Entscheidungsstichwort (Thema)

Unfall eines Zivildienstleistenden in der Freizeit. Dienstverrichtung. Ausübung des Zivildienstes. zivildiensteigentümliche Verhältnisse. Weg nach und von der Dienststelle. Erhaltung oder Wiedererlangung der Arbeitskraft. Musikhören. Gaststättenbesuch. Essenseinnahme. Freizeitgestaltung

 

Orientierungssatz

1. Die Freizeit eines Zivildienstleistenden wird - wie die eines Soldaten - vom Versorgungsschutz nicht erfaßt (vgl ua BSG vom 7.5.1986 9a RV 23/85 = SozR 3200 § 81 Nr 25).

2. Nach den Grundsätzen, die von der Rechtsprechung für die gesetzliche Unfallversicherung entwickelt worden und für parallele Rechtsgebiete maßgebend sind, reicht es für die Anerkennung des Versicherungsschutzes nicht aus, daß sich der Unfall ganz allgemein während der Dienstzeit zuträgt; erforderlich ist vielmehr, daß er zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem tatsächlich Dienst ausgeübt wird. Durch das Aufnehmen der Freizeitgestaltung (hier rund 5 Stunden vor dem Unfall) ist die Diensttätigkeit durch eine dienstfremde Tätigkeit unterbrochen worden.

3. Auch ein während der Freizeit stattfindender Gaststättenbesuch und die mit ihm verbundene Nahrungsaufnahme sind in aller Regel nicht beschäftigungsbezogen und deshalb nicht versicherungsrechtlich geschützt.

4. Mit dem Begriff "zivildiensteigentümliche Verhältnisse" sind solche Verhältnisse gemeint, die zeitlich und örtlich nicht immer gleichmäßig bestimmbar sind, aber den Eigenarten des Dienstes entsprechend und für diesen typisch bzw charakteristisch sind. Das Aufsuchen einer Gaststätte zum Abendessen hat mit den Besonderheiten des Zivildienstes nichts zu tun.

5. Der Unfall ist auch nicht durch das Zurücklegen eines mit dem Zivildienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle bedingt worden. Der Zivildienstleistende befand sich im Zeitpunkt des Unfalls, weil er im Zusammenhang mit dem Gaststättenbesuch eigenwirtschaftliche Interessen verfolgte, nicht auf einem mit dem Zivildienst zusammenhängenden Weg "nach" der Dienststelle.

 

Normenkette

ErsDiG § 47 Abs 1 S 1; ErsDiG § 47 Abs 2; ErsDiG § 47 Abs 5 S 1 Nr 3; SVG § 81 Abs 4 S 3; RVO § 550

 

Verfahrensgang

Schleswig-Holsteinisches LSG (Entscheidung vom 24.11.1986; Aktenzeichen L 2a V 46/86)

SG Itzehoe (Entscheidung vom 19.02.1986; Aktenzeichen S 4 V 63/85)

 

Tatbestand

Umstritten sind die Anerkennung gesundheitlicher Folgen eines Verkehrsunfalles als Zivildienstbeschädigung sowie die Gewährung entsprechender Versorgungsleistungen.

Der 1961 geborene Kläger leistete vom 1. Februar 1983 bis 31. März 1984 Zivildienst im Kinderheim V., B.-H., wo er Wohnpflicht hatte und bewirtet wurde. Vom 22. Dezember 1983 bis 1. Januar 1984 ruhte der Kurbetrieb, weshalb das Küchenpersonal beurlaubt war. Der Kläger mußte sich während dieses Zeitraumes, für den er Dienst (Hausmeisterarbeiten) übernommen hatte und Verpflegungsgeld erhielt, selbst beköstigen. Er konnte außerhalb essen, aber auch eine Mitarbeiterküche benutzen. Am 30. Dezember 1983 beendete er seine Arbeit gegen 19.30 Uhr. Um etwa 21.00 Uhr fuhr er mit einem Kollegen zum Abendessen zu einer 17 km entfernten Gaststätte in B.. Auf der Rückfahrt erlitt er am 31. Dezember 1983 gegen 0.30 Uhr kurz vor Erreichen des Kinderheimes einen Verkehrsunfall, bei dem er sich ua eine schwere Herz-Lungenquetschung sowie Rippenserien- und Brustwirbelfrakturen zuzog. Die um 2.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Alkoholkonzentration von 0,21 o/oo.

