Leitsatz (amtlich)

Der Konkursverwalter eines Bauunternehmens ist auch dann Arbeitgeber des Baugewerbes und winterbauumlagepflichtig, wenn er keine neuen Bauaufträge mehr annimmt, sondern nur noch einen Teil der vom Gemeinschuldner begonnenen Bauarbeiten zu Ende führt.

 

Normenkette

AFG § 186a Abs 1 Fassung: 1972-05-19; AFG § 186a Abs 2 Fassung: 1972-05-19

 

Verfahrensgang

SG für das Saarland (Entscheidung vom 08.01.1981; Aktenzeichen S 17 Ar 118/79)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der klagende Konkursverwalter verpflichtet ist, Winterbau-Umlage für die Zeit nach Konkurseröffnung zu zahlen.

Der Kläger zahlte nach Konkurseröffnung vom 11. Juli 1978 einen Teil der Winterbau-Umlage an eine gemeinsame Einrichtung nach § 186a Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Diese Einrichtung leitete die Zahlung an die Beklagte weiter. Nicht gezahlt hat der Kläger Winterbau-Umlage für die Monate September und Dezember 1978.

Die Umlage für diese Monate forderte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Juli 1979 und Widerspruchsbescheid vom 25. September 1979. Der Kläger meint, er sei von der Konkurseröffnung an nicht mehr zur Zahlung verpflichtet gewesen. Er habe nur irrtümlich zusammen mit anderen Zahlungen Winterbau-Umlage an die gemeinsame Einrichtung gezahlt. Nach Konkurseröffnung sei der Baubetrieb der Gemeinschuldnerin nur noch mit Abwicklungsarbeiten befaßt gewesen.

Vor dem Sozialgericht (SG) hat der Kläger beantragt,

1) den Bescheid vom 13. Juli 1979 in Form des

Widerspruchsbescheides vom 25. September 1979 aufzuheben,

2) festzustellen, daß er vom Tage der

Konkurseröffnung an nicht zur Zahlung der Winterbau-Umlage

verpflichtet ist.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das SG hat ausgeführt, es sei unbestritten, daß der Kläger noch Bauarbeiten zu Ende geführt habe. Dem angefochtenen Leistungsbescheid lägen auch nur die Löhne der gewerblichen Arbeitnehmer zugrunde. Die Umlagepflicht hänge nicht davon ab, daß die Arbeiten der nachhaltigen Gewinnerzielung gedient haben. Die Feststellungsklage sei zulässig, weil sie sich auf Zeiten beziehe, in denen der Kläger ohne anfechtbaren Bescheid gezahlt habe (Urteil des SG für das Saarland vom 8. Januar 1981).

Der Kläger hat die durch Beschluß des SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 186a Abs 1 AFG.

Er beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom

8. Januar 1981 aufzuheben und nach dem Klageantrag zu

entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die Beteiligten sind damit einverstanden, daß der Senat durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

Die Sprungrevision ist nicht begründet. Sie ist zurückzuweisen.

Das SG hat zutreffend entschieden, daß der klagende Konkursverwalter für die Zeit Winterbau-Umlage zu zahlen hatte, in der er Bauarbeiten zu Ende führte.

Nach § 186a Abs 1 Satz 1 AFG (in der bis zum 1. Januar 1980 geltenden Fassung des Gesetzes vom 19. Mai 1972 - BGBl I 791 -) erhebt die Bundesanstalt für Arbeit Winterbau-Umlage von den Arbeitgebern des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung durch Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG zu fördern ist (§ 7ö Abs 2 AFG). Der klagende Konkursverwalter war in der streitigen Zeit "Arbeitgeber des Baugewerbes" im Sinne dieser Vorschrift.

Nach § 75 Abs 1 Nr 1 AFG sind Arbeitgeber im Sinne der Vorschriften über die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung in der Bauwirtschaft diejenigen Rechtsträger, die "als Inhaber von Betrieben des Baugewerbes auf dem Baumarkt gewerblich Bauleistungen anbieten". Diese Begriffsbestimmung gilt nicht nur für das Leistungs-, sondern auch für das Finanzierungsrecht. Gegen die Arbeitgebereigenschaft des Klägers spricht weder, daß er nicht Inhaber ist, noch, daß er sich entschlossen hat, nur die begonnenen Bauarbeiten zu Ende zu führen und keine neuen Bauleistungen mehr anzubieten.

