Leitsatz (amtlich)

1. Einer KK ist auch das Pflegekrankengeld (RVO § 185c), das sie dem bei ihr versicherten Elternteil eines unfallverletzten Kindes gewährt hat, von dem für die Entschädigung der Unfallfolgen leistungspflichtigen Träger der UV zu erstatten.

2. Ein Anspruch der KK auf Ersatz von Verwaltungskosten besteht in diesem Falle nicht.

 

Normenkette

RVO § 185c Abs. 1 Fassung: 1974-08-07, § 539 Abs. 1 Nr. 14 Buchst. a Fassung: 1971-03-18, § 1504 Abs. 1 Fassung: 1963-04-30, § 1510 Fassung: 1963-04-30

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 15.03.1977; Aktenzeichen L 3 U 140/76)

SG Oldenburg (Entscheidung vom 19.10.1976; Aktenzeichen S 7 U 130/75)

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 15. März 1977 geändert. Die Klage wird abgewiesen, soweit der Beklagte verurteilt worden ist, der Klägerin 33,37 DM (Verwaltungskostenanteil) zu zahlen. Im übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin die Aufwendungen für Pflegekrankengeld (§ 185 c Reichsversicherungsordnung - RVO -) zu ersetzen, das sie an die Mutter eines unfallverletzten Kindes gezahlt hat.

Der 1968 geborene Michael M (M) hatte am 4. November 1974 während des Aufenthalts in einem Kindergarten einen bei dem Beklagten als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Unfall erlitten (§ 539 Abs 1 Nr 14 Buchst a RVO). Nach Beendigung des von dem Beklagten eingeleiteten stationären berufsgenossenschaftlichen Heilverfahrens am 29. November 1974 hatte die berufstätige und bei der Klägerin krankenversicherte Mutter des M diesen zu Hause gepflegt. Die Klägerin hatte ihr für 5 Tage, nämlich für die Zeit vom 2. bis 6. Dezember 1974 ein Pflegekrankengeld in Höhe von 13,67 DM täglich gezahlt (§ 185 c Abs 1 und 2 RVO). Für die weitere Dauer der Pflege bis zum 24. Januar 1975 hatte der Beklagte der Mutter des M ein sog Pflegekrankengeld gewährt.

Die auf Ersatz von 101,72 DM (Pflegekrankengeld von 68,35 DM sowie Verwaltungskostenanteil von 33,37 DM) gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg abgewiesen (Urteil vom 19. Oktober 1976). Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat den Beklagten auf die zugelassene Berufung unter Aufhebung dieses Urteils zur Zahlung des streitigen Betrages verurteilt (Urteil vom 15. März 1977). Zur Begründung hat es unter anderem ausgeführt, die Klägerin habe nach § 1504 RVO einen Ersatzanspruch. Dem stehe nicht entgegen, daß sie das Pflegekrankengeld nicht unmittelbar an den Verletzten erbracht habe; es sei ohne Bedeutung, ob der Verletzte selbst bei ihr krankenversichert sei. Es komme allein auf die Identität des Versicherungsfalles an. Der eine Leistungspflicht des Beklagten auslösende Unfall habe die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung des streitigen Pflegekrankengeldes mit der Wirkung nach sich gezogen, daß ihr dies von der Beklagten zu ersetzen sei. Falls aber § 1504 RVO nicht direkt als Anspruchsgrundlage anzusehen sei, sei die Klage aufgrund einer entsprechenden Anwendung dieser Vorschrift, zumindest aber nach den Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs - und zwar auch hinsichtlich des Verwaltungskostenanteils - begründet.

Der Beklagte hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Er meint, die direkte oder auch die entsprechende Anwendung des § 1504 RVO scheitere daran, daß das in der gesetzlichen Unfallversicherung anspruchsberechtigte Kind nicht zu den Versicherten iS dieser Vorschrift gehöre. Es fehle auch ein auftragsähnliches Verhältnis iS des § 1510 RVO, da das Dritte Buch der RVO ein Pflegekrankengeld nicht kenne. Die streitige Leistung der Klägerin sei nur im Rahmen der - subsidiären - Familienhilfe (§ 205 Abs 1 RVO) an den versicherten Unterhaltspflichtigen erfolgt. Für die Geltendmachung eines allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs sei hier kein Raum, da dieser eine rechtsgrundlose Leistung der Klägerin voraussetze; diese habe das Pflegekrankengeld aber aufgrund gesetzlicher Verpflichtung (§ 185 c Abs 1 RVO) gezahlt. Die Leistung nach § 185 c RVO sei auch nicht dem Pflegegeld nach § 558 RVO vergleichbar. Keinesfalls aber sei der Beklagte verpflichtet, Verwaltungskosten zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des LSG Niedersachsen vom 15. März 1977 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Es entspreche der durch § 1504 RVO bezweckten interessengerechten Kostenaufteilung zwischen dem Krankenversicherungsträger und dem Unfallversicherungsträger, daß die hier streitigen Aufwendungen von dem Beklagten getragen würden. Die Zahlung des Pflegekrankengeldes sei durch den Unfall des verletzten Kindes bedingt gewesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist nur teilweise begründet. Das LSG hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht zum Ersatz des Pflegekrankengeldes (§ 185 c RVO nF) verurteilt.

