Entscheidungsstichwort (Thema)

Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung. Verletztenrente. Berufskrankheit. unfallunabhängiges Leiden

 

Orientierungssatz

Bei der Feststellung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Hinterbliebenenrente aus der Unfallversicherung ist zu berücksichtigen, daß ein Versicherter, der durch einen Unfall oder eine Berufskrankheit später - an sich - in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert worden wäre, keine Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung erhält, wenn er zwischenzeitlich durch ein unfallunabhängiges Leiden bereits voll erwerbsunfähig geworden ist (vgl BSG 1969-12-17 5 RKnU 34/68 = SozR Nr 6 zu RVO § 581).

 

Normenkette

RVO §§ 561, 581 Abs. 1 Fassung: 1963-07-01, Abs. 3 Fassung: 1963-07-01

 

Verfahrensgang

LSG Nordrhein-Westfalen (Entscheidung vom 05.11.1970)

SG Düsseldorf (Entscheidung vom 20.11.1967)

 

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1970 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Revisionskläger sind laut Erbschein die Rechtsnachfolger der während des Revisionsverfahrens verstorbenen Witwe E M; diese hatte als Sonderrechtsnachfolgerin nach ihrem ebenfalls im Verlauf des Revisionsverfahrens verstorbenen Ehemann W M (M.) das gegenwärtige Verfahren fortgeführt.

W M. hatte von der zuständigen Knappschaft ab 1949 die Knappschaftsvollrente wegen Invalidität bezogen, die 1957 in die Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit umgewandelt worden war. Medizinischerseits war der Rentengewährung u. a. eine Staublunge II. Grades zugrunde gelegt worden.

Seit 1951 hatte W M. zudem von der beklagten Bergbau-Berufsgenossenschaft (Bergbau-BG) mehrfach die Gewährung von Verletztenrente wegen Silikose beantragt. Durch Bescheid vom 8. Mai 1963 hat die Beklagte schließlich ab 1961 eine Siliko-Tbc als Berufskrankheit anerkannt, die Gewährung von Verletztenrente jedoch abgelehnt, weil M. zur Zeit der Berufserkrankung wegen anderer Leiden bereits völlig erwerbsunfähig im Sinne des § 561 der Reichsversicherungsordnung (RVO) gewesen sei. Das vom Versicherten gegen diesen Bescheid angestrengte Streitverfahren haben die Beteiligten im Februar/März 1965 durch folgenden - in der Berufungsinstanz vom Landessozialgericht (LSG) vorgeschlagenen - gerichtlichen Vergleich abgeschlossen:

1)

Der Kläger verzichtet auf Ansprüche nach den Vorschriften des bis zum 30. Juni 1963 geltenden Rechts.

2)

Der Kläger beantragt die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides über Leistungen nach den Vorschriften des UVNG ab 1. Juli 1965 aufgrund der bei ihm festgestellten Berufskrankheit (Art. 4 § 6 UVNG). Die Beklagte soll bei der Bescheiderteilung insbesondere der Frage nachgehen, welche Änderungen durch den Wegfall des § 561 RVO aF hinsichtlich eines Anspruches des Klägers unter Berücksichtigung des Art. 4 § 16 Abs. 2 UVNG und Art. 4 § 2 UVNG eingetreten sind.

3)

Die Beklagte ist hiermit einverstanden.

4)

Die Beteiligten sehen den vorliegenden Rechtsstreit hierdurch als erledigt an und der Kläger zieht seine Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts in Düsseldorf vom 1. Juli 1964 zurück.

