Entscheidungsstichwort (Thema)

Berechtigung und Verpflichtung einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), die einem Krankenhausarzt zustehende Vergütung an den Krankenhausträger zu zahlen

 

Beteiligte

…, Kläger und Revisionskläger

Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe,Dortmund 1, Westfalendamm 45, Beklagte und Revisionsbeklagte

1. Bundesminister für Gesundheit, Bonn 2, Deutschherrenstraße 84, 2. Kassenärztliche Bundesvereinigung, Köln 41, Herbert-Lewin-Straße 3, 3. …, Bevollmächtigte: …, 4. …

 

Tatbestand

G r ü n d e :

I

Streitig ist die Berechtigung und Verpflichtung der beklagten Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), die dem klagenden Krankenhausarzt zustehende Vergütung an den beigeladenen Krankenhausträger zu zahlen.

Der Kläger ist seit dem 1. Januar 1974 als Leiter der Radiologischen Abteilung des Krankenhauses an der kassenärztlichen und an der vertragsärztlichen Versorgung beteiligt. Nach dem 1. Januar 1989 kündigte die Beklagte an, sie werde die monatlichen Abschlagszahlungen auf die Vierteljahresabrechnung, die bisher unmittelbar der Kläger erhalten hatte, gemäß § 120 Abs 1 Satz 3 des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) zukünftig an den Krankenhausträger überweisen. Dem Einwand des Klägers, die gesetzliche Bestimmung sei verfassungswidrig, trat die Beklagte entgegen. Der Kläger erhob deshalb Klage zunächst mit dem Antrag festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt sei, die ihm zustehenden Honorarbeträge aus seiner Tätigkeit als ermächtigter Arzt an den Krankenhausträger zu überweisen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) beantragte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung des Honorars an ihn zu verurteilen. Das SG hat die Klage abgewiesen.

Mit der Sprungrevision macht der Kläger geltend, § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V gelte nicht für die vertragsärztliche Tätigkeit. Die Bestimmung greife unzulässig in das Rechtsverhältnis zwischen dem ermächtigten Arzt und der KÄV ein, weil dem Arzt ein Zwangsvertreter verordnet werde. Die Kosten für den mit der Abrechnung verbundenen zusätzlichen Arbeitsaufwand des Krankenhausträgers habe der Arzt zu tragen. Verfassungswidrig sei die Vorschrift auch deshalb, weil sie gegen das Bestimmtheitsgebot verstoße.

Der Kläger beantragt,das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 5. Juni 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, das kassen- und vertragsärztliche Honorar des Klägers ab sofort unmittelbar an ihn auszuzahlen und nicht an die Beigeladene zu 4) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.

Die Beigeladenen zu 1), 2) und 3) haben sich zur Revision des Klägers geäußert. Anträge haben die Beigeladenen nicht gestellt.

II

Die Revision ist nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen.

Der Anspruch des Klägers, über den gemäß § 123 SGG zu entscheiden ist, richtet sich über den von ihm formulierten Klageantrag hinaus auf Verurteilung der Beklagten, über die von ihm vorgelegten Abrechnungen zu entscheiden. Dies folgt aus dem gesamten Klagevorbringen. Insbesondere begründet der Kläger die Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V mit ihrer Unbestimmtheit, und zwar ua wegen des Streits um eine Äußerung in der Literatur, nach der dem Krankenhausträger bei der Abrechnung Kontroll- und Prüfpflichten auferlegt sind. Die Verfassungswidrigkeit aus diesem Grunde würde nicht - zumindest nicht unmittelbar -die Zahlung, sondern nur die Abrechnung im Sinn der Rechnungslegung durch den Krankenhausträger betreffen. In den Ausführungen zur Verfassungswidrigkeit beanstandet der Kläger auch, daß ihm das "Recht auf Abrechnung" genommen werde. Nur mit der Einbeziehung des Anspruchs auf Abrechnung in das Klagebegehren wird erreicht, daß dem Kläger alles zugesprochen werden kann, was ihm aufgrund des Sachverhalts zusteht (vgl Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 3. Aufl 1987, § 123 RdNr 3).

