Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 25.07.1979; Aktenzeichen L 6 J 8/78)

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. Juli 1979 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Beteiligten streiten um ein „ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis von mindestens zehnjähriger Dauer bei demselben Arbeitgeber” iS von § 3 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz der Versicherungsunterlagen-Verordnung (VuVO); hiervon hängt die Rentenhöhe ab.

Der 1913 geborene Kläger war ab 19. März 1936 bis 31. Dezember 1976 bei der Deutschen Reichsbahn (DRB) als Arbeiter, Weichensteller und Stellwerkmeister beschäftigt. Vom 6. Februar bis 6. Mai 1939 leistete er Wehrdienst, ab 31. März 1944 war er als Soldat im Kriege und bis 11. Juni 1946 in Lazarettbehandlung. Für die Zeiten vor Mai 1945 sind die Unterlagen über die Beitragsentrichtung verlorengegangen; ab 12. Juni 1945 hat die Sozialversicherungsanstalt des Landes Brandenburg versicherungspflichtige Entgelte bescheinigt.

Im Bescheid über die Bewilligung des Altersruhegeldes wegen der Vollendung des 63. Lebensjahres und im folgenden Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) hat die Beklagte Pflichtbeiträge bis zum 5. Februar 1939, vom 7. Mai 1939 bis 30. April 1945 sowie ab 12. Juni 1945 berücksichtigt; dabei hat sie die bis April 1945 zurückgelegten Beitragszeiten nur als glaubhaft gemacht angesehen und deshalb gem § 3 Abs. 1 Satz 1 VuVO auf fünf Sechstel gekürzt. Der Kläger begehrt, diese Beitragszeiten ihm aufgrund des zweiten Halbsatzes der Bestimmung voll anzurechnen, weil er bei der DRB länger als zehn Jahre ununterbrochen beschäftigt gewesen sei.

Die Vorinstanzen haben seiner Klage stattgegeben. Nach der Ansicht des Landessozialgerichts (LSG) – Urteil vom 25. Juli 1979 liegt ein ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis vor, dabei habe der Zeitraum vom 31. März 1944 bis 11. Juni 1946, in dem der Kläger kriegsbedingt nicht bei der DRB tätig sein konnte, außer Betracht zu bleiben. Der Begriff „Beschäftigungsverhältnis” in § 3 Abs. 1 VuVO sei im Zusammenhang mit der Beitragsleistung zu sehen. Er umfasse sämtliche Zeiten, für die die DRB Arbeitsentgelt an den Kläger gezahlt und Rentenversicherungsbeiträge für ihn entrichtet habe, ob der Kläger eine Gegenleistung erbracht habe, sei nicht entscheidend. Hiernach rechne auch die Zeit von März 1944 bis April 1945 als Beschäftigungszeit bei der DRB. Die Zeiten vom 6. Februar bis 6. Mai 1939 und vom 1. Mai bis 11. Juni 1945 – von der Beklagten als Ersatzzeiten gewertet – seien nicht als Unterbrechung anzusehen; sie seien objektiv kurzfristig und deshalb unschädlich.

Mit der vom Bundessozialgericht (BSG) wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision beantragt die Beklagte,

die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen

Sie rügt eine Verletzung von § 3 Abs. 1 Satz 1, zweiter Halbsatz VuVO, Das LSG habe für die Zeit des Kriegsdienstes den Begriff des „Beschäftigungsverhältnisses” verkannt. Dessen Merkmale seien die Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Versicherten, dessen Dienstbereitschaft und – regelmäßig – die Entgeltlichkeit, hiernach sei es nicht schon bei bloßer Entgeltfortzahlung zu bejahen. Auch habe das BSG mehrfach entschieden, daß der Wehr- und Kriegsdienst das Beschäftigungsverhältnis unterbreche.

Der Kläger ist vor dem BSG nicht vertreten.

Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist nicht begründet; die Beklagte hat dem Kläger die Beitragszeiten, die bis zum 30. April 1945 glaubhaft gemacht sind, aufgrund des § 3 Abs. 1 Satz 1, zweiter Halbsatz VuVO ungekürzt anzurechnen.

