Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des § 117 Abs 2 und 3 AFG idF vom 12.12.1977

 

Orientierungssatz

Die Ruhensregelungen des § 117 Abs 2 und 3 AFG idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG vom 12.12.1977 verstoßen nicht gegen Art 3 Abs 1 GG (Festhaltung von BSG 1978-02-14 7 RAr 57/76 = SozR 4100 § 117 Nr 2) und Art 14 GG.

 

Normenkette

AFG § 117 Abs 2 Fassung: 1977-12-12; AFG § 117 Abs 3 Fassung: 1977-12-12; GG Art 3 Abs 1 Fassung: 1949-05-23; GG Art 14 Fassung: 1949-05-23

 

Verfahrensgang

LSG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 16.01.1981; Aktenzeichen L 6 Ar 76/80)

SG Mainz (Entscheidung vom 16.09.1980; Aktenzeichen S 1 Ar 24/80)

 

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung und Rückforderung von Arbeitslosengeld (Alg).

Der Arbeitgeber des 1950 geborenen Klägers kündigte diesem das seit 1971 bestehende Arbeitsverhältnis fristlos am 3. Juli 1979; vor dem Arbeitsgericht verglichen sich die Arbeitsvertragsparteien dahin, daß das Arbeitsverhältnis einvernehmlich, jedoch auf Veranlassung des Arbeitgebers, zum 3. Juli 1979 aufgelöst wird, das für den Monat Juli 1979 noch offene Gehalt umgehend überwiesen werde und der Arbeitgeber als Abgeltung für den Verlust des Arbeitsplatzes gemäß §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) einen Betrag von 7.500,-- DM brutto für netto zahle. Für das Arbeitsverhältnis galt eine ordentliche Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Vierteljahresabschluß; das im Zeitpunkt der Kündigung abgerechnete Arbeitsentgelt für Juni 1979 hatte 2.485,-- DM betragen.

Die Beklagte, die dem Kläger auf seinen am 4. Juli 1979 gestellten Antrag Alg ab 1. August 1979 gewährt hatte, hob die Bewilligung für die Zeit bis zum 30. August 1979 auf, da der Anspruch wegen der Abfindung vom 4. Juli bis 30. August 1979 ruhe, und forderte die gezahlten 1.224,60 DM zurück (Bescheid vom 4. Oktober 1979, Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1980). Die Klage und die vom Sozialgericht (SG) zugelassene Berufung hatte keinen Erfolg (Urteil des SG vom 16. September 1980, Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 16. Januar 1981). Das LSG hat in seinem Urteil ausgeführt, streitig sei allein noch, ob die Ruhensregelung des § 117 Abs 2 und 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) in der Fassung des Art I Nr 9 des Vierten Gesetzes zur Änderung des AFG (4. AFG-ÄndG vom 12. Dezember 1977 (BGBl I 2557) gegen Art 14 des Grundgesetzes (GG) verstoße; das sei jedoch nicht der Fall. Die Ruhensregelung entziehe dem Arbeitslosen keine Rechtsposition, die der eines Eigentümers gleichkomme. Nach dem Zweck der Arbeitslosenversicherung sei es berechtigt, Alg soweit nicht zu gewähren, als Arbeitsentgelt bezogen werde. Ein solcher Doppelbezug solle durch § 117 AFG verhindert werden. Die vom Gesetzgeber vorgenommene typisierende Regelung, welcher Teil der Abfindung als Arbeitsentgelt anzusehen sei und zum Ruhen des Alg-Anspruchs führe, und welcher Teil für den Ersatz des Verlustes von sozialem Besitzstand bestimmt sei und dem Arbeitnehmer erhalten bleiben müsse, sei unter Berücksichtigung der Schwierigkeiten, die Elemente der Abfindung abzugrenzen, der Notwendigkeit, die Arbeitsämter in die Lage zu versetzen, schnell über die Alg-Gewährung zu entscheiden, und schließlich im Hinblick auf Manipulationsmöglichkeiten gerechtfertigt.

