Leitsatz (amtlich)

Hatte die KK wegen eines Heilverfahrens, welches vom Rentenversicherungsträger anläßlich einer Berufskrankheit durchgeführt wurde, dem Rentenversicherungsträger gemäß RVO § 1518 Abs 2 aF (RVO § 1239 S 4) Ersatz geleistet, so gehörte diese Ersatzleistung zu den Aufwendungen, die der Unfallversicherungsträger im Rahmen der RVO §§ 1505, 1509 aF der KK zu ersetzen hatte.

 

Leitsatz (redaktionell)

Zur Frage der Gültigkeit der RAM-Erlasse (Krankenversicherung/Rentenversicherung) vom 1944-06-30 und vom 1945-03-27.

 

Normenkette

RVO § 1239 S. 4 Fassung: 1911-07-19, § 1525 Fassung: 1911-07-19, § 1505 Fassung: 1936-06-15, § 1509 Fassung: 1925-07-14, § 1518 Abs. 2 Fassung: 1911-07-19; RAMErl 1944-06-30; RAMErl 1945-03-27

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 13. Februar 1963 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Steinbrucharbeiter Georg K (K.) war auf Grund seines Beschäftigungsverhältnisses krankenversichert bei der Klägerin, unfallversichert bei der Beklagten und rentenversichert bei der Landesversicherungsanstalt (LVA) Oberfranken und Mittelfranken. Ende Juni 1956 wurde bei K. eine Silikotuberkulose festgestellt, die sofortige Arbeitsunfähigkeit zur Folge hatte. Wegen dieses Leidens wurde K. zunächst ambulant behandelt. Vom 11. September 1956 bis zu seinem Tode am 26. Juni 1957 gewährte ihm die LVA stationäre Behandlung vorwiegend in einer Lungenheilstätte.

Die Beklagte erkannte den Tod des K. als Folge einer Berufskrankheit im Sinne der Nr. 27 b der Anlage zur 5. Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) an. Den von der LVA begehrten Ersatz der Kosten der stationären Heilbehandlung in Höhe von 7.345,86 DM lehnte sie ab, da sie durch das Heilverfahren nicht entlastet worden sei.

Die Klägerin ersetzte der LVA gemäß § 1518 Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) den Betrag von 1.286,98 DM; dies entsprach dem Krankengeld, das K. bei offener Behandlung in der Zeit vom 11. September 1956 bis 1. Januar 1957 (Aussteuerung) zugestanden hätte. Diesen Betrag nahm die Klägerin auch in ihren Ersatzanspruch auf, den sie gemäß § 1509 RVO in der bis zum Inkrafttreten des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241) geltenden Fassung (aF) gegen die Beklagte geltend machte. Die Beklagte befriedigte diesen Anspruch jedoch nur hinsichtlich des von der Klägerin gewährten Krankengeldes für die Zeit vom 15. August 1956 (46. Tag nach Beginn der Berufskrankheit) bis einschließlich 10. September 1956. Den weitergehenden Ersatzanspruch lehnte sie mit der Begründung ab, das Verlangen der Klägerin laufe auf eine Umgehung der §§ 1524, 1525 RVO hinaus.

Das Sozialgericht (SG) Bayreuth hat durch Urteil vom 1. Dezember 1960 die Klage abgewiesen, mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 1.286,98 DM begehrt hat.

