Leitsatz (amtlich)

1. Ist ein Versicherter weniger als 13 Wochen in einem Krankenhaus behandelt worden, so ist in einem Rechtsstreit gegen die Krankenkasse wegen Übernahme der Krankenhauspflegekosten die Berufung nach SGG § 144 Abs 1 Nr 2 ausgeschlossen. Das gilt auch, wenn die Klage allein die Anfechtung des ablehnenden Bescheides der Krankenkasse zum Gegenstand hat.

2. Ist in einer Streitsache die Berufung nach SGG § 144 ausgeschlossen, so wird sie nicht durch eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung des Gerichts oder eine entsprechende schriftliche Belehrung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle statthaft, nach der die Berufung zulässig ist (Anschluss BSG 1956-05-15 10 RV 730/55 = SozR Nr 10 zu § 150 SGG).

3. Nur die Zulassung der Berufung, nicht aber die Entscheidung des Sozialgerichts, die Berufung werde nicht zugelassen, bedarf der Aufnahme in das Urteil.

4. Wird die Zulassung der Berufung - ohne Aufnahme in die Urteilsformel - anläßlich der Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Entscheidungsgründe verkündet, so ist dies als "wesentlicher Vorgang der Verhandlung" in die Verhandlungsniederschrift aufzunehmen (SGG § 122 Abs 1 S 2).

 

Normenkette

SGG § 66 Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 122 Fassung: 1953-09-03, § 132 Fassung: 1953-09-03, § 136 Fassung: 1953-09-03, § 144 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03, § 150 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03; ZPO § 164 Fassung: 1950-09-12; SGG § 150 Nr. 2 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen in Essen vom 24. Februar 1955 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Die Allgemeine Ortskrankenkasse in Essen, Beklagte, gewährte dem Kläger für die Zeit vom 23. September 1951 bis 13. Dezember 1951 Krankengeld. Ferner zahlte sie ihm auf seinen Antrag für die Zeit vom 23. September 1951 bis 3. Oktober 1951, während der er im Marienhospital in Essen stationär behandelt wurde, zur Abgeltung von Krankenpflege 1.- DM täglich. Der Krankenhausaufnahme des Klägers, die infolge einer bei einem Fußballspiel am 23. September 1951 erlittenen Verletzung erforderlich geworden war, hatte die Beklagte nicht zugestimmt.

Der Kläger beantragte nachträglich die volle Übernahme der Krankenhauspflegekosten. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 3. Januar 1952 ab, weil der Versicherungsfall des Klägers außerhalb des allgemeinen Rahmens liege und weil der Kläger für die Dauer seiner stationären Behandlung bereits Krankengeld erhalten habe. Hiergegen wandte sich der Kläger mit dem Antrag an das Versicherungsamt Essen

festzustellen, daß der Ablehnungsbescheid der Beklagten unbegründet sei und nicht im Rahmen der Ausübung pflichtgemäßen Ermessens liege.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Antrages, da der Kläger das Krankengeld und den Abgeltungsbetrag vorbehaltlos angenommen habe; hierdurch habe er sich mit der ihm gewährten Form von Krankenhilfe einverstanden erklärt. Der Anspruch auf Krankenhauspflege sei damit hinfällig geworden.

Der Vorsitzende des Versicherungsamts hob den Bescheid der Beklagten durch Vorentscheidung auf und wies die Beklagte an, den Fall erneut zu prüfen. Ihr Bescheid beruhe auf Ermessensmißbrauch, weil sie nicht alle Umstände des Falles geprüft habe. Daß der Kläger andere Leistungen der Beklagten angenommen habe, stelle keinen Verzicht auf Krankenhauspflege dar; ein solcher hätte ausdrücklicher Erklärung bedurft.

Die hiergegen von der Beklagten an das Oberversicherungsamt Düsseldorf eingelegte Berufung ging auf das Sozialgericht Düsseldorf über. Dieses hob die Vorentscheidung des Vorsitzenden des Versicherungsamts auf und stellte unter Ziffer 2 des Urteilstenors fest, daß die Beklagte nicht verpflichtet sei, die Kosten des Krankenhausaufenthalts des Klägers für die Zeit vom 23. September 1951 bis 3. Oktober 1951 zu übernehmen. Dem Urteil war eine vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unterschriebene Rechtsmittelbelehrung beigegeben, wonach die Beteiligten Berufung an das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen in Essen einlegen könnten.

