Entscheidungsstichwort (Thema)

Überführung. Zusatzrente. Versorgungsleistung. Dynamisierung. Freiwillige Zusatzrentenversicherung. Angleichung. Umwertung. Abschmelzung

 

Leitsatz (amtlich)

Wurde ein Versicherter mit einer Versorgungszusage der Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVI) später zusätzlich Mitglied der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung, so ist die ihm gewährte einheitliche „Zusatzrente” weiterhin als Versorgungsleistung zu qualifizieren. Als solche nahm sie an Rentendynamisierungen nicht teil.

 

Normenkette

EinigVtr Art. 9 Abs. 2; EinigVtr Anlage II Kap VIII H III Nrn. 1, 9 Buchst. b; FZRV § 28; AAÜG § 2 Abs. 3, § 10 Abs. 3; SGB VI § 307b; RAV 1 §§ 1-2, 6; RAV 2 §§ 3-4, 8; RAnglG §§ 23-25, 29

 

Verfahrensgang

Thüringer LSG (Urteil vom 25.01.1994; Aktenzeichen L 3 An 77/93)

KreisG Erfurt (Urteil vom 01.06.1993; Aktenzeichen An 364/92)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Januar 1994 aufgehoben.

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Kreisgerichts Erfurt vom 1. Juni 1993 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten auch des Berufungs- und Revisionsverfahrens nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Kläger gewährten Altersrente. Streitig ist insbesondere, ob die Zusatzrente des Klägers an Rentenanpassungen und -dynamisierungen teilnimmt und sich hierdurch ein höherer Gesamtzahlbetrag ergibt.

Der bis 1986 in der DDR rentenversicherungspflichtig beschäftigte Kläger wurde im Juli 1951 in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVI) aufgenommen, aus der ihm eine Altersversorgung in Höhe von 60 vH des im letzten Jahr vor Eintritt des Versicherungsfalls bezogenen durchschnittlichen monatlichen Bruttogehalts, begrenzt auf höchstens 800,00 Mark, zugesagt wurde. Zum 1. Juli 1973 trat er der freiwilligen Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR) bei und entrichtete bis zu seinem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben laufend freiwillige Beiträge. Ab 1. September 1986 bezog er zunächst Invaliden- und später Invalidenaltersrente in Höhe von zuletzt (Juni 1990) 364,00 Mark zuzüglich einer Zusatzrente von 800,00 Mark. Die Zahlbeträge wurden zum 1. Juli 1990 auf DM umgestellt. Die Pflichtversicherungsrente wurde in Ausführung der Ersten Verordnung zur Anpassung der Renten in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (1. Rentenanpassungsverordnung – 1. RAV) vom 14. Dezember 1990 (BGBl I S 2867) auf 504,00 DM festgesetzt, auf 635,00 DM angeglichen und zum 1. Januar 1991 auf 731,00 DM erhöht; die Zusatzrente wurde jeweils um die Erhöhungsbeträge gemindert, so daß der Gesamtzahlbetrag unverändert blieb. In Ausführung der Zweiten Verordnung zur Anpassung der Renten und zu den maßgeblichen Rechengrößen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (2. Rentenanpassungsverordnung – 2. RAV) vom 19. Juni 1991 (BGBl I S 1300) erhöhte die Beklagte den Gesamtzahlbetrag zum 1. Juli 1991 auf 1.274,00 DM (841,00 DM Invalidenaltersrente zuzüglich 433,00 DM Zusatzrente). Ein Vergleich mit der zum 1. Januar 1992 umzuwertenden und anzupassenden Rente nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) ergab, daß der bisherige Zahlbetrag höher war; Invalidenaltersrente und Zusatzrente wurden daher als einheitliche Regelaltersrente in bisheriger Höhe weitergezahlt (Umwertungsbescheid vom 29. November 1991).

