Leitsatz (amtlich)

Einem früheren Berufssoldaten, der Bezüge nach G 131 erhält ist Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und auf Hinterbliebenenversorgung gewährleistet; er ist daher gemäß GAL 1957 § 8 Abs 4 in Verbindung mit RVO § 1229 Abs 1 Nr 3 nach dem GAL nicht beitragspflichtig.

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein früherer Beamter, der Übergangsbezüge erhält, kann einem Ruhestandsbeamten nicht gleichgestellt werden.

 

Normenkette

RVO § 1229 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 1957-07-23; G131 § 37 Fassung: 1951-05-11; GAL § 8 Abs. 4 Fassung: 1957-07-27

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1961 und des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Juni 1960 sowie die Bescheide der Beklagten vom 30. Oktober 1957 und 16. September 1959 aufgehoben, soweit es sich um die Zeit bis zum 31. Dezember 1961 handelt.

Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der 1900 geborene Kläger erhält als früherer aktiver Marineoffizier ein Übergangsgehalt gemäß §§ 53 und 37 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Art. 131 des Grundgesetzes fallenden Personen (G 131). Er ist Eigentümer eines Hofes von 34 ha, von denen er 12 ha bewirtschaftet und den Rest verpachtet hat. Die Beklagte nahm ihn als beitragspflichtigen Unternehmer nach dem Gesetz über eine Altershilfe für Landwirte vom 27. Juli 1957 (BGBl I 1063) - GAL aF - in Anspruch. In seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, er sei, weil er Bezüge nach dem G 131 erhalte, gemäß § 8 Abs. 4 GAL aF beitragsfrei. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos. Zur Begründung seines Urteils führte das Landessozialgericht (LSG) aus, die Bezüge nach dem G 131 hätten keine Beitragsbefreiung nach § 8 Abs. 4 GAL aF i.V.m. § 1229 der Reichsversicherungsordnung (RVO) zur Folge. Denn nach dem hier nur in Frage kommenden § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO seien lediglich aktive Beamte versicherungsfrei. Der Kläger erhalte aber Versorgungsbezüge. § 1230 RVO, der eine Befreiung der Empfänger vor Versorgungsbezügen auf Antrag vorsehe, finde im Rahmen des § 8 Abs. 4 GAL aF keine Anwendung. Das LSG ließ die Revision zu.

Der Kläger legte gegen das am 23. Februar 1961 zugestellte Urteil am 9. März 1961 Revision ein und begründete sie am 7. April 1961.

Er trägt vor, der Gesetzgeber habe im Rahmen des § 8 Abs. 4 GAL aF keine Unterscheidung zwischen aktiven Beamten und Ruhegehaltsempfängern machen wollen. Überdies stehe die Versicherungsfreiheit eines 131ers außer Frage, da die Anwartschaft des Klägers auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen durch die Bestimmung der §§ 53 ff G 131 gerade gewährleistet sei. Der 131er sei auch kein Ruhestandsbeamter; es bestehe vielmehr ein sehr wesentlicher und fühlbarer Unterschied gegenüber einem Ruhestandsbeamten, insbesondere insoweit, als die Einkünfte eines 131ers in gewissem Umfang auf das Übergangsgehalt angerechnet würden.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 16. Januar 1961 und des Sozialgerichts Schleswig vom 9. Juni 1960 sowie die Bescheide der Beklagten vom 30. Oktober 1957 und 16. November 1959 aufzuheben und festzustellen, daß der Kläger nicht der Beitragspflicht zur landwirtschaftlichen Altersversorgung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

II.

Die durch Zulassung statthafte, auch form- und fristgerecht eingelegte Revision ist insoweit begründet, als das LSG zu Unrecht eine Beitragspflicht des Klägers bis zum 31. Dezember 1961 angenommen hat.

