Leitsatz (amtlich)

KGG § 34 Abs 2, wonach für Kinder, die weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 1937-12-31 haben, kein Anspruch auf Kindergeld besteht, verstößt nicht gegen das GG (Art 3 und 6).

 

Orientierungssatz

Zum "Territorialprinzip" im Kindergeldrecht.

 

Normenkette

GG Art. 3 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23, Abs. 3 Fassung: 1949-05-23, Art. 6 Abs. 1 Fassung: 1949-05-23; KGG § 34 Abs. 2 Fassung: 1955-12-23

 

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 7. September 1965 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger beantragte am 5. August 1961 Zweitkindergeld. Dabei gab er als seine beiden Kinder die bei seiner geschiedenen Ehefrau in K Kreis R/Oberschlesien wohnenden ehelichen Kinder (Werner, geb. am 24. Dezember 1944 und Georg, geb. am 15. Dezember 1946) an. K gehörte am 31. Dezember 1937 zu Polen und ist auch heute polnisch. Das Arbeitsamt (Kindergeldkasse) lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, Anspruch auf Kindergeld bestehe nicht für Kinder, die weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31. Dezember 1937 hätten.

Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos.

In den Gründen seines Urteils hat das Landessozialgericht (LSG) im wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe das Zweitkindergeld gemäß § 7 des Kindergeldkassengesetzes (KGKG) i. V. m. § 34 Abs. 2 des Kindergeldgesetzes (KGG) zu Recht versagt. § 34 Abs. 2 KGG verstoße nicht gegen das Grundgesetz (GG). Art. 6 Abs. 1 GG komme nicht zur Anwendung, weil die Ehe des Klägers durch Scheidung aufgelöst worden sei; der Schutz dieser Verfassungsbestimmung gelte aber nur für die sogenannte Restfamilie, die der Kläger verlassen habe. Ebensowenig verstoße § 34 Abs. 2 KGG gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Dem Kläger werde nicht deshalb das Kindergeld verweigert, weil er in einem Gebiet beheimatet war, das außerhalb der Grenzen des früheren Reichsgebietes vom 31. Dezember 1937 lag, sondern weil sich sein Kind, für das er Kindergeld begehrt, heute außerhalb der Grenzen des früheren Reichsgebietes aufhält. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG sei ebenfalls nicht zu erkennen. Wenn auch die gesetzliche Regelung für den Kläger eine gewisse Härte bedeute, so sei den Gerichten jedoch verwehrt, das Gesetz auf seine Zweckmäßigkeit hin zu überprüfen. Soweit nach den verschiedenen Verordnungen aufgrund der Ermächtigung des § 34 Abs. 3 KGG den Gastarbeitern für ihre außerhalb des früheren Reichsgebietes wohnenden Kinder Kindergeld gewährt wird, sei dies nicht willkürlich, sondern entspreche gewichtigen wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Erwägungen. Revision wurde zugelassen.

Gegen dieses Urteil hat der Kläger Revision eingelegt. Er ist der Auffassung, § 34 Abs. 2 KGG verstoße gegen die Art. 3 Abs. 1 und 3 und Art. 6 Abs. 1 GG. Die frühere Ehe des Klägers habe auch heute noch rechtliche Auswirkungen, wie das gegen ihn ergangene Unterhaltsurteil zeige. Er habe es ferner nicht zu vertreten, wenn seine Familie nicht bei ihm wohne, weil er - allerdings ohne Erfolg - zweimal Einreise- und Zuzugsgenehmigungen an seine frühere Ehefrau geschickt habe. Er werde dadurch benachteiligt, daß seine Heimat, die zwangsläufig auch die seiner Kinder geworden sei, außerhalb der Grenzen des früheren Reichsgebiets liege. Er habe keine Möglichkeit, die Kinder zu sich zu nehmen, um auf diese Weise Kindergeld zu erhalten. Er werde auch schlechter gestellt als die übrigen deutschen Staatsangehörigen. Er müsse Unterhalt für seine Kinder zahlen wie alle anderen Deutschen innerhalb der Bundesrepublik, erhalte aber kein Kindergeld. Dies stelle eine willkürliche Behandlung dar, die dem Grundgesetz widerspreche. Im übrigen habe der Gesetzgeber die Pflicht, dafür zu sorgen, daß inländische Arbeitnehmer nicht schlechter als Gastarbeiter gestellt würden.

