Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Kindergeld

 

Tenor

Die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 8. April 1970 werden zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I

Der Kläger ist als Waldarbeiter bei der beigeladenen Forstgenossenschaft beschäftigt. Sein Lohn ist mündlich frei vereinbart worden. Er ist nicht tarifgebunden. Die beklagte Bundesanstalt für Arbeit (BA) zahlte dem Kläger bis Juni 1966 Kindergeld. Hit Bescheid vom 4. Juli 1966 entzog sie ihm das Kindergeld mit Ablauf des Monats Juni 1966. Zur Begründung gab sie an, die Arbeitgeberin des Klägers sei eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, der Anspruch auf Kindergeld also gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 des Bundeskindergeldgesetzes (BKGG) ausgeschlossen. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 27. September 1966).

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hildesheim durch Urteil vom 5. April 1967 abgewiesen. Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen durch Urteil vom 8. April 1970 zurückgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt: Für den Ausschluß des Klägers vom Bezug des Kindergeldes nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG reiche es aus, daß die beigeladene Forstgenossenschaft formal Körperschaft des öffentlichen Rechts sei. Es sei nicht notwendig, daß sie darüber hinaus fiskalisch in den Verband der öffentlichen Hand eingegliedert sei und das im öffentlichen Dienst übliche Tarifrecht anwende. Mit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts -BSG - (SozR Nr. 4 zu § 7 BKGG) sei von einem einheitlichen Rechtsbegriff der öffentlich-rechtlichen Anstalt und damit auch der öffentlich-rechtlichen Körperschaft auszugehen. Dagegen könne auch nicht eingewandt werden, bei der Auslegung sei die Überschrift des § 7 BKGG - "öffentlicher Dienst" - zu berücksichtigen. Dieser könne nach zwei verschiedenen Merkmalen abgegrenzt werden. Einmal sei es möglich, darauf abzustellen, ob der Arbeitgeber eine juristische Person des öffentlichen Rechts sei; diese dem Dienstrecht nicht fremde Abgrenzung liege auch dem § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG zugrunde. Andererseits sei es auch möglich, den öffentlichen Dienst danach abzugrenzen, ob die für die Arbeitnehmer des Bundes oder eines Landes geltenden oder vergleichbaren tarifvertraglichen Regelungen auf die Arbeitsverhältnisse angewandt würden. Diese Form der Abgrenzung enthalte § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG. Die beigeladene Forstgenossenschaft sei als Realgemeinde nach dem Gesetz betr. die Verfassung der Realgemeinden in der Provinz Hannover vom 5. Juni 1888 (Preußische Gesetzessammlung S. 233) - RGG - als Körperschaft des öffentlichen Rechts anzusehen. Das habe auch bereits der Bundesgerichtshof (BGH) mit Urteil vom 17. Januar 1962 (BGHZ 36, 283) entschieden. Unerheblich sei die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der beigeladenen Forstgenossenschaft. § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG knüpfe nämlich nicht an diese an, sondern an die formale Organisation. Körperschaft des öffentlichen Rechts sei aber nach dem RGG nur eine Forstgenossenschaft, die - wie die Beigeladene - ein Statut habe. An der Rechtslage habe sich auch nichts durch die nach der Entscheidung des BGH vom 17. Januar 1962 ergangenen Gesetzesänderungen, auf die sich der Kläger berufe, geändert. Das gelte zunächst von dem Gesetz über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen vom 15. September 1965 - GDL - (BGBl I 1350). Die Gesetzesänderung betreffe eine rein steuerrechtliche Frage, ob nämlich Einkünfte von Forstgenossenschaften und ähnlichen Realgemeinden im Sinne des § 3 Abs. 2 des Körperschaftssteuergesetzes körperschaftssteuerpflichtig seien oder zur Einkommensteuer herangezogen werden müßten. Zu Unrecht berufe sich aus ähnlichen Gründen der Kläger auch auf das Gesetz zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes - Landwirtschaft vom 8. September 1969 (BGBl I 1589). Im Rahmen dieses Gesetzes komme es nur auf die haushaltsmäßige Zugehörigkeit zur öffentlichen Hand und nicht auf die formale Abgrenzung als Körperschaft des öffentlichen Rechts an. Auch diesem Gesetz könne daher nicht entnommen werden, daß die Realgemeinden nach dem RGG in Körperschaften des privaten Rechts umgewandelt werden sollten. In diesem Zusammenhang sei auch noch das Bundesgesetz über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse vom 1. September 1969 (BGBl I 1543) zu erwähnen. Dieses Gesetz kenne in § 2 Forstbetriebsgemeinschaften als privatrechtliche Zusammenschlüsse und in § 7 Forstbetriebsverbände als öffentlich-rechtliche Körperschaften. Dabei komme es nur auf die Rechtsnatur des Zusammenschlusses, nicht auf die Rechtsnatur der zusammengeschlossenen Waldeigentümer an. Für die Zeit von November 1969 an habe der Gesetzgeber den öffentlich-rechtlichen Charakter der beigeladenen Forstgenossenschaft ausdrücklich klargestellte Nach § 2 des Niedersächsischen Realverbandsgesetzes vom 4. November 1969 (Nds. GVBl S. 187) seien die Realgemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts. Nach § 1 dieses Gesetzes gehörten zu den Realverbänden die Realgemeinden im Sinne des alten preußischen RGG. Im stenografischen Bericht des Landtags (52. Sitzung vom 20. Juni 1969, VI/4878, 4880) und im Regierungsentwurf (Landtagsdrucks. VI/205 S. 19 f) heiße es hierzu, die öffentlich-rechtliche Organisationsform sei auch von der Sache her nicht nur gewünscht, sondern gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe keine Rechtsänderung, sondern lediglich eine Rechtsklarstellung gewollt. Damit gehe auch der Gesetzgeber davon aus, daß die Realgemeinden Körperschaften des öffentlichen Rechts seien.