Das Versorgungsamt lehnte den Antrag, die Folgen des Unfalls als Zivildienstbeschädigung anzuerkennen und entsprechende Versorgungsleistungen zu erbringen, ab (Bescheid vom 28. Dezember 1984; Widerspruchsbescheid vom 7. März 1985). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Urteile des Sozialgerichts -SG- vom 19. Februar 1986 und des Landessozialgerichts -LSG- vom 24. November 1986). Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist die gesundheitliche Schädigung weder durch eine Dienstverrichtung noch durch einen während der Ausübung des Zivildienstes erlittenen Unfall noch durch die dem Zivildienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden. Auch habe der Kläger den Unfall nicht auf einem mit dem Zivildienst zusammenhängenden Weg zu seiner Dienststelle erlitten. Der Gaststättenbesuch habe vielmehr als Freizeitgestaltung zu seinem privaten Lebensbereich gehört, der versorgungsrechtlich nicht geschützt sei.

Der Kläger rügt mit der - vom LSG zugelassenen - Revision, das Berufungsgericht habe der besonderen Situation, in der er sich befunden habe, nicht Rechnung getragen. Ihm, dem Kläger, habe es freigestanden, sich das Essen im Kinderheim selbst zuzubereiten oder außerhalb zu essen. Da im Rahmen des Zivildienstes Verpflegung vorgesehen gewesen sei, hätten alle Tätigkeiten im Zusammenhang mit dieser unter Versicherungsschutz gestanden. Zu ordnungsgemäßer Verpflegung zähle eine warme Mahlzeit pro Tag. Da er selbst nicht in der Lage sei, sich eine solche zuzubereiten, habe er betriebsbedingt außerhalb essen müssen, zumal er sich in den Tagen zuvor nur kalt habe verpflegen können. Auch habe er am Abend des 30. Dezember 1983 im Kinderheim keine Nahrungsmittel zur Verfügung gehabt, so daß er, um seine Arbeitskraft zu erhalten, eine Gaststätte habe aufsuchen müssen; dies hätte er selbst dann tun dürfen, wenn er vorher Lebensmittel eingekauft gehabt hätte. Nach seiner Ansicht habe er sowohl auf dem Hinweg zur Gaststätte als auch auf dem Rückweg zum Kinderheim unter Versicherungsschutz gestanden. Das zeige sich ua daran, daß während einer Arbeitspause sowohl der Weg vom Betrieb nach Hause zur Essenseinnahme und zurück als auch der Weg zum Einkauf von Zigaretten geschützt sei. Selbst wenn der Versicherungsschutz im Anschluß an das Abendessen für eine gewisse Zeit, nämlich die etwa anderthalbstündige Erholung und Unterhaltung, unterbrochen gewesen sein sollte, sei er auf der Rückfahrt zum Kinderheim wieder aufgelebt.

Der Kläger beantragt, die Urteile des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 24. November 1986 und des SG Itzehoe vom 19. Februar 1986 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 28. Februar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 7. März 1985 zu verpflichten, die gesundheitlichen Folgen des Unfalles vom 31. Dezember 1983 als Zivildienstbeschädigung anzuerkennen und Versorgungsleistungen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat aufgrund des am 31. Dezember 1983 erlittenen Unfalls keinen Anspruch auf Versorgungsleistungen.