Auf die Berufung der Klägerin hat das Bayerische Landessozialgericht (LSG) am 13. Februar 1963 die Beklagte verurteilt, der Klägerin 1.286,98 DM zu erstatten: Nach Sinn und Zweck des § 1505 RVO aF, eine angemessene Verteilung der Aufwendungen herbeizuführen, könnten nicht die Aufwendungen ausgeschlossen sein, welche die Krankenkasse für den Unfallverletzten bei einer durch einen Dritten durchgeführten notwendigen Heilbehandlung im Wege der Ersatzleistung zu erbringen habe; denn auch insoweit handele es sich um Aufwendungen für ein Heilverfahren, welche aus der Krankenversicherung herrührten. Dem stehe nicht entgegen, daß bei Durchführung eines Heilverfahrens durch den Träger der Rentenversicherung aus eigenem Recht die Krankenkasse von dieser Leistungspflicht unmittelbar gegenüber dem Verletzten befreit werde. Die Ansprüche aus der Krankenversicherung gingen nicht schlechthin unter, sondern als Ersatzansprüche in Form von Geldleistungen (in Höhe des Krankengeldes) auf den Träger der Rentenversicherung über. Der Ersatzanspruch der Krankenkasse führe nicht zu einer Umgehung der §§ 1524, 1525 RVO. Der Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Träger der Unfallversicherung sei regelmäßig - wie auch vorliegend - viel weitgehender. Weil aber die Durchführung eines Heilverfahrens durch den Träger der Rentenversicherung in dessen Ermessen liege, solle bei einem erfolglosen Heilverfahren der Träger der Rentenversicherung die Kosten grundsätzlich allein tragen. Ersatzansprüche der Krankenkasse gegenüber dem Unfallversicherungsträger hätten dagegen ihre Grundlage in der Krankenversicherung des Unfallverletzten, dem letztlich ein Rechtsanspruch des Versicherten aus der Kranken- und Unfallversicherung zugrunde liege.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Gegen das ihr am 13. Mai 1963 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 30. Mai 1963 Revision eingelegt und sie innerhalb der bis zum 13. August 1963 verlängerten Revisionsbegründungsfrist am 1. August 1963 folgendermaßen begründet: Aufwendungen im Sinne von § 1505 Abs. 1, § 1509 Abs. 1, § 1507 RVO aF seien nur die von der Krankenkasse dem Versicherten selbst gewährten Leistungen. Die Leistungen der LVA hätten die Klägerin eigener Leistungen enthoben. Anderenfalls würde es zu einer Umgehung der Voraussetzungen des § 1525 RVO führen, da der Träger der Unfallversicherung durch das Heilverfahren der LVA entlastet sei.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 1. Dezember 1960 zurückzuweisen,

hilfsweise,

das angefochtene Urteil mit den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil gemäß § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

II

Die Revision ist statthaft durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig. Sie hatte jedoch keinen Erfolg.

Der von der Klägerin an die LVA geleistete Ersatz gehört zu den Aufwendungen, die zu Lasten der Beklagten gehen und diese deshalb der Klägerin zu ersetzen hat (§§ 1505 Abs. 1, 1507 Nr. 1, 1509 Abs. 1 RVO aF; Art. 4 §§ 1, 4 UVNG).

Den an die LVA gezahlten Betrag mußte die Klägerin auf Grund gesetzlicher Verpflichtung aus Anlaß der entschädigungspflichtigen Berufskrankheit des K. nach den ersten 45 Tagen nach dem Auftreten dieser Erkrankung aufwenden.