Die Erteilung von Honorarbescheiden auf eigene Abrechnungen und die Auszahlung des Honorars unmittelbar an sich selbst kann der Kläger nach der Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht beanspruchen. Das Honorar des ermächtigten Krankenhausarztes wird nach dieser Bestimmung vom Krankenhausträger abgerechnet und nach Abzug der Kosten an ihn weitergeleitet. Damit ist der Abrechnungs- und Zahlungsweg über den Krankenhausträger vorgeschrieben. Der Kläger hat mit der Beigeladenen zu 4) keine Verabredung über die Abbedingung des § 120 SGB V getroffen, so daß dahingestellt bleiben kann, ob eine solche Abbedingung überhaupt zulässig wäre.

Die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V gilt nicht nur für die kassenärztliche, sondern auch für die vertragsärztliche Versorgung (Vollmer, Das Krankenhaus 1989, 260, 268; Tuschen in GKV-Komm § 120 SGB V RdNrn 4 ff; aM Andreas, ArztR 1989, 97, 110; Kass Komm Hess SGB V § 120 RdNr 10; Schirmer in Hauck/Haines, SGB V § 120 Rz 3). Im Wortlaut des Satzes 3 ist keine Beschränkung auf die Vergütung für kassenärztliche Leistungen begründet. Die Bestimmung ist allerdings im Zusammenhang mit den vorangehenden Sätzen des Absatzes 1 zu lesen. Mit der nach § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V abzurechnenden und auszuzahlenden "zustehenden Vergütung" wird auf § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V Bezug genommen. Zustehende Vergütung ist die Vergütung aus der kassenärztlichen Gesamtvergütung iS des Satzes 1, dh der durch den Verteilungsmaßstab gemäß § 85 Abs 4 SGB V näher bestimmte Anspruch. Nach § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V wird nämlich die zustehende Vergütung mit der KÄV abgerechnet, und die KÄV verteilt gemäß § 85 Abs 4 Satz 1 SGB V lediglich die Gesamtvergütung.

Die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V bezieht sich mit dem Begriff "Gesamtvergütung" auf die für die gesamte kassenärztliche Versorgung zu entrichtende Vergütung nach § 85 Abs 1 SGB V. Auf die vertragsärztliche Versorgung ist § 85 Abs 1 SGB V entsprechend anzuwenden (§ 83 Abs 3 SGB V), so daß auch die Ersatzkassen eine "Gesamtvergütung" entrichten. Abweichend von § 85 Abs 1 SGB V wird in § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V aber der Begriff der "kassenärztlichen Gesamtvergütung" verwendet. Die Hinzufügung des Eigenschaftswortes "kassenärztlich" läßt auf eine Beschränkung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V auf die Vergütung aus der kassenärztlichen Tätigkeit schließen. Nach dem Wortlaut des § 120 Abs 1 SGB V ist die Anwendung auf die vertragsärztliche Versorgung auch deshalb zweifelhaft, weil dort von "ermächtigten Krankenhausärzten" die Rede ist. Die Bestimmung bezieht sich insoweit auf die Ermächtigung nach der Vorschrift des § 116 SGB V, die - wiederum ihrem Wortlaut nach - eine Ermächtigung zur Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung regelt (vgl Hess, aaO) und mit der Zuständigkeit des Zulassungsausschusses (§ 96 SGB V) eindeutig die vertragsärztliche Versorgung nicht erfaßt.

