Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 05.11.1986)

SG Gelsenkirchen (Urteil vom 02.10.1985)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1986 aufgehoben.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 2. Oktober 1985 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungs- und das Revisionsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin in der Zeit von November 1980 bis Dezember 1981 zur Produktiven Winterbauförderung umlagepflichtig war.

Die Klägerin betreibt seit 1975 ein Stahl- und Leitergerüstbauunternehmen. In der Zeit von November 1980 bis Dezember 1981 erzielte sie mehr als 90 vH ihres Umsatzes durch die Aufstellung sogenannter Industriegerüste, auf denen von stromerzeugenden Betrieben im wesentlichen Arbeiten an Kraftwerkskesseln sowie an Rohr- und Überlandleitungen durchgeführt wurden. Der Rest von etwa 8 vH des Umsatzes entfiel auf die Errichtung und Vermietung von Baugerüsten an Bauunternehmungen, Architekten, Wohnungsverwaltungen, Maler und Klempner für Neubauten, Renovierungs- und Unterhaltungsarbeiten. Hierfür besteht bei der Klägerin keine gesonderte, organisatorisch abgegrenzte Betriebsabteilung.

Die Beklagte teilte der Klägerin mit, daß ihr Betrieb ab 1. November 1980 in die Produktive Winterbauförderung einzubeziehen sei, und bat sie, die seither bis zum 31. Dezember 1981 angefallenen lohnsteuerpflichtigen Bruttoarbeitslöhne anzugeben und die Umlage einschließlich der Mehraufwendungspauschale zu zahlen (Bescheid vom 12. Oktober 1982). Der hiergegen erhobene Widerspruch blieb ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1984). Mit einem weiteren Bescheid vom 30. November 1984 bezifferte die Beklagte die Umlageforderung für den streitbefangenen Zeitraum auf insgesamt 95.937,75 DM.

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die erstinstanzliche Entscheidung geändert und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Die Klägerin gehöre nicht zu den gemäß § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) umlagepflichtigen Arbeitgebern. Zwar seien gemäß § 1 Abs 3 Nr 1 der vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nach Maßgabe der Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG erlassenen Baubetriebeverordnung (BaubetrVO) auch Betriebe zu fördern, die Gerüste aufstellten. Das gelte aber – wie die gesetzeskonforme, am Normzweck und an der Entstehungsgeschichte des § 1 Abs 3 Nr 1 BaubetrVO orientierte Auslegung ergebe – nicht für Betriebe, in denen Gerüste fast auschließlich für baufremde Zwecke aufgestellt würden. Die amtliche Begründung und der Text des § 1 Abs 1 BaubetrVO zeigten darüber hinaus, daß sich der Verordnungsgeber auch bei der Formulierung des § 1 Abs 3 Nr 1 BaubetrVO durchaus bewußt gewesen sei, daß ihm die Ermächtigung des § 76 Abs 2 AFG nur gestatte, Betriebe zur Förderung zuzulassen, von denen Bauleistungen erbracht würden. Das aber seien nach der Legaldefinition des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG lediglich solche Arbeiten, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienten. Da Gerüste nicht fest und dauerhaft mit dem Erdboden verbunden und daher selbst keine Bauwerke seien, müsse auch unter der Herrschaft der neuen BaubetrVO von 1980 weiterhin darauf abgestellt werden, ob der zu beurteilende Betrieb Gerüste für Bauarbeiten iS des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG errichte. Anderenfalls gehöre er nicht zu den förderungsfähigen Betrieben des Baugewerbes (§ 75 Abs 1 Nr 2 AFG). Die Klägerin habe in dem streitbefangenen Zeitraum im wesentlichen Gerüste errichtet und vermietet, auf denen keine Bauarbeiten iS von § 75 Abs 1 Nr 3 AFG verrichtet werden sollten und verrichtet worden seien. Sie unterliege aber auch nicht teilweise der Umlagepflicht, weil sie nicht ausschließlich Gerüste zu baufremden Zwecken aufgestellt habe. Denn der Baugerüstbau habe in ihrem Gesamtbetrieb nach Umsatz und Arbeitsanteil eine völlig untergeordnete Rolle gespielt. Außerdem habe er in keinem räumlich, personell und organisatorisch abgegrenzten Betriebsteil und folglich nicht in einer gesondert förderungsfähigen „Betriebsabteilung” stattgefunden, wie es § 1 BaubetrVO verlange.

Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 186a Abs 1 Satz 1, 75 Abs 1 Nr 3, 76 Abs 2 AFG und des § 1 Abs 3 Nr 1 sowie des § 2 Nr 13 BaubetrVO und macht geltend, unter dem Begriff „Gerüste” iS von § 1 Abs 3 Nr 1 BaubetrVO seien „Baugerüste” zu verstehen. Das ergebe sich aus Nr 4 Buchst d der Begründung des Verordnungsgebers. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG- (Urteil vom 22. März 1979 – SozR 4100 § 75 Nr 7) sei die Montage des Gerüstmaterials zu einem Baugerüst auf der Baustelle eine Arbeit am erdverbundenen Bauwerk, also eine Bauleistung. Da auch Lichtmasten, Flutlichtmasten, Fahnenmasten, Stahl- und Stahlbetonstützen, Anzeigetafeln in Sportstätten in diesem Sinne Bauwerke seien, zählten Arbeiten, die an ihnen verrichtet würden und ihrer Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung dienten, zu den Bauleistungen iS von § 75 Abs 1 Nr 3 AFG. Würden von einem Gerüst aus solche Bauleistungen vorgenommen, so handele es sich um ein Baugerüst. Insoweit sei es nicht erforderlich, daß es sich dabei um Bauleistungen handele, die als zugelassene Bauarbeiten iS des § 1 BaubetrVO anzusehen seien. Denn dort sei nicht bestimmt und könne auch nicht bestimmt werden, was als Bauleistung iS des § 75 Abs 1 Nr 3 AFG gelte. Da zum Baugewerbe auch Betriebe des Ausbau-, Bauhilfs- und Baunebengewerbes gehörten, verliere das Gerüst auch dann nicht seinen Charakter als Baugerüst, wenn zB Klempner, Schlosser oder Elektroinstallateure von solchen Gerüsten ihre Arbeiten an erdverbundenen Bauwerken erbrächten. Denn diese Berufe gehörten dem Ausbau- und Bauhilfsgewerbe an. Die Auffassung des LSG, die Klägerin erstelle keine Baugerüste, weil es sich bei den Bauarbeiten, die mittels dieser Gerüste verrichtet würden, nicht um Bauleistungen handele, sei fehlerhaft. Die insoweit aufgeführten Arbeiten (Arbeiten an Kraftwerkskesseln sowie an Rohrleitungen und Überlandleitungen), die das LSG dem „Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbau” nach § 2 Nr 13 der BaubetrVO zurechne, müßten nach der Rechtsprechung des BSG sehr wohl als Bauarbeiten angesehen werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1986 aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 2. Oktober 1985 zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und macht ergänzend geltend, wenn der Verordnungsgeber Industriegerüstbetriebe in die BaubetrVO von 1980 einbezogen hätte, verstieße die Verordnung insoweit gegen § 76 Abs 2 Satz 2 AFG. Danach dürfe der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nämlich Betriebe, die überwiegend Bauvorrichtungen, Baumaschinen, Baugeräte oder sonstige Betriebsmittel ohne Personal Betrieben des Baugewerbes gewerblich zur Verfügung stellten oder überwiegend Baustoffe oder Bauteile für den Baumarkt herstellten, nicht in die Förderung einbeziehen.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Das LSG hat zu Unrecht angenommen, daß die Klägerin in der streitigen Zeit nicht umlagepflichtig war.