Bis zum Inkrafttreten des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I 45) am 1. Januar 1957 war die Klägerin nach § 1518 Abs. 2 RVO verpflichtet, der LVA Ersatz zu leisten, soweit K. von ihr Krankengeld zu beanspruchen gehabt hätte. Von dieser Ersatzpflicht war die Klägerin im Zeitpunkt des Beginns der stationären Heilbehandlung des K. nicht mehr durch die Erlasse des Reichsarbeitsministers (RAM) vom 30. Juni 1944 (AN S. 172) - 1. Abgrenzungserlaß - und vom 27. März 1945 (II 563/45 B; wiedergegeben bei Liebing, SV 1949, 169; Piehler, DVZ 1950, 306 und Caesar, BABl 1953, 351, 353) - 3. Abgrenzungserlaß - befreit. Im 1. Abgrenzungserlaß hatte der RAM angeordnet: "Die Überweisung des Krankengeldes nach § 1518 Abs. 2 unterbleibt." Im 3. Abgrenzungserlaß hatte der RAM diese Anordnung wiederholt. Nach dem Zusammenbruch war die Weitergeltung dieser Erlasse des RAM umstritten (vgl. die Übersicht bei Brackmann, Handbuch der SozVers., 1. - 6. Aufl., S. 399, 666 d III, 968). In Bayern, wo die Klägerin und die LVA ihren Sitz haben, war nach der Entschließung des Bayerischen Arbeitsministers vom 4. Februar 1948 (Bay. Amtsblatt S. 30) der 3. Abgrenzungserlaß nicht mehr anzuwenden; vielmehr sollte der "Zustand vor dem 27. März 1945" wieder hergestellt werden. Es kann dahinstehen, ob diese Entschließung des Bay. Arbeitsministers nicht nur den 3. Abgrenzungserlaß, sondern auch den in diesem Erlaß nur als eine Übergangsregelung bezeichneten 1. Abgrenzungserlaß aufgehoben hat und ob der erkennende Senat die vom LSG nicht erwähnte Entschließung des Bay. Arbeitsministers rechtlich würdigen kann (vgl. BSG 16, 227, 234), weil in ihr auf übereinstimmende Regelungen in Baden-Württemberg und Hessen hingewiesen ist (vgl. BSG 13, 196, 197; Brackmann aaO S. 252 x mit weiteren Nachweisen; Peters/Sautter/Wolff, Komm. zur SGb, § 162 Anm. 5 b; Rohwer-Kahlmann, Aufbau und Verfahren der SGb, § 162 Rdn. 253; Haueisen, NJW 1955, 1857, 1859; BVerfGE 4, 178, 194 zu der ähnlichen Frage in Art. 123 GG). Selbst wenn der 1. und 3. Abgrenzungserlaß in Bayern nicht ausdrücklich aufgehoben worden wären, so wären sie im Zeitpunkt des Beginns der stationären Heilbehandlung des K. schon deshalb nicht mehr wirksam gewesen, weil sie keine Rechtsverordnungen waren, sondern nur ministerielle Weisungen an untergeordnete Dienststellen enthielten. Es bedarf dabei keiner Entscheidung, ob der RAM durch Abschnitt V Abs. 1 und 2 des "Vereinfachungserlasses" vom 28. August 1939 (RGBl I 1535) überhaupt zum Erlaß von Rechtsverordnungen auf dem hier maßgebenden Sachgebiet ermächtigt war (vgl. BSG 4, 75, 79; 6, 197, 201; OVG Lüneburg, OVGE 6, 272, 278 = Breith. 1952, 1118, 1123; BSG 9, 112, 117; 16, 84, 88; zur Frage der Wirksamkeit einer vor Verkündung des Grundgesetzes erlassenen Ermächtigungsnorm s. BSG 3, 161, 163; 12, 157, 158; 17, 217, 220; 18, 65, 67).