Die Revision führt allerdings zutreffend aus, daß die Klägerin ihren Anspruch entgegen der Ansicht des LSG weder unmittelbar auf § 1504 Abs 1 RVO noch auf einen allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruch stützen kann. Nach § 1504 Abs 1 RVO idF des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 (BGBl I 241) hat, wenn eine Krankheit Folge eines Arbeitsunfalles ist, der Träger der Unfallversicherung dem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung, bei dem der Verletzte versichert ist, die Kosten mit Ausnahme des Sterbegeldes zu erstatten, die nach Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall entstehen. Diese Vorschrift bezieht sich nach ihrem Wortlaut nur auf den Ersatz der Kosten, die einer Krankenkasse durch die Leistungen an den Verletzten selbst entstanden sind, der bei ihr als einem Träger der gesetzlichen Krankenversicherung "versichert" ist (BSGE 39, 24, 25). Die direkte Anwendung des § 1504 Abs 1 RVO erfordert demnach sowohl, daß der Unfallverletzte Leistungsempfänger der Krankenkasse ist, als auch, daß er bei dieser versichert ist. Beides war hier nicht der Fall, denn die Klägerin zahlte das streitige Pflegekrankengeld an die nicht verletzte Mutter des unfallverletzten Kindes, das bei ihr nicht selbst, sondern nur nach § 205 Abs 1 RVO über seine Mutter bei der Klägerin mitversichert war.

Die Klägerin kann ihre Aufwendungen auch nicht nach den Grundsätzen des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs geltend machen. Dieser setzt entweder voraus, daß die Klägerin rechtsgrundlos, dh ohne Anspruch des Leistungsempfängers, gezahlt hätte (vgl BSGE 16, 151, 156; 16, 222, 225 f; 36, 43, 44), oder daß sie im Verhältnis zum Beklagten nur nachrangig leistungsverpflichtet gewesen wäre (vgl Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Stand April 1977, Band III S 730 g). Beides war hier nicht der Fall, denn die Klägerin erfüllte mit der Zahlung des Pflegekrankengeldes einen nach § 185 c RVO primär gegen sie selbst gerichteten Anspruch der Leistungsempfängerin.

Dem LSG ist aber darin beizupflichten, daß die Klägerin aufgrund einer entsprechenden Anwendung des § 1504 Abs 1 RVO den Ersatz des tatsächlich gezahlten Krankenpflegegeldes verlangen kann. § 1504 RVO regelt die Risiko- und damit Kostenverteilung zwischen den Trägern der Unfallversicherung und der Krankenversicherung anläßlich von Arbeitsunfällen. Aufgrund dieser Vorschrift soll ein Ausgleich für die Vorleistungspflicht der Krankenkassen in Versicherungsfällen herbeigeführt werden, die zwar auch ihre Leistungspflicht gegenüber den Versicherten begründen, aber dem Risikobereich der Unfallversicherung zuzurechnen sind. Der Wortlaut des § 1504 Abs 1 RVO, der auf die Personenidentität zwischen dem Unfallverletzten und dem krankenversicherten Leistungsempfänger abstellt, beruht auf der engen Verknüpfung dieser Vorschrift mit § 565 Abs 1 RVO, wie sie vom Gesetzgeber bei der Schaffung des UVNG gesehen worden ist. Die mit der sich aus dieser Vorschrift ergebenden Vorleistungspflicht der Krankenkassen verbundene finanzielle Belastung soll durch Beteiligung des aus Anlaß des Arbeitsunfalls leistungsverpflichteten Unfallversicherungsträgers ausgeglichen werden (BT-Drucks IV/120 S 56 zu § 565 letzter Abs; vgl auch BSGE 34, 85, 86; 39, 24, 25). Da aber in § 565 Abs 1 RVO nur die Leistung der Krankenkasse an den Verletzten selbst geregelt zu werden brauchte, denn diese Vorschrift war in Ziff II des 2. Abschnitts der Allgemeinen Vorschriften der Unfallversicherung unter der Überschrift "Maßnahmen zur Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit, zur Berufshilfe und zur Erleichterung der Verletzungsfolgen" eingegliedert (vgl BGBl 1963 I S 241, 250), bestand für den Gesetzgeber auch kein Anlaß, in § 1504 Abs 1 RVO für andere als die für den Verletzten selbst aufgewendeten Kosten der Krankenkasse eine Ersatzverpflichtung des Unfallversicherungsträgers zu regeln. Der hier zu entscheidende Sachverhalt, daß die Krankenkasse aus Anlaß eines Arbeitsunfalls Leistungen an einen versicherten Dritten zu erbringen hat, war im damaligen Gesetzgebungsverfahren nicht zu berücksichtigen. § 185 c RVO ist erst durch das Gesetz zur Verbesserung von Leistungen in der gesetzlichen Krankenversicherung (Leistungsverbesserungsgesetz) vom 19. Dezember 1973 (BGBl I, 1925) neu geschaffen und in die RVO eingefügt worden.