Nach § 186a Abs 1 Satz 1 AFG in der hier anwendbaren, seit dem 1. Januar 1980 geltenden Fassung des 5. Gesetzes zur Änderung des Arbeitsförderungsgesetzes (5. AFG-ÄndG) vom 23. Juli 1979 (BGBl I, 1189) werden die Mittel für die Produktive Winterbauförderung einschließlich der Verwaltungskosten und der sonstigen Kosten, die mit der Gewährung der genannten Leistungen zusammenhängen, von den Arbeitgebern des Baugewerbes, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung durch Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG zu fördern ist (§ 76 Abs 1), durch eine Umlage aufgebracht. Arbeitgeber des Baugewerbes sind gemäß § 75 Abs 1 Nr 1 AFG ua Personengesellschaften, die als Inhaber von Betrieben des Baugewerbes auf dem Baumarkt gewerblich Bauleistungen anbieten. Betriebe des Baugewerbes sind solche Betriebe oder Betriebsabteilungen, die überwiegend Bauleistungen erbringen (§ 75 Abs 1 Nr 2 AFG).

Nach den von der Revision nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 163 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) erzielte die Klägerin in der Zeit von November 1980 bis Dezember 1981 mehr als 90 vH ihres Umsatzes durch die Aufstellung sogenannter Industriegerüste, auf denen von stromerzeugenden Betrieben im wesentlichen Arbeiten an Kraftwerkskesseln sowie an Rohr- und Überlandleitungen durchgeführt wurden. Damit hat sie überwiegend Bauleistungen erbracht und ist Inhaberin eines Betriebes des Baugewerbes iS von § 75 Abs 1 Nr 2 AFG. Denn Bauleistungen sind gemäß § 75 Abs 1 Nr 3 AFG alle Bauarbeiten, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Auch die Aufstellung von Gerüsten für Arbeiten an Kraftwerkskesseln sowie an Rohr- und Überlandleitungen dient – wenn auch mittelbar – der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung oder Änderung von Bauwerken. Zu diesen rechnen nämlich erdverbundene Bauten aller Art (vgl dazu BSG SozR 4100 § 75 Nrn 7 und 8; Hennig/Kühl/Heuer, AFG, Kommentar, § 75 Anm 12).

Die Klägerin ist – entgegen der Auffassung des LSG – auch eine Arbeitgeberin des Baugewerbes, in deren Betrieb in der hier fraglichen Zeit die ganzjährige Beschäftigung durch Leistungen nach den §§ 77 bis 80 AFG zu fördern war. Gemäß § 76 Abs 2 Satz 1 AFG bestimmt der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung, in welchen Zweigen des Baugewerbes die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist. Von dieser Ermächtigung hat er durch Erlaß der BauBetrVO in der hier anwendbaren Fassung vom 28. Oktober 1980 (BGBl I, 2033) Gebrauch gemacht.

Nach § 1 Abs 3 Nr 1 iVm § 1 Abs 1 BaubetrVO von 1980 ist die ganzjährige Beschäftigung in der Bauwirtschaft auch in Betrieben, die Gerüste aufstellen, durch die Leistungen der Produktiven Winterbauförderung und das Schlechtwettergeld zu fördern, wenn diese Betriebe gewerblich überwiegend Bauleistungen erbringen. Die Vorschrift restriktiv in dem Sinne auszulegen, daß Betriebe, die Gerüste für Arbeiten an Kraftwerkskesseln sowie an Rohr- und Überlandleitungen aufstellen, nicht darunter fallen, besteht weder im Hinblick auf die Ermächtigungsnorm des § 76 Abs 2 Satz 1 AFG noch nach Wortlaut, Entstehungsgeschichte und Sinnzusammenhang ein Anlaß.