Am 7. April 1965 erteilte die Beklagte den nunmehr streitigen Bescheid, in dem sie auch für die Zeit ab 1. Juli 1963 einen Anspruch W M's. auf Verletztenrente mit der Begründung verneinte, dadurch, daß § 561 RVO aF ab 1. Juli 1963 entfallen sei, sei kein Leistungsanspruch des Versicherten entstanden; der Wegfall der Vorschrift stelle auch keine wesentliche Änderung im Sinne des § 622 RVO dar. Die hiergegen erhobene Klage des Versicherten ist ohne Erfolg geblieben. Mit dem angefochtenen Urteil vom 5. November 1970 hat das LSG die Berufung des Versicherten gegen das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 20. November 1967 zurückgewiesen und ausgeführt: Zufolge des zwischen den Beteiligten im Jahre 1965 abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs sei Gegenstand des Verfahrens allein die Frage, ob der Versicherte auf Grund des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes (UVNG) vom 30. April 1963 ab dessen Inkrafttreten am 1. Juli 1963 wegen der seit März 1961 bestehenden Siliko-Tuberkulose Anspruch auf Verletztenrente habe. Das UVNG gelte gemäß seinem Artikel 4 § 1 nur für Arbeitsunfälle - und einem Arbeitsunfall gleichstehende Berufskrankheiten -, die sich ab seinem Inkrafttreten ereignet hätten. W M. sei aber schon vor dem 1. Juli 1963 im an sich entschädigungspflichtigen Umfang an Siliko-Tuberkulose erkrankt. Selbst wenn sich die Rechtslage durch Wegfall des § 561 RVO aF zugunsten des Versicherten geändert haben sollte, stehe ihm ab 1. Juli 1963 kein Rentenanspruch zu, weil von der Rechtsänderung Versicherungsfälle nicht erfaßt würden, die vor ihrem Inkrafttreten liegen. Nach BSG 30, 224 sei im Wegfall des § 561 RVO aF keine Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 622 Abs. 1 RVO zu erblicken. Die Frage, ob der Versicherte tatsächlich schon vor 1961 völlig erwerbsunfähig gewesen sei, könne nach Abschluß des vorerwähnten Vergleichs vom Jahre 1965 nicht geprüft werden, sondern könnte allenfalls Gegenstand einer Überprüfung nach § 627 RVO sein.

Der Versicherte hat gegen dieses Urteil die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Die Revisionskläger tragen vor: Sie neigen mit dem LSG dazu, die Frage zu verneinen, ob "Rentenansprüche aus Versicherungsfällen, die wegen der Vorschrift des § 561 RVO aF nicht entstanden seien", ab dem Inkrafttreten des UVNG anders zu behandeln seien. Indessen könne ihr Antrag "auf Neufeststellung der Leistungen gemäß § 622 RVO" nicht ganz unbegründet erscheinen. § 561 RVO aF sei ab 1. Juli 1963 ersatzlos entfallen und damit sehr wohl ein Fall des § 622 RVO nF gegeben. Beim ursprünglichen Kläger könne nach den tatsächlichen Gegebenheiten keine Rede davon sein, daß er seit 1949 bereits völlig erwerbsunfähig gewesen sei. Nach der Entscheidung des 2. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 30. März 1962 (SozR Nr. 1 bei § 561 RVO) sei bei Wilhelm M. als Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalles der Zeitpunkt des Beginns der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung anzusehen, der sicher vor dem 1. März 1961 liege. In diesem Sinn sei auch ihr Anspruch ungeachtet des Vergleichs vom Jahre 1965 zu überprüfen; im streitgegenständlichen Verfahren habe das Gericht ferner nachzuprüfen, ob W M. bei Abschluß des Vergleichs einem Inhaltsirrtum unterlegen sei. Im übrigen ergebe sich aus dem Vergleich, daß sich die Beklagte in ihm verpflichtet habe, die Frage des Eintritts der völligen Erwerbsunfähigkeit im zu erteilenden Bescheid erneut zu entscheiden. Inzwischen habe die Klagepartei beim LSG die Fortsetzung des dort im Februar 1965 durch den genannten Vergleich abgeschlossenen Verfahrens mit der Begründung beantragt, daß der Vergleich unwirksam sei.

