Entscheidungsstichwort (Thema)

Entstehen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Ruhen des Arbeitslosengeldanspruches. Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld

 

Orientierungssatz

1. Die Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung knüpfen, wie allgemein in der Sozialversicherung, nicht an den Wegfall oder das Fehlen eines Arbeitsverhältnisses, sondern eines die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses an. Dieses hängt stets von mindestens zwei Erfordernissen ab, nämlich von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und der Verfügungsmacht des Arbeitgebers (vgl BSG 1979-09-04 7 RAr 51/78 = USK 79268).

2. Die Frage, ob und in welchem Zeitpunkt ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld gemäß § 117 AFG eintritt, hat keinen Einfluß darauf, von welchem Zeitpunkt an ein Anspruch auf Arbeitslosengeld entstanden ist.

 

Normenkette

AFG § 125 Abs 2 Fassung: 1969-06-25, § 117 Abs 1, § 117 Abs 4

 

Verfahrensgang

LSG Niedersachsen (Entscheidung vom 11.03.1980; Aktenzeichen L 7 Ar 95/79)

SG Lüneburg (Entscheidung vom 29.06.1979; Aktenzeichen S 13 Ar 39/79)

 

Tatbestand

Im Streit ist, ob der Kläger Arbeitslosengeld (Alg) und Arbeitslosenhilfe (Alhi) beanspruchen kann. Sein letzter Arbeitgeber hatte dem Kläger, der bis dahin seit dem 1. Januar 1972 Versicherungsangestellter im Außendienst war, zum 25. September 1975 fristlos gekündigt. Auf seinen Antrag vom gleichen Tage bewilligte ihm das Arbeitsamt Alg ab 26. September 1975 für vorläufig 312 Wochentage. Der Kläger verglich sich mit seinem Arbeitgeber am 30. Oktober 1975 vor dem Arbeitsgericht dahin, daß das Arbeitsverhältnis erst zum 31. Dezember 1975 beendet wurde. Hierauf erstattete der Arbeitgeber der Beklagten gem § 117 Abs 4 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) das für die Zeit vom 26. September bis 3. November 1975 gezahlte Alg. Ob der Kläger nach dem 30. Oktober 1975 wieder beschäftigt worden ist, ist nicht festgestellt. Alg hat der Kläger erst auf seinen Wiederbewilligungsantrag vom 30. Dezember 1975 ab 1. Januar 1976 erneut für vorläufig 312 Wochentage erhalten. Da er ab 14. März 1976 selbständig tätig war, wurde das Alg nur bis zum 13. März 1976 gezahlt, wobei ein Restanspruch von 249 Tagen verblieb.

Am 10. Oktober 1978 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte Alg. Er gab ua an, er wolle seine selbständige Tätigkeit nicht aufgeben, solange er noch keine Arbeitsstelle habe. Er arbeite als Selbständiger ca 12 Stunden wöchentlich, während der Zeit seiner Arbeitslosigkeit allerdings ca 24 Stunden - nach späteren Angaben unter 20 Stunden - wöchentlich. Das Arbeitsamt lehnte den Antrag mit Bescheid vom 5. Januar 1979 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 1979 mit der Begründung ab, der Kläger habe seit Erfüllung der letzten Anwartschaftszeit am 26. September 1975 nicht erneut mindestens 26 Wochen oder 6 Monate in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden und daher keine neue Anwartschaft erworben. Es bestehe auch kein Restanspruch aus der früheren Anwartschaft. Der Anspruch auf Alg könne nach § 125 Abs 2 AFG nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung drei Jahre verstrichen seien. Das gelte auch, wenn der Anspruch gemäß § 117 AFG geruht habe. Hier habe der Anspruch dem Grunde nach ab 26. September 1975 bestanden. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Alhi, da er innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung weder Alg bezogen noch mindestens zehn Wochen in entlohnter Beschäftigung gestanden habe.