Der Kläger beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils und Aufhebung des Bescheides vom 4. November 1961 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Februar 1962 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger das Zweitkindergeld für sein Kind Georg vom 1. April 1961 an zu gewähren,

hilfsweise,

eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) gemäß Art. 100 GG herbeizuführen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II

Die nach § 162 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthafte Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zweitkindergeld, weil seine beiden Kinder aus erster Ehe bei ihrer Mutter, der geschiedenen Ehefrau des Klägers, in K Kreis R/Oberschlesien ständig leben und dieser Ort weder im Geltungsbereich des KGG liegt, noch am 31. Dezember 1937 zum deutschen Reichsgebiet gehörte. Denn nach § 7 KGKG i. V. m. § 34 Abs. 2 KGG besteht kein Anspruch auf Zweitkindergeld für Kinder, die weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 haben.

Diese Regelung steht mit dem Grundgesetz in Einklang. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liegt nicht vor. Aus dem natürlichen Sinn und Inhalt dieses Grundrechts ergibt sich nicht, daß der Gleichheitssatz fordere, der Gesetzgeber müsse die einzelnen gesellschaftlichen Gruppen unbedingt gleichmäßig behandeln; vielmehr läßt er Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind (Leibholz/Rinck, Kommentar zum Grundgesetz Art. 3, Anm. 11). Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG ist der allgemeine Gleichheitssatz nur dann verletzt, wenn der Gesetzgeber versäumt, tatsächliche Gleichheiten oder Ungleichheiten der zu ordnenden Lebensverhältnisse zu berücksichtigen, die so bedeutsam sind, daß sie bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssen (BVerfG 1, 276; 3, 135; 4, 18; 4, 355; 9, 206). Gleichzeitig hat sich das BVerfG mehrfach dazu bekannt, daß der Gesetzgeber eine sehr weitgehende Gestaltungsfreiheit habe, darüber zu entscheiden, was gleich und was als so verschieden anzusehen ist, daß diese Verschiedenheit eine ungleiche Behandlung rechtfertige. Die Grenzen liegen allein dort, wo ein einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung fehlt (BVerfG 9, 337; 12, 367; 14, 238; 15, 201).

Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz kann nicht darin erblickt werden, daß der Anspruch auf Kindergeld nach § 34 Abs. 2 KGG davon abhängt, ob die Kinder, für die Kindergeld beansprucht wird, im Gebiet des Deutscher Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 wohnen. Der hier vom Gesetzgeber ausgesprochene Gedanke des Territorialprinzips stellt eine Differenzierung dar, die sachlichen Erwägungen entspricht. Das Territorialprinzip beherrscht z. B. auch die deutsche Sozialversicherung, wie im übrigen die meisten ausländischen Sozialversicherungs-Systeme (RVA, AN 1916, S. 610; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, S. 293; BSG SozR RVO § 1315 Nr. 2). Wenn danach der Gesetzgeber den Leistungsbezug aus der Sozialversicherung (§ 1315 der Reichsversicherung-RVO-, § 94 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -) oder auch die Zahlung beamtenrechtlicher Versorgungsbezüge (§ 159 des Bundesbeamtengesetzes - BBG -) grundsätzlich davon abhängig macht, daß sich der Anspruchsberechtigte im Inland aufhält, so widerspricht dies nicht dem Gleichheitssatz, da keine willkürliche Differenzierung vorliegt. Das gleiche hat aber auch für die im Kindergeldrecht getroffene Regelung zu gelten, weil das System des KGG durchaus in die moderne Sozialversicherung eingereiht werden kann (BVerfG 11, 113). Eine ungleiche Behandlung durch den Gesetzgeber ist danach statthaft, wenn es sich um Personen handelt, die sich nicht in gleicher, sondern in verschiedener Lage befinden. Dem Gesetzgeber muß es möglich sein, an Besonderheiten anzuknüpfen, um unterschiedliche Regelungen, die er für zweckmäßig hält, durchzuführen (vgl. BAG, NJW 1957, 318). Danach kann der Gesetzgeber ein berechtigtes Interesse daran haben, Personen, die außerhalb seines Herrschaftsbereiches leben, eine Vergünstigung zu versagen, die er Personen gewährt, die innerhalb dieses Bereiches leben. Dabei ist zu beachten, daß der Gesetzgeber, wie das BVerfG wiederholt ausgesprochen hat, im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit eine größere Gestaltungsfreiheit besitzt als innerhalb der Eingriffsverwaltung (BVerfG 6, 77; 11, 60; 12, 166; 17, 216). Wenn auch das Sozialstaatsprinzip nicht dazu ermächtigt, die Sozialleistungen willkürlich zu verteilen, so entspricht es aber der verfassungsrechtlichen Legitimität, eine sozial- und fürsorgerechtliche Förderung allgemein auf die Bewohner des eigenen Staatsgebietes zu beschränken. Darin liegt keine willkürliche Benachteiligung der Personen, die diese Voraussetzung nicht erfüllen (BVerfG 12, 367).

