Leitsatz (amtlich)

Bedarf der Behinderte zur Erreichung seines Arbeitsplatzes wegen der Behinderung eines Kraftfahrzeuges, so ist die BA verpflichtet, die technisch und wirtschaftlich gebotenen Reparaturkosten im Rahmen des AFG § 57 zu tragen.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. AFG § 57 schließt die Förderungspflicht der Bundesanstalt für Arbeit nur in dem Umfang aus, in dem eine andere Stelle vorrangig verpflichtet ist (Aufstockung). Erforderlich iS des AFG § 57 sind Maßnahmen nur insoweit, als der Behinderte die Kosten nicht selbst tragen und auch keine gesetzlich vorgesehenen Leistungen Dritter beanspruchen kann.

2. Für Leistungen, die nach AFG § 57 zu gewähren sind, besteht keine Anordnungsermächtigung.

3. Als arbeitssuchend iS von AFG § 53 ist nicht anzusehen, wer in Arbeit steht, seinen Arbeitsplatz nicht wechseln will und auch nicht gezwungen ist, sich eine neue Beschäftigung zu suchen.

4. Zur Zulässigkeit einer "Prozeßstandschaft".

5. Die Bundesanstalt für Arbeit ist über die Verpflichtung, den Behinderten entsprechend einem Nichtbehinderten zu fördern hinaus gehalten, Maßnahmen zu fördern, die geeignet sind, die Arbeitsfähigkeit des Behinderten zu erhalten.

6. AFG § 57 ist nicht allein Zuständigkeitsvorschrift, sondern auch Anspruchsgrundlage.

7. Unter beruflicher Eingliederung ist nicht nur die formelle Eingliederung, sondern auch eine Maßnahme, die der Erhaltung des Arbeitsplatzes des Behinderten dient, zu verstehen.

8. Leistungen werden nach dem AFG nur gewährt, wenn sie vor Eintritt des Ereignisses beantragt sind, das die Gewährung der Leistung begründet. Dies schließt nicht aus, daß in gewissen Grenzen ein Antrag rückwirkend gestellt werden kann.

 

Orientierungssatz

Die Kosten für den ständigen Unterhalt des Kraftfahrzeuges eines Behinderten gehören nicht zu den geeigneten und erforderlichen Maßnahmen iS des AFG § 57. Sie sind - wie zB Kosten für Benzin, Öl, Inspektion - als allgemeine Betriebskosten von einem behinderten wie von einem nicht behinderten Arbeitnehmer gleichermaßen selbst zu tragen und gehören daher im weitesten Sinne zu denjenigen des Lebensunterhaltes.

 

Normenkette

AFG § 57 Fassung: 1969-06-25

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. März 1975 aufgehoben, soweit die Beklagte verurteilt worden ist. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. Oktober 1972 wird zurückgewiesen, soweit der Kläger die Kosten der ständigen Unterhaltung seines Kraftfahrzeuges begehrt. Im übrigen wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger Reparaturkosten für sein Kraftfahrzeug (Kfz) zu erstatten und ihm einen Beitrag zu den Betriebskosten seines Wagens zu gewähren hat.

Der 1944 geborene Kläger ist seit 1953 querschnittsgelähmt. Im August 1968 nahm er eine Beschäftigung in L an. Er wohnt in R im Hause seiner Eltern, das für ihn als Rollstuhlfahrer umgebaut worden ist. Für die rund 50 km betragende tägliche Hin- und Rückfahrt zwischen R und L ist er auf seinen Pkw angewiesen, den ihm zunächst der Beigeladene im August 1968 zur Verfügung stellte. Seit Mai 1972 fährt er ein Kfz, dessen Beschaffung auch von der Beklagten und der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) gefördert worden ist.

Seit dem 1. September 1969 wurde dem Kläger von dem Amt für Wohlfahrt und Sozialhilfe, Kreissozialamt in R, eine monatliche Betriebskostenbeihilfe gemäß § 10 der Eingliederungshilfeverordnung (EinglhilfeV-SH) aF gewährt. In den Jahren 1970 und 1971 entstanden dem Kläger Kosten für die Reparatur seines Wagens in Höhe von 3.546,50 DM und weitere Kosten für ein neues automatisches Getriebe. Der Beigeladene bewilligte ihm zur teilweisen Abdeckung der Reparaturkosten eine Beihilfe.

Mit Schreiben an die Beklagte vom 29. März 1971 leitete der Beigeladene (als überörtlicher Träger der Sozialhilfe) den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Deckung der Reparaturkosten seines Kraftfahrzeuges gemäß § 90 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) auf sich über. Der Kreis Herzogtum L, Kreissozialamt, zeigte mit Schreiben vom 7. Juni 1971 an die Beklagte an, daß er die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Übernahme der Reparaturkosten und laufenden Betriebskosten "bis zur Höhe der dem Amt für Wohlfahrt und Sozialhilfe in Kiel hierfür entstandenen und noch entstehenden Kosten" auf sich überleite.

Am 20. Januar 1971 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihm einen Zuschuß zu den ihm im Laufe von zwei Jahren in Höhe von insgesamt 3.546,50 DM entstandenen Kraftfahrzeug-Reparaturkosten zu gewähren. Mit Bescheid vom 12. Januar 1972 lehnte die Beklagte dies mit der Begründung ab, das Arbeitsförderungsgesetz (AFG) und die hierzu ergangene Anordnung des Verwaltungsrates der Beklagten über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A-Reha) vom 2. Juli 1970 (ANBA 1970, 637 idF vom 30. September 1970 - ANBA 1970, 727), sehe eine solche Leistung nicht vor.