Der Hinzufügung des Eigenschaftsworts "kassenärztlich" zum Begriff der Gesamtvergütung und der Beziehung zur Vorschrift des § 116 SGB V kommt indessen im Rahmen einer Auslegung des § 120 SGB V kein ausschlaggebendes Gewicht zu. Die Bezugnahme auf § 116 SGB V bedeutet nicht zwingend eine Beschränkung auf den kassenärztlichen Bereich. Zwar ist in § 116 SGB V wie in den folgenden Bestimmungen der §§ 117 bis 119 SGB V nur vom Zulassungsausschuß die Rede, was auf eine Beschränkung auf die kassenärztliche Versorgung hindeutet. An den im Gesetz vorgesehenen Regelungen zur Durchführung der Ermächtigungen nach §§ 117 ff SGB V sind aber die Verbände der Ersatzkassen beteiligt (§ 117 Satz 3, § 120 Abs 2 Satz 2 SGB V). Diese Regelungen sollen also auch im vertragsärztlichen Bereich gelten, denn es wäre sinnwidrig, die Verbände der Ersatzkassen an Regelungen zu beteiligen, die mit ihrem Bereich nichts zu tun haben. Aus dieser Betrachtung ergibt sich eine Unschärfe der §§ 117 ff SGB V hinsichtlich der vertragsärztlichen Versorgung. Die Unschärfe rechtfertigt es auch, die Hinzufügung des Wortes "kassenärztliche" in § 120 Abs 1 Satz 1 SGB V im Hinblick auf Sinn und Zweck des Gesetzes als redaktionelles Versehen zu bewerten.

Die Bestimmungen des Vierten Kapitels des SGB V gelten andererseits nicht übergreifend für die vertragsärztliche Versorgung. Vielmehr ist nur in einer Reihe von gesetzlichen Vorschriften jeweils ihre entsprechende Anwendung geregelt worden (vgl insbesondere § 72 Abs 3; § 76 Abs 5 Satz 2; § 83 Abs 3 Satz 2 SGB V). Während die Voraussetzungen und Formen der Teilnahme von Ärzten an der kassenärztlichen Versorgung im Gesetz und in der Zulassungsverordnung geregelt sind, sind die Regelungen über die Einzelheiten der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in den Verträgen der Verbände der Ersatzkassen mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KÄBV) zu treffen (§ 95 Abs 8 SGB V).

Die Einbeziehung der Vergütung für die vertragsärztliche Versorgung in die Regelung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V ergibt sich bei einer Auslegung nach Sinn und Zweck der Vorschrift. In § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V werden Abrechnungs- und Zahlungsweg über den Krankenhausträger verbindlich vorgeschrieben und dem Krankenhausträger damit Pflichten auferlegt und Rechte eingeräumt. Die Regelung des Abrechnungs- und Zahlungswegs wird nicht den Betroffenen, Arzt, Krankenhausträger und KÄV überlassen. Vielmehr wird die Bestimmung im Gesetz selbst getroffen und damit ein öffentliches Interesse an der Regelung durchgesetzt. In der vertragsärztlichen Versorgung werden zwar Einzelheiten der Teilnahme des Arztes in den Verträgen nach § 83 Abs 3 SGB V geregelt, so daß hier anders als bei der Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung den Vertragspartnern des Ersatzkassenvertrages-Ärzte (EKV-Ärzte) die Ordnung des Bereichs überlassen ist. Der Gegenstand des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V könnte aber im EKV-Ärzte nicht geregelt werden, denn die Partner dieses Vertrages sind nicht ermächtigt, die Krankenhausträger in die Pflicht zu nehmen. Die Notwendigkeit der Einbeziehung der vertragsärztlichen Versorgung in die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V entfällt auch nicht im Hinblick auf die Vorschrift des § 115 SGB V. Ob in Verträgen nach § 115 SGB V auch die Materie des § 120 Abs 1 SGB V geregelt werden könnte, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls hängt ein Vertrag nach § 115 SGB V von der Zustimmung der Krankenhausträger ab. Auch mit der Möglichkeit der Festsetzung durch die Landesschiedsstelle (§ 115 Abs 3 SGB V) wird der Zweck des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht erreicht. Es wäre schließlich wenig sinnvoll, die in § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V für die KÄV getroffene gesetzliche Regelung im vertragsärztlichen Bereich einer Vereinbarung zu überlassen, an der nach § 115 SGB V auch die Landesverbände der Krankenkassen beteiligt sind.