Der 1. und 3. Abgrenzungserlaß waren jedenfalls nach ihrem Inhalt keine Rechtsverordnungen. Sie haben § 1518 Abs. 2 RVO nicht "aufgehoben", sondern nur angeordnet, daß die Überweisung des Krankengeldes nach § 1518 Abs. 2 RVO zu "unterbleiben" hätte. Der 1. und 3. Abgrenzungserlaß änderten insoweit keine Norm, sondern ordneten nur zur Verwaltungsvereinfachung während des Krieges an, daß zwischen zwei der Dienstaufsicht des RAM unterstehenden Versicherungsträgern nicht nach einer an sich weiterhin bestehenden Gesetzesvorschrift verfahren werden sollte. Damit fehlte aber das wesentliche Merkmal einer Rechtsverordnung, die neue Rechtsnormen setzt und deshalb entgegenstehendes Recht - im Jahre 1939 als gesetzesvertretende Rechtsverordnung auch Gesetzesvorschriften - ändert oder aufhebt (vgl. BSG 6, 47, 51/52; Brackmann aaO S. 190 b). Auch im übrigen enthielten diese Erlasse keine Anordnungen, die ihrem Inhalt nach neues Recht mit Wirkung auch gegenüber nicht dem RAM unterstehenden Dienststellen setzen sollten. Sie unterschieden sich für die Beurteilung ihrer Rechtsnatur inhaltlich nicht wesentlich von dem "Verbindlichkeitserlaß" des RAM vom 3. Juni 1944 (AN S. 150), der nach dem Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15. Januar 1959 ebenfalls keine Rechtsverordnung, sondern nur eine ministerielle Anweisung war (BSG 9, 57, 64; vgl. auch Tervooren, KV 1952, 300; Caesar, BABl 1953, 351, 354). Der 3. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 29. Januar 1959 (BSG 9, 112, 116) für den Rechtsnormcharakter des "Halbierungserlasses" vom 5. September 1942 (AN S. 490) neben dem Inhalt auch die Form des Erlasses als wesentlich angesehen und hervorgehoben, daß dieser Erlaß nicht nur "an die Träger der Krankenversicherung, ihre Aufsichtsbehörden und Verbände", sondern auch an die "Versicherungsbehörden", d. h. an die früher rechtsprechenden Instanzen, gerichtet sei, während ministerielle Anweisungen nur im Verhältnis zwischen über- und nachgeordneten Dienststellen Geltung beansprucht hätten. Der 1. Abgrenzungserlaß war jedoch nur an "die Träger der Krankenversicherung und Rentenversicherung, ihre Aufsichtsbehörden und Verbände", nicht aber an die "Versicherungsbehörden" gerichtet. Es ist auch nicht ersichtlich, daß der nicht veröffentlichte 3. Abgrenzungserlaß sich auch auf die "Versicherungsbehörden" erstrecken sollte.

Inwieweit die dem § 1518 Abs. 2 RVO widersprechenden Erlasse die Adressaten zunächst gebunden haben (vgl. OVG Lüneburg aaO S. 279), kann hier unerörtert bleiben. Die ministeriellen Weisungen haben jedenfalls ihre Geltung verloren, als die übergeordnete Behörde weggefallen oder ihr das Recht genommen war, die Adressaten der Verwaltungsanweisung weiterhin in diesem Umfang ihrem Willen zu unterwerfen (vgl. OVG Lüneburg aaO). Dies war bei Beginn der stationären Behandlung des K. der Fall, nachdem der "Vereinfachungserlaß" vom 28. August 1939 (aaO), mit dem den Obersten Reichsbehörden die ihrer Aufsicht unterstehenden Körperschaften unterstellt wurden, schon durch das Kontrollratsgesetz Nr. 36 vom 10. Oktober 1946 (Amtsbl. des Kontrollrates S. 183) aufgehoben (so zum Verbindlichkeitserlaß vom 3. Juni 1944 - AN S. 150 - BSG 9, 57, 66) und außerdem bereits (vgl. hierzu Brackmann aaO S. 154 f) die Selbstverwaltung in der Sozialversicherung wiederhergestellt war. Die gegenteilige Meinung, die eine Weitergeltung des 1. und 3. Abgrenzungserlasses annimmt, begründet ihre Ansicht nicht oder geht von der unzutreffenden Auffassung aus, diese Erlasse hätten ausdrücklich aufgehoben werden müssen (vgl. LSG NRW ZfS 1965, 304, 306/307; SG Lübeck, BG 1958, 432, 433; Liebing, SV 1949, 169, 170; Kleff, SV 1949, 171; Piehler, DVZ 1950, 306; Salzhuber, SV 1952, 38).