Der Kläger stellte ferner am 19. April 1971 den Antrag, ihm für die täglich erforderlichen Fahrten zwischen Wohnort und Arbeitsstätte eine Fahrkostenbeihilfe zu gewähren. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 4. Juni 1971 mit der Begründung ab, der Kläger habe ein mehr als geringes, nämlich 600,- DM übersteigendes Arbeitseinkommen. Mit Bescheid vom 21. Februar 1972 stützte sie ihre Ablehnung darauf, daß der Kläger sich in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde und deshalb nicht zum ersten oder erneuten Male unterzubringen sei, was nach § 77 A-Reha allein die Gewährung einer Fahrkostenbeihilfe rechtfertigen könne.

Die Widersprüche des Klägers blieben ohne Erfolg (Bescheid vom 22. März 1972).

Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 13. Oktober 1972).

Das Landessozialgericht (LSG) hat mit Urteil vom 7. März 1975 das Urteil des SG geändert und die Beklagte verurteilt, den Kläger erneut nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Senats zu bescheiden. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen.

Es hat ausgeführt:

Da § 57 AFG lediglich eine Bestimmung darüber enthalte, welcher Leistungsträger die zur Erhaltung, Besserung oder Herstellung der Erwerbsfähigkeit erforderlichen Maßnahmen zu treffen habe und damit eine Zuständigkeitsregelung darstelle, könne der Kläger nur aufgrund der §§ 58 Abs. 1 aF, 53 AFG zu fördern sein. Daß sich der Kläger in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinde, stehe seiner Eigenschaft als "Arbeitsuchender" nicht entgegen. Zwar scheine der Gesetzgeber mit der Verwendung des Begriffes "zur Arbeitsaufnahme" in § 53 Abs. 1 AFG vorauszusetzen, daß der Bewerber die Arbeit, deren Aufnahme gefördert werden solle, noch nicht begonnen habe. Für Behinderte, die einen Arbeitsplatz hätten und die Leistung benötigten, um ihn behalten zu können, gelte das jedenfalls nicht. Das sei aus § 1 Abs. 1 und § 2 Abs. 1 A-Reha sowie § 56 AFG zu folgern, der es der Beklagten zur Pflicht mache, die besonderen Verhältnisse der Behinderten zu berücksichtigen. Soweit der Kläger einen Zuschuß zu den Betriebskosten begehre, sei § 86 Abs. 4 A-Reha entsprechend heranzuziehen. Es bestehe kein einleuchtender Grund dafür, einem Behinderten in sonst gleicher Lage und von gleicher Bedürftigkeit nur deshalb Förderungsleistungen in Gestalt der Übernahme von Betriebskosten zu versagen, weil er nicht in einer Einrichtung i. S. des § 51 A-Reha arbeite, sondern einen Schwerbeschädigtenarbeitsplatz in einem andersartigen Unternehmen innehabe.

Da § 53 AFG die Leistungsgewährung in das Ermessen der Beklagten stelle, und die Beklagte bisher jedoch ihr Ermessen noch nicht ausgeübt habe, habe sie dies nachzuholen.

Mit der zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 53, 56 bis 58 AFG (in der bis zum 30. September 1974 geltenden Fassung) und von Vorschriften der A-Reha vom 2. Juli 1970 (ANBA 1970 S. 637). Sie führt hierzu insbesondere aus: Der Auftrag des Gesetzes (§§ 56 ff AFG) könne nicht dahin verstanden werden, daß bei Behinderten Leistungen in einem Umfang bereitgestellt würden, der einer lückenlosen individuellen Versorgung gleichkomme. Der Anordnungsgeber habe mit der in §§ 85 ff A-Reha getroffenen Regelung klargestellt, welche Hilfen nach § 53 Abs. 1 Nr. 7 AFG in Frage kämen. Reparaturkosten seien dort nicht genannt. Fehlerhaft sei auch die Auffassung des LSG, § 77 A-Reha lasse eine Fahrkostenbeihilfe nicht nur zur Förderung einer erschwerten ersten oder erneuten Unterbringung zu, sondern auch bei Gefährdung des Arbeitsplatzes von Behinderten. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 77 A-Reha seien nicht gegeben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 7. März 1975 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 13. Oktober 1972 zurückzuweisen.

Der Beigeladene beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten und hat keinen Antrag gestellt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist begründet.

Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit die Beklagte zum Erlaß eines neuen Bescheides verurteilt worden ist, zur Zurückweisung der Berufung des Klägers gegen das Urteil erster Instanz, soweit er Kosten für den laufenden Unterhalt seines Kfz begehrt, im übrigen zur Zurückverweisung der Sache an das LSG zu neuer Entscheidung.