Die Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V ist, soweit sie die Abrechnung und die Auszahlung der Vergütung betrifft, nicht schon wegen Unbestimmtheit der Regelung verfassungswidrig. Aus dem Rechtsstaatsgebot folgt, daß gesetzliche Regelungen so bestimmt zu fassen sind, wie dies nach der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normenzweck möglich ist (BVerfGE 59, 104, 114). Grundrechtsrelevante Vorschriften sind in ihren Voraussetzungen und in ihrem Inhalt so klar zu formulieren, daß die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist und er sein Verhalten danach einrichten kann (BVerfGE 62, 183). Durch die Notwendigkeit der Auslegung wird der Vorschrift aber nicht die Bestimmtheit genommen (BVerfGE 21, 261).

Gegen die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V sind bereits im Gesetzgebungsverfahren Einwände erhoben worden. Die Vorschrift stimmt weitgehend überein mit § 128 Abs 1 Satz 3 des Referentenentwurfs des GRG - lediglich fehlten damals die Worte "für diese". Die KÄBV hatte die ersatzlose Streichung des § 128 Abs 1 Satz 3 des Entwurfs auch wegen Unklarheiten der Bestimmung verlangt. Auch der Kläger weist auf nach seiner Meinung gegebene Unbestimmtheiten hin.

Der Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V läßt sich, wenn auch erst aufgrund einer Auslegung, entnehmen, welche Rechte und Pflichten die Betroffenen haben. Im einzelnen stellt der Kläger die Frage, als was der Krankenhausträger handele, als Zahlstelle, Einzugsermächtigter, Inkassobevollmächtigter, Treuhänder? Aus dem Bestimmtheitsgebot folgt aber nicht, daß sich der Gesetzgeber bei der Zuweisung von öffentlich-rechtlichen Rechten und Pflichten insoweit festlegen und insbesondere sich dafür bestimmter rechtlicher Formen bedienen muß. Was die weitere Frage betrifft, ob dem Krankenhausträger die volle Verantwortung für die Richtigkeit der Abrechnung zugewiesen wird, so bedurfte es dazu keiner klärenden Bestimmung im Gesetz.