Für die Frage, ob ein Betrieb förderungsfähig ist und in die Produktive Winterbauförderung einbezogen werden darf, kommt es nicht auf die individuelle Gestaltung des Betriebes (BSG SozR 4100 § 186a Nr 9) oder auf die Art der von ihm angenommenen Aufträge an, sondern allein darauf, ob der Betrieb zu einem förderungsfähigen und in die Förderung einbezogenen Zweig des Baugewerbes gehört (vgl § 76 Abs 2 Satz 1 AFG). Selbst wenn ein Betrieb – abweichend von dem Zweig des Baugewerbes, zu dem er zu rechnen ist – nur Arbeiten ausführt, bei denen er nicht durch Mittel der Produktiven Winterbauförderung gefördert werden kann, hat dies auf die Umlagepflicht nach § 186a AFG keinen Einfluß und berechtigt nicht zu einer entsprechenden restriktiven Auslegung der BaubetrVO. Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung hat zwar im Rahmen der ihm in § 76 Abs 2 Satz 1 AFG erteilten Ermächtigung die Förderungsfähigkeit als Voraussetzung für die Einbeziehung in die Winterbauförderung zu beachten. Dabei hat er jedoch einen weiten Spielraum für eine praktikable Abgrenzung des Kreises der förderungsfähigen Betriebe. Dieser Rahmen wird nur überschritten, wenn überhaupt keine Differenzierung nach Förderbarkeit erfolgt und innerhalb einer Branche eine abgrenzbare Gruppe von Betrieben erkennbar ist, die durch Leistungen der Winterbauförderung nicht wesentlich gefördert werden kann (BSG SozR 4100 § 186a Nr 4). Der Betrieb der Klägerin zählt nicht zu einer Zahl von Unternehmen, die wegen ihrer Bedeutung innerhalb des Zweiges der Gerüstbaubetriebe als eigenständige Gruppe abgegrenzt und von der Förderung ausgenommen werden müßte. Jedenfalls liegen hierfür keinerlei Anhaltspunkte nach den Feststellungen des LSG oder dem Vorbringen der Klägerin vor.

Der Wortlaut des § 1 Abs 1 iVm Abs 3 Nr 1 BaubetrVO läßt lediglich die Einschränkung zu, daß es sich um Betriebe handeln muß, die selbst Gerüste aufstellen, und daß dies im Zusammenhang mit Bauleistungen geschieht. Deshalb werden Betriebe, die Gerüstmaterial lediglich vermieten (vgl dazu zum alten Recht BSG in Breithaupt 1970, 71) oder zB zu Reklamezwecken, für Sport- oder sonstige Massenveranstaltungen aufstellen, nicht erfaßt (so mit Recht Schönefelder/Kranz/Wanka, AFG, Kommentar, § 75 Rz 10; Krebs, AFG, Kommentar, § 76 Rz 10 und Gagel, AFG, Kommentar, § 186a Rz 36 unter Hinweis auf BAG in AP Nr 13 zu § 1 TVG).

Der vom LSG vertretenen Auffassung widerspricht ferner die Entstehungsgeschichte. In § 1 Abs 1 Nr 1 BaubetrVO vom 19. Juli 1972 (BGBl I, 1257) wurden unter den zu fördernden Betrieben solche aufgeführt, die sich ua mit dem „Aufstellen von Bauaufzügen und Baugerüsten” befassen. Der Verordnungsgeber hat in der BaubetrVO von 1980 den alten Wortlaut nicht wieder übernommen und dazu in der Begründung unter Nr 4 Buchst c (BABl 1/1981, S 62) folgendes ausgeführt:

„§ 1 Abs 3 Nr 1 bezieht die Betriebe, die Gerüste mit eigenem Personal aufstellen, in die Winterbauförderung mit ein, ohne Unterscheidung, ob sie zum Bauhauptgewerbe gehören oder nicht, weil sie Bauleistungen im Sinne des § 75 Abs 1 AFG erbringen (BSG, Urteil vom 22. März 1979, 7/12 RAr 51/77).”