Auch aus dem Zweck und Inhalt der Kindergeldgesetzgebung ergibt sich, daß § 34 Abs. 2 KGG ein legitimes und sachgerechtes Unterscheidungsmerkmal enthält. Ziel der Kindergeldgesetzgebung ist es, den durch Kinder bedingten erhöhten Mehraufwand einer Familie teilweise auszugleichen (BVerfG 11, 115) und die soziale Deklassierung der Mehrkinderfamilie abzustellen bzw. zu mildern (BT-Protokoll, 21. Sitzung, 1954 S. 719-721). Das Gesetz geht davon aus, daß der durch Kinder bedingte Mehraufwand die finanzielle Leistungsfähigkeit der Familie übersteigt und deshalb ein "Familienausgleich" erforderlich ist (BT-Drucks. III/2648 S. 11). Eine Mehrbelastung durch Kinder tritt aber in der Regel in der Familie nur dann auf, wenn die Kinder innerhalb des Familienkreises leben und hier ihren Lebensunterhalt beziehen. Bei Kindern, die ständig außerhalb dieses besonderen Lebenskreises wohnen und ihren notwendigen Unterhalt nicht oder nur teilweise von der Familie erhalten, fehlt diese Mehrbelastung ganz oder tritt zumindest erheblich zurück. Das gilt im besonderen Maße für Kinder, die außerhalb des Gebiets wohnen, das § 34 Abs. 2 KGG begrenzt.

Ebensowenig verstößt § 34 Abs. 2 KGG gegen Art. 3 Abs. 3 GG. Der Kläger wird nicht deshalb anders behandelt, weil seine frühere Heimat außerhalb der Grenzen des Reichsgebiets vom 31. Dezember 1937 liegt. Vielmehr ist § 34 Abs. 2 KGG auf alle Kinder anzuwenden, gleichgültig, wo der nach § 1 KGG bzw. § 1 KGKG Anspruchsberechtigte seine Heimat vor dem 31. Dezember 1937 hatte. Es kommt hier nur auf den tatsächlichen Wohn- bzw. Aufenthaltsort des Kindes im Zeitpunkt der Antragstellung und später an. Insofern werden alle Personen, deren Kinder die Voraussetzung des § 34 Abs. 2 KGG erfüllen, gleichbehandelt. Der früher bestehende Unterschied zwischen In- und Ausländern wurde durch § 10 Nr. 10 des Kindergeldergänzungsgesetzes (KGEG) mit Wirkung vom 1. Februar 1956 beseitigt.