Mit der Pflicht zur Abrechnung der dem Arzt zustehenden Vergütung wird dem Krankenhausträger nicht auferlegt, die Angaben des Arztes zu prüfen. Der Begriff Abrechnung schließt keine Prüf- und Kontrollpflichten ein. In den gesetzlichen und vertraglichen Abrechnungsvorschriften ist nur geregelt, was aufzuzeichnen ist sowie in welcher Form und zu welchen Terminen die Abrechnungen vorzulegen sind (§ 295 SGB V; § 21 EKV-Ärzte). Damit ist nicht ausgeschlossen, daß dem Gesetz im Wege der Auslegung Kontroll- und Prüfpflichten aus dem Rechtsverhältnis des Krankenhausträgers zur KÄV entnommen werden (vgl dazu Andreas, ArztR 1989, 99, 111 mwN). Die KÄBV hatte die Fragen aufgeworfen: Wer tritt vor den Prüfungsinstanzen auf, und wer ist Prozeßpartei? Wer trägt das Risiko von Honorarkürzungen und Regressen? Wer bestimmt die Höhe der abzugsfähigen Kosten? Die Bestimmung verstößt aber auch wegen dieser Fragen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot. Für den Gesetzgeber bestand kein zwingender Anlaß, die Rechtsstellung des Krankenhausträgers wegen dieser Fragen zu klären. Der Prüfungsausschuß entscheidet, ob der "ermächtigte Arzt" gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat (§ 106 Abs 5 Satz 1 SGB V). Da der Arzt beraten und das ihm zustehende Honorar gekürzt wird, kann an seiner Beschwer sowie seiner Widerspruchs- und Klagebefugnis nicht gezweifelt werden. Es war nicht notwendig, im Gesetz ausdrücklich zu regeln, ob auch der Krankenhausträger Beteiligter des Prüfverfahrens sein sollte. Auch die vom Kläger gestellte Frage: "Wer hat einen etwaigen Streit zwischen Arzt und KÄV über die Richtigkeit der Abrechnung zu führen"? ist durch Auslegung des SGB V und Anwendung der Verfahrensvorschriften lösbar. Wenn die KÄV das mit der Abrechnung geforderte, dem Arzt zustehende Honorar kürzt oder später Honorar vom Arzt zurückfordert, kann der Arzt die Entscheidung anfechten. Die Klärung der Frage, wer das Risiko von Honorarkürzungen und Regressen zu tragen hat, konnte der Auslegung des Gesetzes in Beachtung der Regeln über den öffentlich-rechtlichen Entschädigungsanspruch überlassen werden. Zum Bestimmtheitsgebot gehört es nicht, daß alle denkbaren Unklarheiten, die sich aus einer gesetzlichen Regelung können, im Gesetz ausgeräumt werden. Das gilt auch für die Frage der Abdingbarkeit der Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V. Ihre Zulässigkeit oder Unzulässigkeit ist durch Auslegung des Gesetzes zu ermitteln. Wenn die Beteiligten den Abrechnungs-und Zahlungsweg anders regeln wollen als nach der Vorgabe des Gesetzes, ist ihnen zuzumuten, daß sie das Risiko der Zulässigkeit tragen.

Die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V verstößt auch im übrigen nicht gegen die Verfassung und insbesondere nicht gegen Art 12 Abs 1 des Grundgesetzes (GG). Dabei kann dahingestellt bleiben, ob durch die Bestimmung überhaupt der Schutzbereich der Grundrechtsnorm berührt wird. Das SG hat zutreffend dargelegt, daß es sich bei der Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V jedenfalls nur um eine Berufsausübungsregelung handelt. Regelungen der Berufsausübung werden durch jede sachgerechte und vernünftige Erwägung des Gemeinwohls gerechtfertigt, der Eingriff muß nur im rechten Verhältnis zu den zu schützenden öffentlichen Interessen stehen, er darf nicht übermäßig belastend und unzumutbar sein (Leibholz-Rinck-Hesselberger, GG-Komm Art 12 RdNr 296 mwN; BVerfGE 16, 285, 296 ff). Dem SG ist entgegen der Meinung des Klägers und der KÄBV darin zu folgen, daß die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V für den Krankenhausarzt nur eine geringfügige Belastung darstellt. Die Honorareinnahmen aus der Teilnahme an der kassenärztlichen Versorgung haben für den Kläger nicht die gleiche existentielle Bedeutung wie für einen niedergelassenen Kassenarzt. Für den Krankenhausarzt ist diese Teilnahme nur eine Nebentätigkeit, während sein berufliches Hauptbetätigungsfeld im Krankenhausbereich liegt (BSG SozR 2200 § 368f Nr 14). Ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung kommt insoweit in Betracht, als nach der Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V der Arzt als Gläubiger der Honorarforderung diese nicht unmittelbar gegenüber dem Schuldner geltend machen kann - der Kläger spricht von der Unterwerfung unter eine Vertretung kraft Gesetzes. Ferner ist das Honorar nicht unmittelbar an ihn, sondern an den Krankenhausträger zu zahlen. Die ihm zustehende Vergütung wird aber nicht geschmälert. Dem Arzt wird auch nicht die Befugnis oder die Möglichkeit genommen, seine Honorarforderung geltend zu machen. Er muß sich allerdings bei Meinungsverschiedenheiten mit dem Krankenhausträger über die Höhe der ihm zustehenden Vergütung zunächst mit diesem auseinandersetzen; ob er von der KÄV Vergütungen für Leistungen verlangen könnte, die das Krankenhaus nicht abgerechnet hat, ist zumindest fraglich. Indessen ist nicht zu erkennen, daß sich daraus eine erhebliche Belastung ergibt. Der Krankenhausträger hat nämlich im allgemeinen kein Interesse, gegenüber der KÄV weniger abzurechnen als der Arzt fordert. Soweit der Krankenhausträger Zweifel an der Berechtigung der Forderung hat, kann er diese Zweifel in der Abrechnung zum Ausdruck bringen, ohne die Anforderung zu kürzen. Kürzungen des vom Krankenhausträger abgerechneten Honorars durch die KÄV kann der Arzt gegenüber dieser unmittelbar entgegentreten. Mit der Zahlung an den Krankenhausträger wird nicht etwa die Höhe der dem Krankenhausarzt zustehenden Vergütung diesem gegenüber verbindlich geregelt. Er kann vielmehr den Honorarbescheid der KÄV anfechten, wenn ihm nach seiner Ansicht eine höhere Vergütung zusteht. Durch einen Honorarbescheid mit einem zu niedrigen Zahlungsbetrag ist der Krankenhausarzt beschwert. Die Widerspruchs- und Klagebefugnis wird durch § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht - jedenfalls nicht ausschließlich - dem Krankenhausträger übertragen. Vielmehr beschränkt sich dessen Aufgabe auf die Abrechnung und den Empfang und die Weiterleitung der Zahlung. Daraus folgt nicht, daß dem Krankenhausarzt als Inhaber der Forderung im übrigen die Befugnis zur Führung des Verwaltungs- und des gerichtlichen Verfahrens entzogen wäre.