Gegen das Urteil des LSG haben der Kläger und die beigeladene Forstgenossenschaft - die zugelassene - Revision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG und des Art. 3 des Grundgesetzes (GG). Sie führen dazu aus: Die vom Berufungsgericht getroffene Auslegung des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG müsse schon aus praktischen Gründen abgelehnt werden. Die beigeladene Forstgenossenschaft sei nämlich der erheblichen finanziellen Belastung nicht gewachsen, wenn sie in Zukunft aus eigenen Mitteln ihren Arbeitnehmern Kindergeld zahlen müsse. Sinn und Zweck der Vorschrift des § 7 BKGG sei es, die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes vom Bezug des Kindergeldes auszuschließen. Das LSG habe bei seiner Auslegung den Begriff des öffentlichen Dienstes verkannt. Durch die Beschäftigung des Klägers als Waldarbeiter sei die Beigeladene nicht zu einem öffentlichen Dienstherrn und der Kläger nicht zu einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes geworden. Es müsse auch bezweifelt werden, ob sich das LSG auf die Entscheidung des BSG vom 10. Juli 1969 (SozR Nr. 4 zu § 7 BKGG) berufen könne. Das Schwergewicht dieses Urteils scheine darauf zu beruhen, daß gerade die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG den Schluß rechtfertige, Arbeitnehmer öffentlich-rechtlicher Anstalten als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG zu behandeln. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers werde aber der für die staatliche Forstverwaltung des Landes Niedersachsen gültige Tarifvertrag nicht angewendet. Die arbeitsrechtlichen Beziehungen des Klägers und der Beigeladenen seien vielmehr, wie das Berufungsgericht zutreffend festgestellt habe, frei mündlich vereinbart. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) werde darin gesehen, daß Arbeitnehmer von katholischen Klöstern und klösterlichen Verbänden, die Körperschaften des öffentlichen Rechts seien, Kindergeld erhielten, weil diese Körperschaften nach Auffassung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung nicht unter die Ausschlußfrist des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG fielen (Erlaß vom 15. Juli 1964 - II b 4-2983 - abgedruckt bei Berndt/Draeger, Arbeitsvermittlung, Berufsberatung, Arbeitslosenversicherung, Teil VIII, §§ 6-8 E 4 -). Auch aus dem formalen Charakter der Beigeladenen als Körperschaft des öffentlichen Rechts könne nichts geschlossen werden, weil die Beigeladene wegen ihrer überwiegenden privatrechtlichen Merkmalen den juristischen Personen des Privatrechts näher stehe und jedenfalls dann nicht aus formalrechtlichen Gründen als zum öffentlichen Dienst gehörig gerechnet werden könne, wenn auf sie, wie im hier vorliegenden Fall, die Vorschrift des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG nicht anzuwenden sei. Im Gegensatz zur Auffassung des LSG sei den auch noch in jüngster Zeit erlassenen Gesetzen zu entnehmen, daß der Gesetzgeber den Forstgenossenschaften eine Sonderstellung gegenüber sonstigen Körperschaften des öffentlichen Rechts zugestehe, die eine unterschiedliche Behandlung auch der Beigeladenen bei der Kindergeldregelung notwendig mache.