Die auf eine Dynamisierung der gesamten Altersversorgung gerichteten Widersprüche gegen die Rentenanpassungsmitteilungen und den Umwertungsbescheid der Beklagten sowie die anschließende Klage des Klägers sind erfolglos geblieben (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 1992; Urteil des Kreisgerichts Erfurt vom 1. Juni 1993). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Beklagte auf die Berufung des Klägers verurteilt, die gesamte Altersversorgung des Klägers seit dem 1. Juli 1990 aus Sozialpflichtversicherung und freiwilliger Zusatzrentenversicherung nach dem Gesetz zur Angleichung der Bestandsrenten an das Nettorentenniveau der Bundesrepublik Deutschland und zu weiteren rentenrechtlichen Regelungen (Rentenangleichungsgesetz – RAnglG) vom 28. Juni 1990 (GBl I Nr. 38 S 495 ber S 1457) sowie nach der 1. und 2. RAV zu erhöhen und den ermittelten Zahlbetrag ab Januar 1992 bis zur endgültigen Berechnung der Rente nach § 307b SGB VI weiterhin zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Mitgliedschaft des Klägers zur AVI sei durch den Beitritt zur FZR untergegangen. Dies ergebe sich aus § 28 der Verordnung über die freiwillige Zusatzrentenversicherung der Sozialversicherung (FZR-VO) vom 17. November 1977 (GBl I Nr. 35 S 395), wonach die FZR-Rente an die Stelle der AVI getreten sei. Der entgegenstehende Wille des bundesrepublikanischen Gesetzgebers, der sich erst im Gesetz zur Überführung der Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen des Beitrittgebietes (Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz – AAÜG) vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606, 1677) konkretisiert habe, könne nicht zur Auslegung von Vorschriften herangezogen werden, die auf den ganz anders gearteten Vorstellungen des DDR-Gesetzgebers beruhten. Eine rückwirkende Anwendung des AAÜG würde wegen echter Rückwirkung auf verfassungsrechtliche Bedenken stoßen. Eine etwaige systemwidrige Privilegierung der FZR(AVI)-Rentenbezieher gegenüber den reinen „AVI-Berechtigten”, deren Zusatzversorgung auf der Grundlage gesetzlicher Bestimmungen abzuschmelzen gewesen sei, könne nicht dazu führen, daß die FZR(AVI)-Rentenbezieher heute ohne gesetzliche Grundlage diesen AVI-Berechtigten „gleichgestellt” würden; eine solche Praxis verstoße gegen den Vorbehalt des Gesetzes.

Die Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt die Verletzung materiellen Rechts und trägt vor: Nach der in § 28 Abs. 2 FZR-VO angeordneten Rechtsfolge werde die Zusatzrente – jedenfalls in den hier interessierenden Rechtsfolgen – der Leistung aus der AVI vollkommen gleichgestellt. Diese Gleichstellung mit Zusatzversorgungsleistungen habe im übrigen auch § 17 der Zweiten Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung (Zweite Rentenverordnung der DDR – 2. RentV-DDR) sowie § 27 der Vierten Rentenverordnung der DDR (4. RentV-DDR) entsprochen; auch dort seien die anstelle einer AVI gezahlten Renten wie eine Leistung der AVI behandelt worden. Die Fortgeltung der FZR-VO über den 30. Juni 1990 hinaus ergebe sich aus den §§ 2 Abs. 3 und 10 Abs. 2 AAÜG, die den Gleichstellungsgedanken von Zusatzrenten mit AVI-Leistungen perpetuierten. Durch diese Bestimmungen werde klargestellt, daß der Gesetzgeber von einer bis zum 31. Dezember 1991 bestehenden Gleichstellung ausgegangen sei.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 25. Januar 1994 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Kreisgerichts Erfurt vom 1. Juni 1993 zurückzuweisen.

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten und hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

II

Die zulässige Revision ist begründet. Das LSG hat zu Unrecht das klageabweisende Urteil des SG aufgehoben und die Beklagte zur Erhöhung der Altersversorgung wie geschehen verurteilt. Die Rentenanpassungsbescheide und der Umwertungsbescheid der Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Dynamisierung auch des Teils seiner Altersversorgung, der aus seiner früheren Zusatzrente bestand bzw auf ihr beruht.