Die Pflicht des Krankenhausarztes gemäß § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V, die Kosten der Abrechnung zu tragen, stellt keine erhebliche Belastung dar (Andreas aaO S 112). Dem Krankenhausarzt werden die anteiligen Verwaltungskosten auferlegt und damit auch die Kosten der Abrechnung durch den Krankenhausträger. Soweit es die Abrechnungskosten betrifft, wird der Krankenhausarzt andererseits von eigenem Aufwand entlastet. Die Abrechnung auf dem Weg über den Krankenhausträger wird nur zu einem geringen Mehraufwand führen im Vergleich zur unmittelbaren Abrechnung gegenüber der KÄV. Je mehr nämlich die Unterlagen, die der Krankenhausarzt dem Krankenhausträger geben muß, bereits den gesamtvertraglichen Anforderungen an eine Abrechnung entsprechen - nach dem Vorbringen des Klägers muß er die Abrechnung "wie bisher" erstellen -, desto geringer wird der Verwaltungsaufwand des Krankenhausträgers.

Ein Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung ergibt sich auch nicht mittelbar aus datenschutzrechtlichen Bestimmungen. Dem Arzt wird durch die Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V, wenn er die datenschutzrechtlichen Vorschriften beachtet, nicht die Möglichkeit genommen, seine Honorarforderung geltend zu machen und durchzusetzen. Aus dem Gesetz ergibt sich nicht zwangsläufig die Notwendigkeit, für die Abrechnung durch den Krankenhausträger diesem Geheimnisse (§ 203 des Strafgesetzbuches) zu offenbaren. Das Gesetz schreibt mit der Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V nicht den Inhalt der Abrechnungen im einzelnen vor und regelt insbesondere nicht, die Abrechnung durch den Krankenhausträger müsse die Leistungen versichertenbezogen angeben und etwa dazu auch noch Diagnosen und Befunde enthalten. Dies ist im Begriff der Abrechnung nicht zwangsläufig enthalten. Nach § 295 Abs 1 Nr 1 SGB V sind die an der kassen-und vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte verpflichtet, in den Abrechnungsunterlagen für die kassen- und vertragsärztlichen Leistungen die von ihnen erbrachten Leistungen aufzuzeichnen. Aus § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V folgt aber nicht notwendigerweise, daß diese Aufzeichnungen den Krankenhausträgern vorzulegen sind. Besondere Regelungen über die Vorlagepflicht in der Satzung der KÄV oder in den Verträgen sind nicht ausgeschlossen. Nach § 21 Abs 1 Nr 1 EKV-Ärzte ist auf den vereinbarten Abrechnungsvordrucken die Diagnose einzutragen. Die Pflicht dazu wird aber dem abrechnenden Vertragsarzt auferlegt. Es bleibt offen, ob die Regelung auch für die Abrechnung durch den Krankenhausträger gilt.