§ 34 Abs. 2 KGG verletzt auch nicht Art. 6 Abs. 1 GG Art. 6 GG schützt die Familie im Bestand und Inhalt gegenüber staatlichen Eingriffen (v. Mangoldt/Klein, Das Bonner Grundgesetz, 2. Aufl., 1957, Art. 6, Anm. 1). Über diese Institutsgarantie hinaus bedeutet aber Art. 6 GG auch eine Wertentscheidung für den gesamten Bereich des Ehe und Familie betreffenden privaten und öffentlichen Rechts (BVerfG 6,55). Im vorliegenden Falle scheidet eine Verletzung des Art. 6 Abs. 1 GG schon deshalb aus, weil die Vorschrift des § 34 Abs. 2 KGG für den hier zu prüfenden Sachverhalt keinen Beurteilungsmaßstab abgibt. Von einer Schädigung der Ehe könnte nur dann gesprochen werden, wenn Ehegatten gegenüber Ledigen benachteiligt würden (BVerfG 11, 69). Soweit das Gesetz eine Vergünstigung nicht von dem Tatbestand der Ehe oder Nichtehe abhängig macht, sondern allein auf den Aufenthaltsort des Kindes abstellt, fehlt es an einem unter dem Gesichtspunkt des Art. 6 Abs. 1 GG tauglichen Vergleichspaar (BVerfg 9, 242).

Der Kläger ist aber auch dadurch nicht in seinen Grundrechten verletzt, daß die Bundesregierung aufgrund der Ermächtigung des § 34 Abs. 3 KGG durch mehrere Rechtsverordnungen den allgemeinen Grundsatz des § 34 Abs. 2 KGG durchbrochen hat und die Zahlung von Kindergeld in Fällen zuläßt, in denen sich die Kinder der betreffenden Anspruchsberechtigten im Ausland aufhalten.

Die Ermächtigungsnorm des § 34 Abs. 3 KGG ist mit dem GG vereinbar; sie verstößt nicht gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, weil Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt sind (BVerfG 11, 122). Grundsätzlich liegt eine den Gleichheitssatz verletzende Willkür nicht schon dann vor, wenn die normsetzende Exekutive Differenzierungen, die sie vornehmen darf, nicht vornimmt (BVerfG 4, 42; Leibholz/Rinck, Art. 3 Anm. 10). Handelt jedoch der Verordnungsgeber innerhalb der ihm aufgrund des Art. 80 Abs. 1 GG gezogenen Grenzen, dann muß er sich stets nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung richten und darf keine sachfremden Erwägungen zugrunde legen (BVerfG 16, 339).

Gegen diese, dem Art. 3 Abs. 1 entspringenden Gebote hat der Verordnungsgeber nicht verstoßen. Die Bundesregierung hat aufgrund der ihr erteilten Ermächtigung eine Reihe von Verordnungen zur Durchführung der Kindergeldgesetze erlassen, die Ausnahmen zu § 34 Abs. 1 und 2 KGG enthalten. Danach wird Kindergeld für Staatsangehörige einiger Nachbarstaaten (Grenzgänger, Einpendler) sowie für italienische, griechische, spanische und türkische Staatsangehörige gewährt, die in der Bundesrepublik arbeiten, deren Kinder aber weiterhin im Ausland wohnen (vgl. Durchführungsverordnung zum KGG und KGKG; Lauterbach/Wickenhagen, § 34 Anm. 11 KGG, § 7 Anm. 5 KGKG). Weitere Regelungen, die das Kindergeld betreffen und eine Ausnahme vom Territorialgrundsatz darstellen, wurden in den EWG-Verordnungen Nr. 3 vom 25. September 1958 und Nr. 4 vom 3. Dezember 1958 (BGBl II 1959, 473) sowie in einigen zwischenstaatlichen Abkommen mit Anliegerstaaten für Grenzgänger geschaffen. Alle diese über - und zwischenstaatlichen Regelungen über Familienbeihilfen und Kindergeld für ausländische Arbeitnehmer, die im Geltungsbereich der Kindergeldgesetze arbeiten, gehen vom Grundsatz der gegenseitigen Gleichbehandlung aus. Danach erhalten auch deutsche Arbeitnehmer, die in den Vertragsstaaten beschäftigt sind und deren Kinder sich dort nicht aufhalten, ebenfalls Familienbeihilfen bzw. Kindergeld nach den Gesetzen des betreffenden Vertragsstaates.