Der Kläger und die Beigeladene beantragen,

die vorinstanzlichen Urteile und den Entziehungsbescheid vom 4. Juli 1966 in der Gestalt des widerspruchsbescheids vom 27. September 1966 aufzuheben,

hilfsweise,

den Rechtsstreit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und führt noch aus: Es liege keine Verletzung des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) darin, daß den Arbeitnehmern von Klöstern und klösterlichen Verbänden in Bayern Kindergeld gewährt werde, weil diese Einrichtungen nur formal den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts hätten, ohne es jedoch in Wirklichkeit zu sein. Ungeachtet der Frage, ob diese Ausnahmeregelung gerechtfertigt sei oder nicht, könne die Revision daraus gleichwohl kein Präjudiz herleiten. Die Begründung der Ausnahme ergäbe sich nämlich aus dem kanonischen Recht und aus der auch von Reichskonkordat berücksichtigten Ausnahmestellung der Klöster gegenüber der Kirche und anderen Religionsgemeinschaften. Aus einer möglicherweise rechtsirrtümlichen Anwendung des Gesetzes könne im übrigen die Revision keinen Anspruch auf Gleichbehandlung herleiten.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil nach § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) einverstanden erklärt.

II

Die Revisionen des Klägers und der beigeladenen Forstgenossenschaft sind unbegründet.

Der Kläger ist Arbeitnehmer der Beigeladenen; diese ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Er ist damit vom Bezug des Kindergeldes nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG ausgeschlossene. Die Beklagte hat daher dem Kläger mit Ablauf des Monats Juni 1966 nach § 22 BKGG das Kindergeld zu Recht entzogen, weil die Voraussetzungen für die Gewährung von Anfang an nicht vorgelegen haben.

Nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG sind Arbeitnehmer des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer sonstigen Körperschaft, einer Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts vom Bezug des Kindergeldes ausgeschlossen. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, daß diese Voraussetzungen beim Kläger erfüllt sind.

Die mit einem Statut versehenen Realgemeinden in der früheren preußischen Provinz Hannover, zu denen die beigeladene Forstgenossenschaft nach den unangefochtenen und für das Revisionsgericht (§ 163 SGG) bindenden Feststellungen des LSG gehört und die durch das preußische RGG vom 5. Juni 1888 eine gesetzliche Regelung erfahren haben, die durch Art. 164 des Einführungsgesetzes zum BGB aufrechterhalten worden ist, sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Das entspricht nicht nur der überwiegenden Meinung in der Literatur, sondern auch der ständigen Rechtsprechung des BGH (BGHZ 36, 283 mit ausführlichen Nachweisen des Schrifttums; BGH LM Nr. 2 zu § 142 BGB). Der Senat hat keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal auch die Revision den formellen Status der beigeladenen Forstgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts in der Revisionsbegründung (S. 8) nicht in Zweifel zieht. Hinzu kommt, daß § 1 Nr. 2 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 1 des Nieder sächsischen Realverbandsgesetzes vom 4. November 1969 (Nds. GVBl S. 187) ausdrücklich den Status der beigeladenen Forstgenossenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts bestätigt hat.

Nicht nur vom Wortlaut her rechtfertigt es sich, die Arbeitnehmer der beigeladenen Forstgenossenschaft gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG vom Bezug des Kindergeldes auszuschließen.