Nach Sinn und Zweck des § 1504 Abs 1 RVO ist der Unfallversicherungsträger auch zum Ersatz des Pflegekrankengeldes verpflichtet. Wie sich aus der Begründung des Entwurfs zum UVNG (zu § 1504 RVO) ergibt, sollte durch diese Vorschrift erreicht werden, daß die Lasten aus Unfallschäden in erster Linie von den Unternehmern über die gesetzliche Unfallversicherung getragen werden. Die Versicherten sollten über die Krankenversicherungsbeiträge nur "zu bescheidenen Anteilen an den Lasten der Unfallversicherung" beteiligt werden (BT-Drucks IV/120 S 78 zu Art 2 Nr 7-11). Inwieweit die Krankenversicherung zur Kostentragung aus Anlaß eines Arbeitsunfalls verpflichtet sein soll, ist deshalb in § 1504 Abs 1 RVO ausdrücklich und abschließend durch eine zeitliche Begrenzung (bis zum Ablauf des 18. Tages nach dem Arbeitsunfall) und die Aufzählung nicht erstattungsfähiger Kosten geregelt. Soweit die Krankenkasse darüber hinaus Leistungen erbracht hat, soll sie vom Unfallversicherungsträger Ersatz verlangen können. Da § 1504 Abs 1 RVO einer Risikoverteilung in bezug auf die Kostentragung dient, kann es keine Rolle spielen, ob die Krankenkasse Leistungen an den versicherten Unfallverletzten selbst oder an eine dritte, bei ihr versicherte Person erbracht hat, wenn Anlaß hierfür ein Arbeitsunfall war. Letzteres trifft auf das hier streitige Pflegekrankengeld zu, denn die seine Zahlung auslösende Erkrankung des pflegebedürftigen Kindes beruhte auf einem Arbeitsunfall (§ 539 Abs 1 Nr 14 a RVO). Das von der gesetzlichen Unfallversicherung zu tragende finanzielle Risiko umfaßt bei dem Unfall eines hierdurch pflegebedürftig gewordenen Kindes dann auch die durch die Pflege entstehenden Kosten zumindest in dem Umfang, wie die versicherte Pflegeperson - begrenzt auf Vater oder Mutter (§ 205 Abs 2 RVO) - durch § 185 c RVO einen gesetzlichen "Krankengeldanspruch" erhält.

Seit dem Inkrafttreten dieser Bestimmung, die im Grunde keine Krankengeldzahlung im eigentlichen Sinne, sondern eine Verdienstausfallregelung darstellt (vgl BT-Drucks 7/377 S 1, 2, 5; Protokoll der 33. Sitzung des Deutschen Bundestages S 1823 (Ausführungen der Abgeordneten S) sowie S 1830 (Ausführungen der Bundesministerin Dr. F) und deshalb - jedenfalls nach bisherigem Verständnis - nicht unbedingt in den Aufgaben- bzw Leistungsbereich der gesetzlichen Krankenversicherung gehört, kann für eine Ersatzverpflichtung des Trägers der Unfallversicherung nach § 1504 Abs 1 RVO nicht mehr die Personenidentität zwischen dem Verletzten und dem krankenversicherten Leistungsempfänger maßgeblich sein (aM Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl Anm 10 k zu § 1504; Titze Sozialversicherung 1975, 235 f). Wenn der Gesetzgeber die Leistungspflicht der Krankenkassen aus zwingenden sozialen Gründen in angemessenem, gleichwohl aber beschränktem Umfang erweitert hat, dann besteht kein Grund dafür, daß die Krankenkasse entgegen der für andere Leistungen geltenden allgemeinen Ausgleichsregelung mit den Kosten des Pflegekrankengeldes, die aus Anlaß eines Arbeitsunfalls angefallen sind, belastet bleibt. Auch ist nicht ersichtlich, daß bei der Neuschaffung des § 185 c RVO die Risikoverteilung zwischen den Trägern der Krankenversicherung und der Unfallversicherung verändert werden sollte.