Der Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V liegen, soweit sie hier streitig ist, sachgerechte und vernünftige Erwägungen des Gemeinwohls zugrunde. Ohne die besondere Vorschrift des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V würden die Krankenhausärzte ihre Leistungen nach dem Bewertungsmaßstab gemäß § 87 SGB V abrechnen. In den danach berechnungsfähigen Leistungen sind weitgehend die für die Leistung notwendigen Aufwendungen des Arztes pauschal enthalten (Allgemeine Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs Ziff 2). Dies war im wesentlichen die Rechtslage bis zum Jahr 1955, wobei die damals geltenden Gebührenregelungen anzuwenden waren. Bis zum Jahre 1955 konnten die Krankenhausärzte die Sachleistungen, die sie - wenn auch mit Mitteln des Krankenhauses - erbracht hatten, abrechnen, soweit sie in die Gesamtvergütung einbezogen waren. Bei der Verrechnung der Unkosten der Sachleistungen, insbesondere solcher, für die die Gebührenordnung nur eine die ärztliche Leistung und die Unkosten zusammenfassende Vergütung vorsah, hatten sich zwischen den Krankenhausärzten und den Krankenhausträgern Schwierigkeiten ergeben (BSG SozR Nr 9 zu § 368n der Reichsversicherungsordnung [RVO]). Eine Änderung trat ein durch das Gesetz über Kassenarztrecht vom 17. August 1955 (BGBl I 513). In § 368n Abs 2 (später Abs 3) RVO wurde bestimmt: Die aufgrund der Zulassung oder der Beteiligung (§ 368a Abs 8 RVO) in Krankenhäusern ausgeführten und in die Gesamtvergütung einbezogenen ärztlichen Sachleistungen werden unbeschadet der Vergütung rein ärztlicher Leistungen zwischen den KÄVen und den Krankenhäusern außerhalb des Verteilungsmaßstabs (§ 368f Abs 1 RVO) nach Sätzen vergütet, die zwischen den KÄVen und den Krankenhäusern oder deren Verbänden zu vereinbaren sind. Damit war für den Krankenhausträger ein unmittelbarer Anspruch auf Vergütung ärztlicher Sachleistungen geschaffen worden, aber nur in Höhe des Unkostenanteils. Der Anspruch des Krankenhausarztes beschränkte sich insoweit auf den Anteil für die "rein ärztlichen Leistungen". Was unter ärztlichen Sachleistungen zu verstehen war, wurde einer Liste gemäß § 43 Abs 2 des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) entnommen. Die Höhe der - dem Krankenhausträger zustehenden - Sachkosten bei ärztlichen Sachleistungen wurde zwischen der KÄV und den Krankenhäusern oder ihren Verbänden vereinbart, in den Bewertungsmaßstäben wurde der Kostenanteil nicht ausgewiesen. Es bot sich an, daß der Arzt gegenüber der KÄV das Honorar abrechnete und diese daraus den Anspruch des Krankenhausträgers auf den Sachkostenanteil entwickelte. Jedenfalls wurde dieses Verfahren in Baden-Württemberg geübt (Hipp in ArztR 1980, 15). Die KÄV war nach der gesetzlichen Regelung des § 368n Abs 2 bzw 3 Satz 1 RVO praktisch allein in der Lage, die Vergütung des Krankenhausträgers zu ermitteln. Ihr standen zwei Gläubiger gegenüber, unter denen sie das Honorar aufzuteilen hatte. Die Bestimmung des § 368n Abs 2 bzw Abs 3 Satz 1 RVO galt nicht für die Ersatzkassen, so daß die Honorare für vertragsärztliche Leistungen, wenn keine abweichenden Vereinbarungen getroffen waren, in voller Höhe dem Krankenhausarzt auszuzahlen waren.