Der Kläger legte Berufung ein und vertrat nach einem Hinweis des Gerichts auf § 144 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Auffassung, daß es sich um eine Berufung nach § 143 SGG handle; im Streit sei nach § 54 SGG kein Anspruch auf Leistung, sondern die Aufhebung eines Verwaltungsaktes der Beklagten. Auch habe die Beklagte die vom Sozialgericht getroffene negative Feststellung nicht beantragt (§ 150 Nr. 2 SGG). Die Rechtsmittelbelehrung sei als Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG auszulegen; die Kammer habe die Berufung zulassen wollen, sie hätte wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache auch zugelassen werden müssen. Vorsorglich trug der Kläger ferner vor, es stelle jedenfalls einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, wenn das Sozialgericht - wie die Rechtsmittelbelehrung zeige - die Prüfung unterlassen habe, ob es die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zulassen wolle oder nicht.

Das Landessozialgericht verwarf die Berufung - unter Zulassung der Revision - als unzulässig, da das Berufungsbegehren des Klägers einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG betreffe. Die beantragte Übernahme von Krankenhauspflegekosten sei für die Frage der Zulässigkeit der Berufung ebenso zu beurteilen wie der Anspruch auf Krankenhauspflege selbst, die tageweise gewährt werde und daher eine wiederkehrende Leistung darstelle. Wenn auch prozeßrechtlich der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 3. Januar 1952 Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sei, so betreffe dieser Bescheid doch allein das Begehren des Klägers auf die wiederkehrende Leistung der Krankenhauspflege. Nicht die gewählte Klageart, sondern das im vorangegangenen Verwaltungsverfahren geltend gemachte Leistungsverlangen sei für die Beurteilung nach §§ 144 ff. SGG entscheidend. Demnach wäre die Berufung hier nur statthaft, wenn sie ungeachtet der Ausschlußgründe nach §§ 144 ff. SGG nach § 150 SGG zulässig sei. Eine Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG sei im Urteil selbst aber nicht ausgesprochen worden; sie könne auch nicht aus der dem Urteil beigefügten, unzuständigerweise vom Urkundsbeamten erteilten und unterschriebenen Rechtsmittelbelehrung entnommen werden. Eine nachträgliche Zulassung durch das Landessozialgericht sei nicht möglich.

Aus der vom Urkundsbeamten erteilten Rechtsmittelbelehrung könne auch nicht der Schluß gezogen werden, das Sozialgericht habe die Prüfung unterlassen, ob es die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zulassen wolle oder nicht (§ 150 Nr. 2 SGG). Aber selbst wenn man annehmen wollte, die Frage der Zulassung der Berufung nach § 150 Nr. 1 SGG sei nicht geprüft, so würde auch darin kein wesentlicher Verfahrensmangel zu sehen sein, da die Vornahme oder Unterlassung der Prüfung für die getroffene Entscheidung nicht von grundlegender Bedeutung sei.

Mit der Revision rügt der Kläger, das Vordergericht habe zu Unrecht angenommen, der Bescheid der Beklagten betreffe einen Anspruch auf Übernahme von Krankenhauspflegekosten und somit einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG). Ein solcher Anspruch stehe dem Kläger schon deshalb nicht zu, weil die Krankenhauspflege nach § 184 Reichsversicherungsordnung eine Kannleistung sei. Zwar müsse er, um das Verfahren überhaupt in Gang zu bringen, einen Antrag auf Übernahme der Krankenhauspflegekosten stellen. Damit werde rechtlich aber nur ein Anspruch auf richtige Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens geltend gemacht. Mit der Klage würde daher nur die Aufhebung des ablehnenden Bescheids der Beklagten auf Grund einer Nachprüfung, ob das Ermessen rechtmäßig oder rechtswidrig ausgeübt sei, begehrt. Da somit kein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen geltend gemacht werde, sei die Berufung nach § 143 SGG zulässig gewesen. - Das Vordergericht habe auch die Frage, ob die Berufung zugelassen gewesen sei, nicht zutreffend beurteilt. Das Sozialgericht habe nicht vergessen oder übersehen, zur Zulassung der Berufung Stellung zu nehmen, und der Urkundsbeamte habe nicht etwa in unzulässiger Weise eine unterbliebene richterliche Handlung nachgeholt. Vielmehr habe das Sozialgericht bei der mündlichen Urteilsbegründung die Zulassung der Berufung ausdrücklich ausgesprochen und dabei auch eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung erteilt. - Die Revision rügt weiter, die vom Sozialgericht in Ziffer 2 des Urteilstenors getroffene negative Feststellung, daß die Beklagte zur Übernahme der Krankenhauspflegekosten nicht verpflichtet sei, hätte nur auf Widerklage hin ergehen dürfen.