Die hier vertretene Auffassung wird durch die gesetzessystematische Einordnung des Pflegekrankengeldes gestützt. Der Gesetzgeber bezeichnet es als "Krankengeld". Dieses gehört zu dem Teil der Krankenpflege (§ 182 Abs 1 Nr 2 RVO), der in § 1504 Abs 1 Satz 2 RVO von der Ersatzverpflichtung ausdrücklich nicht ausgenommen worden ist. Hieran hat sich auch durch die Neufassung des § 1504 Abs 1 RVO durch Art 1 § 1 Nr 58 des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes (KVKG) vom 27. Juni 1977 (BGBl I, 1069, 1079) nichts geändert. Seit dem Inkrafttreten dieser Neufassung am 1. Juli 1977 (Art 2 § 17 Abs 1 KVKG) sind die Kosten der Krankenhauspflege den Krankenkassen bereits vom 1. und nicht erst nach Ablauf des 18. Tages zu erstatten. Die Ausgleichsverpflichtung der Berufsgenossenschaften und damit der von der Unfallversicherung zu tragende Risikobereich sind durch die Neufassung demnach zugunsten der Krankenversicherung erweitert worden. Hieraus muß auf den Willen des Gesetzgebers geschlossen werden, die von den Krankenkassen aus Anlaß von Arbeitsunfällen aufzuwendenden Kosten in einem eng begrenzten Umfang zu halten und weiterhin einzuschränken. In diesem Rahmen hält sich auch die vom Senat für richtig gehaltene entsprechende Anwendung des § 1504 Abs 1 RVO auf den Ersatz von Pflegekrankengeld.

Wenn letzteres auch als Krankengeld bezeichnet worden ist, so ist doch seine enge Verbindung mit der Familienhilfe iS der §§ 205 ff RVO nicht zu verkennen. Zum einen verweist § 185 c Abs 1 RVO ausdrücklich auf § 205 Abs 2 RVO, zum anderen ist der hier für die Leistungsverpflichtung der Krankenkasse maßgebliche Lebenssachverhalt wie bei der Familienkrankenhilfe die Erkrankung eines unterhaltsberechtigten Familienangehörigen (vgl Gerlach, WzS 1974, 49, 63; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Juni 1977, Anm 1 § 185 c). Hinsichtlich der Familienkrankenpflege hat der 2. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) im Urteil vom 18. Dezember 1974 (BSGE 39, 24 ff) eine Erstattungsverpflichtung der Träger der Unfallversicherung bejaht. In dem vom 2. Senat entschiedenen Fall war das unfallverletzte Kind ebenfalls - wie auch im hier vorliegenden Rechtsstreit - nicht selbst Mitglied der leistenden Krankenkasse gewesen; gleichwohl war der Kasse ein Ersatzanspruch zugesprochen worden. Zwar unterscheidet sich die Rechtslage hier von der dort zu beurteilenden insoweit, als das verletzte Kind nicht nur kein Mitglied der Klägerin ist, sondern auch keine (eigenen) Leistungen von ihr erhalten hat. Ferner ist der Anspruch auf Pflegekrankengeld nach § 185 c RVO nicht subsidiär wie derjenige auf Familienkrankenhilfe nach § 205 Abs 1 RVO. Letzteres ist aber gerade der Grund dafür, daß hier § 1504 Abs 1 RVO entsprechend anzuwenden ist, woran sich der 2. Senat wegen der Subsidiarität der Familienkrankenhilfe gehindert sah. Er führt dazu aus, § 1504 Abs 1 RVO setze voraus, daß bei einem Arbeitsunfall grundsätzlich die Leistungspflicht sowohl des Trägers der Krankenversicherung als auch der Unfallversicherung bestehe (aaO S 25). Das ist hier der Fall. Deshalb ist es aus dem Gesichtspunkt der Risikoverteilung für das gefundene Ergebnis ohne Bedeutung, daß das unfallverletzte Kind nicht krankenversicherter Leistungsempfänger war. Maßgeblich ist allein die ursächliche Verknüpfung der Leistung mit dem von dem Beklagten zu entschädigenden Unfallereignis.