Für den letzten Tag, für den die Klägerin Ersatz begehrt (1. Januar 1957), ergibt sich ihre Ersatzpflicht gegenüber der LVA aus § 1239 Satz 4 RVO idF des ArVNG, der an die Stelle des § 1518 Abs. 2 RVO getreten war (vgl. zur weiteren Rechtsentwicklung die Vereinbarung vom 15. September 1958 - DOK 1958, 563 - und § 183 Abs. 6 RVO idF des Gesetzes vom 12. Juli 1961 - BGBl I 913 -; s. BSG 22, 112; Brackmann aaO S. 399, 666 d II).

Das LSG ist auch mit Recht davon ausgegangen, daß der von der Klägerin auf Grund des § 1518 Abs. 2 und § 1239 Satz 4 RVO an die LVA geleistete Ersatz zu den "Aufwendungen für das Krankengeld aus der Krankenversicherung" im Sinne des § 1507 Nr. 1 RVO aF zählte. Die von der Revision in Übereinstimmung mit dem SG vertretene Auffassung, nur die unmittelbar an den Versicherten selbst erbrachten Leistungen wären Aufwendungen im Sinne des § 1507 Nr. 1 RVO aF (ebenso ohne Begründung LSG NRW ZfS 1965, 304, 306; 1965, 307, 309 = SGb 1965, 348 mit zustimmender Anmerkung von Frentzel), rechtfertigt sich schon nicht aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, die keine entsprechende Einschränkung enthält. Nach § 1551 Abs. 2 RVO "gelten" vielmehr als "Leistungen der Krankenversicherung" auch "die Leistungen der Träger der Invalidenversicherung nach § 1518 RVO aF". Es sind keine zwingenden Gründe dafür ersichtlich, vor allem entgegen der in § 1551 Abs. 2 RVO enthaltenen Umschreibung der Leistungen der Krankenversicherung im Rahmen des § 1507 RVO aF die Aufwendungen für das Krankengeld auf das von der Krankenkasse unmittelbar an den Versicherten gewährte Krankengeld zu beschränken.

Die von der Revision angeführte Entscheidung des Reichsversicherungsamts (RVA) vom 18. August 1933 (EuM 35, 29, 31) beruht auf keiner abweichenden Rechtsauffassung. Sie geht lediglich davon aus, daß nur dem Verletzten gewährte Leistungen als Aufwendungen im Sinne des § 1507 Abs. 2 RVO aF, nicht aber - als Akt der Beweisaufnahme - die Kosten der Feststellung der Arbeitsfähigkeit des Versicherten zu ersetzen waren. Das RVA hat in diesem Urteil nicht ausgeführt, daß nur die unmittelbar von dem Träger der Krankenversicherung an den Versicherten gewährten Leistungen zu den Aufwendungen im Sinne des § 1507 Abs. 2 RVO aF zählen. Vielmehr hat das RVA in seinem Urteil vom 19. Oktober 1934 entschieden (EuM 36, 478, 480), es mache für den Ersatzanspruch der Krankenkasse gegen den Träger der Unfallversicherung keinen Unterschied, ob ein Heilverfahren im Sinne des § 1505 RVO (aF) von der Krankenkasse oder von einem Fürsorgeverband durchgeführt worden sei; denn das Gesetz beziehe sich ganz allgemein auf Aufwendungen und schließe einen Rückgriff des zunächst Belasteten nirgends aus. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt unterscheidet sich allerdings - worauf die Revision besonders hinweist - von dem vorliegenden dadurch, daß die Krankenkasse einem Fürsorgeverband Ersatz geleistet hatte. Die hier umstrittene Auslegung des § 1507 RVO aF wird dadurch jedoch nicht berührt. Die Revision meint insbesondere zu Unrecht (ebenso LSG NRW ZfS 1965, 307, 309 = SGb 1965, 348 mit zustimmender Anmerkung von Frentzel), der Einordnung des von der Krankenkasse an die LVA gezahlten Ersatzes als Leistung aus der Krankenversicherung stehe, anders als bei dem einem Fürsorgeverband geleisteten Ersatz, entgegen, daß K. für die Zeit vom 11. September 1956 bis 1. Januar 1957 gegen die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld und die LVA somit keinen Ersatzanspruch gegen die Klägerin hatte, da K. bereits von der LVA die entsprechenden Leistungen erhalten hatte (§ 184 Abs. 1, § 1518 Abs. 1 Satz 1, § 1239 Satz 2, 3 RVO; vgl. RVA AN 14, 648; Brackmann aaO S. 967). Wären bereits deshalb die Voraussetzungen des § 1518 Abs. 2 bzw. § 1239 Satz 4 RVO nicht erfüllt, so wäre ein Ersatzanspruch des Trägers der Rentenversicherung gegen die Krankenkasse stets entfallen und diese Vorschriften wären überflüssig gewesen. Die Einschränkung in diesen Vorschriften, "soweit der Kranke ... Krankengeld zu beanspruchen hätte", bedeutet, sofern der Kranke Krankengeld zu beanspruchen gehabt hätte, wenn der Träger der Rentenversicherung Leistungen für den Betreuten nicht übernommen hätte (Verbandskomm. § 1239 Anm. 11).