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 11. März 1980 das Urteil des Sozialgerichts (SG) vom 29. Juni 1979, mit dem die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 5. und 24. Januar 1979 verurteilt worden war, dem Kläger das ihm noch zustehende Alg auf seinen Antrag vom 10. Oktober 1978 zu zahlen, aufgehoben und die Klage abgewiesen sowie die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, der Bescheid vom 26. April 1979, mit dem ein Antrag des Klägers auf Gewährung von Alhi abgewiesen worden ist, sei gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Verfahrens vor dem SG gewesen. Dieser sei in das Berufungsverfahren entsprechend dem Antrag des Klägers mit einbezogen worden, da die Beklagte nicht widersprochen habe. Ein weiterer Bescheid vom 14. Dezember 1979, mit dem die Beklagte einen Antrag des Klägers auf Wiederbewilligung des Alg unter Hinweis auf die in den früheren Bescheiden gegebene Begründung abgelehnt hatte, sei gemäß §§ 96, 153 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Der Kläger habe mit seinem Berufungsantrag auch die Aufhebung dieser Bescheide begehrt, was als Anschlußberufung anzusehen und zulässig sei.

In der Begründung zur Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und Bestätigung der angefochtenen Bescheide ist das LSG im wesentlichen dem Urteil des Senats vom 4. September 1979 - 7 RAr 51/79 - gefolgt.

Mit der Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 100 Abs 1, 101 Abs 1, 106 Abs 1, 117 Abs 1 und 125 Abs 2 AFG. Er ist der Auffassung, das LSG habe nicht beachtet, daß er nur rein vorsorglich auf den Rat des Arbeitsamts hin einen Antrag auf Alg gestellt habe. Er habe jedoch nicht uneingeschränkt seit dem 26. September 1975 der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden, da er seine Wiedereinstellung vor dem Arbeitsgericht betrieben habe. Deshalb habe er auch keinen Anspruch auf Alg gehabt. Dieser Anspruch habe daher auch nicht am 26. September 1978 verjähren können. Darüber hinaus habe es das LSG unterlassen, die Voraussetzungen für eine sogenannte faktische Arbeitslosigkeit festzustellen. Es hätte prüfen müssen, ob und wann der Arbeitgeber seine Verfügungsbefugnis und seinen Verfügungswillen hinsichtlich der Dienstbereitschaft des Klägers aufgegeben habe. Das sei hier bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember 1975 im Hinblick auf § 9 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht geschehen.

Darüber hinaus sei § 117 Abs 1 AFG rechtsfehlerhaft angewendet worden, denn der Kläger habe gegenüber seinem früheren Arbeitgeber noch einen Urlaubsanspruch gehabt. In dieser Zeit habe er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden. Auch aus diesem Grunde hätte ein Anspruch auf Alg nicht am 26. September 1978 verjähren können. Das LSG hätte daher Feststellungen treffen müssen, wann der Erholungsurlaub des Klägers beendet gewesen sei. Außerdem sei es nicht gerechtfertigt, zwischen Arbeitsverhältnis und Beschäftigungsverhältnis zu unterscheiden. Wenn man an der bisherigen Rechtsprechung hierzu festhalte, würde dies im Hinblick auf § 117 Abs 1 AFG dazu führen, daß, wenn erst nach mehr als drei Jahren über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Arbeitsverhältnisses entschieden werden könne, der Arbeitnehmer zwar für die ganze Zeit einen Anspruch auf Arbeitsentgelt haben könne, wenn ein Arbeitsverhältnis fortbestanden hätte. Bei einer direkt anschließenden Arbeitslosigkeit wäre jedoch der Anspruch auf Alg nach § 117 Abs 1 iVm § 125 Abs 2 AFG verjährt, obwohl für die ganze Zeit Beiträge zur Arbeitslosenversicherung zu leisten wären. Außerdem erscheine es nicht einsichtig, wenn einerseits die Beitragspflicht zu einer Erhöhung der Anspruchsdauer nach § 106 AFG führen könne, andererseits aber der Anspruch auf Alg ruhen solle.