II

Die Revision ist infolge Zulassung durch das Landessozialgericht statthaft (§ 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG); sie ist auch form- sowie fristgerecht eingelegt, konnte jedoch keinen Erfolg haben.

Das Vordergericht hat zutreffend angenommen, daß die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts nicht statthaft war. Nach § 144 Abs. 1 SGG ist die Berufung "nicht zulässig bei Ansprüchen 1. auf einmalige Leistungen, 2. auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum bis zu 13 Wochen (3 Monaten)". Für die in dieser Vorschrift vorgenommene Unterscheidung ist der prozessuale Gegenstand der Klage (Aufhebungs-, Leistungs-, Feststellungsbegehren, vgl. §§ 54, 55 SGG) ohne Bedeutung. Der Kreis der berufungsfähigen "Ansprüche" - Anspruch hier im Sinne eines auf eine Rechtsfolge gerichteten Begehrens zu verstehen (BSG. 2, 136) - ist vielmehr danach abzugrenzen, welches Ziel der Kläger mit seinem Klagebegehren sachlich verfolgt. Da der Kläger dieses Begehren vor Erhebung der Klage zunächst gegenüber dem Versicherungsträger geltend machen muß, ist das Ziel seiner Klage notwendig durch den Inhalt des ablehnenden Verwaltungsakts bestimmt; die Berufungsfähigkeit eines Urteils hängt somit im Rahmen des § 144 Abs. 1 SGG davon ab, ob der angefochtene Verwaltungsakt "Ansprüche" der in dieser Vorschrift genannten Art betrifft. Im vorliegenden Fall hat der Kläger von der beklagten Krankenkasse die Übernahme der Krankenhauskosten für die Zeit vom 23. September bis 3. Oktober 1951 verlangt, mithin wiederkehrende Leistungen für weniger als 13 Wochen begehrt (§ 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG).

Auch der Umstand, daß nicht unmittelbar die Gewährung von Krankenhauspflege Gegenstand des geltend gemachten Anspruchs ist, sondern die Übernahme der Kosten für bereits gewährte Krankenhauspflege, ändert nichts daran, daß das Verfahren "wiederkehrende Leistungen" betrifft. Zwar ist die Übernahme der Kosten für gewährte Krankenhauspflege als solche keine wiederkehrende Leistung. Ebenso wie aber anzunehmen ist, daß ein Verfahren auf die Gewährung von wiederkehrenden Leistungen gerichtet ist, wenn die Krankenkasse die begehrte Krankenhauspflege abgelehnt hat (BSG. 2, 136 und 144), so ist ein Verfahren über "wiederkehrende Leistungen" im Sinne des § 144 Abs. 1 Nr. 2 auch dann gegeben, wenn es sich nicht um die zeitlich vor der Gewährung liegende Bewilligung von Krankenhauspflege, sondern um die ihr zeitlich nachfolgende, von der Krankenkasse abgelehnte Übernahme der dafür entstandenen Kosten handelt. Andernfalls würde die Zulässigkeit eines Rechtsmittels von dem mehr zufälligen Umstand abhängen, ob die Leistung, um die der Streit der Sache nach geht - nämlich die Gewährung von Krankenhauspflege -, bereits erbracht ist oder noch aussteht. Das Berufungsgericht ist also zutreffend davon ausgegangen, daß im vorliegenden Falle die Berufung nach § 144 Abs. 1 Nr. 2 SGG ausgeschlossen war.