Zum Verständnis hierfür ist zunächst allgemein auf § 3 Abs. 1 Satz 1 VuVO einzugehen. Die Vorschrift trifft zwei Anordnungen. Im ersten Halbsatz bestimmt sie, daß für das einzelne Jahr nicht nachgewiesener Beitragszeiten fünf Sechstel als Beitragszeit angerechnet werden. Dieser Anordnung liegt die Erfahrung zugrunde, daß es regelmäßig keine lückenlose Beitragsdichte gibt, vor allem Krankheit und Arbeitslosigkeit vielmehr zu Beitragslücken führen und die durchschnittliche Beitragsdichte daher zehn Monate pro Jahr beträgt (BSGE 31, 271, 272; SozR Nr. 4 zu § 19 Fremdrentengesetz –FRG–, SozR Nr. 4 zu § 15 FRG), Das könnte (müßte) zwar schon bei der Glaubhaftmachung bestimmter Beitragszeiten im Einzelfall berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber trägt der genannten Erfahrung jedoch dadurch Rechnung, daß er die Möglichkeit, Beitragszeiten aufgrund ihrer Glaubhaftmachung anzurechnen, generell beschränkt. Die zeitliche Grenze zieht er allerdings nicht bei zehn Monaten pro Jahr, sondern bei fünf Sechsteln der im einzelnen Jahr glaubhaft gemachten Beitragszeit. Die darüber hinausgehende Zeit wird nicht als Beitragszeit behandelt, obgleich sie als solche glaubhaft gemacht ist. Bedenkt man, daß beim Nachweis von Beitragszeiten die Erfahrung über die Beitragsdichte lediglich die Beweiswürdigung beeinflussen kann, so ist die Kürzung glaubhaft gemachter Beitragszeiten sonach eine einschneidende Maßnahme, bei der offenbar Zweifel an einer Glaubhaftmachung überhaupt zum Ausdruck kommen.

Immerhin hat der Gesetzgeber die Kürzungsregelung durch den 1965 eingefügten zweiten Halbsatz gemildert. Danach werden die nicht nachgewiesenen (dh die glaubhaft gemachten) Beitragszeiten eines ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnisses von mindestens zehnjähriger Dauer bei demselben Arbeitgeber in vollem Umfang angerechnet. Anlaß für diese Ergänzung gaben Fälle, in denen Arbeitgeber eines derart langjährigen Beschäftigungsverhältnisses auch während Krankheitszeiten Lohn und Beiträge weitergezahlt haben; hier (besonders) wurde die Kürzung als Härte empfunden (BSG 31, 271, 272; SozR Nr. 3 zu § 3 VuVO; Mr 4 zu § 19 FRG). Mit einem solch langen Beschäftigungsverhältnis verband sich aber darüber hinaus allgemein die Vorstellung der dann günstigeren Beitragsdichte, größeren Stetigkeit und Lückenlosigkeit des Beitragsaufkommens sowie Freiheit von sonst zu vermutenden Ausfalltatbeständen (SozR Nrn 3 und 3 zu § 3 VuVO, Nr. 4 zu § 15 FRG). Dieser Vorstellung wird selbst dann Raum gegeben 9 wenn in die langjährige Beschäftigung bei demselben Arbeitgeber andere Fehlzeiten als Krankheitszeiten fallen wie zB Zeiten des Urlaubs, der Schwangerschaft, des Streiks, der Aussperrung, der Wehrübung – nicht jedoch der Arbeitslosigkeit –, sofern es sich um nur kürzere Intervalle handelt (SozR Mr 4 zu § 19 FRG; SozR Nrn 3 und 5 zu § 3 VuVO), Die Frage, ob in den genannten Fehlzeiten ein langjähriger Arbeitgeber in vergleichbarem Maße wie bei Krankheitszeiten Entgelt und Beiträge weitergezahlt hat, wird dabei allerdings nicht gestellt.