Die Anwendung des § 117 Abs 1 AFG, wie sie das Berufungsgericht vorgenommen habe, verstoße gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) iVm dem Sozialstaatsprinzip. Es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, wenn in dem vorliegenden Falle das Arbeitsentgelt, das der Kläger zusätzlich erhalten habe, voll angerechnet werde und außerdem davon ausgegangen werde, daß der Anspruch auf Alg für die gesamte Zeit ruhe. In den damit vergleichbaren Fällen nach § 117 Abs 2 und 3 AFG werde eine geleistete Abfindung nur zum Teil und zusätzlich zeitlich begrenzt angerechnet. Das müsse auch hier im Hinblick auf den Vergleich, den der Kläger abgeschlossen habe, gelten. Eine analoge Anwendung des § 117 Abs 2 AFG würde dazu führen, daß davon auszugehen sei, der Anspruch auf Alg sei erst einen Monat später entstanden und damit auch entsprechend später verjährt.

Schließlich verstoße das Verhalten der Beklagten gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Der Kläger habe sich rein vorsorglich auf Anraten des Arbeitsamtes arbeitslos gemeldet. Das Arbeitsamt habe ihn in keiner Weise darauf hingewiesen, welche Konsequenzen sich hieraus ergeben könnten; dazu wäre die Beklagte verpflichtet gewesen. Da sie dies nicht getan habe, könne sie jetzt auch nicht die Rechtsfolgen geltend machen. Auch aus dem übrigen Verhalten der Beklagten habe der Kläger folgern müssen, daß der Zeitraum, in welchem er seinen Anspruch auf Alg geltend machen konnte, erst am 1. Januar 1976 begann. Er habe nicht damit rechnen können, daß die Beklagte nunmehr den Standpunkt einnimmt, der Anspruch wäre bereits am 26. September 1975 entstanden und damit auch am 26. September 1978 verjährt, deshalb sei die Berufung auf die Verjährung als sittenwidrig anzusehen.

Wenn der Kläger einen Anspruch auf Alg habe, dann stehe ihm auch für die spätere Zeit ein Anspruch auf Alhi zu.

Der Kläger beantragt (sinngemäß),

1. das Urteil des LSG Niedersachsen vom

11. März 1980 aufzuheben und die Berufung der

Beklagten gegen das Urteil des SG Lüneburg vom

29. Juni 1979 zurückzuweisen;

2. die Bescheide vom 3. April 1979 und

14. Dezember 1979 aufzuheben sowie die

Beklagte dem Grunde nach zu verurteilen,

dem Kläger Arbeitslosengeld mit Arbeitslosenhilfe

zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Das LSG war befugt, auch über die Rechtmäßigkeit der Bescheide vom 26. April und 14. Dezember 1979 zu entscheiden. Eines Vorverfahrens bedurfte es als Prozeßvoraussetzung für die Überprüfung dieser Bescheide nicht. Beide sind gemäß § 96 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden, und zwar der Bescheid vom 26. April 1979 des Verfahrens vor dem SG und der Bescheid vom 14. Dezember 1979 des Verfahrens vor dem LSG, wo § 96 SGG entsprechend anzuwenden ist (§ 153 Abs 1 SGG).