Das ergibt sich auch aus dem Zusammenhang und der Entwicklungsgeschichte der Vorschriften des § 7 BKGG. Gegen eine Differenzierung zwischen einzelnen Körperschaften des öffentlichen Rechts spricht schon die Tatsache, daß nach § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG sogar Arbeitnehmer bestimmter Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen, deren privatrechtliche Rechtsform außer Frage steht, vom Bezug des Kindergeldes ausgeschlossen sind, wenn diese privatrechtlich organisierten Rechtsträger Aufgaben der Daseinsvorsorge wahrnehmen (BSG 32, 102) und Tarifverträge des Bundes oder eines Landes oder denen vergleichbare tarifvertragliche Regelungen anwenden (vgl. BT-Drucks. IV/818 S. 15 und 16; BSG SozR Nr. 3 zu § 7 BKGG; BSG 32, 102). Wenn schon Arbeitnehmer dieser Vereinigungen, Einrichtungen und Unternehmungen zum öffentlichen Dienst im weiteren Sinne gerechnet und vom Bezug des Kindergeldes ausgeschlossen werden, dann wäre es unverständlich, Arbeitnehmer von Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts nicht als Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im Sinne des § 7 Abs. 1 BKGG zu behandeln (vgl. BSG SozR Nr. 4 zu § 7 BKGG).

Auch die Entstehungsgeschichte des § 7 BKGG spricht für die hier vorgenommene Auslegung. Nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 des Kindergeldgesetzes vom 13. November 1954 - KGG - (BGBl I 333) bestand ein Anspruch auf Drittkindergeld nicht für Kinder von Arbeitnehmern des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, deren Beschäftigung im jeweiligen Monat drei Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit erreichte, soweit ihre Dienstherren Regelungen anwendeten, die mindestens den allgemeinen tariflichen Bestimmungen des Bundes oder der Länder über Kinderzuschläge entsprachen. Bereits bei der Einführung des Zweitkindergeldes durch das Kindergeldkassengesetz -KGKG - vom 18. Juli 1961 (BGBl I 1001) hat der Gesetzgeber eine andere Regelung getroffen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 KGKG bestand der Anspruch auf Zweitkindergeld nicht für Kinder von Arbeitnehmern des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, ohne Rücksicht darauf, ob diese entsprechende tarifvertragliche Regelungen des Bundes oder der Länder über Kinderzuschläge anwendeten. Die noch in § 3 Abs. 2 Nr. 2 KGG vorhandenen Einschränkungen wurden fallengelassen, weil sie sich nicht bewährt und zu erheblichen Verzögerungen der Kindergeldgewährung und zu Doppelleistungen geführt hatten (vgl. BR-Drucks. 90/61 S. 14; BT-Drucks. III/2648 S. 14; BT-Drucks. III/2868 S. 3). Entsprechende Gegenvorschläge des Bundesrates, Angehörigen des öffentlichen Dienstes, die nicht den vollen gesetzlichen oder tariflichen Kinderzuschlag erhielten, dennoch das Zweitkindergeld insoweit zu zahlen, als die Kinderzuschläge die Höhe des Zweitkindergeldes nicht erreichten, wurden vom Bundestag ausdrücklich abgelehnt und fanden keinen Eingang in das KGKG (vgl. BT-Drucks. III/2648 S. 23 und S. 27; BT-Drucks. III/2868 S. 3). Schon nach dem KGKG (§ 4 Abs. 1) wurde den Arbeitnehmern des Bundes, der Länder, der Gemeinden (Gemeindeverbände) und der sonstigen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts ein arbeitsrechtlicher Anspruch eingeräumt, wenn ihre Arbeitgeber nicht die für Beamte geltenden besoldungsrechtlichen Vorschriften über Kinderzuschläge oder Regelungen anwendeten, die diesen mindestens entsprachen. Allerdings wurden den Arbeitgebern die aus dieser Regelung des § 4 Abs. 1 KGKG entstehenden Mehraufwendungen auf Antrag von der Kindergeldkasse, also aus Mitteln des Bundes, erstattet (§ 4 Abs. 4 KGKG).

