Entscheidungsstichwort (Thema)

Auslegung der Art 5 Nr 6 KVEG

 

Leitsatz (amtlich)

Angelegenheiten des Kassenarztrechts (§ 12 Abs 3 S 1 SGG) sind solche den Sozialgerichten nach § 51 Abs 2 S 1 SGG zugewiesene Rechtsstreitigkeiten, die nicht Angelegenheiten der Kassenärzte oder Kassenzahnärzte sind.

 

Orientierungssatz

1. Die Bestimmung des Art 5 Nr 6 KVEG ist dahin zu verstehen, daß dadurch die tatsächlich gezahlten und hingenommenen Vergütungen gesenkt worden sind. Damit sind jedenfalls auch die Vergütungen im Ersatzkassenbereich erfaßt worden.

2. Weist eine Kassenzahnärztliche Vereinigung ihre Mitglieder darauf hin, daß nach Inkrafttreten des KVEG für die Abrechnung der zahntechnischen Leistungen keine Kennzeichnung der Kassenzugehörigkeit des Patienten erfolgen soll, weil in diesem Fall mit der unbearbeiteten Rückgabe der Abrechnung gerechnet werden muß, so handelt sie rechtmäßig.

 

Normenkette

SGG § 12 Abs 3 S 1, § 51 Abs 2 S 1; RVO § 368g Abs 5a; KVEG Art 5 Nr 6

 

Verfahrensgang

Bayerisches LSG (Entscheidung vom 04.03.1987; Aktenzeichen L 12 Ka 61/83)

SG München (Entscheidung vom 20.10.1983; Aktenzeichen S 33b Ka 190/82 Z)

 

Tatbestand

Mit der Klage begehrt die Klägerin (Dental Labor) Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Hinweises und einer Empfehlung, die die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZÄV) gegenüber ihren Mitgliedern ausgesprochen hatte.

Die Klägerin betreibt im Zuständigkeitsbereich der Beklagten ein zahntechnisches Labor.

Für die Berechnung zahntechnischer Leistungen bestand zwischen der Innung des Zahntechnikerhandwerks Nordbayern (ZTI) und den Landesverbänden der Krankenkassen nach § 225 Reichsversicherungsordnung (RVO) in Bayern eine vertragliche Vereinbarung; im Ersatzkassenbereich fehlte eine vertragliche Regelung. Die Feststellung Nr 91 der Arbeitsgemeinschaft gemäß § 22 des Vertrages zwischen dem Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. (VdAK) sowie dem Verband der Arbeiterersatzkassen e.V. und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) - EKV-Z - bestimmte, die Vertragsärzte könnten die Material- und Laboratoriumskosten nach § 6 der Gebührentarife B, C, D und E gesondert berechnen, jedoch nach § 670 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nur, soweit sie erforderlich seien. Für das Jahr 1981 seien höhere als im RVO-Bereich geltende Preise nicht erforderlich und nicht abrechenbar. Diese Feststellung wurde für das Jahr 1982 fortgeschrieben (Feststellung Nr 96 vom 3. Dezember 1981).

Am 1. Januar 1982 trat das Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetz (KVEG) in Kraft. Art 5 Ziff 6 KVEG sah für die Berechnung zahntechnischer Leistungen der gewerblichen Laboratorien folgende Regelung vor:

"Die am 1. September 1981 vereinbarten Vergütungen für zahntechnische Leistungen werden nach dem Auslaufen der jeweiligen vertraglichen Regelungen für 12 Monate um 5 vH gemindert."

Die ZTI und die Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen in Bayern schlossen daraufhin am 15. März 1982 eine Vergütungsvereinbarung, wonach die zum 31. März 1982 im RVO-Bereich gekündigte Vergütungsvereinbarung ab 1. April 1982 mit der Maßgabe fortgelte, daß der Gesamtbetrag der zahntechnischen Leistungen - ausgenommen gesondert abrechnungsfähige Materialkosten und Edelmetall-Legierungen - für 12 Monate um 5 vH gemindert werde.

Die ZTI gab ihren Mitgliedern den Inhalt der am 1. April 1982 im RVO-Bereich geltenden Vergütungsvereinbarung bekannt und wies sie darauf hin, daß die vereinbarte Vergütungsminderung nur den an der Vergütungsvereinbarung beteiligten gesetzlichen Krankenkassen zugute komme. Die Minderung sei deshalb nur dann vorzunehmen, wenn der Zahnarzt bei Auftragserteilung gegenüber dem zahntechnischen Laboratorium die Kassenzugehörigkeit des Patienten gekennzeichnet habe.