Soweit der Kläger die Bauarbeiten zu Ende führt, handelt er zugunsten und zu Lasten der Masse (§§ 6 Abs 2, 59 Abs 1 Nr 1 und 2 Konkursordnung -KO-). Insoweit treffen ihn die Rechte und Pflichten des Betriebsinhabers. Das gilt auch für die öffentlich-rechtlichen Pflichten. Sie sind durch Verwaltungsakt gegenüber dem Konkursverwalter geltend zu machen. Fraglich konnte nur sein, ob der Konkursverwalter auch insoweit in die Rechtsstellung des Gemeinschuldners einrückt, als es sich um die Forderungen handelt, die vor Konkurseröffnung entstanden, aber - an sich systemwidrig - vom Gesetz zu Masseforderungen erklärt worden sind. Das hat der Senat in ständiger Rechtsprechung bejaht (vgl Urteil vom 30. Oktober 1980, ZIP 1981, 39 = SozR 2200 § 28 Nr 4; Urteil vom 30. April 1981, ZIP 1981, 998; Urteil vom 5. Juni 1981 - 10/8b RAr 15/80, teilweise veröffentlicht in DB 1981, 1524; Ersatzk 1981, 331; Urteil vom 29. Oktober 1981 - 10 RAr 5/81 -).

Gegen die Arbeitgebereigenschaft des Konkursverwalters kann nicht erfolgreich eingewendet werden, der Kläger betreibe kein Gewerbe, weil er nicht mehr "werbe", also keine Bauarbeiten mehr anbiete. Zur Begriffsbestimmung des "Arbeitgebers des Baugewerbes" gehört zwar nach § 75 Abs 1 Nr 1 AFG, daß Bauleistungen auf dem Baumarkt angeboten werden. Das heißt aber nicht, daß ein Arbeitgeber, der Bauleistungen auf dem Baumarkt anbietet, diese Eigenschaft verliert, sobald er sich entschließt, keine neuen Bauleistungen mehr anzubieten. Das kann schon deshalb nicht der Sinn der Begriffsbestimmung sein, weil die Leistungen der Winterbauförderung nicht im Anbietestadium, sondern gerade im Ausführungsstadium gewährt werden. Die Begriffsbestimmung besagt nur, daß es nicht Bauleistungen sein dürfen, die dem Eigenbedarf dienen oder die zu den Aufgaben einer gemeindlichen oder staatlichen Baubehörde zählen (vgl Runderl der BA vom 24. Juli 1979 - Beilage zur ANBA Nr 9/1972 - idF des Runderl vom 16. August 1973 - Beilage zur ANBA Nr 10/1973 -).

Gegen die Umlagepflicht kann auch nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, der Betrieb des Klägers oder seine Arbeitnehmer könnten nicht mehr in den Genuß von Leistungen der produktiven Winterbauförderung kommen. Dieser Einwand wäre beachtlich, wenn es nicht nur unwahrscheinlich, sondern ausgeschlossen wäre, daß dem Betrieb des Klägers oder seinen Arbeitnehmern Vorteile aus der produktiven Winterbauförderung zugute kommen könnten. Das ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dann der Fall, wenn die objektiven betrieblichen Gegebenheiten, dh etwa die geographische Lage des Betriebs (vgl SozR 4100 § 186a Nr 2) oder die Art der Arbeiten (SozR 4100 § 186a Nr 9) die Förderung ausschließen. Das wäre auch dann der Fall, wenn es rechtlich ausgeschlossen wäre, daß nach der Konkurseröffnung noch Leistungen der produktiven Winterbauförderung gewährt werden (vgl BSG in SozR 4100 § 186c Nr 2 zur Konkursausfallgeld-Umlage nach Konkurseröffnung). Leistungen der produktiven Winterbauförderung sind nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Konkurs über das Vermögen eines Arbeitgebers des Baugewerbes eröffnet worden ist. Wenn im vorliegenden Fall Leistungen nach Konkurseröffnung nicht mehr zu erwarten waren, lag das weder an objektiven betrieblichen noch an rechtlichen Gegebenheiten, sondern an dem Entschluß des Konkursverwalters, nur die kurzfristig zu erledigenden Bauarbeiten durchführen zu lassen, die langfristigen Bauarbeiten aber anderen Unternehmen zu übertragen. Das ist eine subjektive Gegebenheit, die die Umlagepflicht nicht ausschließt.

Das SG hat daher zu Recht den angefochtenen Umlagebescheid über die Umlagepflicht für die Monate September und Dezember 1978 bestätigt. Es hat auch zutreffend über die Feststellungsklage, die die übrige Zeit nach Konkurseröffnung betrifft, sachlich entschieden und die Klage auch insoweit als unbegründet abgewiesen. Zwar könnte der Kläger aufgrund seines rechtlichen Standpunktes eine Leistungsklage - Klage auf Rückzahlung der Umlage - erheben. Die Feststellungsklage ist aber, wenn sie sich, wie hier, gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts richtet, nicht gegenüber der Leistungsklage subsidiär (vgl Nachweise bei Meyer-Ladewig, SGG, 2. Aufl 1981, § 55 Anm 19).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

ZIP 1982, 597

Breith. 1982, 917

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