Nach den Feststellungen des LSG ist der Kläger Behinderter, so daß sein Anspruch nach den Grundsätzen über die Berufsförderung Behinderter (§§ 56 ff AFG in der bis zum 30. September 1974 geltenden Fassung) zu beurteilen ist. Nach § 58 Abs. 1 AFG gelten für die Förderung der beruflichen Bildung und die Förderung der Arbeitsaufnahme der Behinderten die Vorschriften des 4. und 5. Unterabschnitts. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 21. Mai 1974 (SozR 4100 § 47 AFG Nr. 2) und vom 26. August 1975 - 7 RAr 27/74 - entschieden hat, läßt die in § 58 Abs. 1 AFG enthaltene Verweisung auf die Vorschriften des 4. und 5. Unterabschnitts keine auf die besonderen Bedürfnisse der Behinderten zugeschnittene Abweichung von den allgemeinen im Gesetz näher aufgeführten Förderungsvoraussetzungen zu. Hiervon ausgehend steht dem Kläger - entgegen der Auffassung des LSG - kein Anspruch auf die von ihm geltend gemachten Kosten nach §§ 58 Abs. 1, 53 AFG in Verbindung mit den dazugehörigen Vorschriften der A-Reha 1970 zu. Nach § 53 Abs. 1 AFG kann die Bundesanstalt für Arbeit (BA) für Arbeitsuchende zur Förderung der Arbeitsaufnahme näher bestimmte Leistungen, insbesondere sonstige Hilfen gewähren, die sich zur Erleichterung der Arbeitsaufnahme als notwendig erweisen (§ 53 Abs. 1 Nr. 7 AFG). Der Kläger ist aber zu dem Zeitpunkt, zu dem er die Leistung der Beklagten beantragt hat, weder Arbeitsuchender gewesen noch hat er die Förderung durch die Beklagte zur "Arbeitsaufnahme" benötigt. Als Arbeitsuchender ist, wie der Senat zu § 39 Abs. 3 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung - AVAVG - (BSGE 26, 155) und zu § 47 AFG (BSGE 38, 138; SozR 4460 § 3 AFuU Nr. 4; Urteil vom 30. September 1975 - 7 RAr 96/73 -) entschieden hat, jede (vermittlungsfähige) Person anzusehen, die gegenüber dem Arbeitsamt den Willen bekundet, in Zukunft eine Beschäftigung als Arbeitnehmer aufnehmen zu wollen. Zwar ist für die rechtliche Beurteilung als Arbeitsuchender ein förmliches Vermittlungsgesuch des Bewerbers nicht erforderlich (BSG SozR Nr. 5 zu § 39 AVAVG). Dementsprechend bestimmt § 65 Nr. 1 A-Reha 1970, daß sowohl die als arbeitsuchend gemeldeten als auch die sonstigen, d. h. die nicht gemeldeten arbeitsuchenden Behinderten gefördert werden können. Des weiteren ist Arbeitslosigkeit kein Begriffsmerkmal der Arbeitsuchenden. Dies ist insbesondere aus § 47 Abs. 3 Satz 1 AFG zu ersehen, wonach die Umschulung auch neben einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis durchgeführt werden kann. Als wesentlich anzusehen ist jedoch der Wille des Bewerbers, ein neues Beschäftigungsverhältnis aufnehmen zu wollen und damit seine - wenn auch vorübergehende - Verfügbarkeit auf dem Arbeitsmarkt. Dies folgt aus Sinn und Bedeutung des Wortes "Arbeitsuchender" und ergibt sich im übrigen auch aus der besonderen Zielsetzung der Arbeitsvermittlung und der beruflichen Umschulung, nämlich Arbeitsuchende mit Arbeitgebern zur Begründung eines Arbeitsverhältnisses zusammenzuführen (Arbeitsvermittlung, § 13 AFG) bzw. den Übergang in eine andere geeignete Tätigkeit zu ermöglichen (Umschulung, § 47 AFG). Dasselbe muß auch im Rahmen des § 53 Abs. 1 AFG gelten. Als arbeitsuchend ist jedenfalls nicht derjenige anzusehen, der in Arbeit steht, seinen Arbeitsplatz nicht wechseln will und auch nicht gezwungen ist, sich eine neue Beschäftigung zu suchen. Diese Auslegung findet ferner ihre Stütze in der gleichzeitigen Verwendung des Begriffs "Förderung der Arbeitsaufnahme" in § 53 AFG. Wer Hilfe begehrt, um den schon bisher innegehabten Arbeitsplatz aufsuchen zu können, bedarf nicht der Förderung "zur Arbeitsaufnahme".

Dem steht die in § 2 A-Reha 1970 getroffene Regelung nicht entgegen. Danach sind Behinderte im Sinne dieser Anordnung Personen, die körperlich, geistig oder seelisch behindert sind, deren Aussichten, beruflich eingegliedert zu werden oder "zu bleiben", infolge der Behinderung ... gemindert sind und die deshalb besonderer Hilfen bedürfen. Diese Begriffsbestimmung des "Behinderten" besagt nichts darüber, wer nach § 53 AFG als Arbeitsuchender anzusehen ist und was als Arbeitsaufnahme im Sinne dieser Vorschrift zu gelten hat. Insoweit sind die Worte "beruflich eingegliedert ... zu bleiben" für die Auslegung jener Begriffe unbrauchbar, wobei es dahingestellt bleiben kann, ob der Begriff des "Behinderten", wie er in den §§ 56 ff AFG gebraucht wird, durch eine Begriffsbestimmung in der A-Reha in der hier erfolgten Fassung für die Gerichte verbindlich wäre und ob das Merkmal des Behinderten auch daran zu messen ist, ob er beruflich eingegliedert bleibt.

Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger nicht eine Hilfe zur Förderung der Arbeitsaufnahme, denn er war nicht gewillt, seinen bisherigen Arbeitsplatz aufzugeben und ein neues Beschäftigungsverhältnis bei einem neuen Arbeitgeber aufzunehmen. Fehlt es aber an den Grundvoraussetzungen der Förderung nach § 53 AFG - hier das Merkmal des Arbeitsuchenden und der Arbeitsaufnahme -, so kann der Kläger aus dieser Bestimmung keine Ansprüche auf Erstattung der von ihm geltend gemachten Kosten herleiten.

Dennoch kann der geltend gemachte Anspruch - jedenfalls teilweise - begründet sein, worüber der Senat allerdings abschließend nicht in vollem Umfange entscheiden kann. Anspruchsgrundlage ist § 57 AFG, nach welchem die BA zur beruflichen Eingliederung der Behinderten geeignete Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern oder herzustellen, selbst zu treffen hat, soweit nicht ein anderer Träger zuständig ist. Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Maßnahmen, die ihr im Rahmen der Rehabilitation Behinderter nach dem AFG (auch nur subsidiär) zugewiesen sind, weder dem Grunde noch ihrem Umfang nach durch die in § 58 AFG getroffene Regelung und die darin enthaltene Verweisung auf die Vorschriften des 4. und 5. Unterabschnittes des Gesetzes abschließend umschrieben. Diese Vorschrift besagt vielmehr nur, welche Vorschriften bei der Rehabilitation Behinderter anzuwenden sind, wenn ein Behinderter die Förderung der beruflichen Bildung und die der Arbeitsaufnahme begehrt. Abgesehen von dem Wortlaut des Abs. 1 des § 58 AFG folgt dies auch aus seinem Abs. 2, der eine besondere Regelung über die Höhe des Unterhaltsgeldes für Behinderte betrifft, somit ebenfalls nur zur Förderung der beruflichen Bildung eine bestimmte Aussage macht. Wenn es zum generellen Aufgabenkreis der BA gehört, Leistungen zur Erhaltung von Arbeitsplätzen zu gewähren (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 AFG), so gilt dies insbesondere für die Förderung der Eingliederung von Behinderten, so daß auch hieraus die Annahme gerechtfertigt ist, daß sich die Maßnahmen der BA im Rahmen der Rehabilitation Behinderter nicht ausschließlich auf die in § 58 Abs. 1 AFG genannte Förderung der beruflichen Bildung und der Arbeitsaufnahme beschränkt.

Welche darüber hinausgehenden Maßnahmen der BA insoweit obliegen, ergibt sich aus § 57 AFG, der als eine für die Rehabilitation Behinderter allgemeine Anspruchsgrundlage anzusehen ist. Der § 57 AFG spricht aus, daß die BA bestimmte Maßnahmen zur Rehabilitation generell "zu treffen hat". Das entspricht im allgemeinen dem Sprachgebrauch des AFG, wenn es Ansprüche normiert. Auch in anderen Vorschriften begründet das AFG Ansprüche der Begünstigten, indem es Worte wie "gewährt" oder "fördert" gebraucht, nicht aber - wie in § 100 Abs. 1 AFG - ausspricht, daß "Anspruch auf ... hat" (vgl. so z. B. - "die BA gewährt"; "die BA fördert". - §§ 40, 41 AFG). Außerdem beschreibt § 57 AFG die Voraussetzungen, unter denen die BA für Behinderte tätig zu werden hat, ebenso wie die hierzu zu treffenden Maßnahmen mit einer Deutlichkeit, die auf eine Anspruchsnorm hinweist. Die Maßnahmen der BA müssen "geeignet" sein und "erforderlich", "um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern oder herzustellen". Daß § 57 AFG - entgegen der Auffassung des LSG - mehr sein soll als eine reine Zuständigkeitsregelung, die die Befugnis der Beklagten begründet, Maßnahmen zugunsten Behinderter zu treffen, ergibt sich ferner aus der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift. Sie geht zurück auf § 6 Abs. 2 des Entwurfs der Bundesregierung zum AFG (BT-Drucks. 484/67 S. 4; BT-Drucks. V/2291, S. 4). Die Bundesregierung führte zu § 6 Abs. 2 aus, er entspreche inhaltlich § 39 Abs. 3 AVAVG. Hinsichtlich des § 39 Abs. 3 AVAVG war jedoch in der Rechtsprechung bereits anerkannt, daß eine Pflicht der Beklagten zur Berufsförderung bestand (BSG SozR Nr. 5 zu § 39 AVAVG). Der § 6 enthielt nach dem Entwurf der Bundesregierung noch die Einschränkung, daß die BA erforderliche Maßnahmen bei den zuständigen Trägern zu veranlassen habe oder "nach dem 4. Unterabschnitt, also den Bestimmungen über die Förderung der beruflichen Bildung selbst zu treffen habe". Sinngemäß führte die Bundesregierung in ihrer Erläuterung (BT-Drucks. V/2291) aus, daß der Umfang der Verpflichtung der BA im Verhältnis zu anderen Rehabilitationsträgern sich nach den Vorschriften des 4. Unterabschnitts über die Förderung der beruflichen Bildung richte (BT-Drucks. V/2291, S. 61). Der 19. Ausschuß (Ausschuß für Arbeit) schlug in seinem schriftlichen Bericht (BT-Drucks. V/4110) eine Neufassung des § 6 Abs. 2 als § 57 b vor, die als § 57 in das AFG Eingang gefunden hat. Wenn der Ausschuß auch in seiner Begründung (zu BT-Drucks. V/4110, S. 11) ausgeführt hat, § 57 b entspreche in einer redaktionell verbesserten Fassung dem § 6 Abs. 2 des Regierungsentwurfs, so war doch die bisherige Verweisung auf die Vorschriften des 4. Unterabschnitts entfallen. Ferner ist die im Regierungsentwurf ursprünglich enthaltene "Anweisung", daß die BA Rehabilitationsmaßnahmen außerhalb der beruflichen Förderung Behinderter bei anderen Trägern zu veranlassen habe, in der jetzigen Fassung gleichermaßen nicht mehr enthalten, vielmehr enthält der letzte Halbsatz des § 57 AFG nur die Weisung, daß die BA dem anderen Träger die Maßnahme vorzuschlagen hat, wenn ein anderer Träger zuständig ist.