Daraufhin teilte die Beklagte mit Rundschreiben 4/82 vom 2. April 1982 den in Bayern niedergelassenen Zahnärzten folgendes mit:

"In Erfüllung des Krankenversicherungs-Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes haben die Landesverbände der bayerischen RVO-Krankenkassen mit den Innungen des Zahntechnikerhandwerks Nord- und Südbayern ab 1. April 1982 eine Absenkung der bestehenden Preise um 5 % für die gewerblichen Labors vereinbart. ....

Aus einem Schreiben der Innung des Zahntechnikerhandwerks Nordbayern an die Mitglieder dieser Innung ersehen wir, daß die nordbayerische Innung den fünfprozentigen Abschlag lediglich bei solchen Aufträgen zugrunde gelegt wissen will, die für Versicherte der RVO-Kassen, nicht aber für Versicherte der Ersatzkassen vom Zahnarzt in Auftrag gegeben werden. ....

In Ihrem eigenen Interesse können wir Ihnen nur empfehlen, von einem Hinweis auf die Kassenzugehörigkeit (RVO - oder Ersatzkasse) abzusehen, weil sie anderenfalls damit rechnen müssen, daß die Abrechnung zahntechnischer Vergütungen ohne den ab 1. April 1982 geltenden fünfprozentigen Abschlag durch die KZVB und/oder den jeweiligen Kostenträger unbearbeitet an sie zurückgegeben wird.

Sollte eine Entscheidung ergehen oder eine Vereinbarung getroffen werden, wonach für die Ersatzkassen andere Laborpreise als für den RVO-Bereich anzuwenden sind, so erfolgt gesondert Mitteilung."

Im Klageverfahren hat die Klägerin zunächst beantragt,

der Beklagten zu untersagen, 1.

weiterhin gegenüber ihren Mitgliedern zu erklären, die im RVO-Bereich vereinbarte Minderung der Vergütung für zahntechnische Leistungen gemäß Artikel 5 Ziffer 6 KVEG gelte für alle Kassenarten, insbesondere Ersatzkassen,

2.

weiterhin ihren Mitgliedern zu empfehlen, von einem Hinweis auf die Kassenzugehörigkeit abzusehen, weil anderenfalls damit gerechnet werden müsse, daß die Abrechnung zahntechnischer Vergütungen ohne den ab 1. April 1982 geltenden fünfprozentigen Abschlag durch die KZÄV und/oder den jeweiligen Kostenträger unbearbeitet zurückgegeben werde.

Nachdem die Regelung über die fünfprozentige Kürzung der Vergütung von zahntechnischen Leistungen zum 31. März 1983 ausgelaufen war, hat die Klägerin die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erklärung und Empfehlung beantragt. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen.

In der Besetzung mit zwei Kassenzahnärzten als ehrenamtliche Richter hat das LSG die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs 1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für unzulässig gehalten und ausgeführt, ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung bestehe nicht. Weder bestehe die Gefahr, daß die Beklagte die beanstandete Empfehlung nach Wegfall der gesetzlichen Kürzungsregelung erneut abgeben werde, noch rechtfertige ein zukünftiger Amtshaftungsprozeß der Klägerin gegen die Beklagte die begehrte Feststellung. Ein solcher Amtshaftungsanspruch habe offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, denn zum einen sei ein Schaden der Kläger durch die umstrittene Empfehlung der Beklagten nicht erkennbar, zum anderen scheitere ein möglicher Amtshaftungsanspruch bereits daran, daß dieser mittlerweile verjährt sei. Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung sei nicht zu erkennen.

Der von der Klägerin angekündigte Amtshaftungsprozeß sei auch deshalb offensichtlich aussichtslos, weil die beanstandete Erklärung der Beklagten lediglich eine Empfehlung darstelle und diese von der Sicherstellungsverpflichtung der Beklagten (§§ 368 Abs 1, 368g Abs 1, 368n Abs 1 RVO; § 1 EKV-Z), die wirtschaftliche Verwendung der von der Versichertengemeinschaft aufgebrachten Mittel zu gewährleisten, erfaßt werde.