Der Kläger wendet sich mit seinem im Berufungsverfahren formulierten Antrag dagegen, daß der Gesamtzahlbetrag seiner Altersversorgung („… die gesamte Altersversorgung”) nicht in ihren beiden Ursprungsbestandteilen Invalidenaltersrente und Zusatzrente angepaßt und erhöht worden ist. Er ist der Ansicht, sein Gesamtversorgungsanspruch unterliege der Anpassung gemäß § 2 Abs. 1 RAnglG, §§ 1 und 2 der 1. RAV sowie §§ 3 und 4 der 2. RAV und dieser dynamisierte Betrag sei ab Januar 1992 bis zur endgültigen Berechnung der Rente nach § 307b SGB VI weiterzuzahlen. Streitgegenstand ist danach die Höhe des Gesamtanspruches des Klägers auf Altersversorgung bis zu dessen Überführung in die Rentenversicherung zum 1. Januar 1992 sowie der diesen ersetzende Anspruch auf Regelaltersrente nach dem SGB VI. Nicht anders zu verstehen ist auch der Tenor des Berufungsurteils, der auf die „gesamte Altersversorgung” des Klägers seit dem 1. Juli 1990 aus der Sozialpflichtversicherung und der FZR abstellt: Zwar hat die Beklagte den klägerischen Anspruch aus der Sozialpflichtversicherung angepaßt und erhöht, so daß der Kläger wegen der Dynamisierung seines Sozialpflichtversicherungsanspruchs nicht beschwert ist. In gleicher Weise ist aber der klägerische Anspruch aus der Zusatzrentenversicherung nicht nur nicht erhöht, sondern „abgeschmolzen” worden. Das LSG hat demgegenüber die Dynamisierung des Gesamtzahlbetrages für gesetzlich gerechtfertigt gehalten. Vom Kläger angefochten sind neben dem Umwertungsbescheid vom 29. November 1991 auch die vorangegangenen „Mitteilungen” über die Rentenanpassungen nach der 1. und 2. RAV, denen wegen ihres umfassenden Regelungsgehalts Verwaltungsaktcharakter zukommt (Bundessozialgericht ≪BSG≫ Urteile vom 8. April 1992 – 8 RKn 5/91 – SozR 3-2200 § 1278 Nr. 2 mwN und vom 24. Januar 1995 – 8 RKn 11/93 – BSGE 75, 291 = SozR 3-1300 § 50 Nr. 17; st Rspr). Die gegen diese „Mitteilungen” eingelegten Widersprüche sind durch den nach Klageerhebung (6. Juli 1992) erlassenen Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 3. Dezember 1992 mitbeschieden worden.

Indes mangelt es für das klägerische Begehren an einer Rechtsgrundlage. Für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1992 war die Beklagte berechtigt, sich für eine Übergangszeit eines – pauschalen – maschinellen Berechnungsverfahrens zu bedienen, § 307b Abs. 5 SGB VI. In Anwendung dieser Vorschriften hat die Beklagte den Gesamtanspruch des Klägers auf Altersversorgung zutreffend ohne die vom Kläger begehrte Dynamisierung ermittelt. Aber auch für Rentenbezugszeiten vor dem 1. Januar 1992 kann der Kläger die Dynamisierung seines Gesamtanspruchs nicht verlangen.

Das LSG hat mit seiner gegenteiligen Entscheidung die in § 28 Abs. 2 FZR-VO angeordnete Rechtsfolge verkannt, wonach die FZR(AVI)-Rente („Zusatzrente”) hinsichtlich der hier interessierenden Rechtsfolgen der Leistung aus der AVI gleichgestellt wird. Die Fortgeltung der vom DDR-Gesetzgeber erlassenen FZR-VO bis 31. Dezember 1991 ergibt sich aus Art. 9 Abs. 2 des Einigungsvertrages (EinigVtr) vom 31. August 1990 (BGBl I S 889) iVm Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr. 1 zu diesem Vertrag. Der Rechtsgedanke der Gleichstellung von FZR(AVI)-Zusatzrente mit der „reinen” AVI-Leistung findet sich in § 2 Abs. 3 und § 10 Abs. 3 AAÜG, also ebenfalls Bundesrecht, wieder, die hinsichtlich der Grundsätze der Überführung von Rentenansprüchen und -anwartschaften einen Anspruch auf Zusatzrente, wie ihn § 28 FZR-VO umschreibt, voraussetzen. Mithin war die dem Kläger gewährte Zusatzrente als Versorgungsleistung zu qualifizieren. Als solche nahm sie an der Dynamisierung nicht teil.

Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 RAnglG, daß sowohl Renten aus der Sozialpflichtversicherung als auch Renten aus der FZR nach den in der Anlage zu dieser Vorschrift festgelegten Prozentsätzen erhöht werden. Auch beziehen § 1 der 1. RAV und § 3 der 2. RAV die Renten aus der FZR hinsichtlich der jeweils 15prozentigen Erhöhung (§ 2 der 1. RAV; § 4 der 2. RAV) in den Kreis der Renten aus der Rentenversicherung ein. Gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz, Abs. 3 der 1. RAV, § 8 Abs. 1 der 2. RAV wurden bei der Anpassung von Renten mit Zusatzversorgung die Anpassungsbeträge aber auf gleichartige zusätzliche Versorgungen angerechnet. Ein Erhöhungsbetrag wurde nur insoweit gezahlt, als er den Betrag einer gleichartigen zusätzlichen Versorgung überstieg. Eine vergleichbare Regelung hatte der demokratisierte DDR-Gesetzgeber bereits in § 24 Abs. 5 Satz 2 RAnglG erlassen, wonach Rentenerhöhungen zur Hälfte auf den noch gezahlten Teil der zusätzlichen Versorgung angerechnet werden sollten. Bei der dem Kläger gewährten FZR(AVI)-„Rente” handelt es sich um eine solche Zusatzversorgung und nicht um eine beitragsfinanzierte Rente.

Gemäß § 28 Abs. 1 Buchst b FZR-VO erhielten Werktätige, die in die zusätzliche AVI einbezogen waren und danach der FZR beitraten, anstelle der AVI-Versorgung eine Zusatzrente in Höhe der zugesicherten AVI, sofern die Zusatzrente aufgrund ihrer Beitragszahlung und der Beitragszahlung des Betriebes nicht höher war. Bereits der DDR-Gesetzgeber unterschied hiernach zwischen einer – zugesagten – Altersversorgung und einer Zusatzrente aufgrund Beitragszahlung; die Regelung in § 28 Abs. 1 Satz 1 FZR-VO garantierte Mitgliedern in beiden Sicherungssystemen die höhere Altersversorgung, aufgrund der Höhe der zugesagten Versorgung regelmäßig also die AVI-Leistung. Dabei stellte § 28 Abs. 2 FZR-VO klar, daß Werktätige, die eine „Zusatzrente” in Höhe der zusätzlichen AVI-Versorgung gemäß Abs. 1 der Vorschrift erhielten, bei der Berechnung der Rente aus der Sozialpflichtversicherung den Empfängern einer zusätzlichen AVI-Versorgung gleichgestellt waren. Dieser Status als Versorgungsempfänger wurde also im Verhältnis zur Sozialpflichtversicherung durch die Einbeziehung in die FZR nicht berührt.

Der sachliche Grund für die Trennung zwischen „echter” Sozialversicherung (Sozialpflicht- und FZR-Versicherung) einerseits und Ansprüchen und Anwartschaften kraft Zusage einer Zusatz- oder Sonderversorgung andererseits besteht darin, daß nur bei der „echten” Sozialversicherung annähernd von einer das Rentenversicherungssystem des SGB VI kennzeichnenden konkreten Entgelt- und Beitragsbezogenheit der Renten ausgegangen werden kann. Demgegenüber waren bei den Zusatz- und Sonderversorgungssystemen Rechtsgrundlagen häufig nicht veröffentlicht, Leistungsvoraussetzungen oder Anspruchsvoraussetzungen ungeklärt und individuelle Beitragsleistungen nur zum Teil und in unterschiedlicher Höhe erforderlich (zu Einzelheiten vgl Kärcher, DAngVers 1993, 97 ff; Estelmann, DAngVers 1993, 278 ff; Bienert, ZSR 1993, 349 ff).

Schon der Gesetzgeber der demokratisierten DDR hatte ab 1. Juli 1990 eine Rentendynamisierung nur für die echte Sozialpflichtversicherung und die FZR vorgesehen. Ansprüche und Anwartschaften auf Zusatz- und Sonderversorgungsrenten und auf daneben gezahlte Sozialpflichtversicherungsrenten waren demgegenüber zunächst bis zur Überführung in die Rentenversicherung, die bis Ende 1990 durch Rechtsverordnung (§ 29 RAnglG) erfolgen sollte, in unveränderter Höhe – umgestellt auf DM – weiterzuzahlen, § 23 Abs. 1 Satz 2 RAnglG. Schon der DDR-Gesetzgeber sah (in §§ 24, 25 RAnglG) grundsätzlich vor, Zusatzrenten und Sozialpflichtversicherungs- sowie FZR-Renten durch eine einzige, neu festzusetzende Rente aus der Sozialpflichtversicherung zu ersetzen; die Überführung sollte im zweiten Halbjahr 1990 geschehen. Einzelheiten der Überführung der zusätzlichen Versorgungssysteme in die Rentenversicherung blieben nach der Regelungsermächtigung des § 29 RAnglG ministerieller Regelung vorbehalten. Zu einer entsprechenden Regelung ist es jedoch nicht mehr gekommen.