Nach der Begründung des Regierungsentwurfs für das GRG sollte die Regelung des § 129 Abs 1 Satz 3 (= § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V) die Abrechnung erleichtern, die ermächtigten Krankenhausärzte vom mit der Abrechnung verbundenen Verwaltungsaufwand befreien und eine ordnungsgemäße Kostenerstattung erleichtern (BR-Drucks 200/88 S 203 zu § 129 Abs 1). Der Senat läßt dahingestellt, ob die Befreiung des Krankenhausarztes vom Verwaltungsaufwand und die Erleichterung der Kostenerstattung die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V rechtfertigen. Zutreffend hat aber das SG dargelegt, daß es insoweit nicht entscheidend darauf ankommt, wie der Gesetzentwurf begründet ist, sondern vielmehr, ob objektiv vernünftige Gründe des Gemeinwohls vorliegen.

Der Senat sieht einen anderen ausreichenden sachlichen Grund für die Bestimmung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V, soweit sie hier streitig ist. Mit der Regelung wird die KÄV von der Aufgabe entlastet, das Honorar nach Anteilen für die rein ärztlichen Leistungen und Sachkosten aufzuteilen. Die KÄV hat mit dieser Aufteilung nichts zu tun, interessiert daran sind nur der Krankenhausträger und der Krankenhausarzt. Nach der Regelung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V steht der KÄV wie bei der Honorarzahlung an die niedergelassenen Ärzte nur ein Gläubiger gegenüber. Es ist sachgerecht, die Aufteilung des Honorars dem Krankenhausträger zu übertragen, denn die abzuziehenden Kosten nach § 120 Abs 1 Satz 2 SGB V entstehen dem Krankenhausträger. Die Vergütung für die rein ärztliche Leistung ist nach der Regelung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V nach Abzug der Sachkosten vom Honorar gemäß Bewertungsmaßstab und Punktwert zu ermitteln als eine von den Kosten abhängige Restgröße. Wenn aber das Honorar an den Krankenhausträger zu zahlen und von diesem nach Abzug der allgemeinen Praxis- und der Sachkosten weiterzuleiten ist, dann ist auch die Abrechnung durch den Krankenhausträger sachgerecht. Die Abrechnung verschafft ihm die Möglichkeit der Feststellung, ob mit der Zahlung der Honoraranspruch erfüllt ist, sowie die Grundlage für den Abzug der Sachkosten.

Unzutreffend ist das Vorbringen der KÄBV, der Krankenhausträger könne nach § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V die Höhe der Vergütung des ermächtigten Krankenhausarztes einseitig bestimmen. Aus dem Wortlaut des § 120 Abs 1 Satz 3 iVm Satz 2 SGB V ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, daß die Höhe der Sachkosten vom Krankenhausträger bestimmt werden könnte. Die Höhe ergibt sich aus der Anwendung des Gesetzes und mag durch Vereinbarung zwischen Krankenhausarzt und Krankenhausträger geregelt werden können (vgl auch die Rahmenvereinbarung über die Durchführung des § 120 Abs 1 Satz 3 SGB V in Baden-Württemberg; abgedruckt bei Heinemann-Liebold, KassenarztR Abschnitt o S 21).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT

 

Fundstellen

BSGE, 1

AusR 1991, 20

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