Mit der Revision rügt die Klägerin im wesentlichen, da der Rechtsstreit die Rechtsbeziehung der Klägerin und der Beklagten im kassenzahnärztlichen Bereich betreffe, habe es das LSG verfahrensfehlerhaft versäumt, die Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen und die ZTI zu dem Rechtsstreit notwendig beizuladen (§ 75 Abs 2 SGG). Verfahrensfehlerhaft sei das angefochtene Urteil des LSG insbesondere auch deshalb, weil das LSG die Klage der Klägerin wegen mangelnden Feststellungsinteresses als unzulässig angesehen und keine Sachentscheidung getroffen habe. Das berechtigte Interesse der Klägerin an der begehrten Feststellung ergebe sich bereits daraus, daß die Beklagte ihr beanstandetes Verhalten als rechtmäßig ansehe und daraus eine Wiederholungsgefahr für gleichgelagerte Fälle erwachse. Ein künftiger Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte sei darüber hinaus nicht wegen Verjährung offensichtlich ausgeschlossen, denn die verwaltungsgerichtliche Klärung der für den Amtshaftungsprozeß relevanten Vorfrage - hier der Rechtswidrigkeit des beanstandeten Verwaltungshandelns der Beklagten - unterbreche nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) die Verjährung des Amtshaftungsanspruchs. Die Unzulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage könne auch nicht deshalb mit der offensichtlichen Erfolglosigkeit eines Amtshaftungsprozesses begründet werden, weil die Beklagte ein Verschulden hinsichtlich der streitigen Empfehlung nicht treffe. Weder sei das LSG zu einer derartigen rechtlichen Würdigung im Rahmen der Zulässigkeitsprüfung berechtigt gewesen, noch schließe der Rechtscharakter des Rundschreibens ein Verschulden der Beklagten aus. Zwar habe die Beklagte für das streitige Rundschreiben die Form einer Empfehlung gewählt; da diese jedoch für den Fall der Nichtbefolgung ihren Mitgliedern die unbearbeitete Rückgabe der Abrechnungen angedroht habe, setze sie sich ausdrücklich über die Feststellungen Nr 91 und 96 der Arbeitsgemeinschaft VdAK-KZBV hinweg, wonach sie lediglich zu Absetzung der über die Höchstpreise hinausgehenden Beträge berechtigt sei. Die Klägerin sei deshalb außerstande, Laborrechnungen in der von ihr als richtig angesehenen Höhe zu erstellen. Bei dieser Rechtslage sei das Verschulden der Beklagten im Rahmen des Amtshaftungsanspruchs nicht von vornherein ausgeschlossen. Die Klägerin habe daher ein berechtigtes Interesse an einer Sachentscheidung über die Rechtswidrigkeit des streitigen Rundschreibens.

Die Klägerin beantragt,

die Urteile des Sozialgerichts München vom 20. Oktober 1983 und des Bayerischen Landessozialgerichts vom 4. März 1987 abzuändern und festzustellen: 1.

daß die Erklärung der Beklagten im Rundschreiben 4/82 vom 2. April 1982 gegenüber ihren Mitgliedern rechtswidrig war, die im RVO-Bereich vereinbarte Minderung der Vergütung von zahntechnischen Leistungen gemäß Art 5 Ziff 6 KVEG gelte für alle Kassenarten, insbesondere Ersatzkassen,

2.

daß die Empfehlung der Beklagten im oben genannten Rundschreiben gegenüber ihren Mitgliedern rechtswidrig war, von einem Hinweis auf die Kassenzugehörigkeit abzusehen, weil anderenfalls damit gerechnet werden müsse, daß die Abrechnung zahntechnischer Vergütungen ohne den ab 1. April 1982 geltenden fünfprozentigen Abschlag durch die KZÄV und/oder den jeweiligen Kostenträger unbearbeitet zurückgegeben werde.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil formell- und materiell-rechtlich für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Der Senat hat in der Besetzung mit jeweils einem ehrenamtlichen Richter aus den Kreisen der Krankenkassen und der Kassenzahnärzte (§§ 12 Abs 3 Satz 1, 33 Satz 2, 40 Satz 1 SGG) entschieden, denn der Rechtsstreit betrifft eine Angelegenheit des Kassenarztrechts. Angelegenheiten des Kassenarztrechts sind solche den Sozialgerichten nach § 51 Abs 2 Satz 1 SGG zugewiesenen Rechtsstreitigkeiten, die nicht Angelegenheiten der Kassenärzte (Kassenzahnärzte) sind. In § 51 Abs 2 Satz 1 SGG ist das Kassenarztrecht umfassend als das Recht der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen definiert. Zu diesem weiteren Kreis von Angelegenheiten gehört auch der engere der Beziehungen zwischen Zahnärzten. Dieser engere Kreis sind die Angelegenheiten der Kassenzahnärzte iS des § 12 Abs 3 Satz 2 SGG. Der Senat hat deshalb schon entschieden, daß die kassenärztliche Versorgung als solche grundsätzlich eine gemeinsame Angelegenheit der Krankenkassen und der Kassenärzte sei (Urteil vom 27. Januar 1987 - 6 RKa 27/86 -). Mit der anhängigen Klage wird die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Erklärung begehrt, welche nach dem Vorbringen der Klägerin die ihr von den Vertragszahnärzten zu zahlende Vergütung regelt. Der Gegenstand der Klage beschränkt sich damit nicht auf die Beziehung zwischen der Beklagten und den Vertragszahnärzten.