Für die Begründetheit des Ersatzanspruchs spielt es keine Rolle, ob der Unfallversicherungsträger nach Gesetz oder Satzung selbst zu den von der Krankenkasse gewährten Leistungen verpflichtet war. Der Leistungsanspruch des Verletzten gegen den Unfallversicherungsträger ist von dem Ersatzanspruch der Krankenkasse zu unterscheiden. Allein maßgeblich ist, ob der Unfallversicherungsträger überhaupt zur Entschädigung aus Anlaß des auch die Leistungen der Krankenkasse auslösenden Unfalls verpflichtet ist. Ist das der Fall, kann die Krankenkasse die Aufwendungen ersetzt verlangen, die sie gemäß Gesetz und Satzung erbracht hat, mit Ausnahme der in § 1504 Abs 1 ausdrücklich ausgenommenen (BSGE 32, 166; 33, 69). Beschränkt § 1504 Abs 1 RVO die Ersatzpflicht der Träger der Unfallversicherung nicht auf die unmittelbar auf Gesetz beruhenden Regelleistungen (§ 179 Abs 1 und 2 RVO), sondern sind dem Krankenversicherungsträger auch die Leistungen zu ersetzen, die er auf Grund seiner Satzung als Mehrleistungen (§ 179 Abs 3 RVO) zu erbringen hat (vgl BSG SozR Nr 8 zu § 1504 RVO), dann kann das Pflegekrankengeld - eine auf Gesetz beruhende Leistung - um so weniger von der Ersatzverpflichtung ausgenommen werden. Selbst wenn deshalb der Beklagte zur Gewährung von dem Pflegekrankengeld vergleichbaren Leistungen nicht verpflichtet wäre, wäre der Ersatzanspruch der Klägerin begründet. Im übrigen hat hier aber der Beklagte ab 7. Dezember - also im unmittelbaren Anschluß an die Klägerin - entsprechende Leistungen erbracht. Denn das LSG hat festgestellt, daß er der Mutter des verletzten Kindes vom 7. Dezember 1974 bis 24. Januar 1975 unter Bezugnahme auf § 563 RVO ein sog Krankenpflegegeld gezahlt hat (vgl hierzu auch Ziff II der von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand herausgegebenen "Grundsätze über die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bei häuslicher Pflege, Betreuung oder Beaufsichtigung eines unfallverletzten Kindes", abgedruckt als Anlage zum Rundschreiben VB 47/75 des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 26. März 1975; sowie jetzt die Neufassung dieser "Grundsätze", abgedruckt bei Lauterbach, aaO Anm 6 zu § 569 a S 412/23 - 25, deren Anwendung auch im Bereich der gewerblichen Berufsgenossenschaften ausdrücklich empfohlen wird). Nach diesen Grundsätzen sollen derartige Geldleistungen zwar entfallen, solange ein Anspruch gegen eine Krankenkasse nach § 185 c RVO besteht (vgl Ziff II Nr 4 der "Grundsätze"). Das kann - abgesehen von der Frage der rechtlichen Wirkung dieser Grundsätze - hier aber keine Rolle spielen, da nach dem Ausgeführten der Ersatzanspruch der Krankenkasse mit dem Leistungsanspruch gegen den Unfallversicherungsträger nicht identisch zu sein braucht.

Nach alledem kann die Klägerin von dem Beklagten Erstattung des hier streitigen Pflegekrankengeldes verlangen. Gegen die Höhe dieser Kosten hat der Beklagte während des Rechtsstreits nichts eingewendet und auch die entsprechenden Feststellungen des LSG nicht gerügt.