Die Berufung ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht nach § 150 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG zulässig. Eine Zulässigkeit der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 150 Nr. 1 SGG scheidet schon deshalb aus, weil das Sozialgericht die Berufung nicht zugelassen hat. Weder der Urteilstenor noch die schriftlichen Urteilsgründe lassen erkennen, daß das Gericht eine solche Entscheidung getroffen hat. Die im Revisionsverfahren aufgestellte Behauptung des Klägers, das Sozialgericht habe die Zulassung bei der Verkündung des Urteils in der mündlichen Begründung ausgesprochen, ist nicht erwiesen. Das gerichtliche Sitzungsprotokoll vom 24. August 1954 besagt nichts darüber. Dies wäre aber erforderlich, wenn die Zulassung - ohne Aufnahme in die Urteilsformel - anläßlich der Mitteilung des wesentlichen Inhalts der Entscheidungsgründe ausgesprochen worden wäre; denn die Mitteilung der Zulassung bei der mündlichen Urteilsbegründung stellt als Verkündung einer Nebenentscheidung (vgl. BSG 2, 81) einen wesentlichen Vorgang der Verhandlung im Sinne des § 122 Abs. 1 Satz 2 SGG dar, der der Aufnahme in die Verhandlungsniederschrift bedarf. Auf die unterschiedlichen Auffassungen des Reichsarbeitsgerichts (RAG 21, S. 221) und des Reichsgerichts (RGZ 162, S. 125) über die Notwendigkeit einer Verkündung der Zulassung braucht hier nicht eingegangen zu werden, da in den jenen Entscheidungen zu Grunde liegenden Verfahren - anders als im vorliegenden Streitfall - die Zulassung des Rechtsmittels in den schriftlichen Urteilsgründen Ausdruck gefunden hatte. Stellt demnach in Fällen der vorliegenden Art die Verkündung der Zulassung einen wesentlichen Vorgang der Verhandlung im Sinne des § 122 Abs. 1 Satz 2 SGG dar, der der Aufnahme in die Verhandlungsniederschrift bedarf, so kann die Verkündung der Zulassung nach § 164 ZPO in Verb. mit § 122 Abs. 3 SGG auch nur durch die Aufnahme in die Verhandlungsniederschrift bewiesen werden. Da die Niederschrift keine Angaben darüber enthält, daß eine Zulassungsentscheidung verkündet worden ist, und die Revision eine Fälschung der Niederschrift nicht behauptet hat (§ 164 Satz 2 ZPO), steht für das Revisionsgericht fest, daß der Vorsitzende bei der Verkündung des Urteils eine Zulassung der Berufung nicht ausgesprochen hat.

Die Nichtzulassung der Berufung durch das Sozialgericht stellt keinen wesentlichen Verfahrensmangel im Sinne des § 150 Nr. 2 SGG dar. Ein bestimmtes verfahrensrechtliches Vorgehen ist dem Gericht erster Instanz in § 150 Nr. 1 SGG nur insofern vorgeschrieben, als es sich mit der Frage der Zulassung der Berufung befassen muß. Es bedarf hier keiner Entscheidung, welche Folgen die Unterlassung einer solchen Prüfung hat, ob sie insbesondere einen wesentlichen Mangel des Verfahrens im Sinne des § 150 Ziff. 2 SGG darstellt; denn im vorliegenden Fall kann nicht festgestellt werden, daß das Sozialgericht eine solche Prüfung unterlassen hat. Die Tatsache, daß das Gericht erster Instanz weder im Tenor noch in den schriftlichen Gründen seines Urteils zu der Frage der Zulassung eines Rechtsmittels Stellung genommen hat, zwingt nicht zu der Annahme, daß es sich mit dieser Frage nicht befaßt hat; denn das Gesetz schreibt nicht vor, daß die Nicht zulassung eines Rechtsmittels im Urteil Ausdruck finden müsse (vgl. § 136 SGG). Nur die positive Entscheidung des Sozialgerichts über die Zulassung eines Rechtsmittels muß im Urteil - sei es im Tenor oder wenigstens in den Gründen (BSG. 2, S. 121 und S. 245) - ausgesprochen werden, da andernfalls die Entscheidung des Gerichts über die Zulassung der Berufung nach außen nicht in Erscheinung treten und mithin - entgegen dem Zweck der Zulassungsentscheidung - keine verfahrensrechtliche Wirkung äußern könnte. Fehlt ein Ausspruch über die Zulassung, so besagt dies lediglich, daß die Berufung nicht zugelassen ist; es besagt aber nicht, daß das Sozialgericht eine Entscheidung über die Frage der Zulassung überhaupt nicht getroffen hat. Vielmehr ist - sofern nicht etwa die gerichtliche Rechtsmittelbelehrung zu einem gegenteiligen Schluß zwingt - davon auszugehen, daß in Fällen solcher Art das Gericht entsprechend der gesetzlichen Regelung eine Prüfung wohl vorgenommen, aber dabei zu einem negativen Ergebnis hinsichtlich der Notwendigkeit einer Zulassung des Rechtsmittels gelangt ist (vgl. dazu Urt. des 4. Senats vom 1.3.1956 - 4 RJ 156/55 - SozR. SGG § 155 Da 4 Ziff. 12).