Die Revision ist nicht begründet.

Die Voraussetzungen für eine Entscheidung des Senats in der Sache sind gegeben. Ursprünglich hatte die Klägerin begehrt, der Beklagten eine Erklärung wie im Klageantrag zu 1 zu untersagen (reine Leistungsklage nach § 54 Abs 5 SGG). Nach Ablauf der zwölf Monate, für die die Beklagte gemäß Art 5 Nr 6 KVEG eine Minderung der Vergütung angenommen hatte, hat die Klägerin den Antrag auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erklärung umgestellt. Dieser Klageantrag ist in entsprechender Anwendung des § 131 Abs 1 Satz 3 SGG auch zulässig, wenn sich eine reine Leistungsklage erledigt hat (Meyer-Ladewig, SGG mit Erläuterungen, 3. Auflage, § 131 Anm 9 mwN); die Leistungsklage muß zulässig gewesen sein und der Kläger ein berechtigtes Interesse an der Feststellung haben. Die Zulässigkeit der Klage ist für den Untersagungs- und für den Fortsetzungsfeststellungsantrag gegeben.

Die Klägerin ist prozeßführungsbefugt. Zur Prozeßführung über ein Recht ist der Kläger befugt, wenn er behauptet, daß ihm dieses Recht zusteht. Die Klägerin behauptet, durch das Verhalten der Beklagten würden ihre Rechte am eingerichteten Gewerbebetrieb verletzt. Durch die Erklärung im Rundschreiben der Beklagten würden nämlich die Zahnärzte veranlaßt, ihr, der Klägerin, Aufträge nur zu einem Preis bis zur Höhe der RVO-Preise zu erteilen. Dagegen ist die Klägerin der Meinung, sie sei durch Art 5 Nr 6 KVEG nicht gehindert, höhere Preise zu fordern. Indem sie dieser Beeinträchtigung entgegentritt, macht die Klägerin ein eigenes Recht geltend.

Zu dem Rechtsstreit waren die Innungen oder Innungsverbände und die Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen nicht notwendig beizuladen. Sie sind an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 75 Abs 2 SGG). Über ihre Kompetenz zur Vereinbarung der Vergütungen wird nicht entschieden. Sie mag als Vorfrage eine Rolle spielen, daraus würde aber nicht die Notwendigkeit der Beiladung folgen. Auch soweit die Klage die Empfehlung betrifft, vom Hinweis auf die Kassenzugehörigkeit abzusehen, sind die genannten Verbände nicht beizuladen. Eine Entscheidung über die Rechtswidrigkeit dieser Empfehlung greift nicht unmittelbar in die Rechtssphäre der Verbände ein (vgl BSGE 46, 232, 233 mwN), insbesondere nicht in ihre Vertragskompetenz.