Nach § 8 Abs. 4 GAL aF i.V.m. § 1229 Abs. 1 Nr. 3 RVO sind versicherungsfrei Beamte ...., wenn ihnen Anwartschaft auf lebenslängliche Versorgung und auf Hinterbliebenenversorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen gewährleistet ist. Diese Voraussetzungen sind bei dem Kläger gegeben. Der Kläger erhält als unter das G 131 Fallender gemäß §§ 53, 37 G 131 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand ein Übergangsgehalt in Höhe des am 8. Mai 1945 erdienten Ruhegehalts. Dieses Gehalt ist aber nicht, wie das angefochtene Urteil annimmt, eine Versorgung als Ruhestandsbeamter, sondern eine besondere Art von Bezügen, die den unter dieses Gesetz fallenden Personen bis zum Eintritt in den Ruhestand als eine Art beamtenrechtliche Überbrückung gezahlt wird. Zwar gilt nach § 37 Abs. 2 Satz 1 G 131 bei der Anwendung des Abschn. V des Bundesbeamtengesetzes das Übergangsgehalt als Ruhegehalt. Jedoch bedeutet diese Verweisung nur, daß für die Berechnung der Bezüge die gleichen Vorschriften wie für Versorgungsbezüge anzuwenden sind, ohne daß damit gesagt wäre, die Bezüge eines 131ers seien Versorgungsbezüge. Vielmehr stellen 131er-Bezüge etwas anderes als ein Ruhegehalt dar. Aus § 35 G 131 ergibt sich, daß der Empfänger noch kein Ruhestandsbeamter ist. Beamte z. Wv. treten danach nämlich erst bei Dienstunfähigkeit oder mit Ende des Monats, in dem sie das 65. Lebensjahr vollenden, bzw. nach der am 1. Okt. 1961 in Kraft getretenen Neufassung mit Ablauf des 30. Sept. 1961 in den Ruhestand. Ein weiterer Unterschied ergibt sich aus dem bis zum 30. Sept. 1961 gültig gewesenen § 37 Abs. 2 (früher 3) Satz 2 und 3 des Gesetzes. Hiernach wird im Falle der Wiederverwendung im Öffentlichen Dienst das Einkommen aus dieser Verwendung auf das Übergangsgehalt voll angerechnet; sonstige Arbeitseinkünfte des Beamten z. Wv. aus Land- und Forstwirtschaft, aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit außerhalb des öffentlichen Dienstes werden in Höhe von zwei Dritteln angerechnet, wobei ein bestimmter Betrag frei bleibt. Eine ähnliche Anrechnung schreibt ab 1. Okt. 1961 § 35 Abs. 4 G 131 vor. Derartige Anrechnungen finden aber bei einem Ruhegehalt nicht statt. Vielmehr bestimmt § 158 des Bundesbeamtengesetzes, daß ein Versorgungsberechtigter, der aus einer Verwendung im öffentlichen Dienst ein Einkommen bezieht, seine Versorgungsbezüge nur bis zur Erreichung einer bestimmten, dort näher bezeichneten Höchstgrenze erhält. Eine Anrechnung anderweitiger Einkommen ist aber nicht vorgesehen. Bei diesen Unterschieden kann deshalb ein früherer Beamter, der Übergangsbezüge erhält, einem Ruhestandsbeamten nicht gleichgestellt werden, vielmehr ist ihm in dieser Zeit noch eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gewährleistet. Dies hat der Senat bereits in anderem Zusammenhang in seinem Urteil vom 23. Juni 1959 - 7 RAr 117/57 - (BSG 10, 103) ausgesprochen.

Der Kläger ist daher nach § 8 Abs. 4 GAL aF bis zum 31. Dezember 1961 versicherungsfrei.

Ob der Kläger gemäß § 9 Abs. 2 des am 1. Januar 1962 in Kraft getretenen Gesetzes zur Neuregelung der Altershilfe für Landwirte vom 3. Juli 1961 (BGBl I 845) - GAL nF - von der Versicherungspflicht zu befreien ist, kann im Rahmen dieses Rechtsstreits nicht geprüft werden. Hierüber hätte die Beklagte auf den Antrag des Klägers im Verwaltungswege zu entscheiden. Ohne Ausspruch einer derartigen Befreiung besteht vom 1. Januar 1962 an Versicherungspflicht.

Die angefochtenen Urteile und die Bescheide der Beklagten waren daher für die Zeit bis zum 31. Dezember 1961 aufzuheben und die Revision im übrigen zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2291024

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