Die zur Schaffung des zweiten Halbsatzes führenden Vorstellungen haben sich im dortigen Gesetzeswortlaut nur insofern niedergeschlagen, als das Gesetz ein „ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis” – von mindestens zehnjähriger Dauer bei demselben Arbeitgeber – verlangt. Hierbei bedarf es zunächst einer klaren begrifflichen Sprache. Eine Unterbrechung der Beschäftigung (Arbeit) muß nicht auch eine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses bedeuten. Ist das Beschäftigungsverhältnis in Fehlzeiten nicht unterbrochen, darf nicht von unschädlichen Unterbrechungen des Beschäftigungsverhältnisses die Rede sein. Das schließt nicht aus, daß es auch unschädliche Unterbrechungen des Beschäftigungsverhältnisses (und nicht nur der Beschäftigung) geben mag. Dann bedarf es jedoch der Begründung, warum in diesem Falle abweichend vom Gesetzeswortlauts, der eindeutig ein „ununterbrochenes Beschäftigungsverhältnis” voraussetzt, dessen Unterbrechung „unschädlich” sein soll.

Der somit nach dem Gesetzeswortlaut allein maßgebende Begriff des „Beschäftigungsverhältnisses” wird in der Gesetzessprache nicht einheitlich gebraucht; in § 3 VuVO ist er jedoch, wie das BSG bereits entschieden hat, sozialversicherungsrechtlich zu verstehen (SozR Nrn 3 und 5 zu § 3 VuVO, vgl. auch BSGE 31, 271, 273). Aber auch als solcher steht er nicht ein für allemal fest (GS in BSGE 37, 10, 12 und in BSGE 41, 52 ff). Als die Merkmale eines sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses werden zwar in der Regel die Verfügungsmacht des Arbeitgebers (Eingliederung in den Betrieb), die Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers und die Entgeltlichkeit dieses Verhältnisses angesehen. Diese Merkmale sind bei einer tatsächlichen Beschäftigung im allgemeinen erfüllt. Sie müssen aber nicht immer sämtlich uneingeschränkt vorliegen. Vielmehr kann beispielsweise ein Beschäftigungsverhältnis uU auch bei fehlender Entgeltlichkeit oder bei fehlender oder eingeschränkter Verfügungsmacht und/oder Dienstbereitschaft gegeben sein (vgl. BSG, GS aaO).

Das legt es nahe, in § 3 Abs. 1 Satz 1 VuVO den Begriff des „Beschäftigungsverhältnisses” wesentlich mit vom Sinn und Zweck dieser Regelung her zu bestimmen. Zutreffend hat deshalb schon der 1, Senat (BSGE 31, 271) eine anschließende Dienstzeit als Beamter diesem Beschäftigungsverhältnis zugerechnet, ua mit dem Hinweis, daß keine Identität mit dem „versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis” bestehe. Ähnliches gilt für den Begriff „ununterbrochen”. Die Rechtsprechung zB zur Unterbrechung der versicherungspflichtigen Beschäftigung durch Ausfallzeiten iS des § 36 Abs. 1 Nrn 1 bis 3 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) ist darum nicht ohne weiteres auf § 3 Abs. 1 Satz 1 VuVO übertragbar.

Auf dieser Grundlage ist zum Streitfall festzustellen, daß das am 19. März 1936 begonnene Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der DRB bis zum 18. März 1946 ununterbrochen vorgelegen haben muß, um dem Kläger die in der Zeit vom 19. März 1936 bis zum 30. April 1945 glaubhaft gemachten Beitragszeiten schon ab dem 19. März 1936 in vollem Umfang anzurechnen. Zweifel am ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis bestehen dabei für die Zeit vom 6. Februar bis 6. Mai 1939 und vom 31. März 1944 bis zum 18. März 1946. Diesen Zweifeln muß der Senat auch insoweit nachgehen, als die Beklagte das Urteil des LSG nicht beanstandet.