Gemäß Art. 9 Abs. 2 des EinigVtr bleibt das in der Anl. II zum EinigVtr aufgeführte Recht der DDR mit den dort genannten Maßgaben in Kraft. Hierzu zählt gemäß Anl. II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr. 1 zum EinigVtr auch die FZR-VO. Die Anl. II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr. 9 Buchst b zum EinigVtr trifft hinsichtlich der Regelungen für Zusatz- und Sonderversorgungssysteme folgende Maßgaben: „Erworbene” Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen sollten bis 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführt werden. Bis zur Überführung waren die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden, wobei ua ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen, überhöhte Leistungen abzubauen sowie Besserstellungen gegenüber vergleichbaren Ansprüchen und Anwartschaften aus anderen öffentlichen Versorgungssystemen zu beseitigen waren. Durch diese spezielle Auslegungsregel hat der EinigVtr das Überführungsprogramm der DDR mithin ua in folgender Hinsicht verändert: Die erworbenen Ansprüche und Anwartschaften auf Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alters und Todes sollten – soweit noch nicht geschehen – bis Ende 1991 in die Rentenversicherung überführt werden (sog „Systementscheidung”, vgl BSG Urteil vom 27. Januar 1993 – 4 RA 40/92 – BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1). Satz 4 der Vorschrift bestimmt darüber hinaus, daß bei Personen, die am 3. Oktober 1990 leistungsberechtigt waren (sog Bestandsrentner), bei der Anpassung nach Satz 3 Nr. 1 der Zahlbetrag nicht unterschritten werden durfte, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und den Versorgungssystemen zu erbringen war (sog Zahlbetragsgarantie).

Aus dem Zusammenwirken der sog Systementscheidung mit der sog Zahlbetragsgarantie ergibt sich, daß der EinigVtr die in § 24 Abs. 5 RAnglG vorgesehene begrenzte Dynamisierung des Gesamtzahlbetrags der Ansprüche auf Altersversorgung oberhalb der Sozialversicherungsrente auch für Bestandsrentner und rentennahe Jahrgänge abgeschafft hat, so daß diesem Personenkreis seit dem 3. Oktober 1990 nur noch die Erhaltung des Nominalwertes ihres bisherigen Anspruches gewährleistet war (BSG Urteile vom 27. Januar 1993 – 4 RA 40/92 – BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1; vom 30. März 1994 – 4 RA 62/93 – nicht veröffentlicht; vom 5. März 1996 – 4 RA 82/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Der Sache nach besteht diese Systementscheidung, alle Altersversorgungsansprüche auch der Zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten ausschließlich durch eine einzige Rente aus der Rentenversicherung zu ersetzen, aus zwei Entscheidungen: Den Betroffenen wird – ausschließlich begünstigend – ein gesetzlicher Anspruch nach dem SGB VI eingeräumt, der ihnen ohne diese gesetzliche Regelung nicht zugestanden hätte; die zusatz- und Sonderversorgungsberechtigten Bestandsrentner und rentennahen Jahrgänge werden – unter gesetzlicher Zahlbetragsgarantie – „ausschließlich” auf derartige Ansprüche nach dem SGB VI verwiesen.

Die – inzwischen durch Inkrafttreten des SGB VI vollzogene – Systementscheidung unterliegt auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, wie der 4. Senat des BSG in seinen Urteilen vom 27. Januar 1993 – 4 RA 40/92 – BSGE 72, 50 = SozR 3-8570 § 10 Nr. 1 und vom 5. März 1996 – 4 RA 82/94 – ausgeführt hat. Dem schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung an.

Die vom Kläger begehrte Dynamisierung seines Gesamtanspruchs auf Rente ist mithin bundesrechtlich nicht vorgesehen. Da die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten nicht zu beanstanden sind, waren die anderslautende berufungsgerichtliche Entscheidung aufzuheben und das klageabweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1049464

BSGE, 57

Breith. 1997, 246

SozSi 1997, 159

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