Leitsatz (amtlich)

Die Berufungsschrift eines Trägers der Rentenversicherung entspricht auch dann der gesetzlichen Schriftform, wenn der in Maschinenschrift wiedergegebene Name des Verfassers mit einem Beglaubigungsvermerk versehen ist, unabhängig davon, ob diesem Vermerk ein Dienstsiegel (Dienststempel) beigedrückt ist (Weiterführung von GmSOGB 1979-04-30 1/78 = NJW 1980, 172).

 

Normenkette

SGG § 151 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 25.10.1977; Aktenzeichen L 3 J 175/77)

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 27.05.1977; Aktenzeichen S 10 J 68/75)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 1977 aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die im Jahr 1942 geborene Klägerin beantragte im Jahr 1971 bei der Beklagten die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 15. März 1976 den Antrag ab, weil nicht sie, sondern die Landesversicherungsanstalt (LVA) W zuständig sei.

Auf die Klage hin hat das Sozialgericht (SG) Düsseldorf mit Urteil vom 27. Mai 1977 den Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, über den Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts - also unter Bejahung der Zuständigkeit - neu zu entscheiden.

Die Beklagte hat gegen das Urteil rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Berufungsschrift schließt mit dem Schreibmaschinentext "Gez. S Verw. Direktor, Begl. (G), Verw. Amtmann" und ist nur von dem Amtmann handschriftlich unterzeichnet.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 25. Oktober 1977 die Berufung als unzulässig verworfen und die Revision zugelassen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt: Die Berufungsschrift erfülle nicht die in § 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgeführten Erfordernisse, weil die für eine Rechtsmittelschrift erforderliche eigenhändige Unterschrift eines Bediensteten, der nach dem Organisationsplan der Beklagten zur Einlegung von Rechtsmitteln bevollmächtigt sei, fehle.

Mit der Revision trägt die Beklagte vor, es sei klargestellt, daß es sich bei der Berufungsschrift um eine prozessuale Erklärung des handlungs- und zeichnungsberechtigten Bediensteten handele. Sie beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 25. Oktober 1977 aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich damit einverstanden erklärt, daß der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheidet.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht die Berufung der Beklagten als unzulässig verworfen. Der vom LSG angenommene Formfehler liegt nicht vor. Die Berufungsschrift der Beklagten entspricht der in § 151 Abs 1 SGG vorgeschriebenen Schriftform.

Der Gemeinsame Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes hat im Beschluß vom 30. April 1979 - GmS-OGB 1/78 - entschieden, daß die Revisionsbegründung einer Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts oder einer Behörde auch dann der gesetzlichen Schriftform entspricht, wenn der in Maschinenschrift wiedergegebene Name des Verfassers mit einem Beglaubigungsvermerk versehen ist, unabhängig davon, ob diesem Vermerk ein Dienstsiegel beigedrückt ist.

Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsauffassung an und wendet sie über den Fall der Revisionsbegründung (§ 164 Abs 2 SGG) hinaus auch auf die Berufung (§ 151 Abs 1 SGG) an. Beide Prozeßhandlungen müssen schriftlich erfolgen; das ergibt sich für die Berufung aus dem Gesetz und ist für die Revisionsbegründung einheitliche Auffassung (vgl den Beschluß des GemSen und zB Meyer-Ladewig, SGG, Anm 9 zu § 164 SGG). Wegen der größeren förmlichen Bedeutung der Revisionsbegründung und des Umstandes, daß diese im Gegensatz zur Berufung nur von einem zugelassenen Prozeßbevollmächtigten wirksam abgegeben werden kann (§ 166 SGG), könnte allenfalls für die Revisionsbegründung, nicht aber umgekehrt für die Berufungsschrift die größere Formstrenge gelten. Deshalb muß eine für die Revisionsbegründung ausreichende Form der Unterzeichnung auch für die Berufungsschrift genügen.

Das angefochtene Urteil war aufzuheben. Da der Senat nicht selbst sachlich entscheiden kann, war die Sache zurückzuverweisen.

Das LSG wird auch über die Kosten entscheiden.

 

Fundstellen

Breith. 1980, 912

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