Bei der umfassenden Neuregelung des Kindergeldes durch das BKGG im Jahre 1964 wurde auch für das Kindergeld für die dritten und weiteren Kinder ausdrücklich an die Hegelungen des KGKG und nicht des KGG angeknüpft (vgl. BT-Drucks. IV/818 S. 15). Die beim Zweitkindergeld nach § 4 Abs. 4 KGKG bisher noch vorgeschriebene Erstattungspflicht wurde sogar nicht mehr mit in das BKGG übernommen. Dies wurde damit begründet, daß die Arbeitgeber durch die Gewährung von, Ersatzleistungen nicht stärker belastet würden als die übrigen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber durch die Gewährung von Kinderzuschlägen. Im wirtschaftlichen Ergebnis entsprach der Entwurf damit der Regelung des KGG, nach der die öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber, die auf ihre Arbeitnehmer keine Regelungen über Kinderzuschläge anwendeten, verpflichtet waren, die Kindergeldgewährung durch Beiträge an die gesetzlichen Träger der Kindergeldzahlung (Familienausgleichskassen) zu finanzieren (vgl. BT-Drucks. IV/818 S. 16). Alle Versuche im Bundestag, dennoch für die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu einer Erstattungsregelung gegenüber dem Bund zu kommen, scheiterten, wie sich ausdrücklich aus dem Kurzprotokoll der 49. Sitzung des Ausschusses für Arbeit - 21. Ausschuß - ergibt (vgl. Kurzprotokoll 49 S. 12).

Aus dem Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG, seinem Zusammenhang mit § 7 Abs. 1 Nr. 4 und § 7 Abs. 6 BKGG sowie in Verbindung mit der Entstehungsgeschichte des § 7 Abs. 1 und 6 BKGG ist daher auf den ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers zu schließen, daß bei allen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, ohne Rücksicht auf die von ihnen zu erledigenden Aufgaben und Geschäfte und ohne Rücksicht darauf, ob auf ihre Arbeitnehmer tarifvertragliche Regelungen angewendet werden, die mit denen des Bundes oder eines Landes vergleichbar sind, Kindergeld nach den BKGG nicht gewährt werden soll. Mit Recht ist deshalb das LSG in Anlehnung an das Urteil des Senats von 10. Juli 1969-7 RKg 19/67 - (SozR Nr. 4 zu § 7 BKGG) auch bei den Arbeitnehmern der beigeladenen Forstgenossenschaft zu dem Ergebnis gekommen, daß diese vom Bezug des Kindergeldes nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG ausgeschlossen sind.

Diese Regelung verstößt nicht gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Ein solcher Verstoß kann im vorliegenden Fall insbesondere nicht darin gefunden werden, daß der Gesetzgeber den Arbeitnehmern der öffentlich-rechtlichen Forstgenossenschaften anstelle eines Anspruchs auf Kindergeld nach dem BKGG einen Anspruch gegen ihre Arbeitgeber einräumt, ihnen bei Vollbeschäftigung auf arbeitsrechtlicher Grundlage gesetzliche Leistungen in Höhe des Kindergeldes zu gewähren (§ 7 Abs. 6 BKGG), während privatrechtlichen Waldgenossenschaften diese Verpflichtung nur auferlegt ist, wenn sie die besonderen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 4 BKGG erfüllen. Es handelt sich hierbei nicht um eine unsachliche (willkürliche) Differenzierung. Allerdings geht im Gegensatz zu den früheren Regelungen im KGG das BKGG davon aus, daß es Aufgabe der Allgemeinheit ist, die wirtschaftliche Familienlast in gewissem Umfang auszugleichen; daher hat es die Aufbringung der für diesen Ausgleich erforderlichen Mittel dem Bund auferlegt und ist von dem früheren Versicherungsprinzip, bei dem die Leistungen durch Beiträge der Arbeitgeber aufzubringen waren, abgegangen. Ausnahmen von dieser selbstgewählten Regel sind, auch unter Berücksichtigung der im Bereich der gewährten Staatstätigkeit dem Gesetzgeber zustehenden großen Gestaltungsfreiheit, nur dann mit dem GG vereinbar, wenn sie durch einen sachlich einleuchtenden Grund gerechtfertigt sind. Der Ausschluß der Angehörigen des öffentlichen Dienstes im weiteren Sinne von dem Kindergeld ist aber sachlich gerechtfertigt, weil der dafür aus anderem Rechtsgrund (§ 7 Abs. 6 BKGG) gegen ihre Arbeitgeber gerichtete arbeitsrechtliche Anspruch in Höhe des Kindergeldes sich ebenfalls gegen die öffentliche Hand richtet und es der Sinn und Zweck des BKGG ist, doppelte Leistungen der öffentlichen Hand für den gleichen Zweck zu vermeiden (BVerfG 22, 28, 34; BSG 32, 98, 101). Diese Erwägungen rechtfertigen grundsätzlich den Ausschluß der in § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BKGG bezeichneten Gruppen von dem Bezug des Kindergeldes (BVerfG 22, 28, 34 f.). Der mit der Regelung verfolgte Zweck geht somit dahin, die Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes im weiteren Sinne von der allgemeinen Kegel des BKGG auszunehmen, weil die Zahlung von entsprechenden Leistungen an sie durch die Arbeitgeber insoweit ebenfalls aus Öffentlichen Mitteln erfolgte (vgl. BVerfG 22, 28, 36).