Die vom LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegte Auffassung bewirkt auch entgegen der Ansicht der Revision keine Umgehung der für einen Ersatzanspruch gegen den Träger der Unfallversicherung zwar in den §§ 1524 und 1525 RVO, nicht aber in den §§ 1505 bis 1509 RVO aF enthaltenen Voraussetzung der Entlastung des Trägers der Unfallversicherung.

Nicht jedes Heilverfahren der LVA begründete schon einen Ersatzanspruch gegenüber der Krankenkasse; denn Voraussetzung für den Anspruch auf Krankengeld ist Arbeitsunfähigkeit, während ein Heilverfahren auch ohne Arbeitsunfähigkeit eingeleitet werden kann (Brackmann aaO bis einschließlich 27. Nachtrag S. 967). Hatte die LVA ein Heilverfahren nach der Aussteuerung des Versicherten aus der Krankenversicherung gewährt, so entfielen bereits ein Ersatzanspruch des Trägers der Rentenversicherung gegenüber der Krankenkasse und damit eine Inanspruchnahme des Trägers der Unfallversicherung durch die Krankenkasse. Ebenso bestand kein Ersatzanspruch der Krankenkasse gegenüber dem Träger der Unfallversicherung, wenn der Träger der Rentenversicherung das Heilverfahren - allerdings sehr selten - während der ersten 45 Tage nach dem Arbeitsunfall gewährt hatte. Außerdem hat bereits das LSG mit Recht darauf hingewiesen, daß ein Ersatzanspruch in Höhe des Krankengeldes wesentlich geringer war als der nach den §§ 1524, 1525 RVO errechnete Ersatz (vgl. § 180 RVO i. V. m. § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO idF bis zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 12. Juli 1961 - BGBl I 913).

Der Ersatz des nach § 1518 Abs. 2 bzw. § 1239 Satz 4 RVO an die LVA gezahlten Betrages führt auch nicht zu einer doppelten Belastung des Trägers der Unfallversicherung. Sobald die LVA Ersatzansprüche nach den §§ 1524, 1525 RVO hatte, entfielen ihre Ansprüche nach § 1518 Abs. 2 bzw. § 1239 Satz 4 RVO gegenüber der Krankenkasse; denn auch bei der Pauschalierung wird davon ausgegangen, daß dies einem vollen Ersatz entspricht. Im vorliegenden Falle hat aber die LVA von der Beklagten keinen Ersatz erhalten.

Schließlich würden, wie das LSG weiter zutreffend hervorhebt, Sinn und Zweck der Ersatzansprüche der Krankenkasse gegen den Träger der Unfallversicherung, die Krankenkasse bei Folgen von Unfällen oder Berufskrankheiten von allen Aufwendungen freizustellen, die ihr nach dem sogenannten "glatten Schnitt" entstehen, verfehlt, wenn die Ersatzleistungen an den Träger der Rentenversicherung nach § 1518 Abs. 2 RVO nicht als Aufwendungen aus der Krankenversicherung gelten.