In der erstgenannten, noch vor dem Kriegsbeginn liegenden Zeit hat der Kläger bereits Wehrdienst geleistet, ohne daß das LSG hierzu Näheres festgestellt hat. Insbesondere ist keine Entgelt Zahlung vermerkt, weshalb die Beklagte die Zeit als Ersatzzeit berücksichtigt hat. Nach dem Geburtsjahrgang des Klägers, der Lage und Länge der Zeit dürfte es sich um eine Wehrübung gehandelt haben. Jedenfalls umfaßte diese Zeit des Wehrdienstes insgesamt nur drei Monate; der Kläger war sowohl vorher als auch nachher bei der DRB beschäftigt. Die bisherige Rechtsprechung des BSG hat das Beschäftigungsverhältnis durch einen Wehrdienst (Militärdienst, Kriegsdienst) als unterbrochen angesehen, wenn dessen Dauer nicht absehbar war oder doch wesentlich mehr als drei Monate umfaßte (BSG 31, 271; SozR Nr. 4 zu § 19 FRG; Nr. 90 zu § 77 SGG; Nr. 3 zu § 3 VuVO); dabei wurde ein anderer Standpunkt bei einem von vornherein kurzfristigen Wehrdienst wie im Falle der Wehrübung für vertretbar erachtet. Der Senat hält in dem von ihm nun zu entscheidenden letzteren Falle die Verneinung einer Unterbrechung für geboten. Zwar läßt sich kaum verkennen, daß auch während einer nur kurzen Wehrdienstzeit die Regelmerkmale des Beschäftigungsverhältnisses fehlen; Verfügungsmacht des Arbeitgebers und Arbeitsbereitschaft des Arbeitnehmers sind allenfalls latent für den Zeitpunkt der Rückkehr vom Wehrdienst vorhanden. Die Entscheidung des Großen Senats (GS) in BSGE 37, 10 hat jedoch aufgezeigt, daß ein Beschäftigungsverhältnis unter vergleichbaren Umständen bloß suspendiert sein kann. Diese rechtliche Wertung erscheint ebenfalls bei einer nur kurzfristigen Wehrübung (Wehrdienstzeit) angemessen, wenn sie sich in Beschäftigungen bei demselben Arbeitgeber eingeschoben hat, die ihrerseits alle Regelmerkmale des Beschäftigungsverhältnisses erfüllten. Ein lediglich suspendiertes Beschäftigungsverhältnis ist aber noch kein unterbrochenes Beschäftigungsverhältnis.

Diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck des § 3 Abs. 1 Satz 1 VuVO gerecht. Bei einem ununterbrochenen Beschäftigungsverhältnis geht es um dessen Aussagekraft für die zu vermutende Beitragsdichte. Der Blickpunkt können dabei aber immer nur die schon glaubhaft gemachten Beitragszeiten sein. Für diese hat aber die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses die gleiche Aussagekraft, wenn das Beschäftigungsverhältnis beitragslose Zeiten einschließt, in denen ein langjähriges Beschäftigungsverhältnis bei demselben Arbeitgeber während einer Wehrübung (eines kurzfristigen Wehrdienstes) nur suspendiert war.

Da nur schon glaubhaft gemachte Beitragszeiten betroffen werden, besteht kein Grund, die (wie schon hervorgehoben) einschneidende Kürzungsvorschrift des 1. Halbsatzes von § 3 Abs. 1 Satz 1 VuVo in diesem Falle nicht zu mildern, dh den zweiten Halbsatz ohne zwingenden Grund restriktiv auszulegen.