Eine Prüfung des berechtigten Interesses der Klägerin an der begehrten Feststellung der Rechtswidrigkeit der Erklärung kann aus prozeßökonomischen Gründen unterbleiben, da die Klage als unbegründet abzuweisen ist (vgl Hennig/Danckwerts/König, Kommentar zum SGG vor § 51 Erl 2.5.11.). Die Erklärung der Beklagten gemäß Klageantrag ist rechtmäßig. Im Ersatzkassenbereich sind die Leistungen der Zahntechniker am 1. September 1981 tatsächlich entsprechend der Vereinbarung im RVO-Bereich vergütet worden - die Klägerin hat nicht vorgetragen, daß die Feststellungen Nrn 91 und 96 der Arbeitsgemeinschaft in der Praxis nicht angewendet worden seien. Diese Vergütungen sind auch im Ersatzkassenbereich die vereinbarten Vergütungen iS Art 5 Ziffer 6 KVEG. Allerdings sind die Feststellungen der Arbeitsgemeinschaft keine Vereinbarungen im Sinne dieser Vorschrift. Die Feststellungen Nrn 91 und 96 mögen verbindlich gewesen sein, können aber jedenfalls nur interne Regelungen im Verhältnis zwischen Krankenkassen und Zahnärzten darstellen (BSG vom 26. September 1984 - 6 RKa 46/82 - KVRS A-6060/4). Wenn nach Art 5 Ziffer 6 KVEG von "vereinbarten Vergütungen" auszugehen ist, dann muß es sich, soweit es um Leistungen der Zahntechniker geht, um Vergütungen handeln, die auch gegenüber den Zahntechnikern gegolten haben. Für die zahntechnischen Leistungen der Zahntechniker schließen die Verbände der Krankenkassen und die Vertreter der Innungen oder Innungsverbände Vereinbarungen über die Vergütung, die Höchstpreise vorzusehen haben (§ 525c Abs 2 Satz 1 RVO iVm § 368g Abs 5a Sätze 2 und 3 RVO). Solche Vereinbarungen sind in Bayern im Ersatzkassenbereich nicht zustandegekommen. Die Annahme einer unmittelbaren Geltung der bestehenden Vereinbarungen der Landesverbände der Krankenkassen mit den Vertretern der Innungen oder Innungsverbände im Ersatzkassenbereich verbietet sich nach dem System der gegliederten Krankenversicherung. Unter den am 1. September 1981 vereinbarten Vergütungen iS des Art 5 Ziff 6 KVEG sind aber nicht nur die entsprechend dem gesetzlichen Auftrag vereinbarten, sondern auch die tatsächlich gezahlten und hingenommenen Vergütungen zu verstehen. Ziel der Regelung war es, das Preisniveau der zahntechnischen Leistungen, das einen unverhältnismäßig starken Ausgabenanstieg für diese Leistungen bewirkt hatte, angemessen zu mindern (BR-Drucks 366/81 zu Art 5 Nr 6). Dieser gesetzgeberische Zweck erfaßt den Bereich der Ersatzkassen genauso, wie den der Kassen nach § 225 RVO. Wenn die Maßnahme der Preissenkung an die vereinbarten Preise anknüpft, so geht es dabei nur um die tatsächlich gezahlten Preise, die der Gesetzgeber als überhöht gewertet hat. Dem Sinn des Gesetzes würde es auch widersprechen, wenn von der Absenkung der Preise gerade diejenigen Leistungen ausgenommen wären, für die die verantwortlichen Verbände und Körperschaften gesetzwidrig keine Vereinbarung getroffen haben. Soweit es den Zahntechnikern um den Abschluß einer solchen Vereinbarung geht, wäre dies von den Innungen oder Innungsverbänden in einem besonderen Verfahren geltend zu machen.

Soweit die Klage die Empfehlung betrifft, von Hinweisen auf die Kassenzugehörigkeit abzusehen, ist sie unzulässig. Es fehlt für diesen Klageantrag am berechtigten Interesse. Die Klägerin macht geltend, ihr sei durch die Erklärung bzw Empfehlung die Möglichkeit genommen worden, Aufträge außerhalb des RVO-Bereichs auf der Grundlage ihrer eigenen - höheren - Preisliste durchzuführen. Für einen Amtshaftungsanspruch wegen des Schadens aus zu niedrigen Preisforderungen könnte aber die Entscheidung über die Rechtswidrigkeit der streitigen Empfehlung nicht förderlich sein. Sie würde nämlich keine rechtskräftige Feststellung über die Höhe der Vergütung im Ersatzkassenbereich enthalten. Allenfalls in den Gründen könnte die Entscheidung über diesen Streitpunkt auf die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der von der Beklagten behaupteten Minderung der Preise gestützt werden.

Die Androhung, solche Abrechnungen zurückzugeben, die die Absenkung nicht berücksichtigen, hat im Verhältnis zur Klägerin keine selbständige Bedeutung. Die Beschwer der Klägerin liegt insoweit darin, daß sie bei Leistungen für Ersatzkassen-Patienten keine höhere Vergütung erhalten hat als nach der Vereinbarung im RVO-Bereich. Durch die Rückgabe etwaiger höherer Abrechnungen an die Zahnärzte wird die Klägerin nicht zusätzlich beschwert.

Aus diesen Gründen ist die Revision zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1665745

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