Ebenso ist die auch vom erkennenden Senat vertretene Ansicht mit dem Sinn der Regelung der Ersatzansprüche des Trägers der Rentenversicherung gegen den Träger der Unfallversicherung (§§ 1524, 1525 RVO) vereinbar. Anders als gegenüber der Krankenkasse kann der Träger der Unfallversicherung nicht die Gewährung der Heilbehandlung durch den Träger der Rentenversicherung übernehmen und dadurch einen entsprechenden Ersatzanspruch der LVA ausschließen. Damit der Träger der Rentenversicherung das Erfolgsrisiko eines in sein Ermessen gestellten Heilverfahrens nicht auf den Träger der Unfallversicherung abwälzen kann, setzt sein Ersatzanspruch eine Entlastung des Trägers der Unfallversicherung voraus. Außerhalb dieses Risikos lag es jedoch, daß der Träger der Unfallversicherung den Betrag zu ersetzen hatte, den er jedenfalls dann, und zwar ebenfalls der Krankenkasse hätte ersetzen müssen, wenn der Träger der Rentenversicherung das Heilverfahren nicht gewährt und die Krankenkasse für diesen Zeitraum dem Versicherten Krankengeld als Pflichtleistung gezahlt hätte.

Daß nicht nur unmittelbar an den Versicherten gewährte Leistungen als Leistungen aus dem betreffenden Versicherungszweig gelten, wird auch für den Ersatzanspruch des Trägers der Unfallversicherung gegen den Träger der Krankenversicherung (s. § 1509 Abs. 2, § 1509 a RVO aF; § 1509 a RVO) angenommen (vgl. SG Lübeck WzS 1955, 355; Vollmar, Die Lastenverteilung zwischen Unfallversicherung und Rentenversicherung nach §§ 1524 ff RVO, S. 23, und derselbe in SV 1953, 88, 90; Auskunft in WzS 1958, 279, 280), obgleich auch der Träger der Unfallversicherung diese Aufwendungen aus der Unfallversicherung nicht unmittelbar dem Verletzten erbracht hatte. Eine abweichende rechtliche Beurteilung im vorliegenden Fall ist nicht damit zu begründen, daß das Heilverfahren des Trägers der Rentenversicherung bei Ersatzleistung einem Heilverfahren des Trägers der Unfallversicherung gleichzuachten ist (§ 1524 Abs. 2 Satz 1 RVO); denn diese Vorschrift dient, wie § 1524 Abs. 2 Satz 2 RVO zu entnehmen ist, nur dazu, den Träger der Unfallversicherung vor Ansprüchen des Verletzten zu schützen. Eine unterschiedliche Auslegung der Begriffe "Aufwendungen" aus der Unfallversicherung und "Aufwendungen" aus der Krankenversicherung in § 1507 RVO aF erscheint deshalb nicht gerechtfertigt.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat vor Inkrafttreten des § 183 Abs. 6 RVO idF des Gesetzes vom 12. Juli 1961 (BGBl I 913) die vom Träger der Rentenversicherung nach § 1239 RVO dem Versicherten gewährten Leistungen ebenfalls als Leistungen "aus der gesetzlichen Krankenversicherung" im Sinne des 1. Gesetzes zur Verbesserung der wirtschaftlichen Sicherung der Arbeiter im Krankheitsfall vom 26. Juni 1957 (BGBl I 649) angesehen (vgl. BAG 7, 142; s. auch Brackmann aaO S. 398 d).

Die Höhe der Aufwendungen, die der Klägerin durch die Ersatzleistung an die LVA aus Anlaß der entschädigungspflichtigen Berufskrankheit des K. entstanden und von der Beklagten zu ersetzen sind, steht nicht im Streit. Die Revision ist demnach unbegründet und muß zurückgewiesen werden (§ 170 Abs. 1 SGG).

Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324443

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