Der in § 57 AFG nach der Beschreibung der für die berufliche Eingliederung Behinderter geeigneten Maßnahmen enthaltene Zusatz, "soweit nicht ein anderer Träger zuständig ist", bewirkt nicht den vollständigen Ausschluß von Leistungen der BA an Behinderte, wenn ein anderer Träger gleiche oder ähnliche Leistungen erbringen muß. Die in der genannten Vorschrift zum Ausdruck kommende Subsidiarität der Leistungsverpflichtung der Beklagten bewirkt vielmehr lediglich - wie bei der entsprechenden Vorschrift des § 37 AFG -, daß die Beklagte nur verpflichtet ist, die ihr nach dem AFG obliegenden Leistungen unter Berücksichtigung der entsprechenden Leistungen anderer Rehabilitationsträger zu erbringen, diese also "aufzustocken". Wie der Senat bereits entschieden hat, schließt § 37 AFG die Förderungspflicht der BA nur in dem Umfange aus, in dem eine andere Stelle vorrangig verpflichtet ist. Der Anspruch auf den übersteigenden Teil der nachrangigen Leistungen nach dem AFG bleibt dem Berechtigten erhalten (SozR 4100 § 37 AFG Nr. 1). Dasselbe hat hinsichtlich der Subsidiarität zu gelten, die § 57 AFG begründet. Auch in dieser Vorschrift ist - ebenso wie in § 37 AFG - die Leistungspflicht der Beklagten nur eingeschränkt, "soweit" nicht ein anderer Träger für die Leistung zuständig ist. Eine andere Auslegung, nach der die BA sonstige Maßnahmen zur Rehabilitation nach § 57 AFG nur dann zu treffen hätte, wenn nicht die Zuständigkeit eines anderen Trägers zur Leistung dieser Art überhaupt begründet wäre, würde zu Ungunsten des Behinderten eine Abweichung von der Regelung bedeuten, wie sie in § 37 AFG und § 53 Abs. 3 S. 2 AFG iVm § 37 AFG ganz allgemein - also auch für Nichtbehinderte - getroffen worden ist. Das entspricht erkennbar aber nicht der Bedeutung, die der Gesetzgeber der Rehabilitation beimißt.

Ist demnach § 57 AFG als Anspruchsgrundlage des behinderten Arbeitnehmers für Maßnahmen der Beklagten anzusehen, die diese neben der Förderung der beruflichen Bildung und der der Arbeitsaufnahme zu treffen hat, so ist - auf den vorliegenden Fall bezogen - für den Umfang der Leistungsverpflichtung der Beklagten maßgebend, welche zur beruflichen Eingliederung "geeignete Maßnahmen erforderlich" sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten. Unter "berufliche Eingliederung" im Sinne dieser Vorschrift ist nicht nur die formelle Eingliederung, d. h. die Beschaffung eines Arbeitsplatzes (und die dazu erforderlichen Maßnahmen) zu verstehen, sondern auch eine Maßnahme (Leistung), die der Erhaltung des Arbeitsplatzes des Behinderten dient. Dies folgt aus Sinn und Zweck der Vorschriften über die Rehabilitation Behinderter überhaupt, wie dies sich schon aus dem Recht vor Inkrafttreten des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation vom 7. August 1974 (Reha-AnglG, BGBl I 1881) ergibt. So war bereits in § 1237 Abs. 3 Buchst. c der Reichsversicherungsordnung (RVO) aF und in § 14 Abs. 3 Buchst. c des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) aF als ein Teil der "Berufsförderung" - also einer Aufgabe, die auch der BA obliegt - die Hilfe zur Erhaltung oder zur Erlangung einer Arbeitsstätte bezeichnet. Wenn in § 57 AFG zur beruflichen Eingliederung geeignete Maßnahmen gefordert werden, die zur Erhaltung der "Erwerbsfähigkeit" erforderlich sind, und es eine Aufgabe der Beklagten ist, Arbeitsplätze generell - also für Behinderte wie für Nichtbehinderte - zu erhalten (§ 3 Abs. 2 Nr. 5 AFG), so kann dies aus dem Gesamtzusammenhang nur dahin verstanden werden, daß eine "berufliche Eingliederung der Behinderten" u. a. auch solche Maßnahmen und Leistungen fordert, welche es dem Behinderten ermöglichen, auf seinem Arbeitsplatz verbleiben zu können.

