § 539 Abs 2 iVm Abs 1 Nr 1 RVO ist nach der gefestigten Rechtsprechung des BSG gegeben, wenn eine ernstliche, dem anderen Unternehmen dienende Tätigkeit verrichtet wird, die dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht und ihrer Art nach auch von Personen verrichtet werden kann, die in einem dem allgemeinen Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen; sie muß ferner unter solchen Umständen geleistet werden, daß sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (vgl BSGE 5, 168, 174; 31, 275, 277; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, S 476 c mit weiteren Nachweisen). Ob eine Tätigkeit als arbeitnehmerähnlich zu qualifizieren ist, richtet sich nach dem tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang, in dem sie verrichtet wird (BSGE 31, 275, 277 mit weiteren Nachweisen; BSGE 42, 1, 4).

Im vorliegenden Fall ist M. nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden. Nach den für den Senat bindenden und von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) hatte M. sich erboten, die von T. benötigten Lichtkuppeln preisgünstig zu besorgen. Er wollte diese Aufgabe aus langjähriger Freundschaft unentgeltlich übernehmen. M. handelte dabei selbständig im Rahmen eines privatrechtlichen Gefälligkeitsvertrages. Auf Rechtsgeschäfte dieser Art finden die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über den Auftrag Anwendung (vgl Palandt/Thomas, BGB, 46. Aufl, Anm 1 vor § 662), insbesondere im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der übernommenen Besorgung. Anders als in einem Arbeitsverhältnis stellt der Auftragnehmer nicht seine Arbeitskraft zur Verfügung, sondern handelt fremdnützig im Interesse des Auftraggebers. Inwieweit bei M. bezüglich des übernommenen Auftrages ein rechtlicher Bindungswille vorhanden war, ist unerheblich; denn ebensowenig wie Versicherungsschutz bei nur vorübergehenden Gefälligkeits- und Freundschaftsdiensten versagt werden kann, wenn die sonstigen Voraussetzungen einer arbeitnehmerähnlichen Tätigkeit gegeben sind (vgl Brackmann aaO, S 476 q), vermag das Vorliegen eines reinen Gefälligkeitsverhältnisses eine arbeitnehmerähnliche Stellung zu erzeugen, wenn die Tätigkeit ihrer Art nach nicht einer abhängigen Beschäftigung ähnlich ist.

Mit dieser Auffassung weicht der erkennende Senat nicht von den Grundsätzen ab, die das BSG in früheren Entscheidungen zur Anwendung des § 539 Abs 2 iVm § 539 Abs 1 Nr 1 RVO entwickelt hat. Den von der Revision in diesem Zusammenhang zitierten Urteilen lagen andere Sachverhalte zugrunde. So handelte es sich bei dem am 5. August 1976 entschiedenen Fall (BSGE 42, 126) um einen für § 539 Abs 2 RVO "geradezu typischen Anwendungsfall". Es bestanden weder Anhaltspunkte für die Annahme eines Werkvertrages noch für eine Unternehmertätigkeit. Es handelte sich um eine Dachreparatur, bei welcher der fachlich versierte Verletzte - wie schon häufig zuvor - "seine Arbeitsleistung als Schlosser zur Verfügung" stellte, weil er um nachbarschaftliche Hilfeleistung gebeten wurde. Hierzu hat das BSG ausgeführt, der Annahme einer arbeitnehmerähnlichen Beschäftigung stehe nicht entgegen, daß der Verletzte von seinen Auftraggebern weder persönlich noch wirtschaftlich abhängig sei.

Hieran hält der Senat fest. Auch im vorliegenden Fall ist nicht entscheidend, daß M. weisungsfrei und wirtschaftlich unabhängig gehandelt hat. Entscheidend ist vielmehr, daß M. im Gegensatz zu der zitierten Fallgestaltung eine Tätigkeit ausgeübt hatte, die nicht den Arbeiten innerhalb eines Unternehmens ähnlich, sondern ihrer Art nach der eines Selbständigen vergleichbar war. Zu Recht haben die Klägerin und der Beigeladene darauf hingewiesen, daß das Besorgen von Baumaterial zwar auch dem jeweiligen Unternehmen dient, aber vom Unternehmer selbst im Rahmen von Kauf- oder Lieferverträgen oder von anderen Vermittlern übernommen wird. Eine vergleichbare Stellung nahm M. im vorliegenden Fall ein. Nicht das fachmännische Einbauen, sondern die preisgünstige Beschaffung der Lichtkuppeln war sein Auftrag; nur diesem Zweck diente das vorherige Ausmessen der Dachöffnungen.

Der Einwand der Beklagten, Tätigkeiten der hier vorliegenden Art könnten im Wege der Delegation auch von abhängig Beschäftigten wahrgenommen werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Rein theoretische Möglichkeiten reichen nicht aus, um eine arbeitnehmerähnliche Stellung iS des § 539 Abs 2 RVO zu begründen. Darauf hat auch das BSG in dem von der Beklagten zitierten Urteil vom 13. Februar 1975 (8 RU 110/74, VersR 1975, 713) hingewiesen. Zwar hatte der - für das Gebiet der gesetzlichen Unfallversicherung zwischenzeitlich nicht mehr zuständige - 8. Senat des BSG in dieser Entscheidung das Vorliegen eines Arbeitsunfalles mit der arbeitnehmerähnlichen Stellung der Verletzten begründet, obwohl ihre Stellung als Hausbetreuerin der einer selbständigen Maklerin oder Hausverwalterin vergleichbar war. Gleichwohl kann sich die Beklagte nicht auf dieses Urteil berufen; denn der 8. Senat hatte die arbeitnehmerähnliche Stellung der Verletzten damit begründet, daß nur ein geringer Teil ihrer Aufgaben denen eines selbständigen Verwalters entsprochen habe, und hatte eine unternehmerähnliche Tätigkeit deshalb verneint, weil es sich unter Berücksichtigung der Gesamtumstände nur um eine "recht untergeordnete Hilfstätigkeit" gehandelt habe.

Hier lag es aber gerade umgekehrt. Unter Berücksichtigung des Grundsatzes, daß einzelne Verrichtungen nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern das Gesamtbild der übernommenen Aufgabe maßgeblich ist (vgl BSGE 31, 275, 277; 42, 1, 4), erhielt die Tätigkeit des M. ihr Gepräge durch den Auftrag, die Lichtkuppeln zu besorgen, während dem Ausmessen der Lichtkuppeln nur eine untergeordnete Hilfsfunktion zukam. Wie jeder andere selbständige Lieferant benötigte M. die Maße, um die passenden Lichtkuppeln zu beschaffen. Dieser Teilarbeit kam deshalb keine maßgebliche Bedeutung zu, selbst wenn sie - für sich betrachtet - einer Arbeitnehmertätigkeit ähnlich gewesen sein sollte.

Die vom LSG getroffenen Feststellungen reichen auch aus, um abschließend in der Sache zu entscheiden. Insbesondere kommt es nicht darauf an, ob M. wie ein Unternehmer tätig werden wollte; denn für die Verneinung des Versicherungsschutzes nach § 539 Abs 2 RVO reicht es aus, daß ein Verletzter nicht arbeitnehmerähnlich tätig geworden ist.

Die Revision der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 4 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1666409

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