Die Kläger beantragen zuletzt,

unter Aufhebung der Urteile des SG Düsseldorf vom 20. November 1967 und des LSG Nordrhein-Westfalen vom 5. November 1970 festzustellen, daß dem Kläger gemäß § 581 RVO i. d. F. des Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetzes vom 30.4.1963 auf der Grundlage des vor dem LSG Nordrhein-Westfalen (Februar/März 1965) zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichs ab 1. Juli 1963 ein Anspruch auf Verletztenrente (Vollrente) wegen einer berufsbedingten Siliko-Tuberkulose zusteht

sowie der Beklagten die dem Kläger entstandenen außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen,

hilfsweise,

die Sache unter Aufhebung des Berufungsurteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung insoweit dem Endurteil vorzubehalten.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, durch Wegfall des § 561 RVO aF sei keine Änderung der Rechtslage eingetreten; diese Vorschrift habe einen dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung selbstverständlichen Grundsatz enthalten. Die Frage, ob W M. zur Zeit der beruflichen Erkrankung tatsächlich völlig erwerbsunfähig gewesen sei, sei nach Abschluß des Vergleichs vom 9. Februar/8. März 1965 nicht Gegenstand des Verfahrens. Hinsichtlich dieses Vergleichs liege kein Anfechtungsgrund oder ein zu berücksichtigender Irrtum des ursprünglichen Klägers vor. Das von den Revisionsklägern inzwischen vor dem LSG angestrengte Verfahren der Vergleichsanfechtung schwebe noch.

Beide Streitteile haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt.

II.

Die zugelassene Revision der Kläger ist nicht begründet. Nach dem vom ursprünglichen Kläger mit der Beklagten im Februar/März 1965 abgeschlossenen Vergleich hatte diese durch den streitbefangenen Bescheid vom 7. April 1965 allein darüber rechtsbehelfsfähig zu entscheiden, ob jener auf Grund der Vorschriften des UVNG ab dessen Inkrafttreten am 1. Juli 1963 einen Anspruch auf Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung habe. Hierbei sollte die Beklagte "insbesondere der Frage nachgehen, welche Änderungen durch den Wegfall des § 561 RVO aF hinsichtlich des Anspruchs des Klägers unter Berücksichtigung des Art. 4 § 16 Abs. 2 UVNG und Art. 4 § 2 UVNG eingetreten sind".

Zu Unrecht sind die Revisionskläger der Ansicht, der erkennende Senat habe in diesem Verfahren nachzuprüfen, ob der genannte Vergleich überhaupt rechtswirksam zustande gekommen sei. Nach allgemeiner Meinung (vgl. BSG 7, 279; BSG SozR Nr. 4 bei § 101 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -; Peters/Sautter/Wolff, Komm. zur SGb, 4. Aufl., Anm. 1 c bei § 101 SGG mit zahlreichen Nachweisen) ist über die Wirksamkeit eines gerichtlichen Vergleichs durch Fortsetzung des alten gerichtlichen Verfahrens, das ursprünglich durch den Vergleich hatte erledigt werden sollen, zu entscheiden. Zu Recht haben die Revisionskläger daher, wie sie vortragen, die Wirksamkeit des Vergleichs vom Februar/März 1965 vor dem LSG Nordrhein-Westfalen bestritten und dort beantragt, das Verfahren weiterzuführen; dieses Verfahren ist, wie die Beteiligten und das LSG mitgeteilt haben, noch nicht abgeschlossen. Der erkennende Senat kann daher die Rechtswirksamkeit des Vergleichs nicht nachprüfen; er muß ihn vielmehr solange, als er vom zuständigen Gericht nicht für ungültig erklärt worden ist, als rechtswirksam betrachten (vgl. BSG SozR Nrn. 8 und 9 bei § 101 SGG).