Der Kläger macht mit der Revision geltend, § 117 Abs 2 und 3 AFG verstoße gegen Art 14 GG; die Anordnung des Ruhens des Alg greife in ein vermögenswertes, subjektiv öffentliches Recht ein, das er aufgrund seiner Beiträge für den Fall der Arbeitslosigkeit erworben habe. Ansprüche an die Sozialversicherung würden durch eigenen Arbeitseinsatz und durch eigene Leistung erworben; sie bildeten eine durch Art 14 GG geschützt eigentumsähnliche Position. Dem könne nicht entgegengehalten werden, im einzelnen Versicherungsverhältnis fehle die notwendige Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung; denn das Wesen der Sozialversicherung liege in einer gemeinsamen Deckung eines möglichen in seiner Gesamtheit schützbaren Bedarfs durch Verteilung auf eine organisierte Vielheit. Die Eigentumsgarantie ziele in ihrer freiheitsverbürgenden Funktion darauf ab, dem einzelnen die wirtschaftlichen Voraussetzungen für eine eigenverantwortliche Lebensgestaltung zu gewährleisten. In der modernen industriellen Dienstleistungsgesellschaft erlange die Mehrzahl der Staatsbürger ihre wirtschaftliche Existenzsicherung jedoch weniger durch privates Sachvermögen, als durch den Arbeitsertrag und die daran anknüpfende soziale Daseinsvorsorge. Auch hieraus ergebe sich, daß Ansprüche an die Sozialversicherung durch Art 14 GG geschützt seien. Die Ruhensanordnung könne nicht mehr als Ausfluß der Sozialbindung des Eigentums angesehen werden. Das Äquivalent für die eigene Leistung sei in der Arbeitslosenversicherung das Versicherungsverhältnis insgesamt. Allerdings liege eine Enteignung nicht nur in der ersatzlosen Entziehung dieser Position; eine Eigentumsverletzung könne auch in der Teilentziehung liegen, wenn diese nicht mehr Ausdruck der Sozialbindung des Eigentums sei. Zwar treffe es zu, daß der Gesetzgeber in gewissem Rahmen typisierende Regelungen treffen dürfe; die bei notwendigen typisierenden Regelungen auftretenden Härten und Ungerechtigkeiten müßten hingenommen werden. Ungerechtigkeiten dürften aber nur für eine verhältnismäßig geringe Anzahl von Personen gelten und nicht sehr intensiv sein; der Spielraum bei benachteiligender Typisierung sei enger als bei bevorzugender. Auch sei die Möglichkeit der Typisierung dem Gesetzgeber nur im Hinblick auf Art 3 GG zugestanden worden. Pauschalierende Eingriffe in das Eigentum seien daher nur unter engeren Grenzen möglich. Die Bedürfnisse der Massenverwaltung könnten einen solchen Eingriff nicht rechtfertigen; denn gerade bei der vorzeitigen Auflösung eines Arbeitsverhältnisses spiele für die Höhe der Abfindung das persönliche Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine große Rolle. Diesem Verhältnis werde ein pauschalierender Eingriff nicht gerecht. Auch sei der Zeitraum, den der Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses arbeitslos sei, von Zufälligkeiten wie der Arbeitsmarktlage usw abhängig, so daß er in unterschiedlicher Höhe seine Abfindung aufzehren müsse. Da dem Kläger die Abfindung ausschließlich als Entschädigung für den Verlust sozialer Besitzstände gezahlt worden sei, sei der Eingriff besonders schwer und unzumutbar. Das Prinzip, Doppelleistungen zu vermeiden, ändere hieran nichts; es beziehe sich auf gleichartige Leistungen verschiedener Sozialleistungsträger. Die Erweiterung des Grundsatzes auf die Fälle, in denen neben der Sozialleistung private Zahlungen erbracht würden, sei insoweit unzulässig, als die private Zahlung zur Abfindung für den Verlust sozialer Besitzstände gezahlt werde; denn in diesen Fällen werde nicht entgangenes Arbeitsentgelt, sondern ein Schadensersatz für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährt.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des LSG und das Urteil des SG sowie die

Bescheide des Arbeitsamtes Mainz vom 4. Oktober 1979

und 22. Januar 1980 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie führt unter Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats vom 17. Februar 1981 - 7 RAr 90/79 - aus, das angefochtene Urteil verstoße weder gegen Verfassungsrecht noch gegen einfaches Recht.

Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage gegen die Aufhebung der Alg-Bewilligung bis zum 30. August 1979 abgewiesen. Grundlage für die Aufhebung der Bewilligung des Alg ist § 151 Abs 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582). Hiernach werden Entscheidungen, durch die Leistungen nach dem AFG gewährt worden sind, insoweit aufgehoben, als die Voraussetzungen für die Leistung nicht vorgelegen haben oder, wie das hier aufgrund der Zahlung der Abfindung der Fall ist, nachträglich weggefallen sind. Diese Vorschrift gilt auch, wenn ein Ruhenstatbestand vorliegt (vgl BSGE 46, 20, 22 = SozR 4100 § 117 Nr 2), und ist trotz ihrer Streichung durch Art II § 2 Nr 1 Buchst a des Sozialgesetzbuches - Verwaltungsverfahren - (BGB X) vom 18. August 1980 (BGBl I 1469) für die vor dem 1. Januar 1981 erfolgten Aufhebungen von Bewilligungsbescheiden maßgebend; denn das SGB X ist erst am 1. Januar 1981 in Kraft getreten (Art II § 40 Abs 1 SGB X).

Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1978 geltenden Fassung des 4. AFG-ÄndG ruht der Anspruch auf Alg, wenn der Arbeitslose wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung erhalten oder zu beanspruchen hat und das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers entsprechenden Frist beendet worden ist, und zwar von dem Ende des Arbeitsverhältnisses an bis zu dem Tage, an dem das Arbeitsverhältnis bei Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist beendet hätte. Wegen der Beendigung wird eine Abfindung gewährt, wenn zwischen der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Abfindung ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher Zusammenhang ist bei einer vergleichsweisen Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie sie hier vorliegt, nicht zweifelhaft; das gilt auch, sofern die Abfindung aus sozialen Gründen gewährt worden ist (BSG SozR 4100 § 117 Nr 5). Nach § 117 Abs 2 Satz 1 AFG ruht der Anspruch des Klägers mithin, und zwar, wie zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig ist, nach der Begrenzung des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 1 (iVm den Sätzen 3 und 4) AFG bis zum 30. August 1979. Die anderen Begrenzungen der Ruhenszeit liegen tatbestandlich nicht vor bzw wirken sie sich nicht aus, weil ihr Endpunkt nach dem 30. August 1979 liegt. Insbesondere ist ein Tatbestand des § 117 Abs 3 Satz 2 Nr 3 AFG nicht gegeben; denn der Kläger macht - in Übereinstimmung mit seiner Kündigungsschutzklage - nicht geltend, der Arbeitgeber habe einen wichtigen Grund gehabt, das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen (vgl BSG SozR 4100 § 117 Nr 5; Urteil des Senats vom 17. März 1981 - 7 RAr 16/80 -, zur Veröffentlichung vorgesehen).

Zutreffend haben die Vorinstanzen die Neufassung von § 117 Abs 2 und 3 AFG ihrer Entscheidung zugrunde gelegt. Die Neufassung entspricht, wie der Senat seit BSGE 46, 20, 25 = SozR 4100 § 117 Nr 2 in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, Art 3 GG und trägt den Bedenken Rechnung, die das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gegen § 117 Abs 2 idF des Gesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) hatte (BVerfGE 42, 176 = SozR 4100 § 117 Nr 1); auch im Hinblick auf die Einbeziehung älterer unkündbarer Arbeitnehmer ist die Vorschrift verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BSG SozR 4100 § 117 Nr 5). Hieran hält der Senat fest; auch die Revision macht eine Verletzung des Gleichheitssatzes nicht geltend. Ihr Einwand, die Neufassung des § 117 AFG bzw die Anordnung des Ruhens des Alg im Falle des Klägers verletze Art 14 GG, geht fehl.

Das BVerfG hat zwar entschieden, daß Versichertenrenten und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung dem Schutz des Art 14 GG unterliegen (BVerfGE 53, 257 = SozR 7610 § 1587 Nr 1), bisher jedoch offen gelassen, ob dies auch für den Anspruch auf Alg zutrifft (BVerfGE 42, 176, 190 = SozR 4100 § 117 Nr 1; BVerfGE 53, 313, 331 = SozR 4100 § 168 Nr 12). Auch im vorliegenden Fall bedarf diese Frage keiner Entscheidung. Art 14 GG hindert den Gesetzgeber grundsätzlich nicht, den Neuerwerb, Verlust und Umfang solcher Rechtspositionen, die, wenn sie begründet sind, dem Schutz des Art 14 GG unterliegen, neu zu ordnen; im Rahmen der Bestimmung von Inhalt und Schranken ermächtigt Art 14 Abs 1 Satz 2 GG den Gesetzgeber, auch in begründete Rechte einzugreifen und diesen einen neuen Inhalt zu geben (BVerfGE 42, 263, 294). Die Ruhensregelung des § 117 Abs 2 und 3 AFG bestimmt, wie der Senat schon entschieden hat, lediglich Inhalt und Schranken des Alg-Anspruchs. Sie gründet auf dem Zweck der Arbeitslosenversicherung, Alg nicht schon bei bloßer Arbeitslosigkeit, sondern erst bei dem auf Arbeitslosigkeit zurückzuführenden Ausfall von Arbeitsentgelt zu gewähren, und sucht in differenziert typisierter Weise die Entschädigung für den Lohnausfall zu erfassen, die in Abfindungen, Entschädigungen oder sonstigen Leistungen des Arbeitgebers zu enthalten sein pflegt, die dieser wegen der vorzeitigen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses dem Arbeitnehmer zubilligt. Die Ruhensregelung entzieht dem Versicherten daher nicht den Anspruch auf Alg, sondern bestimmt im Zusammenhang mit anderen Vorschriften erst den Eintritt der Versicherungsleistungen. Folgerichtig vermindert sich - anders als beim Ruhen des Alg während einer Sperrzeit (§ 119 Abs 1 Satz 3, § 110 Nr 1a AFG) - die Dauer des Anspruchs auf Alg nicht um die Ruhenszeit nach § 117 AFG; findet der Arbeitslose während der Ruhenszeit eine neue Arbeit, bleibt ihm die erworbene Anwartschaft ungeschmälert erhalten (ebenso das von der Beklagten zitierte Urteil des Senats vom 17. Februar 1981 - 7 RAr 90/79, insoweit in SozR 4100 § 119 Nr 14 nicht abgedruckt).