Sollte das Sozialgericht bei Prüfung der Frage, ob die Berufung zuzulassen war (§ 150 Ziff. 1 SGG), zu einem unrichtigen Ergebnis gelangt sein, so läge darin kein wesentlicher Mangel des Verfahrens (error in procedendo), sondern eine inhaltlich unzutreffende Entscheidung (error in judicando) über die Frage der Zulassung der Berufung. Die Berufung wäre also auch in einem solchen Falle nicht wegen Rüge eines Verfahrensmangels nach § 150 Ziff. 2 SGG gegeben.

Auch die Rüge, das Sozialgericht habe es unterlassen, sein Urteil mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen, vermag die Zulässigkeit der Berufung nicht zu begründen. Es ist zwar richtig, daß im vorliegenden Fall keine Rechtsmittelbelehrung im Sinne des § 66 SGG erteilt worden ist; denn diese ist nach der klaren Vorschrift des Gesetzes als Teil des Urteils (vgl. § 136 Abs. 1 Nr. 7 SGG) vom Gericht selbst, nicht aber - wie es hier geschehen ist - vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu erteilen. Indessen sind die rechtlichen Folgen des Fehlens oder auch der unrichtigen Erteilung einer Rechtsmittelbelehrung im § 66 Abs. 2 SGG erschöpfend geregelt; der Mangel der Rechtsmittelbelehrung hat also lediglich eine Verlängerung der Rechtsmittelfrist zur Folge, stellt aber keinen die Zulässigkeit der Berufung begründenden Verfahrensmangel im Sinne des § 150 Nr. 2 SGG dar.

Schließlich ist auch die Rüge der Revision unbegründet, das sozialgerichtliche Verfahren leide insofern an einem Mangel, als das Sozialgericht über die gestellten Anträge hinaus in seinem klageabweisenden Urteil unter Ziff. 2 die Feststellung getroffen habe, die Allgemeine Ortskrankenkasse sei nicht verpflichtet, die Kosten des Krankenhausaufenthaltes für die hier fragliche Zeit zu übernehmen. Dieser Ausspruch des Sozialgerichts bringt lediglich zum Ausdruck, was sich aus der Klageabweisung in Verbindung mit den Urteilsgründen ohnehin ergibt; der Kläger wird dadurch über die Klageabweisung hinaus zusätzlich nicht beschwert (vgl. über den feststellenden Charakter jeder Klageabweisung Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 7. Aufl. S. 388). Mag der Revision auch einzuräumen sein, daß die im Tenor des sozialgerichtlichen Urteils getroffene Feststellung besser in den Gründen des Urteils Aufnahme gefunden hätte, so kann darin doch kein wesentlicher Mangel des Verfahrens gesehen werden, dessen Rüge die Berufung nach § 150 Ziff. 2 SGG zulässig machen könnte.

Das Landessozialgericht ist demnach bei seiner Entscheidung mit Recht davon ausgegangen, daß die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts auch nicht nach § 150 Nr. 2 SGG zulässig ist. Es hat somit die Berufung mit Recht als unzulässig verworfen.

Im Tenor der vorliegenden Entscheidung hat das Revisionsgericht eine Richtigstellung der Bezeichnungen der am Verfahren Beteiligten vorgenommen. Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 5. April 1956 (BSG. 3, S. 30 ff. (34)) in einem ähnlichen Fall ausgesprochen hat, beurteilt sich bei einem Übergang des Verfahrens von einer Versicherungsbehörde auf das Sozialgericht die prozessuale Stellung der am bisherigen Verfahren Beteiligten danach, welche Parteirolle sie in dem Rechtsstreit hätten, wenn er unter der Geltung des Sozialgerichtsgesetzes anhängig gemacht worden wäre. In diesem Falle hätte aber der bisher als Beklagter bezeichnete Maurer ... gegen den ablehnenden Bescheid der Allgemeinen Ortskrankenkasse Klage erhoben, so daß ihm im vorliegenden Verfahren die Rolle des Klägers und der Allgemeinen Ortskrankenkasse die der Beklagten zukommt. Ständiger Gerichtsübung entsprechend hat der erkennende Senat sich für berechtigt gehalten, die Parteistellung von Amts wegen richtig zu stellen (vgl. hierzu Stein-Jonas-Schönke, Komm. zur ZPO (18.), § 313 II 1 und RG. 67, 61; 69, 396; 71, 232; 74, 327).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2324648

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