Gemäß § 47 Abs 1 Satz 1 des Gesetzes über den Zivildienst der Kriegsdienstverweigerer (Zivildienstgesetz -ZDG-) idF der Bekanntmachung vom 29. September 1983 - BGBl I 1221 - erhält ein Dienstpflichtiger, der eine Zivildienstbeschädigung erlitten hat, nach Beendigung des Dienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Schädigung auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes, soweit im ZDG nichts Abweichendes bestimmt ist. Zivildienstbeschädigung ist nach § 47 Abs 2 ZDG eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Dienstverrichtung (Regelung 1), durch einen während der Ausübung des Zivildienstes erlittenen Unfall (Regelung 2) oder durch die dem Zivildienst eigentümlichen Verhältnisse (Regelung 3) herbeigeführt worden ist. Als Zivildienst gilt gemäß § 47 Abs 5 Satz 1 Nr 3 ZDG auch das Zurücklegen des mit dem Zivildienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (Regelung 4). Die Voraussetzungen dieser Vorschriften, die als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommen, sind nicht erfüllt. Es fehlt, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben, am rechtlich wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen der Fahrt nach und von dem Ort der Essenseinnahme und einem der erwähnten versorgungsrechtlich geschützten Tatbestände.

Die gesundheitliche Schädigung des Klägers beruht nicht auf einer dienstlichen Verrichtung (Regelung 1). Der Kläger hatte am 31. Dezember 1983 gegen 0.30 Uhr, als er die Unfallverletzungen erlitt, seine dienstlich vorzunehmenden Verrichtungen beendet. Sie bestanden in der Erledigung von Hausmeisterarbeiten und waren am Vorabend um etwa 19.30 Uhr abgeschlossen worden. Die nachfolgende Zeit stand zur freien Gestaltung zur Verfügung. Der Kläger machte von dieser Möglichkeit auch Gebrauch. Er wandte sich nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, die für das Revisionsgericht bindend sind (§ 163 SGG), in der Zeit zwischen Beendigung der Dienstverrichtungen (etwa 19.30 Uhr) und Abfahrt zur Gaststätte in B. dem Musik-Hören zu. Damit leitete er die Gestaltung seiner Freizeit ein. Die Freizeit eines Zivildienstleistenden aber wird - wie die eines Soldaten - vom Versorgungsschutz nicht erfaßt (BSG SozR 3100 § 1 Nr 15; 3200 § 81 Nrn 6, 19 und 25).

Die gesundheitliche Schädigung des Klägers läßt sich auch nicht auf einen während der Ausübung des Zivildienstes erlittenen Unfall (Regelung 2) zurückführen. Das würde selbst dann gelten, wenn festgestellt werden könnte, die Hausmeisteraufgaben hätten sich auch darauf erstreckt, für die Sicherheit des Heimes Tag und Nacht zu sorgen; der Kläger sei daher immer im Dienst gewesen, auch wenn er keine Hausmeistertätigkeiten verrichtet habe. Gemäß den Grundsätzen, die von der Rechtsprechung für die gesetzliche Unfallversicherung entwickelt worden und für parallele Rechtsgebiete maßgebend sind (BSGE 33, 239, 242; 50, 80, 81), reicht es für die Anerkennung des Versicherungsschutzes nicht aus, daß sich der Unfall ganz allgemein während der Dienstzeit zuträgt; erforderlich ist vielmehr, daß er zu einem Zeitpunkt eintritt, in dem tatsächlich Dienst ausgeübt wird (BSGE 7, 19, 22; 8, 264, 273; BSG SozR 3200 § 81 Nr 6). Eine solche Feststellung läßt sich hier nicht treffen. Wie dargelegt, hatte der Kläger rund fünf Stunden vor dem Unfall, nämlich mit dem Einstellen seiner Hausmeistertätigkeiten und dem Anhören von Musik, seine Freizeitgestaltung aufgenommen. Damit hatte er seine Diensttätigkeit durch eine dienstfremde Tätigkeit unterbrochen.