Unzutreffend sind die Revisionskläger weiter der Auffassung, der Prozeßvergleich sei seinem Inhalt nach dahin auszulegen, daß sich die Beklagte verpflichtet habe, die Frage des Eintritts der völligen Erwerbsunfähigkeit des Wilhelm M. im Sinne des § 561 RVO aF rechtsbehelfsfähig neu zu prüfen. Vielmehr kann der Vergleich nach seinem objektivierbaren Sinngehalt sowie nach den zu ihm führenden Begleitumständen nur dahin verstanden werden, daß sich die Beklagte zu prüfen und zu verbescheiden verpflichtet hat, ob für eine Zeit ab Inkrafttreten des UVNG am 1. Juli 1963 sich durch Anwendung von dessen Vorschriften ein Rentenanspruch des ursprünglichen Klägers ergebe, und zwar insbesondere daraus, daß § 561 RVO aF, den die Beklagte dem Anspruch Wilhelm M's. bislang entgegengehalten hatte, im neuen Recht nicht mehr enthalten sei. Da seine solche Prüfung indessen voraussetzt, daß ein unter § 561 RVO aF fallender Sachverhalt überhaupt gegeben ist, ist die Beklagte durch den Vergleich vom Jahre 1965 nicht verpflichtet, auf die Frage der völligen Erwerbsunfähigkeit Wilhelm M's. und den Zeitpunkt ihres Eintritts einzugehen; vielmehr hat der ursprüngliche Kläger mit dem genannten Prozeßvergleich lediglich die rechtsbehelfsfähige Überprüfung eines unter § 561 RVO aF fallenden Sachverhalts nach neuem Recht erstrebt.

Nach Art. 4 § 1 UVNG gelten dessen Vorschriften grundsätzlich nur für Arbeitsunfälle, die sich nach seinem Inkrafttreten ereignen. Bei Wilhelm M. hat aber, worüber unter den Beteiligten kein Streit besteht, die - einem Arbeitsunfall gleichstehende - Erkrankung an Siliko-Tuberkulose bereits vor dem 1. Juli 1963 eine an sich entschädigungspflichtige Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bewirkt. Indessen muß davon ausgegangen werden, daß sich die Beklagte in dem auf Vorschlag des LSG zustandegekommenen Vergleich verpflichtet hat, den vom ursprünglichen Kläger erhobenen Entschädigungsanspruch ungeachtet des Zeitpunktes, zu dem der Versicherungsfall eingetreten ist, nach dem ab 1. Juli 1963 geltenden neuen Recht zu prüfen und gegebenenfalls anzuerkennen. Angesichts dessen, daß das UVNG offenkundig grundsätzlich nur "neue" Versicherungsfälle erfaßt, Wilhelm M. aber ebenso offenkundig schon lange vor dem 1. Juli 1963 an Siliko-Tbc erkrankt ist, hätte der Vergleich vom Jahre 1965 sonst keinen verständlichen Sinn.

In der Sache selbst kann der Senat der Auffassung der Kläger, der Entschädigungsanspruch sei bei Anwendung des ab 1. Juli 1963 geltenden Rechts deswegen begründet, weil es eine dem § 561 a RVO aF entsprechende Bestimmung nicht mehr enthalte, nicht beipflichten. Insoweit hat das neue Recht bei Vergleich mit dem früheren Rechtszustand entgegen der Meinung der Kläger keinerlei Begünstigung erbracht.