Soweit hinsichtlich der Gewährung von Kindergeld für Arbeitnehmer aus den "EWG-Ländern" Ausnahmen von § 34 Abs. 2 KGG bestehen, kann sich der Kläger nicht auf die Verletzung des Gleichheitssatzes berufen. Seine Lage unterscheidet sich wesentlich von derjenigen, in der sich die in der Bundesrepublik arbeitenden Angehörigen der EWG-Staaten befinden. Die nach dem EWG-Vertrag vom 25. März 1957 (BGBl II S. 766) gegründete Europäische Wirtschaftsgemeinschaft erfordert zu ihrer Verwirklichung auch eine innerstaatliche Angleichung der Sozialpolitik und der verschiedenen Sozialordnungen (vgl. Art. 117 ff des Vertrages). Aus diesem Grunde regeln eine Reihe von EWG-Verordnungen die soziale Sicherheit der zu den Mitgliedstaaten zählenden Arbeitnehmer. Dazu gehören auch die Familienbeihilfen und das Kindergeld.

Das gleiche gilt aber auch für die Fälle, in denen Kindergeld für ausländische Arbeitnehmer aufgrund zwischenstaatlicher Abkommen gewährt wird. Durch diese Abkommen, besonders durch die gegenseitige Gleichbehandlung hinsichtlich der Kindergeldgewährung zwischen den Vertragsstaaten, unterscheiden sich diese Fälle wesentlich von denen, die diese Voraussetzung nicht aufweisen. Deshalb rechtfertigt sich auch eine unterschiedliche Behandlung, weil insoweit keine willkürliche Diskriminierung oder Privilegierung, sondern eine sachgerechte Differenzierung vorliegt. Soweit zunächst aufgrund von Durchführungsverordnungen zum KGG oder zum KGKG Kindergeld für einen Teil ausländischer Arbeitnehmer einseitig gewährt wurde, war dies nur ein Übergangsstadium bis zum Abschluß eines Gegenseitigkeitsabkommens. Eine damit verbundene Vorleistung entspricht dem legitimen Interesse der Bundesrepublik. In diesem Zusammenhang darf auch nicht übersehen werden, wie das LSG richtig erkannt hat, daß die zwischenstaatlichen Abkommen über die soziale Sicherheit von Arbeitnehmern, die die gegenseitige Gewährung von Familienbeihilfen oder Kindergeld regeln, mit solchen Staaten abgeschlossen wurden, mit denen Verträge über die Anwerbung und Vermittlung von Arbeitnehmern bestehen. Insoweit liegen diesen Abkommen, die eine Ausnahme von dem Territorialgrundsatz des § 34 Abs. 2 KGG statuieren, gewichtige volkswirtschaftliche und arbeitsmarktpolitische Gesichtspunkte zugrunde, die weder sachfremd noch willkürlich sind.

Nach alledem verletzt weder § 34 Abs. 2 KGG die Vorschriften des Grundgesetzes, noch ist der Kläger durch die von der Bundesrepublik erlassenen Rechtsverordnungen und abgeschlossenen zwischenstaatlichen Abkommen in seinen Grundrechten beeinträchtigt.

Es bestand daher kein Anlaß, nach Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts herbeizuführen.

Ob dem Kläger etwa ein Kindergeldanspruch nach § 2 Abs. 3 Satz 5 BKGG in der Fassung des Änderungs- und Ergänzungsgesetzes vom 5. April 1965 (BGBl I S. 222) zusteht, konnte der Senat schon deshalb nicht prüfen, weil die Gewährung des Kindergeldes nach dieser Vorschrift von besonderen Voraussetzungen abhängt und ein etwa ergehender neuer Beschluß der Beklagten, der einen besonderen Antrag voraussetzt, nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens sein könnte (§ 171 Abs. 2 SGG). Die Revision des Klägers muß daher zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

BSGE, 295

MDR 1967, 436

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