Auch ein während der Freizeit stattfindender Gaststättenbesuch und die mit ihm verbundene Nahrungsaufnahme sind in aller Regel nicht beschäftigungsbezogen und deshalb nicht versicherungsrechtlich geschützt. Zwar ist der Dienstherr (Arbeitgeber) daran interessiert, daß die Freizeit ua zur Einnahme von Mahlzeiten verwendet wird, damit die Leistungsfähigkeit erhalten bleibt oder wiederhergestellt wird. Doch genügt dieses allgemeine Interesse an der Erhaltung der Leistungsfähigkeit nicht, um einen Zusammenhang zwischen Essenseinnahme und versicherter Tätigkeit zu begründen (BSGE 11, 267, 268; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 10. Aufl, Stand 1987, Bd II, S 481 e). Etwas anderes gilt, wenn die (auswärtige) Essenseinnahme nicht durch eigenwirtschaftliche Interessen geprägt ist, sondern betriebsbedingte Motive überwiegen (BSG SozR Nrn 26 und 47 zu § 543 RVO aF; Brackmann, aaO S 486 k). Im vorliegenden Fall waren für die Fahrt zur Gaststätte in B. jedoch persönliche Beweggründe ausschlaggebend. Es mag zutreffen, daß der Kläger sich an den vorangegangenen Tagen nur kalt hatte verpflegen können und am Abend des 30. Dezember 1983 auf eine warme Mahlzeit angewiesen war, zumal, wie er vorträgt, seine Lebensmittelvorräte ausgegangen waren. Selbst in dieser Lage aber war er nicht aus dienstlichen Gründen zu einer vielstündigen Essens- und Erholungspause gezwungen. Ein rund einstündiger Aufenthalt am Ort der Essenseinnahme hätte ausgereicht. Statt dessen hat der Kläger sich, wie er selbst einräumt, weitere eineinhalb Stunden "erholt und unterhalten". Auch hätte er sich, wäre es ihm vornehmlich um Erhaltung oder Wiederherstellung seiner Arbeitskraft gegangen, schon bald nach 19.30 Uhr und nicht erst gegen 21.00 Uhr zum Ort der Essenseinnahme begeben. Vor allem aber fällt ins Gewicht, daß er seinen Entschluß, zusammen mit seinem Kollegen zum Abendessen zur Gaststätte nach B. zu fahren, erst gefaßt hat, nachdem er die Gestaltung seiner Freizeit mit dem Anhören von Musik begonnen hatte. Damit vollzog sich die Einnahme des Abendessens in Fortsetzung der bereits aufgenommenen Freizeitgestaltung mit der Folge, daß auch die Zurücklegung der mit ihr verbundenen Wege den Charakter einer überwiegend durch private Interessen bestimmten Betätigung annahm.

Der Gesundheitsschaden des Klägers ist ferner nicht durch die dem Zivildienst eigentümlichen Verhältnisse (Regelung 3) herbeigeführt worden. Mit diesem Begriff sind solche Verhältnisse gemeint, die zeitlich und örtlich nicht immer gleichmäßig bestimmbar sind, aber den Eigenarten des Dienstes entsprechen und für diesen typisch bzw charakteristisch sind, regelmäßig eng mit ihm zusammenhängen, erfahrungsgemäß den besonderen Umständen dieses Dienstes zuzurechnen sind und ihrer Art oder ihrem Grad und Maß nach üblicherweise im Zivildienst nicht gegeben sind (BSG SozR 3200 § 81 Nr 11). Solche Verhältnisse haben bei der gesundheitlichen Schädigung des Klägers keine Rolle gespielt. Daß eine Gaststätte zum Abendessen aufgesucht wird, weil keine Lebensmittel zu Hause mehr vorrätig sind, hat mit den Besonderheiten des Zivildienstes nichts zu tun. Im privaten Leben hätte der Kläger vor derselben Situation stehen können.