Mit dem Bescheid vom 26. April 1979 ist der Antrag des Klägers auf Gewährung von Alhi vom 3. April 1979 abgelehnt worden. Mit ihm ist also von diesem Zeitpunkt an erneut über den Alhi-Anspruch des Klägers entschieden worden. Er ist daher insoweit an die Stelle des Bescheides vom 5. Januar 1979 getreten, in dem die Gewährung von Alhi für die Zeit ab 10. Oktober 1978 abgelehnt worden war. Das SG hat zwar den Bescheid vom 26. April 1979 nicht bei seiner Entscheidung berücksichtigt. Es ist jedoch, wie das LSG zutreffend erkannt hat, anerkannt, daß das Berufungsgericht über den gemäß § 96 SGG erweiterten Streitgegenstand zu entscheiden hat, sofern die Beteiligten ihn im Berufungsverfahren mit in ihre Anträge einbeziehen, wie das hier der Fall ist. Damit wird lediglich der Umfang des Streitverhältnisses wieder hergestellt, den er gemäß § 96 SGG haben sollte (BSG SozR 1500 § 96 Nr 6; 4100 § 119 Nr 12). Allerdings hat das LSG verkannt, daß es insoweit nicht über eine Berufung, sondern kraft Klage zu entscheiden hatte (BSG SozR Nr 17 zu § 96; 4100 § 119 Nr 12). Deshalb war der Tenor des zweitinstanzlichen Urteils entsprechend zu berichtigen, was auch hinsichtlich des Bescheides vom 14. Dezember 1979 gilt. Mit diesem ist der Antrag des Klägers vom 5. November 1979 auf Wiederbewilligung des Alg abgelehnt worden, wobei die Beklagte davon ausgeht, daß der Kläger auch nach dem 10. Oktober 1978 (Stellung des ersten streitbefangenen Antrags) keine Anwartschaft für einen Alg-Anspruch erworben hat. Dieser Bescheid ist insoweit für die Zeit ab 5. November 1979 hinsichtlich des geltend gemachten Alg-Anspruchs an die Stelle des Bescheides vom 5. Januar 1979 getreten.

Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Der Kläger hat für den geltend gemachten Zeitraum weder einen Anspruch auf Alg noch einen solchen auf Alhi. Zutreffend hat deshalb das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klagen abgewiesen.

Anspruch auf Alg hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat (§ 100 AFG). Insoweit entfällt der Anspruch des Klägers schon deshalb, weil er die Anwartschaftszeit nicht erfüllt hat. Er hat innerhalb von drei Jahren seit dem letzten Tage vor der Arbeitslosmeldung am 10. Oktober 1978 nicht wenigstens 26 Wochen oder 6 Monate in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden (§ 104 AFG). Sein letztes Arbeitsverhältnis endete am 31. Dezember 1975. Zeiten, die gemäß § 107 AFG einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstehen, liegen gleichfalls nicht vor.

Zwar hatte der Kläger aufgrund seines ursprünglichen Anspruchs auf Alg zunächst noch nach dem 13. März 1976 bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen gemäß § 110 AFG einen Anspruch auf Alg, soweit sich die Dauer des Anspruchs nicht gemindert hatte, ohne daß es der Erfüllung einer neuen Anwartschaftszeit bedurfte. Dieser Anspruch kann jedoch gemäß § 125 Abs 2 AFG nicht mehr geltend gemacht werden, weil seit seiner Entstehung drei Jahre verstrichen waren. Der Anspruch des Klägers auf Alg war nämlich, wie das LSG richtig erkannt hat, bereits am 26. September 1975 entstanden. Der Kläger hätte daher, da er am 13. März 1976 aus dem Alg-Bezug ausgeschieden war, bis zum 25. September 1978 seinen Anspruch erneut geltend machen müssen. Das ist nicht geschehen.

Nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG war der Kläger ab 26. September 1975 ohne Beschäftigung. Er hatte sich arbeitslos gemeldet und Alg beantragt; er war in der vorangegangenen Rahmenfrist anwartschaftsbegründend beitragspflichtig beschäftigt gewesen und uneingeschränkt bereit und in der Lage, wie bisher eine Vollzeitbeschäftigung im Außendienst auszuüben. Die Beklagte hat dem Kläger deshalb zu Recht von diesem Zeitpunkt an Alg gewährt. Hieran ändert auch der am 30. Oktober 1975 abgeschlossene Vergleich vor dem Arbeitsgericht nichts, wonach das Arbeitsverhältnis erst am 31. Dezember 1975 endete. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, an die der Senat gemäß § 163 SGG gebunden ist, da der Kläger hiergegen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht hat, hat sein früherer Arbeitgeber ab 26. September 1975 sein Direktionsrecht nicht mehr beansprucht. Damit bestand, wie das LSG zutreffend ausgeführt hat - zumindest vorübergehend - kein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis. Dessen Wegfall hatte, auf jeden Fall in der Zeit vom 26. September bis 30. Oktober 1975, faktische Beschäftigungslosigkeit zur Folge, die nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dem gesetzlichen Begriff der Arbeitslosigkeit im Sinne von § 101 AFG entspricht. Die Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung knüpfen, wie allgemein in der Sozialversicherung, nicht an den Wegfall oder das Fehlen eines Arbeitsverhältnisses, sondern eines die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungsverhältnisses an. Dieses hängt stets von mindestens zwei Erfordernissen ab, nämlich von der Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und der Verfügungsmacht des Arbeitgebers, die dieser hier mit dem Zeitpunkt, in dem die von ihm ausgesprochene Kündigung vollzogen wurde, aufgegeben hatte (vgl Urteil des Senats vom 4. September 1979 - 7 RAr 51/78 -).