Der erkennende Senat hat bereits in seiner Entscheidung vom 24. Juni 1971 (5 RKnU 7/69) folgendes ausgeführt: § 561 RVO aF enthalte keine eigenständige Regelung, sondern stelle einen das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung beherrschenden Grundsatz klarstellend heraus. Nach § 559 a Abs. 1 und 3 RVO aF erhalte ein Verletzter Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, solange er "infolge des Unfalls" in seiner Erwerbsfähigkeit um mindestens ein Fünftel - ausnahmsweise ein Zehntel - gemindert sei. Diese auch auf Berufskrankheiten anwendbare Vorschrift (§ 545 Abs. 1 Satz 2 RVO aF) stimme in allen wesentlichen Punkten mit der Regelung in § 581 Abs. 1 und 3 RVO in der ab 1. Juli 1963 geltenden neuen Fassung überein. In Auslegung dieser Vorschrift des neuen Rechts habe der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 1969 (BSG 30, 224 = SozR Nr. 6 bei § 581 RVO) ausgeführt, daß die rentenberechtigende MdE durch den Arbeitsunfall oder die Berufskrankheit verursacht sein müsse. Daraus ergebe sich, daß dann, wenn ein Versicherter zu der Zeit, zu welcher an sich eine rentenberechtigende MdE durch Unfall oder Berufskrankheit eingetreten wäre, bereits infolge eines vom Unfall oder der Berufskrankheit unabhängigen Ereignisses dauernd völlig erwerbsunfähig sei, keine Rente gewährt werden könne; denn in diesem Fall sei die MdE nicht infolge des Unfalls oder der Berufskrankheiten, sondern allein infolge des unfallunabhängigen Ereignisses eingetreten. Eine bereits völlig entfallene Erwerbsfähigkeit könne nicht mehr gemindert werden.

Es bestehe kein Anlaß, durch eine Auslegung des § 559 a RVO aF zu einem anderen Schluß zu gelangen. § 561 RVO aF stehe dem nicht entgegen; er bestätige vielmehr diese Auslegung. Der Umstand, daß § 561 RVO aF als den Zeitpunkt, an dem das Vorliegen völliger Erwerbsunfähigkeit der Gewährung einer Verletztenrente entgegenstehe, die "Zeit des Unfalls" anführe, nötige zu keiner abweichenden Beurteilung der vor dem 1. Juli 1963 gegebenen Rechtslage. Eine Auslegung der genannten Vorschrift nach Sinn und Zweck führe zu der Folgerung, daß die Bestimmung den Anspruch auf Verletztenrente habe ausschließen wollen, wenn der Versicherte zu der Zeit, in der der Umstand eintrete, der die Pflicht zur Entschädigung der Unfallfolgen in Form einer Rente auslösen würde, bereits völlig erwerbsunfähig sei. Das aber sei der Zeitpunkt, an dem die Folgen des Arbeitsunfalls oder der Berufskrankheit ein rentenberechtigendes Ausmaß erreichten. Soweit der Entscheidung des 2. Senats des BSG vom 30. März 1962 (SozR Nr. 1 bei § 561 RVO aF) eine gegenteilige Rechtsauffassung zu entnehmen sei, könne ihr der erkennende Senat nicht folgen. Einer Anrufung des Großen Senats habe es nicht bedurft, weil der 2. Senat seinerzeit über einen Anspruch auf Hinterbliebenenrente entschieden habe, wogegen im konkreten Falle der Anspruch auf Verletztenrente streitig sei; der erkennende Senat beurteile die beiden Fallgruppen jedoch unterschiedlich (vgl. SozR Nr. 8 bei § 589 RVO).

Hat aber hiernach § 561 RVO aF keinen von dem ab 1. Juli 1963 geltenden Recht verschiedenen, eigenständigen Regelungsinhalt, so kann es keine einen Anspruch auf Verletztenrente neu begründende Vergünstigung darstellen, wenn das UVNG keine dem § 561 RVO aF entsprechende Bestimmung mehr enthält.

Aus dem gleichen Grunde kann in dem "Wegfall" dieser Bestimmung des alten Rechts keine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 622 RVO liegen, so daß der Senat dem entsprechenden Vortrag des Klägers nicht näherzutreten braucht.

Hat aber die Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 7. April 1965 die im gerichtlichen Vergleich vom Jahre 1965 zugesagte Prüfung im Ergebnis rechtlich zutreffend durchgeführt, so haben die Vorinstanzen die hiergegen erhobene Klage zu Recht abgewiesen. Die Revision der Rechtsnachfolger W M's. gegen das Urteil des LSG vom 5. November 1970 war demnach als unbegründet zurückzuweisen.

Im Kostenpunkt stützt sich die Entscheidung auf § 193 SGG.

Mit dem Einverständnis der Beteiligten hat der Senat gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entschieden.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648198

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