In welchem Umfang die Beklagte selbst Leistungen nach § 57 AFG zu gewähren hat, ist aus der sehr allgemein gehaltenen Wortfassung nicht unmittelbar zu entnehmen, sondern ergibt erst die Auslegung (und Ausfüllung) der Worte "geeignete Maßnahmen ..., die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten". Soweit die Beklagte meint, der Umfang der Förderung Behinderter sei durch die Vorschriften der A-Reha 1970 abschließend geregelt, und es bestehe keine über die in dieser Anordnung enthaltenen Verpflichtung hinausgehende Pflicht, Zuschüsse und Darlehen zur Anschaffung eines Kfz für Behinderte zu gewähren, so kann ihr nicht gefolgt werden. Der Beklagten steht zwar das Recht zu, für die Förderung der beruflichen Bildung der Behinderten (§ 58 Abs. 1 iVm § 39 AFG) und die Förderung der Arbeitsaufnahme der Behinderten (§ 58 Abs. 1 iVm § 53 Abs. 4 AFG) Anordnungen zu erlassen; ein Anordnungsrecht über Art und Umfang der darüber hinaus zu treffenden Maßnahmen nach § 57 AFG sieht das Gesetz nicht vor. Zwar sieht § 4 A-Reha 1970 vor, daß Leistungen nach dieser Anordnung in vollem Umfang zu gewähren sind, wenn die BA gemäß § 57 AFG für die individuelle Förderung zuständig ist, jedoch wird damit - mangels einer gesetzlichen Ermächtigung zum Erlaß einer Anordnung im Rahmen des § 57 AFG - kein für die Gerichte bindendes Satzungsrecht geschaffen. Insoweit kann allenfalls nur gesagt werden, daß die Beklagte, soweit sie Maßnahmen über die berufliche Bildung und die Arbeitsaufnahme Behinderter hinaus nach § 57 AFG zu fördern oder zu treffen hat, in den Vorschriften der A-Reha 1970 die in § 57 AFG enthaltenen Begriffe "geeignete Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung", "erforderlich" und "Erwerbsfähigkeit zu erhalten" ausfüllt, ohne daß diese Regelungen abschließend zu sein brauchen und - wie der vorliegende Fall zeigt - auch nicht abschließend sind. Demnach sind im Streitfall die Gerichte selbst verpflichtet, im Wege der Auslegung des § 57 AFG, insbesondere der eben zitierten Worte, den Umfang der Förderungspflicht der Beklagten nach dieser Vorschrift zu ermitteln.

Unter "geeignete Maßnahmen der Arbeits- und Berufsförderung, die erforderlich sind, um die Erwerbsfähigkeit zu erhalten" - hier also den Arbeitsplatz des Klägers -, müssen solche Maßnahmen begriffen werden, durch welche der Behinderte in den Stand versetzt wird und bleibt, seine Arbeitsstätte zu erreichen. Ob und inwieweit noch andere Maßnahmen von der Beklagten zu treffen sind, kann für den vorliegenden Fall dahinstehen, denn der Kläger begehrt nur solche Leistungen, durch die er in den Stand versetzt wird, als Behinderter den Arbeitsplatz zu erreichen. Es ist ferner davon auszugehen, daß die geeigneten erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung der Erwerbsfähigkeit dazu dienen sollen, den Behinderten im Rahmen des Möglichen einem nichtbehinderten Arbeitnehmer gleichzustellen. Die Rehabilitation Behinderter soll jedenfalls das Ziel haben, diesen Personenkreis etwa in gleicher Weise erwerbs- und konkurrenzfähig auf dem Arbeitsmarkt wie die Nichtbehinderten zu machen. Benötigt ein Behinderter zur Erreichung seines Arbeitsplatzes wegen der Behinderung ein Kfz, so sind geeignete und erforderliche Maßnahmen im Sinne des § 57 AFG solche Leistungen, die technisch die Funktionsfähigkeit des Kfz betreffen. Insoweit kann von dem Vergleichsbild ausgegangen werden, daß das Kfz gewissermaßen die "Prothese" des Behinderten ist. Ist die (technische) Funktionsfähigkeit nicht mehr gegeben, so wird - im weitesten Sinne - die Erwerbsfähigkeit des Behinderten zumindest eingeschränkt, wenn nicht sogar beseitigt. Diese Einschränkung oder Beseitigung der Erwerbsfähigkeit des Behinderten aufzuheben, also sie zu erhalten, ist eine Aufgabe der Beklagten im Rahmen des § 57 AFG. Erst eine entsprechende Leistung der Beklagten in diesem Rahmen versetzt den Behinderten insoweit wiederum in die gleiche Lage wie den Nichtbehinderten. Während der Nichtbehinderte, der zur Erreichung seines Arbeitsplatzes grundsätzlich keines Kfz bedarf, beim Ausfall eines von ihm benutzten Kfz gegebenenfalls auf andere Verkehrsmittel ausweichen kann, ist dies einem wegen seiner Behinderung auf die Benutzung eines Kfz angewiesenen Behinderten - so auch dem Kläger - regelmäßig nicht möglich. Demzufolge hat die Beklagte im Rahmen des § 57 AFG solche Leistungen zu gewähren, die die Beseitigung von Schäden am Kfz des Behinderten betreffen, welche die Funktionsfähigkeit des Kfz einschränken oder aufheben. Das sind regelmäßig Schäden an Motor, Getriebe, an der Lenkung usw., also solche Schäden, die es dem Behinderten unmöglich machen, mit dem Kfz sicher am Straßenverkehr teilzunehmen.