Selbst wenn die Neuregelung des § 117 Abs 2 und 3 AFG über die Bestimmung von Inhalt und Schranken des Anspruchs bzw der Anwartschaft auf Alg hinausginge, verletzt die Neuregelung den Kläger nicht in seiner eigentumsähnlichen Rechtsposition. Art 14 GG schützt lediglich vor der Entziehung von Rechten und Befugnissen, die dem Berechtigten zur Zeit des Eingriffs in gesicherter Form zustehen (vgl BVerfGE 25, 112, 121; 29, 348, 363; 45, 63, 81). Der Anspruch auf Alg, um dessen Ruhen es geht, entstand dem Kläger erst anläßlich der 1979 eingetretenen Arbeitslosigkeit, als alle Anspruchsvoraussetzungen des § 100 AFG vorlagen. Der Kläger erwarb den Anspruch nach Maßgabe des 1979 geltenden Rechts, dh unter anderem nach Maßgabe des § 117 Abs 2 und 3 AFG idF des 4. AFG-ÄndG. Zwar hat der Kläger einen Teil der Beschäftigungszeit von 104 Wochen, die die Anspruchsdauer seines Anspruchs auf Alg bestimmten, 1977 vor dem Inkrafttreten des 4. AFG-ÄndG zurückgelegt. Doch hat dieses Gesetz für die Anwartschaft des Klägers keine nachteilige Veränderung gebracht. Schon § 117 Abs 2 AFG in der ursprünglichen Fassung des Gesetzes sah vor, daß eine wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlte oder zu beanspruchende Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Vergleich zum Ruhen des Alg führt; nach dieser vom BVerfG nicht gebilligten Fassung hätte die Abfindung des Klägers uneingeschränkt als Arbeitsentgelt herangezogen werden müssen, so daß das Alg des Klägers auch über den 30. August 1979 hinaus geruht hätte. Das BVerfG hat durch Beschluß vom 12. Mai 1976 die Regelung des § 117 Abs 2 Satz 1 und Satz 3 Halbsatz 1 AFG idF vom 25. Juni 1969 (BGBl I 582) mit dem Grundgesetz für unvereinbar erklärt, soweit eine Abfindung, die ein Arbeitnehmer bei vorzeitiger Auflösung seines Arbeitsverhältnisses durch Vergleich erhält, in voller Höhe zum Ruhen des Anspruchs auf Alg führt, nicht jedoch die Nichtigkeit dieser Norm festgestellt. Dies hatte zur Folge, daß die Regelung vom Zeitpunkt der Entscheidung des BVerfG an nicht mehr angewendet werden durfte, ihr rechtliches Schicksal im übrigen aber so lange ungewiß blieb, bis der Gesetzgeber entschied, in welcher Weise er dem verletzten Verfassungsgebot Rechnung tragen wollte (vgl dazu das zur Veröffentlichung vorgesehene Urteil des Senats vom 17. März 1981 - 7 RAr 16/80 -). Die Anwartschaft auf Alg, die der Kläger 1977 erwarb, war damit von Anfang an mit der Ungewißheit behaftet, wie die damals noch ausstehende Neuregelung ausfallen werde. Dem Kläger kam daher jedenfalls in dieser Frage keine gesicherte Rechtsposition zu, die derjenigen eines Eigentümers entsprochen hätte.

Die Beklagte hat demnach zu Recht die Alg-Bewilligung bis zum 30. August 1979 aufgehoben und gemäß § 152 Abs 2 Satz 1 AFG von dem Kläger, der die Abfindung erhalten hat, die empfangenen Leistungen zurückgefordert.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657071

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