Eine Unterbrechung des Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Kläger und der DRB ist des weiteren für die Kriegsdienstzeit vom 31. März 1944 bis 30. April 1945 zu verneinen, wogegen die Revision sich im Grunde nur wendet. Auch insoweit betraf die bisherige Rechtsprechung des BSG zum Wehr- und Kriegsdienst andere Sachverhalte. Während des Kriegsdienstes fehlte es zwar an der Verfügungsmacht des Arbeitgebers und der Arbeitsbereitschaft des Klägers. Gleichwohl bestand sein Beschäftigungsverhältnis für die genannte Kriegsdienstzeit weiter. Das ergibt sich aus den damals geltenden Vorschriften, die die DRB zur Beitragsentrichtung für den Kläger in der Kriegszeit verpflichteten. Maßgebend hierfür war die Verordnung über die Rentenversicherung und die knappschaftliche Pensionversicherung der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst während des besonderen Einsatzes der Wehrmacht vom 22. Januar 1940 (RGBl I 225). Sie regelte in ihrem § 1, daß § 1 der VO vom 13. Oktober 1939 (RGBl I 2030), der die Entgelteigenschaft von weitergewährten Bezügen verneint, auf Arbeiter und Angestellte im öffentlichen Dienst, die zum Wehrdienst eingezogen waren und ihre Dienstbezüge weiterbezogen, keine Anwendung fand. Für diese Personen wurde in § 1 der VO vom 22. Januar 1940 ausdrücklich bestimmt, daß für sie die Beiträge daher weiterzuentrichten sind und daß als Entgelt die Dienstbezüge nach Abzug des sogenannten Ausgleichsbetrages anzusehen sind. Aufgrund dieser Regelung hat der Senat in SozR Nr. 7 zu Art. 2 § 3 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter – ArVNG– (dort für die Nachversicherung eines Beamten) bereits entschieden, daß sonach bei diesen Personen ein fortdauerndes Beschäftigungsverhältnis anzunehmen ist, das überdies Versicherungspflicht begründet hat. Demgemäß hat die Beklagte die von der DRB weiterentrichteten Beiträge zu Recht als Pflichtbeiträge behandelt, denen ein versicherungspflichtiges Arbeitsentgelt zugrunde liegt.

An der dargelegten Auffassung hält der Senat im vorliegenden Fall fest. Gerade im Rahmen des § 3 Abs. 1 VuVO besteht kein Anlaß, hier für die Kriegsdienstzeit des Klägers das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses nicht zu bejahen. Die dargestellte Rechtslage hat nämlich bewirkt, daß den Arbeitnehmern des öffentlichen Dienstes während des Kriegsdienstes keine Lohn- und Beitragsausfälle entstanden sind. Wollte man diese Versicherten trotzdem nur wegen der damals fehlenden Verfügungsmacht des Arbeitgebers und Dienstbereitschaft des Versicherten nicht in den Genuß der ungekürzten Anrechnung kommen lassen, so wäre das Ergebnis befremdlich.

Ist hiernach von einem über den 31. März 1944 hinaus weiterbestehenden Beschäftigungsverhältnis des Klägers bei der DRB auszugehen, dann ist auch in der Zeit vom 12. Juni 1945 bis 18. März 1946, die die Beklagte als Beitragszeit im Rahmen des FRG anerkannt hat, ein Beschäftigungsverhältnis zu bejahen. Dabei kann offenbleiben, ob insoweit die VO vom 22. Januar 1940 noch unmittelbar als rechtliche Grundlage heranzuziehen ist. Denn die Entgelt Zahlung an den Kläger während seiner kriegsbedingten Abwesenheit ist auch in diesem Zeitraum jedenfalls in Fortwirkung dieser Regelung geschehen, andernfalls bliebe unerklärt, weshalb die Zahlungen in der festgestellten Weise erfolgten und als versicherungspflichtig galten.

Dagegen ist das Beschäftigungsverhältnis zwischen dem Kläger und der DRB für die Zwischenzeit vom 1. Mai bis 11. Juni 1945 als unterbrochen anzusehen, weil in dieser Zeit dem Kläger nicht wie vorher und nachher ein versicherungspflichtiges Entgelt gezahlt worden ist. Damit war das einzige Merkmal, das während des in der Dauer nicht vorhersehbaren Kriegsdienstes ab 31. März 1944 die Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses trotz der fehlenden übrigen Regelmerkmale gerechtfertigt hat, entfallen. Indessen muß diese Unterbrechung, auch wenn § 3 Abs. 1 Satz 1 zweiter Halbsatz VuVO ein „ununterbrochenes” Beschäftigungsverhältnis fordert, ausnahmsweise als unschädlich angesehen werden, weil sie wegen des damaligen Zusammenbruchs Deutschlands auf höherer Gewalt beruht und daher dem Kläger nicht angelastet werden darf (im Ergebnis ebenso der 4. Senat in SozR Nr. 5 zu § 3 VuVO für eine in diese Zeit fallende Vertreibung).

Nach alledem war, wie geschehen, zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes. Sie bezieht sich auch auf die Kosten des Verfahrens über die Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Fundstellen

BSGE, 234

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