Demgegenüber besteht kein Anspruch eines Behinderten auf solche Maßnahmen der Beklagten, die der Unterhaltung des Kfz selbst dienen. Sie sind nicht durch die Behinderung, sondern durch das Halten eines Kfz überhaupt bedingt (hier also Kosten für Benzin, Schmiermittel, regelmäßige Wartung, Reifenverschleiß, Inspektion u. ä.). Insoweit ist zu berücksichtigen, daß bei der weitgehenden Motorisierung auch der nichtbehinderte Arbeitnehmer derartige Kosten aus seinem Arbeitseinkommen trägt, diese Kosten also dem allgemeinen Lebensunterhalt zuzurechnen sind. Es ist nicht Aufgabe der Beklagten, im Rahmen der Rehabilitation des § 57 AFG hierfür einzutreten. Sofern der Behinderte trotz einer vollzogenen Eingliederungsmaßnahme solche Kosten nicht aufbringen kann, bleibt letztlich nur der Weg über die Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG.

Hieraus folgt, daß der Kläger keinen Anspruch darauf hat, daß die Beklagte ihm die Kosten der ständigen Unterhaltung seines Kfz erstattet. Schon aus diesem Grunde war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das (klagabweisende) Urteil des SG hinsichtlich dieser Kosten zurückzuweisen.

Soweit die Beklagte nach dem oben Gesagten dazu verpflichtet ist, Leistungen zur Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Kfz des Behinderten zu gewähren, gibt § 57 AFG nur einen Anspruch auf diejenigen Leistungen, die "erforderlich" sind. Darin ist auch der Gesichtspunkt der Bedürftigkeit des Behinderten enthalten. Die BA braucht nur insoweit zu leisten, als der Behinderte nicht in der Lage ist, sich selbst zu helfen. Von ihm ist daher eine zumutbare Beteiligung an den Kosten zu verlangen. In diesem Zusammenhang ist auf den in § 53 Abs. 3 AFG enthaltenen Grundsatz hinzuweisen, daß Leistungen nach dessen Abs. 1 und 2 nur gewährt werden dürfen, soweit die Arbeitsuchenden die erforderlichen Mittel nicht selbst aufbringen können. Wenn schon dem Arbeitsuchenden - in vielen Fällen also einem Arbeitslosen - Hilfen zur Arbeitsaufnahme nur unter Berücksichtigung zumutbarer eigener Aufwendungen gewährt werden dürfen, so kann bei einem Beschäftigten nicht davon abgesehen werden, bei der Inanspruchnahme der Beklagten im Rahmen des § 57 AFG eigene Mittel in zumutbarer Weise aufzubringen. Er muß ferner gesetzlich vorgesehene Leistungen Dritter in Anspruch nehmen, die dem gleichen Zweck dienen. Solche Leistungen können dem Kläger aufgrund der §§ 1236 ff RVO bzw. §§ 13 ff AVG zustehen. Diese Verknüpfung der Rehabilitationsmaßnahmen der Beklagten mit denen der Träger der Sozialversicherung ergibt sich daraus, daß die Leistungspflicht der Beklagten nach § 57 AFG nur besteht, soweit kein anderer Träger zuständig ist.

Da für eine abschließende Entscheidung des Senats noch Feststellungen darüber fehlen, in welchem Umfang in den vom Kläger geltend gemachten Reparaturkosten für die Herstellung der Funktionsfähigkeit des Kfz auch andere Kosten, die nicht erstattungspflichtig sind, enthalten sind, in welchem Umfang der Kläger von einem anderen Rehabilitationsträger Ersatz verlangen kann und welchen eigenen Beitrag er selbst aufzubringen vermag, muß das LSG insoweit noch weitere Feststellungen treffen, so daß in diesem Umfang die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen war.

Dabei wird das LSG noch zu prüfen haben, ob die Leistungen vom Kläger rechtzeitig beantragt worden sind. Zwar ist § 68 A-Reha 1970 nicht unmittelbar anzuwenden, weil für Leistungen, die nach § 57 AFG zu gewähren sind, keine Ermächtigungsgrundlage zu einer Anordnung besteht. Es entspricht jedoch einem allgemeinen Prinzip des AFG, daß Leistungen nur gewährt werden, wenn sie vor Eintritt des Ereignisses beantragt sind, das die Gewährung der Leistung begründet. Das ergibt sich zum einen daraus, daß das AFG den Leistungsempfänger als "Antragsteller" bezeichnet, ohne zunächst ausdrücklich normiert zu haben, daß die Leistung nur auf Antrag erbracht wird (§ 40 Abs. 3 AFG). Darüber hinaus ist die Antragspflicht mehrfach im AFG ausgesprochen (§ 72 Abs. 2 Satz 1, § 81 Abs. 1 Satz 1, § 88 Abs. 2 Satz 1, § 95 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 Satz 1, § 134 Abs. 1 Nr. 1 AFG). Soweit der Verwaltungsrat der BA aufgrund von Ermächtigungen des AFG Anordnungen erlassen hat, die die Gewährung von Leistungen betreffen, ist er jeweils auf den als notwendig angesehenen Antrag eingegangen (§ 20 Abs. 1 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Ausbildung vom 31. Oktober 1969; § 21 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung - AFuU - vom 18. Dezember 1969; desgleichen § 21 der AFuU 1971, ebenso in der Fassung vom 19. Dezember 1973; § 4 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit zur Förderung der Arbeitsaufnahme vom 18. Dezember 1969; § 11 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die Förderung von Einrichtungen der beruflichen Bildung vom 31. Oktober 1969). Als Teil dieses Antragsprinzips ist es auch anzusehen, wenn dem Antragsteller die Möglichkeit eröffnet wird, innerhalb bestimmter Grenzen (§ 69 Abs. 2 A-Reha 1970) den Antrag rückwirkend zu stellen.