Es kann hier dahinstehen, ob etwas anderes zu gelten hätte, wenn es sich bei der beigeladenen Forstgenossenschaft um eine Körperschaft des öffentlichen Rechts handeln würde, der keinerlei Hoheitsrechte - wie den Klöstern in Bayern - zustünden und die sich nur rein erwerbswirtschaftlich mit der Absicht auf Gewinnerzielung betätigen würde. Dies ist nämlich bei der Beigeladenen nicht der Fall. Mit Recht hat insoweit das LSG schon darauf hingewiesen, daß der beigeladenen Forstgenossenschaft eine Reihe von hoheitlichen Befugnissen nach dem RGG eingeräumt ist, die sie damit in jedem Fall als Verwaltung im funktionellen Sinne erscheinen läßt. Da die Realgemeinden in der ehemals preußischen Provinz Hannover - also auch die Beigeladene - die Befugnis haben, von den Mitgliedern Umlagen zu erheben, die den Öffentlichen Lasten gleichzuachten sind (§ 8 Nr. 3 und 4 RGG), und diese ebenso wie die sonstigen Verpflichtungen gegenüber der Realgemeinde vom Vorstand durch Anwendung der dem Gemeindevorsteher zustehenden Zwangsmittel durchgesetzt werden können (vgl. jetzt § 29 Abs. 1 und 4 des niedersächsischen Realverbandsgesetzes), verfügt die Beigeladene auch über "öffentliche Mittel" , so daß auch von diesem Gesichtspunkt her ihre Zurechnung zu, den Arbeitgebern des öffentlichen Dienstes im weiteren Sinne bedenkenfrei ist. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ändern daran die vom Kläger und der Beigeladenen angeführten Vorschriften des GDL, des Gesetzes zur Änderung des Gasöl-Verwendungsgesetzes - Landwirtschaft- und die Vorschriften über forstwirtschaftliche Zusammenschlüsse - auch nach dem Entwurf des Bundeswaldgesetzes (BR-Drucks. 301/72) - nichts. Durch alle diese Gesetze wird nämlich die Möglichkeit der beigeladenen Forstgenossenschaft, mit Hilfe ihrer durch Gesetz eingeräumten hoheitlichen Befugnisse zwangsweise Gelder von den Mitgliedern der Realgemeinde, also öffentliche Mittel, zu erheben, nicht berührt.

Mit Recht hat das Berufungsgericht auch die von der beigeladenen Forstgenossenschaft behaupteten wirtschaftlichen Schwierigkeiten durch die Zahlung von Kinderzuschlägen an ihre Arbeitnehmer als unerheblich angesehen. Sollten sich Erschwernisse für die Beigeladene ergeben, so ist sie in der Lage, im Wege der Erhebung öffentlich-rechtlicher Beiträge von ihren Mitgliedern die notwendigen (öffentlichen) Mittel für ihren Haushalt zu beschaffen (§ 8 Nr. 3 und 4 RGG; § 29 Abs. 1 und 4 des nds. Realverbandsgesetzes).

Nach allem ist der Kläger nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 BKGG vom Bezug des Kindergeldes ausgeschlossen. Die Revisionen des Klägers und der Beigeladenen müssen deshalb zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Unterschriften

Schmitt

Dr. Brocke ist beurlaubt und deshalb verhindert, das Urteil zu unterschreiben. Schmitt

Dr. Heußner

 

Fundstellen

Haufe-Index 1455775

BSGE, 257

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