Zu Unrecht begehrt die Klägerin darüber hinaus jedoch den Ersatz eines Verwaltungskostenanteils von 33,37 DM. Sie stützt diesen Ersatzanspruch offenbar (vgl "Abrechnung des Erstattungsanspruchs" auf Bl 18 der Verwaltungsakten der Beklagten) auf die Verwaltungsvereinbarung vom 28. Juni 1963 (idF vom 30. Januar 1973) iVm den für die folgende Zeit vereinbarten erhöhten Grundbeträgen (abgedruckt bei Lauterbach aaO Anm 26 zu § 560 S 367 ff). Diese Vereinbarung bezieht sich jedoch nach ihrem ausdrücklichen Wortlaut nur auf die "Berechnung und Auszahlung des Verletztengeldes" (jetzt Übergangsgeld) nach §§ 560-562, 565 Abs 2 RVO, die von den Krankenkassen übernommen wird. Nur auf diese "Auftragstätigkeit" bezieht sich auch Abschn III der Vereinbarung, wonach den Krankenkassen "zur Abgeltung der durch die Auftragstätigkeit entstehenden Verwaltungskosten und Zinsverluste" bestimmte Grund- und Prozentbeträge "als Entschädigung" gezahlt werden.

Dieser Vergütungsanspruch hat seine gesetzliche Grundlage in § 1501 RVO. Danach sind die Krankenkassen verpflichtet, die Träger der Unfallversicherung bei der Durchführung der Unfallversicherung gegen angemessene Entschädigung zu unterstützen (Lauterbach aaO Anm 29 zu § 560 S 371). Das gleiche gilt im Ergebnis für die Vereinbarung über den Ersatz von Verwaltungskosten in den Fällen des § 1510 RVO vom 27. September 1965 in der jeweils gültigen Fassung (vgl Lauterbach aaO Anm 7 zu § 1510 S 1378/1, 1379). Das sind Fälle, in denen der Träger der Unfallversicherung eine Krankenkasse beauftragt, die ihm obliegenden Leistungen an den Verletzten und seine Angehörigen in dem Umfang zu gewähren, den er für geboten hält. Hier ist der Unfallversicherungsträger nach § 1510 Abs 2 RVO verpflichtet, dem Beauftragten, dh der beauftragten Krankenkasse, die aus dem Auftrag erwachsenen Aufwendungen zu ersetzen.

Bei dem hier zu erstattenden Pflegekrankengeld des § 185 c RVO handelt es sich aber weder um eine (verwaltungsmäßige) "Unterstützung" des Unfallversicherungsträgers noch um eine "Auftragsleistung", sondern um eine der Krankenkasse nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung obliegende eigene Leistung, die der Unfallversicherungsträger auf Grund seiner nicht auf seine eigene Leistungsverpflichtung beschränkten Erstattungspflicht der Krankenkasse zu ersetzen hat. Diese "Kosten" iS von § 1504 Abs 1 RVO umfassen daher keine anteiligen Verwaltungskosten. So enthält zB auch die Verwaltungsvereinbarung vom 30. November 1973 betreffend Ausgleich der Kosten wegen irrtümlich gewährter Familienkrankenpflege (abgedr bei Lauterbach aaO Anm 10 zu § 1504 S 1365) keine Bestimmungen über den Ersatz von Verwaltungskosten. Ebenso regelt die Vereinbarung vom 30. Mai 1969 in der ab 1. Januar 1973 geltenden Fassung vom 30. Januar 1973 (abgedr bei Lauterbach aaO Anm 5 zu § 1509 a S 1375) nur den Kostenersatz nach § 1509 a RVO für die Tätigkeit des Durchgangsarztes oder Beratungsfacharztes bei kassenärztlicher Behandlung, enthält jedoch nichts über (zusätzliche) Verwaltungsunkosten. Schließlich ist der Ersatz von Verwaltungskosten in den "Gemeinsamen Erläuterungen" idF vom 29. April 1975 (abgedr bei Lauterbach aaO Anm 26 zu § 560 S 368/1 ff) lediglich unter Nr 7 in besonderen Fällen, nämlich bei der Berechnung und Auszahlung des Übergangsgeldes und in Verbindung mit Abschn III der Verwaltungsvereinbarung vom 28. Juni 1963 in der jeweils geltenden Fassung behandelt. Auch aus den genannten Verwaltungsvereinbarungen ist zu entnehmen, daß eine Erstattung der von der Klägerin beanspruchten (pauschalen) Verwaltungskosten hier mangels einer besonderen Vereinbarung nicht in Betracht kommt.

Der Klaganspruch ist daher nur in Höhe des tatsächlich gezahlten Pflegekrankengeldes begründet. Im übrigen, dh hinsichtlich des Ersatzes von zusätzlichen Verwaltungskosten, war das Urteil des LSG zu ändern und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs 4 Sozialgerichtsgesetz.

 

Fundstellen

BSGE, 221

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