Zu dieser Neufassung war der Verordnungsgeber durch die Änderung des Tarifvertragsrechts veranlaßt worden. Nach § 76 Abs 2 Satz 3 AFG soll der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung nämlich nach Möglichkeit den fachlichen Geltungsbereich tariflicher Regelungen berücksichtigen und vorher die Tarifvertragsparteien des Baugewerbes anhören. Die Tarifvertragsparteien hatten Ende 1979/Anfang 1980 den fachlichen Geltungsbereich der Bautarifverträge bereinigt (vgl dazu Begründung zur BaubetrVO von 1980, BABl 1/1981, S 62 unter Nr 3). Während nach § 1 Nr 2 Satz 3 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe vom 1. April 1971 (BRT 1971) zum fachlichen Geltungsbereich ua Betriebe gehörten, die Bauaufzüge und Baugerüste aufstellen (dazu s BAGE 25, 188), sahen die BRT für das Baugewerbe vom 5. Juni 1978/1. März 1980 sowie vom 3. Februar 1981 vor, daß sich der fachliche Geltungsbereich des Tarifvertrags auf Betriebe erstreckte, „in denen die nachstehend aufgeführten Arbeiten ausgeführt werden: Aufstellen von Gerüsten und Bauaufzügen” (Abschnitt IV Nr 1 BRT 1978/1980 und 1981). Nach Abschnitt VII der beiden Bundesrahmentarifverträge von 1978/1980 und 1981 wurden lediglich solche Betriebe des Gerüstbaugewerbes nicht erfaßt, deren Tätigkeit sich ausschließlich auf die – nicht aus dem Aufbau bestehende – gewerbliche Erstellung von Gerüsten beschränkt. In Abschnitt VI wurde außerdem klargestellt, daß Betriebe, soweit in ihnen ua die in Abschnitt IV genannten Leistungen überwiegend erbracht werden, grundsätzlich als Ganzes unter den BRT fallen. Da die BaubetrVO von 1980 weitestgehend den fachlichen Geltungsbereich der Bautarifverträge übernimmt, kann bei der Auslegung der Vorschriften der BaubetrVO auf die tarifrechtlichen Bestimmungen zurückgegriffen werden (vgl dazu Begründung der BaubetrVO von 1980 – BABl 1/1981, S 62; Urteil des erkennenden Senats vom 11. März 1987 – SozR 4100 § 186a Nr 21). Aus den Tarifverträgen und der Entstehungsgeschichte ergibt sich aber kein Hinweis, daß unter „Betriebe, die Gerüste aufstellen” iS von § 1 Abs 3 Nr 1 BaubetrVO 1980 nicht solche Betriebe verstanden werden dürfen, die Gerüste für nicht förderungsfähige Bauarbeiten aufstellen.

Die Umlagepflicht der Klägerin ist aber auch nicht mit der Begründung zu verneinen, der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung habe mit der hier strittigen Vorschrift des § 1 Abs 3 Nr 1 BaubetrVO 1980 die ihm in § 76 Abs 2 AFG erteilte Ermächtigung überschritten. Zwar darf der Verordnungsgeber gemäß § 76 Abs 2 Satz 3 AFG Betriebe, die überwiegend Bauvorrichtungen, Baumaschinen, Baugeräte oder sonstige Baubetriebsmittel ohne Personal Betrieben des Baugewerbes gewerblich zur Verfügung stellen oder überwiegend Baustoffe oder Bauteile für den Markt herstellen, nicht in die Förderung einbeziehen. Da § 1 Abs 3 Nr 1 BaubetrVO 1980 nur Betriebe erfaßt, die Gerüste aufstellen, nicht aber solche, die Gerüste vermieten, ohne eigenes Personal zum Aufbau zur Verfügung zu stellen, widerspricht die Regelung der BaubetrVO nicht der Ermächtigungsvorschrift des § 76 Abs 2 Satz 3 AFG.

Schließlich stehen auch die Vorschriften des § 2 Nr 6, Nr 7 und Nr 13 BaubetrVO 1980 der Einbeziehung der Klägerin in die Produktive Winterbauförderung nicht entgegen. Zwar sind nach diesen Vorschriften Betriebe des Installationsgewerbes, des Malerhandwerks und des reinen Stahl-, Eisen-, Metall- und Leichtmetallbaus sowie des Fahrleitungs-, Freileitungs-, Ortsnetz- und Kabelbaus von der Winterbauförderung ausgeschlossen. Auch wenn die Klägerin damit zu Arbeiten ausgeschlossener Betriebe durch Aufstellung von Gerüsten beiträgt, hat dies nicht die zwangsläufige Folge, ihren eigenen Betrieb von der Förderung auszunehmen. Denn – wie schon oben hervorgehoben – kommt es nach § 75 AFG und § 1 Abs 1 BaubetrVO 1980 lediglich darauf an, daß der zu fördernde Betrieb selbst Bauleistungen erbringt, die förderungsfähig sind, nicht aber, ob seine Leistungen Arbeiten anderer Betriebe dienen, die selbst von der Förderung ausgenommen sind.

Nach alledem konnte die zusprechende Entscheidung des LSG keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten waren deshalb das zweitinstanzliche Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1172642

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