Weiterhin hat das LSG bei seiner Entscheidung übersehen, daß der Beigeladene und der Kreis Herzogtum-Lauenburg Ansprüche des Klägers wegen der Erstattung von Reparaturkosten auf sich übergeleitet haben. Mit dem Zugang der Anzeigen bei der Beklagten hat der Kläger seine Gläubigerstellung und die damit verbundenen Rechte und Pflichten an den Sozialhilfeträger verloren, der nunmehr als Inhaber des Rechts die Leistung verlangen und einklagen kann (vgl. u. a. BGHZ 20, 127). Der Kläger hat nicht dargetan, die übergeleiteten Rechte in eigenem Namen geltend machen zu dürfen. Selbst wenn man darin, daß der Beigeladene den Kläger bei seiner Klage unterstützt hat, die Ermächtigung zur Geltendmachung des fremden Rechtes in eigenem Namen sehen wollte, so würde es doch an einem weiteren für die Zulässigkeit der gewillkürten Prozeßstandschaft notwendigen Erfordernis fehlen. Diese ist nur dann zulässig, wenn in der Person des Dritten ein eigenes berechtigtes Interesse an der Geltendmachung des Rechtes besteht (BGH 4, 165; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Band I/2 S. 234 m; BSG 10, 131). Ein solches Interesse ist im Falle des Klägers jedoch nicht ersichtlich. Es wäre allenfalls dann zu bejahen, wenn die Gefahr einer Rückforderung seitens der Sozialhilfeträger bestünde. In diesem Falle könnte der geltend gemachte Anspruch gleichzeitig als Anspruch auf Freistellung von der Erstattungspflicht gegenüber dem Sozialhilfeträger begriffen werden. Ein schutzwürdiges Interesse des Klägers unter diesem Gesichtspunkt besteht jedoch nicht, da die Sozialhilfeträger kompetenzmäßig Hilfe geleistet haben. Auch ein Interesse daran, im Rahmen der Leistungsklage eine Entscheidung, insbesondere über die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme von Reparaturkosten herbeizuführen, besteht seitens des Klägers nicht. Diese Frage ist auch Gegenstand des weitergehenden Klagebegehrens, also des Begehrens auf Erstattung der Reparaturkosten, die vom Kläger selbst getragen und vom Sozialhilfeträger nicht übergeleitet worden sind. Die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung von Reparaturkosten in Höhe der gewährten Sozialhilfe liegt somit allein im Interesse des Sozialhilfeträgers. Dies reicht für die Zulässigkeit einer Prozeßstandschaft nicht aus (vgl. hierzu BSGE 14, 233).

Soweit der Kläger also in eigenem Namen diejenigen Reparaturkosten geltend macht, die die Sozialhilfeträger auf sich übergeleitet haben, hat der Kläger keinen Anspruch und ist auch nicht berechtigt den fremden Anspruch geltend zu machen. Der Senat kann dies im Urteil deshalb noch nicht aussprechen, weil - mangels ausreichender Feststellungen des LSG - die Höhe der übergeleiteten Forderung unbekannt ist. Auch insoweit wird das LSG noch entsprechende Feststellungen zu treffen haben und - bei Weiterverfolgung dieses Anspruchsteils durch den Kläger - die Klage abweisen müssen.

Da im vorliegenden Fall ferner die Möglichkeit besteht, daß die Beklagte nachrangig gegenüber einem Rentenversicherungsträger verpflichtet ist, wird das LSG auch über eine Beiladung (§ 75 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) zu entscheiden haben.

Bei der abschließenden Entscheidung wird das LSG darauf zu achten haben, daß die Beklagte nicht schlechter gestellt werden kann, als dies im angefochtenen Urteil hinsichtlich der Erstattung von Reparaturkosten geschehen ist (Verbot der reformatio in peius), insoweit also auch nur wieder zum Erlaß eines neuen Bescheides verurteilt werden könnte, sofern der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von Reparaturkosten hat. Dies folgt aus dem Umstand, daß nur die Beklagte Revision eingelegt hat, der Kläger jedoch die vom LSG ausgesprochene Zurückweisung seiner Berufung (wegen des von ihm geltend gemachten Rechtsanspruchs auf Leistungen) hat rechtskräftig werden lassen. Der Senat hat diese Folge wegen der an den Urteilsausspruch zu stellenden Klarheit in der Fassung des Urteilstenors nicht zum Ausdruck bringen können.

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1648682

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