Daß der Kläger hiernach rechtmäßig Alg bezogen hat, ergibt sich, wie der Senat gleichfalls in dem vorstehend aufgeführten Urteil ausgeführt hat, auch aus der Regelung des § 117 AFG. Hiernach geht das Gesetz davon aus, daß ein Anspruch auf Alg neben einem Anspruch auf Arbeitsentgelt bestehen kann, da beitragspflichtige Beschäftigung und Arbeitsverhältnis nicht deckungsgleich zu sein brauchen. Die Beklagte hat zwar im vorliegenden Falle gemäß § 117 Abs 4 AFG ihre Leistungen gewissermaßen in Vorlage für den Arbeitgeber erbracht, indessen ändert dies nichts daran, daß sie rechtmäßig Alg und nicht Arbeitsentgelt gezahlt hat. Das ergibt sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem Inhalt und Umfang der Leistung. Im übrigen wird dies auch durch die Bestimmung des § 11 Nr 3 KSchG bestätigt, wonach sich der Arbeitslose, falls nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts das Arbeitsverhältnis fortbesteht, auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, ua öffentlich-rechtliche Leistungen infolge Arbeitslosigkeit aus der Arbeitslosenversicherung, anrechnen lassen muß.

Wenn der Kläger demgegenüber vorträgt, er habe im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung kein Interesse gehabt, ein neues Arbeitsverhältnis einzugehen und deshalb der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand, so steht dies im Widerspruch zu den tatsächlichen Feststellungen des LSG. Das Berufungsgericht hat ausdrücklich festgestellt, der Kläger sei nach seinem Alg-Antrag vom 25. September 1975 uneingeschränkt bereit und in der Lage gewesen wie bisher eine Vollzeitbeschäftigung im Außendienst auszuüben. Da der Kläger in bezug auf diese Feststellungen keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht hat, ist der Senat hieran gemäß § 163 SGG gebunden.

Aus dem gleichen Grunde sind auch die Ausführungen des Klägers zu der Frage, wann sein Arbeitgeber seine Verfügungsbefugnis und seine Verfügungsgewalt aufgegeben habe, unerheblich. Das LSG hat unangegriffen festgestellt, daß der Arbeitgeber des Klägers ihn in der Zeit nach dem 25. September 1975 - jedenfalls bis zum 30. Oktober 1975 - nicht mehr weiter beschäftigen wollte und ihn auch nicht weiter beschäftigt hat.

Der Senat sieht keine Veranlassung, aufgrund der Ausführungen des Klägers von der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) abzugehen, die zwischen einem Beschäftigungsverhältnis und einem Arbeitsverhältnis unterscheidet. Diese Rechtsprechung findet im Bereich des Arbeitsförderungsrechts ihre Stütze auch in § 117 Abs 1 AFG, wonach gerade wegen der fehlenden Deckungsgleichheit zwischen beitragspflichtiger Beschäftigung einerseits und Arbeitsverhältnis andererseits davon ausgegangen wird, daß Alg gleichzeitig mit Lohn bezogen werden kann. Wenn der Kläger meint, diese Rechtsprechung sei deshalb nicht zu billigen, weil sie dazu führe, daß in den Fällen, in denen erst nach mehr als drei Jahren rechtskräftig über den Bestand des Arbeitsverhältnisses entschieden werde, ein Anspruch auf Alg unter Umständen gemäß § 125 Abs 2 AFG ausgeschlossen sei, so vermag das nicht zu überzeugen. Der Kläger berücksichtigt nicht, daß der Arbeitslose in diesen Fällen gemäß § 117 Abs 4 AFG einen Anspruch auf Gewährung des Alg und nach dessen Erschöpfung auf Anschluß-Alhi gemäß § 134 Abs 1 AFG haben kann. Wenn er sich in dieser Zeit beim Arbeitsamt nicht arbeitslos gemeldet und kein Alg beantragt hat, so entfällt ein Anspruch auf diese Leistung und damit auch auf Anschluß-Alhi schon deshalb, weil er die Anwartschaftszeit nicht mehr erfüllt hat und der Anspruch auf Alg überhaupt nicht mehr entstehen kann (§ 100 Abs 1 AFG). Er hat dann innerhalb der Rahmenfrist, die drei Jahre beträgt und dem ersten Tage der Arbeitslosigkeit unmittelbar vorausgeht, nicht wenigstens 26 Wochen in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden (§ 104 AFG). Der § 125 Abs 2 AFG setzt aber voraus, daß der Anspruch auf Alg bereits entstanden war. Er will dem Arbeitslosen nur die Möglichkeit geben, einen bereits entstandenen Anspruch auszuschöpfen. Sollte der Arbeitslose hingegen eine neue Anwartschaftszeit begründet haben, hätte er bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen einen neuen originären Anspruch auf Alg.

Ob es überhaupt erheblich sein kann, daß dem Kläger nach seiner Behauptung gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber noch Urlaub zugestanden hat, kann dahingestellt bleiben. Insoweit handelt es sich um neues tatsächliches Vorbringen, das nicht Gegenstand des Verfahrens vor dem LSG gewesen ist und deshalb im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann (§ 163 SGG).

Soweit der Kläger meint, die Auslegung des § 117 Abs 1 AFG durch das Berufungsgericht verstoße gegen Art 3 Abs 1 GG, weil hier das Arbeitsentgelt, das er erhalten hat, voll angerechnet werde, während in den vergleichbaren Lebenssachverhalten nach § 117 Abs 2 und 3 AFG nur eine teilweise und zeitlich begrenzte Anrechnung erfolge, ist dies für den vorliegenden Fall unerheblich. Die Frage, ob und in welchem Zeitpunkt ein Ruhen des Anspruchs auf Alg gemäß § 117 AFG eintritt, hat keinen Einfluß darauf, von welchem Zeitpunkt an ein Anspruch auf Alg entstanden ist.

Die Schlußfolgerung des Klägers, das Verhalten der Beklagten verstoße gegen Treu und Glauben, beruht auf der Behauptung von Tatsachen, die in dem angefochtenen Urteil nicht festgestellt worden sind und deshalb gemäß § 163 SGG nicht berücksichtigt werden können.

Zutreffend ist das LSG auch zu dem Ergebnis gelangt, daß der Kläger keinen Anspruch auf Alhi haben kann. Er hat innerhalb eines Jahres vor der Arbeitslosmeldung am 10. Oktober 1978 weder Alg bezogen noch mindestens zehn Wochen in entlohnter Beschäftigung gestanden und auch nicht mindestens 26 Wochen oder 6 Monate im Geltungsbereich dieses Gesetzes eine allgemeinbildende oder berufliche Schule oder eine Hochschule besucht. Die Voraussetzungen des § 134 Abs 1 Nr 4 AFG für die Gewährung von Alhi sind daher nicht erfüllt. Auch ein Ersatztatbestand nach den §§ 1 bis 5 der Arbeitslosenhilfeverordnung vom 7. August 1974 liegt, wie das LSG gleichfalls zutreffend ausgeführt hat, nicht vor.

Die Revision kann nach allem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1656493

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