Schließlich ist der Unfall entgegen der Ansicht des Klägers nicht durch das Zurücklegen eines mit dem Zivildienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (Regelung 4) bedingt worden. Der Kläger befand sich im Zeitpunkt des Unfalls, weil er im Zusammenhang mit dem Gaststättenbesuch eigenwirtschaftliche Interessen verfolgte, eindeutig nicht auf einem mit dem Zivildienst zusammenhängenden Weg "nach" der Dienststelle. Sein Hinweis, selbst wenn der Versicherungsschutz im Anschluß an das Abendessen für eine gewisse Zeit, nämlich die etwa eineinhalbstündige Erholung und Unterhaltung, unterbrochen gewesen sein sollte, sei er auf der Rückfahrt zum Kinderheim wieder aufgelebt, entbehrt der rechtlichen Grundlage. Die Rechtsprechung, wonach der Versicherungsschutz durch eine bis zu zwei Stunden dauernde Unterbrechung, die hier im übrigen überschritten wurde, oder durch einen geringen Abstecher vom versicherten Heimweg nicht verlorengeht (BSG SozR 2200 § 550 Nrn 12, 27 und 42), bezieht sich ausschließlich auf dem Grunde nach geschützte Wege. Anerkannt ist allerdings, daß der Weg zum Ort der Tätigkeit nicht von der Wohnung des Versicherten aus angetreten zu werden braucht, sondern auch von einem "Drittort" aus angetreten werden kann, der aber nicht unverhältnismäßig weiter vom Arbeitsort entfernt sein darf als die Wohnung (BSGE 1, 171, 172; 32, 38, 41; BSG vom 5. August 1987 - 9b RU 28/86 - sowie vom 27. August 1987 - 2 RU 70/85 - und - 2 RU 15/87 -; Brackmann, aaO S 485 r). Hier hatte der Kläger aber keine Wohnung, dh in der Sprache des ZDG (§ 47 Abs 5 letzter Satz) keine "Unterkunft", von der ein Weg nach der Dienststelle in Betracht gekommen wäre. Für Erwägungen, die Gaststätte als "Drittort" zu werten, fehlt es somit schon am "Zweitort". Aber auch bei solchen Erwägungen ist zu beachten, daß der vom sog Drittort zurückgelegte Weg in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit der bevorstehenden Aufnahme der Arbeit an der Arbeitsstätte stehen muß. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall. Der Kläger hat seine Fahrt von der Gaststätte in B. zum Kinderheim nicht unternommen, um alsbald seinen Dienst anzutreten, sondern um nach Beendigung der Freizeitgestaltung seine ebenfalls im Kinderheim befindliche dienstliche Unterkunft (§ 31 Satz 1 ZDG) aufzusuchen und dort zu übernachten. Der Hinweg zur Gaststätte und der Rückweg von der Gaststätte bildeten, wie vom LSG richtig gesehen, in bezug auf das Freizeitverhalten eine Einheit. So wie der Hinweg vom Willen des Klägers zur Durchführung einer Freizeitbeschäftigung getragen war, war der Rückweg vom Willen des Klägers beherrscht, dieselbe zu beenden und sich zur Ruhe zu begeben, und nicht etwa von der Zielsetzung, bevorstehende Arbeit aufzunehmen. Die Situation des Klägers ist auch nicht der eines Soldaten (Zivildienstleistenden) vergleichbar, der die Fahrt von seiner Familienwohnung zur Unterkunft am Dienstort (§ 81 Abs 4 Satz 3 Soldatenversorgungsgesetz; § 47 Abs 5 Satz 3 ZDG) aus privaten Gründen früher als erforderlich antritt und der trotzdem für eine solche Fahrt Versorgungsschutz genießen kann (BSG SozR 3200 § 81 Nr 23; vgl auch 2200 § 550 Nr 58). Für Fahrten nach und von der Familienwohnung hat der Gesetzgeber Sonderregelungen geschaffen, die es nach Sinn und Zweck gestatten, hinsichtlich des Beginns der Fahrt weniger strenge Anforderungen als für Fahrten nach und von der Dienststelle (Arbeitsstätte) zu stellen. Der Versicherte soll wegen der Vielfalt der bei Familienheimfahrten zu berücksichtigenden Fallgestaltungen den Zeitpunkt seiner Fahrt weitgehend frei wählen können (Brackmann aaO S 486 b II). Die hier streitige Fahrt kann aber unter keinem Gesichtspunkt mit einer Familienheimfahrt und einer Rückkehr von der Familienwohnung in Verbindung gebracht werden.

Die Revision des Klägers war somit als unbegründet zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

Die Kostenentscheidung leitet sich aus § 193 SGG ab.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1657604

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge