Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Anerkenntnis iS des SGG § 101 Abs 2 ist - wie der Prozeßvergleich nach SGG § 101 Abs 1 - nur wirksam, soweit die Beteiligten über den Gegenstand der Klage verfügen können. Ein öffentlichrechtlicher Anspruch ist an sich seinem Bestehen wie seiner Höhe nach, grundsätzlich der Disposition, also der freien Verfügbarkeit der Beteiligten entzogen.

Dagegen ist die Verwaltungsbehörde berechtigt, bei Abgabe eines Anerkenntnisses darüber zu befinden, ob und welcher Sachverhalt als Voraussetzung für die Anerkennung des erhobenen Anspruchs als gegeben anzusehen ist. Im Rahmen der Entscheidungsbefugnis darüber, ob anspruchsbegründende Tatsachen vorliegen, steht damit der Verwaltung aber zugleich die Befugnis zu, über den Anspruch zu verfügen, soweit dieser vom Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen abhängt.

2. SGG § 101 Abs 2 regelt nur die Wirkung des Anerkenntnisses, jedoch nicht seine Zulässigkeit und seine Form.

Während der Prozeßvergleich nur wirksam ist, wenn er in der Form des SGG § 101 Abs 1 abgeschlossen wird, enthält das Gesetz für das Anerkenntnis keine besonderen Formvorschriften; daraus ist zu folgern, daß zur wirksamen Abgabe und Annahme eines Anerkenntnisses nicht die Form des SGG § 101 Abs 1 erforderlich ist.

Da das Anerkenntnis jedoch eine prozeßrechtliche Erklärung darstellt, muß es in einer für derartige Erklärungen allgemein erforderlichen Form abgegeben werden, um wirksam zu sein; die Abgabe und Annahme des Anerkenntnisses in schriftsätzlicher Form ist mithin zur Wirksamkeit des Anerkenntnisses genügend.

3. Der Antrag, festzustellen, daß ein Anerkenntnis und der Ausführungsbescheid unwirksam sind, ist kein Feststellungsantrag iS des SGG § 55 Abs 1 Nr 1.

Als Rechtsverhältnis in diesem Sinne ist das rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen oder zu einem Sachgut zu verstehen, das sich als Rechtsfolge eines konkreten Tatbestandes unter Berücksichtigung einer diesen konkreten Tatbestand erfassenden Rechtsnorm ergibt.

4. Der 4. Senat des BSG hat im Urteil vom 1958-06-27 4 RJ 7/57 = BSGE 7, 279 ausgesprochen, daß die Entscheidung darüber, ob ein Prozeßvergleich wirksam oder unwirksam ist, demjenigen Gericht in dem Verfahren zusteht, in dem bei Unwirksamkeit des Vergleichs in Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden wäre.

Dieser für den Prozeßvergleich ausgesprochene Grundsatz gilt auch hinsichtlich der Wirksamkeit eines angenommenen Anerkenntnisses jedenfalls dann, wenn das Verfahren, in dem das Anerkenntnis abgegeben worden war, noch nicht beendet ist, weil die Beteiligten das erstinstanzliche Urteil, das sich auch mit dem Anerkenntnis befaßt hat, mit der Berufung angefochten haben.

Das LSG muß daher wie bei jedem anderen vom Vordergericht angeführten Rechtsgrund, auf dem die Entscheidung des Vordergerichts gegründet ist, über die Wirksamkeit des Anerkenntnisses entscheiden.

5. Ein Teilanerkenntnis kann nur insoweit abgegeben werden, als es sich um einen teilbaren Anspruch handelt.

Mit der Anerkennung einer "Lungentuberkulose iS einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung" als Schädigungsfolge bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit um 25 % ist deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die festgestellte Lungentuberkulose durch schädigende Einwirkungen iS des BVG nur verschlimmert worden und daß die Minderung der Erwerbsfähigkeit für diesen Verschlimmerungsanteil mit 25% zu bewerten ist; es handelt sich dabei um die Zuerkennung eines vom Gesetz auch in dieser Form zulässigen Anspruch.

 

Normenkette

SGG § 101 Abs. 1 Fassung: 1953-09-03, Abs. 2 Fassung: 1953-09-03, § 55 Abs. 1 Nr. 1 Fassung: 1953-09-03

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 25. April 1962 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

Der 1911 geborene Kläger war von 1940 bis 1945 Soldat. Im Jahre 1943 gehörte er zu einem Heereskraftfahrzeugpark in W. Er behauptet, im Dezember 1943 nach einem dienstlich angeordneten Bad in nicht genügend geheiztem Raum wegen einer Rippenfellentzündung drei Wochen in einem Lazarett in W gelegen zu haben. Nach dem Kriege arbeitete der Kläger von 1947 bis 1954 in einem Unternehmen, dessen Inhaber an offener Tuberkulose erkrankt war. Die Tuberkulosefürsorge führte deshalb am 30. Juli 1954 eine Umgebungsuntersuchung durch, bei der beim Kläger kein nennenswerter Befund festgestellt wurde. Im Oktober 1955 diagnostizierte Dr. B beim Kläger eine aktive Lungentuberkulose. Nach kurzer Behandlung im Allgemeinen Krankenhaus (AK) H wurde der Kläger am 4. November 1955 in die Lungenheilstätte E in G überwiesen, in der er bis Ende März 1956 behandelt wurde.

Mit Schreiben vom 22. Mai 1956 stellte der Kläger einen Antrag auf Versorgung und führte dabei ua aus, der von ihm im Jahre 1946 aufgesuchte Dr. A habe damals eine Verschwartung im rechten Oberfeld und im linken Unterlappen festgestellt. Nachdem der Versorgungsarzt Dr. S den ursächlichen Zusammenhang zwischen der Lungentuberkulose und der Erkrankung im Jahre 1943 verneint hatte, lehnte die Beklagte den Antrag mit Bescheid vom 25. Mai 1957 ab, weil der Kläger die Frist des § 56 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) versäumt habe und weil außerdem kein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Lungentuberkulose und dem Wehrdienst bestehe. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger eine eidesstattliche Versicherung seines Kriegskameraden B vor, der bestätigte, daß der Kläger im Jahre 1943 wegen einer Rippenfellentzündung im Lazarett gelegen habe. Das Landesversorgungsamt wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14. Januar 1958 zurück.

Im Verfahren vor dem Sozialgericht (SG) hat Dr. A in einem Befundbericht ausgeführt, daß ihm von einer Untersuchung des Klägers im Jahre 1946 nichts bekannt sei. Das SG hat ein Gutachten von Dr. St (Gutachten vom 11. Juli 1959) eingeholt. Diesem Sachverständigen hat das Schirmbild der Tuberkulosefürsorge aus dem Jahre 1954 nicht zur Verfügung gestanden. Er hat ausgeführt, daß nach den Befunden der Beginn der Lungenerkrankung wahrscheinlich im Kindesalter liege. Es sei anzunehmen, daß der Kläger im Jahre 1943 eine pleuritische Affektion durchgemacht habe. Da im Oktober 1955 bereits eine ausgedehnte, mit pleuritischen Verschwartungen und Schrumpfungsvorgängen einhergehende doppelseitige Lungentuberkulose vorhanden gewesen sei, könne diese nicht erst nach der Schirmbildaufnahme des Jahres 1954 entstanden sein. Ein Jahr genüge für die Entwicklung eines solchen ausgedehnten Leidens nicht. Das alte Lungenleiden des Klägers habe im Jahre 1943 eine mit Pleuritis einhergehende Aktivierung in Form einer einmaligen Verschlimmerung erfahren. Die erneute Verschlimmerung des Jahres 1955 sei wehrdienstunabhängig. Die Gesamt-Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) für das Lungenleiden betrage 40 v. H. Der Versorgungsarzt Dr. S hat diesen Ausführungen mit der Einschränkung zugestimmt, daß der Verschlimmerungsanteil allenfalls eine MdE um 25 v. H. bedinge. Mit Schriftsatz vom 2. September 1959 hat die Beklagte mitgeteilt, daß sie entsprechend der in den Gutachten von Dr. S und Dr. St vertretenen Auffassung bereit sei, bei dem Kläger als Schädigungsfolge "Lungen-Tuberkulose, nicht richtunggebend verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG" anzuerkennen und hierfür ab 1. Mai 1956 Rente nach einer MdE von 25 v. H., die sich nach einer MdE von 30 v. H. bemesse, zu zahlen. Im Schriftsatz vom 1. Oktober 1959 hat der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, daß er das Anerkenntnis der Beklagten vom 2. September 1959 "als Teilanerkenntnis annehme", jedoch eine Entscheidung darüber beantrage, daß die Lungentuberkulose als Folge einer Schädigung im Sinne des § 1 BVG entstanden ist und Rente nach einer MdE um 100 v. H. für die Zeit vom 1. Mai 1956 bis 31. Januar 1957 und ab 1. Februar 1957 eine solche nach einer MdE um 50 v. H. zu gewähren ist. Daraufhin hat die Beklagte am 20. Oktober 1959 einen weiteren Bescheid erlassen. Dieser lautet: Auf Grund des Teilanerkenntnisses vom 2. September 1959, das Sie mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1959 angenommen haben, wird Ihnen folgender Ausführungsbescheid erteilt: Durch Ihre Schädigungsfolgen "Lungentuberkulose, und zwar nicht richtunggebend verschlimmert" ... wird Rente nach einer MdE um 25 v. H. ab 1. Mai 1956 ... gezahlt.

Das SG hat mit Urteil vom 11. Februar 1960 die Bescheide vom 25. Mai 1957 und 14. Januar 1958 aufgehoben sowie den Bescheid vom 20. Oktober 1959 abgeändert. Es hat die Beklagte verurteilt, als Schädigungsfolgen - verschlimmert durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 BVG - anzuerkennen: "Lungentuberkulose mit Pleuraverschwartung rechts und Bronchiektasen" und dem Kläger Beschädigtenrente nach einem Grad der MdE um 40 v. H. vom 1. Mai 1956 bis 28. Februar 1957 und nach einem Grad der MdE um 30 v. H. seit dem 1. März 1957 zu zahlen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil haben beide Beteiligten Berufung eingelegt.

Das Landessozialgericht (LSG) hat von Dr. H und Dr. Sch weitere Gutachten eingeholt. Diesen beiden Sachverständigen stand die Schirmbildaufnahme vom Juli 1954 wieder zur Verfügung. Das LSG hat weiterhin Dr. A und den Kriegskameraden des Klägers B als Zeugen vernommen. Die Beklagte hat ua die Feststellung begehrt, daß das Anerkenntnis vom 2. September 1959 und der Bescheid vom 20. Oktober 1959 unwirksam seien.

Das LSG hat mit Urteil vom 25. April 1962 die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Hamburg vom 11. Februar 1960 zurückgewiesen. Auf die Berufung der Beklagten hat es dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen, im übrigen die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, das angenommene Anerkenntnis der Beklagten vom 2. September 1959 sei nicht unwirksam. Die Wirksamkeit dieses Anerkenntnisses scheitere nicht daran, daß die Beklagte es nur in einem Schriftsatz abgegeben und der Kläger es ebenfalls nur schriftsätzlich angenommen habe, weil nach § 101 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) eine bestimmte Form für das Anerkenntnis nicht vorgeschrieben sei. Die Wirksamkeit des Anerkenntnisses sei auch nicht dadurch in Frage gestellt, daß die Beklagte ursprünglich mit ihrem Angebot den gesamten Rechtsstreit habe erledigen wollen. Der Kläger habe das Angebot in dieser umfassenden Form zwar nicht angenommen, sondern nur insoweit, als es sich auf die Anerkennung einer Tuberkulose im Sinne der Verschlimmerung mit einer MdE um 25 v. H. erstreckt habe. Im übrigen habe der Kläger den Rechtsstreit fortsetzen wollen. Dadurch, daß die Beklagte einen Bescheid in Ausführung des angenommenen Teilanerkenntnisses erlassen habe, habe sie das in der teilweisen Annahme des Anerkenntnisses durch den Kläger zu sehende neuerliche Angebot angenommen, so daß eine vollständige Einigung zwischen den Beteiligten zustande gekommen sei. Im Gegensatz zur Auffassung der Beklagten hätten sich die Beteiligten über das Ausmaß und die Eigenschaft des Lungenleidens als Versorgungsleiden im beschränkten Umfange einigen können, während der über das Teilanerkenntnis hinausgehende Anspruch des Klägers habe streitig bleiben können. Auch die Ansicht der Beklagten, daß sie wegen des Fehlens der Anspruchsvoraussetzungen nicht an das Anerkenntnis gebunden sei, gehe fehl. Das gerichtliche Anerkenntnis sei nur insoweit zulässig, als die Beteiligten über den Gegenstand der Klage verfügen könnten, so daß es nur bindend sei, wenn die rechtlichen Voraussetzungen des Anspruchs vorlägen. Der vom Antragsteller behauptete Sachverhalt müsse den Anspruch rechtfertigen, wobei es genüge, daß die Annahme des Vorliegens der tatsächlichen Voraussetzungen vertretbar sei. Diese Erfordernisse seien im vorliegenden Fall erfüllt. Zwar sei der letzte Beweis für einen tuberkulösen Prozeß im Jahre 1943 nicht erbracht worden. Jedoch habe Dr. St den Ablauf einer im Jahre 1943 mit Pleuritis einhergehenden Aktivierung eines seit der Kindheit des Klägers bestehenden Lungenleidens als wahrscheinlich angesehen und hieraus eine einmalige wehrdienstbedingte Verschlimmerung abgeleitet. Wenn sich daraufhin Dr. S entgegen seiner früheren Auffassung dieser Meinung angeschlossen und die MdE für den Verschlimmerungsanteil auf 25 v. H. geschätzt habe, so sei die Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Lungentuberkulose im Sinne der Verschlimmerung vertretbar gewesen. Ebenso hätten die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anerkennung vorgelegen, insbesondere habe der Kläger die Frist im Sinne der §§ 56 ff BVG nicht versäumt. Die Frist des § 57 BVG habe nicht schon mit dem 13. Oktober 1955 zu laufen begonnen, denn es sei dem Kläger wegen der Schwere seiner Erkrankung erst Anfang Dezember 1955 zuzumuten gewesen, einen Versorgungsantrag zu stellen. Damit sei aber der im Mai 1956 gestellte Antrag rechtzeitig eingebracht.

Das Anerkenntnis sei auch nicht durch Anfechtung der Beklagten unwirksam geworden. Eine Anfechtungserklärung nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sei nicht abgegeben worden. Da die Beklagte das Anerkenntnis von Anfang an für unwirksam gehalten habe, sei eine Anfechtung von ihr auch gar nicht zu erwarten gewesen. Auch in der mündlichen Verhandlung vom 25. April 1962 sei eine Anfechtung durch die Beklagte nicht erfolgt. Im übrigen habe sie sich bei der Abgabe ihres Anerkenntnisses über dessen Inhalt nicht geirrt. Auch sei die Beklagte weder vom Kläger noch von einem Dritten arglistig getäuscht oder gar bedroht worden. Auch eine Anfechtung entsprechend § 179 SGG in Verbindung mit den Vorschriften des 4. Buches der Zivilprozeßordnung (ZPO) greife nicht durch. Der Tatbestand des § 580 Ziffer 7 b ZPO in Verbindung mit § 179 SGG liege nicht vor. Die wiedergefundene Schirmbildaufnahme sei zwar eine andere Urkunde im Sinne dieser Bestimmung, sie hätte bei ihrem Vorhandensein vor Abgabe des Anerkenntnisses aber nicht zu einer anderen Entscheidung geführt. Diese Schirmbildaufnahme sei weder für Dr. St und Dr. S bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges der vom Kläger geltend gemachten Lungentuberkulose mit seiner Erkrankung im Jahre 1943 noch für die Beklagte bei der Abgabe des Anerkenntnisses von Bedeutung gewesen. Nach allem seien somit das Teilanerkenntnis und der Ausführungsbescheid vom Oktober 1955 wirksam. Der diesem Ergebnis entgegenstehende Feststellungsantrag der Beklagten sei daher unbegründet.

Soweit die Beklagte Berufung mit dem Ziel eingelegt habe, den Ausspruch des angefochtenen Urteils insoweit zu beseitigen, als er über das Anerkenntnis hinausgehe, sei ihre Berufung begründet. Es habe nicht ermittelt werden können, welche Gesundheitsstörungen der Kläger im Jahre 1943 tatsächlich erlitten habe, insbesondere sei nicht festzustellen, daß im Jahre 1943 beim Kläger eine spezifische Rippenfellentzündung abgelaufen sei. Gleichgültig, ob sich das LSG der Auffassung von Dr. H oder von Dr. H anschließe, sei der Anspruch des Klägers, bei ihm über das Anerkenntnis hinaus die Lungentuberkulose im Sinne der Entstehung anzuerkennen und eine höhere Rente zu gewähren, unbegründet, ebenso sein Begehren, weitere Gesundheitsstörungen als Schädigungsfolge anzuerkennen. Die Berufung des Klägers sei daher unbegründet.

Das LSG hat die Revision zugelassen.

Die Beklagte hat gegen dieses ihr am 29. Juni 1962 zugestellte Urteil mit Schriftsatz vom 11. Juli 1962, beim Bundessozialgericht (BSG) am 13. Juli 1962 eingegangen, Revision eingelegt und beantragt,

das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben, als die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist, und festzustellen, daß das Anerkenntnis vom 2. September 1959 und der Ausführungsbescheid vom 20. Oktober 1959 unwirksam sind.

Die Beklagte hat nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 29. September 1962 die Revision mit einem beim BSG am 27. September 1962 eingegangenen Schriftsatz vom 21. August 1962 begründet.

Sie rügt eine Verletzung der §§ 101 Abs. 2, 103 und 128 SGG sowie die Verletzung materiellen Rechts durch das LSG. Sie trägt dazu vor, es sei zunächst fraglich, ob das LSG überhaupt über die Gültigkeit des Anerkenntnisses habe entscheiden dürfen. Insoweit verweist sie auf die Entscheidung des BSG in Band 7 S. 279 ff. Im übrigen vertritt sie die Auffassung, daß das Anerkenntnis mangels Willensübereinstimmung nicht zustande gekommen sei. Sie habe mit dem Angebot vom 2. September 1959 den Rechtsstreit insgesamt erledigen wollen. Da der Kläger aber mehr begehrt habe, sei eine Willensübereinstimmung nicht zustande gekommen. Die Auffassung des LSG, daß mit dem Ausführungsbescheid vom Oktober 1959 das erneute Angebot des Klägers angenommen sei, sei unrichtig. Weiterhin sei das Anerkenntnis auch deshalb nicht wirksam, weil die Beklagte nicht über den Streitgegenstand habe verfügen dürfen. Die tatsächlichen Voraussetzungen für die Anerkennung der Lungentuberkulose im Sinne der Verschlimmerung seien im Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses nicht vorhanden gewesen. Das LSG habe verkannt, daß der Anspruch des Klägers schon wegen Fristversäumnis im Sinne der §§ 56 ff BVG habe abgelehnt werden müssen. Die Ansicht des LSG, daß eine Fristversäumnis nicht vorliege, beruhe auf einer Verletzung des § 128 SGG durch das LSG.

Die Beklagte führt sodann Bedenken gegen die ärztliche Beurteilung durch Dr. St an. Sie hält die Ansicht für falsch, daß das später nach Abgabe des Anerkenntnisses beim LSG wiederaufgefundene Röntgenbild keine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Sie meint, insoweit hätte das LSG Dr. S und Dr. St anhören müssen. Schon dem Gutachten von Dr. St sei zu entnehmen, daß dieser, wenn ihm das Röntgenbild vorgelegen hätte, zu einer anderen Auffassung gelangt wäre.

Weiterhin bringt die Beklagte vor, daß selbst dann, wenn die Auffassung des LSG zutreffe, daß ein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 580 Ziffer 7 b ZPO nicht vorliegt, das LSG verkenne, daß für die Beklagte ein Anfechtungsgrund nach § 123 BGB gegeben sei. Der Kläger habe die Beklagte dadurch getäuscht, daß er behauptet habe, im Jahre 1943 eine Pleuritis durchgemacht und im Jahre 1946 Dr. A aufgesucht zu haben, der eine Verschwartung festgestellt habe. Diese Angabe habe sich auf Grund der Aussage von Dr. A als falsch herausgestellt. Ebenso sei der Inhalt der von dem Zeugen B abgegebenen eidesstattlichen Versicherung über die Pleuritis des Klägers im Jahre 1943 nicht richtig. Durch diese falschen Angaben des Klägers sei die Beklagte zur Abgabe des Anerkenntnisses veranlaßt worden. Im übrigen habe die Beklagte, entgegen der Meinung des LSG, eine Anfechtungserklärung abgegeben. Insoweit bezieht sich die Beklagte auf ein Handprotokoll ihres Sitzungsvertreters vor dem LSG in der letzten mündlichen Verhandlung.

Schließlich ist nach Meinung der Beklagten zu prüfen, ob § 779 BGB auch im Rahmen des § 101 Abs. 2 SGG entsprechend Anwendung finde und ob das Anerkenntnis nicht auch wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage unwirksam sei.

Im übrigen wird wegen des Vorbringens der Beklagten auf die Revisionsbegründung vom 21. August 1962 verwiesen.

Der Kläger beantragt,

die am 13. Juli 1962 eingegangene, zugelassene Revision des beklagten Landesversorgungsamtes als unbegründet zurückzuweisen und ihm die Erstattung der außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

Er bezieht sich auf die Gründe des angefochtenen Urteils und ist der Auffassung, daß eine Verletzung formellen und materiellen Rechts durch das LSG nicht vorliege. Wegen seines Vorbringens wird auf seinen Schriftsatz vom 19. August 1962 Bezug genommen.

Die durch Zulassung gemäß § 162 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthafte Revision ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 164, 166 SGG) und daher zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

Die Beteiligten streiten nur noch darüber, ob dem Kläger auf Grund des Anerkenntnisses vom 2. September 1959 ein Anspruch auf Rente gemäß dem Bescheid vom 20. Oktober 1959 nach einer MdE um 30 v. H. wegen der bei ihm im Sinne der nicht richtunggebenden Verschlimmerung anerkannten Lungentuberkulose zusteht. Nachdem das LSG den vom Kläger über den Umfang des Anerkenntnisses hinausgehenden geltend gemachten Anspruch abgelehnt und der Kläger Revision nicht eingelegt hat, ist der Rechtsstreit insoweit rechtskräftig erledigt.

Soweit die Beklagte begehrt - "festzustellen, daß das Anerkenntnis und der Ausführungsbescheid unwirksam sind" -, handelt es sich nicht um einen Feststellungsantrag im Sinne des § 55 SGG. Nach Abs. 1 Nr. 1 dieser Vorschrift kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden. Als Rechtsverhältnis in diesem Sinne ist das rechtliche Verhältnis einer Person zu einer anderen oder zu einem Sachgut zu verstehen, das sich als Rechtsfolge eines konkreten Tatbestandes unter Berücksichtigung einer diesen konkreten Tatbestand erfassenden Rechtsnorm ergibt (siehe dazu Peters/Sautter/Wolff, SGG § 55 Anm. 2 a und die dortigen Nachweise). Gegenstand des Begehrens der Beklagten ist aber nicht die Feststellung eines derartigen Rechtsverhältnisses, sondern die Entscheidung zu der Frage, ob das Anerkenntnis vom 2. September 1959 wirksam ist, von welcher die Entscheidung zu dem eigentlichen Prozeßbegehren der Beklagten abhängt, das auf Aufhebung des Urteils des LSG gerichtet ist, soweit dadurch die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde. Wenngleich die Beklagte auch der äußeren Form nach einen Antrag auf Feststellung gestellt hat, so geht doch aus ihren gesamten Ausführungen zur Revisionsbegründung hervor, daß sie gar nicht selbständig eine Feststellung neben der Aufhebung des Berufungsurteils begehrt, sondern nur zum Ausdruck bringt, daß ihr Begehren auf Aufhebung des Berufungsurteils, soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen wurde und - was von der Beklagten nicht ausdrücklich hervorgehoben wurde - auf Abweisung der Klage auch insoweit, als der Kläger einen Anspruch gemäß dem Bescheid vom 10. Oktober 1959 geltend gemacht hat, allein von der Entscheidung über die Wirksamkeit des Anerkenntnisses abhängt. Der Antrag der Beklagten ist somit dahin zu deuten, daß sie unter Abänderung des angefochtenen Urteils - soweit die Berufung der Beklagten zurückgewiesen worden ist - beantragt, die Klage in vollem Umfange abzuweisen. Diesem Antrag, den die Beklagte mit der Unwirksamkeit des Anerkenntnisses begründet, konnte nicht stattgegeben werden.

Die Auffassung der Beklagten, das LSG sei gar nicht befugt gewesen, über die Wirksamkeit dieses Anerkenntnisses zu entscheiden, dafür sei vielmehr das SG zuständig gewesen, weil vor ihm das Anerkenntnis abgegeben worden ist, geht fehl. Der 4. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 27. Juni 1958 (BSG 7, 279) ausgesprochen, daß die Entscheidung darüber, ob ein Prozeßvergleich wirksam oder unwirksam ist, demjenigen Gericht in dem Verfahren zusteht, in dem bei Unwirksamkeit des Vergleiches in Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden wäre. Es kann dahinstehen, ob dieser für den Prozeßvergleich ausgesprochene Grundsatz auch hinsichtlich der Wirksamkeit eines angenommenen Anerkenntnisses in jeder Beziehung gilt. Im vorliegenden Fall bestehen jedenfalls keine Bedenken dagegen, daß das LSG befugt war, hierüber zu entscheiden. Das Verfahren, in dem das Anerkenntnis abgegeben worden ist, war nämlich noch nicht beendet, weil die Beteiligten das erstinstanzliche Urteil, das sich auch mit dem Anerkenntnis befaßt hat, mit der Berufung angefochten hatten. Das LSG mußte daher wie bei jedem anderen vom Vordergericht angeführten Rechtsgrund, auf dem die Entscheidung des Vordergerichts gegründet ist, hier über die Wirksamkeit des Anerkenntnisses entscheiden.

Fehl geht auch die Auffassung der Beklagten, daß das Anerkenntnis vom 2. September 1959 von Anfang an unwirksam war oder aber durch Anfechtung unwirksam geworden ist.

Nach § 101 Abs. 2 SGG erledigt das angenommene Anerkenntnis des geltend gemachten Anspruchs insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache. Diese Vorschrift regelt nur die Wirkung des Anerkenntnisses, jedoch nicht seine Zulässigkeit und seine Form (Peters/Sautter/Wolff, SGG § 101 Anm. 3). Während der Prozeßvergleich nur wirksam ist, wenn er in der Form des § 101 Abs. 1 SGG abgeschlossen wird, enthält das Gesetz für das Anerkenntnis keine besonderen Formvorschriften. Daraus ist zu folgern, daß zur wirksamen Abgabe und Annahme eines Anerkenntnisses nicht die Form des § 101 Abs. 1 SGG erforderlich ist. Da das Anerkenntnis jedoch eine prozeßrechtliche Erklärung darstellt, muß es in einer für derartige Erklärungen allgemein erforderlichen Form abgegeben werden, um wirksam zu sein. Die Abgabe und Annahme des Anerkenntnisses in schriftsätzlicher Form ist mithin zur Wirksamkeit des Anerkenntnisses genügend (siehe dazu BSG in SozR SGG § 101 Bl. Da 3 Nr. 3). Beide Beteiligten haben ihre Erklärungen zum Anerkenntnis in Schriftsätzen, die Beklagte ihre letzte Erklärung sogar in Form eines schriftlichen Bescheides (vom 20. Oktober 1959) zur Erledigung eines Teiles des in diesem Verfahren geltend gemachten Anspruchs des Klägers abgegeben. Der Form nach ist das Anerkenntnis demnach wirksam zustande gekommen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es auch nicht wegen fehlender Willensübereinstimmung der Beteiligten unwirksam. Aus § 101 Abs. 2 SGG, nach welchem nur ein angenommenes Anerkenntnis den Rechtsstreit erledigt, geht hervor, daß die Willenserklärungen der Beteiligten übereinstimmen müssen. Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung jedoch erfüllt, denn beide Beteiligten haben ein Teilanerkenntnis abgegeben bzw. angenommen, dessen Inhalt ebenfalls feststand. Zwar ging nach dem Inhalt des Schriftsatzes der Beklagten vom 2. September 1959, wie insbesondere ihrem Angebot an den Prozeßbevollmächtigten des Klägers, für den Fall der Annahme dieses Anerkenntnisses als Pauschale für außergerichtliche Kosten DM 10,- zu zahlen, die Erklärung der Beklagten zunächst offenbar dahin, durch ihr Anerkenntnis den Rechtsstreit in vollem Umfange zu erledigen. Dagegen hat der Kläger in seinem Schriftsatz vom 1. Oktober 1959 erklärt, daß er das Anerkenntnis vom 2. September 1959 nur als "Teilanerkenntnis" annehme und wegen seiner weitergehenden Ansprüche den Rechtsstreit fortsetzen wolle. Jedoch hat die Beklagte dann mit der Erteilung des Ausführungsbescheides vom 20. Oktober 1959 eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie dem Vorbehalt und der Annahme des Klägers entsprechend ihr Anerkenntnis vom 2. September 1959 auch als Teilanerkenntnis aufrechterhalten wolle. Anders kann jedenfalls der Bescheid vom 20. Oktober 1959 sinnvoll nicht gedeutet werden, in dem die Beklagte ausgeführt hat, daß sie ihn "auf Grund des Teilanerkenntnisses ... das Sie (der Kläger) mit Schriftsatz vom 1. Oktober 1959 angenommen haben", erteile. Damit aber ist eine Übereinstimmung der Willenserklärungen insoweit vorhanden gewesen, daß mit diesem Anerkenntnis der Rechtsstreit nur teilweise erledigt werden sollte. Auch hinsichtlich des sonstigen Inhalts des Anerkenntnisses besteht eine Übereinstimmung der beiderseitigen Erklärungen. Beide Beteiligten haben mit der Abgabe ihrer gegenseitigen Erklärungen zum Ausdruck gebracht, daß damit die bei dem Kläger vorhandene Lungentuberkulose im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung anerkannt und hierfür Rente nach einer MdE um 30 v. H. gezahlt wird. Insoweit hat auch die Beklagte selbst nicht von einem Auseinandergehen der beiderseitigen Erklärungen gesprochen.

Soweit nun die Beklagte vorträgt, daß selbst dann, wenn das Anerkenntnis durch übereinstimmende Willenserklärungen zustande gekommen wäre, es jedenfalls deshalb unwirksam sei, weil sie über den Streitgegenstand nicht habe verfügen dürfen, geht ihre Ansicht fehl. Bei der Beurteilung dieser Frage geht das LSG zutreffend davon aus, daß ein Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 SGG - wie der Prozeßvergleich nach § 101 Abs. 1 SGG - nur wirksam ist, soweit die Beteiligten über den Gegenstand der Klage verfügen können. Aus der Rechtsnatur des hier geltend gemachten Anspruches, der dem öffentlichen Recht angehört, folgt, daß der Anspruch an sich seinem Bestehen wie seiner Höhe nach, grundsätzlich der Disposition, also der freien Verfügbarkeit der Beteiligten, entzogen ist. Eine ganz andere Frage ist jedoch, ob und wieweit die Verwaltung befugt ist, über das Vorliegen der zu einem geltend gemachten Anspruch vorgebrachten Tatsachen in eigener Verantwortung frei zu entscheiden, und inwieweit ihre Befugnis geht, rein rechtlich darüber zu entscheiden, ob der festgestellte Sachverhalt den geltend gemachten Anspruch dem Gesetz nach rechtfertigt oder nicht.

Das Vorliegen der tatsächlichen wie der rechtlichen Voraussetzungen eines Anspruchs ist nicht stets eindeutig bestimmbar, vielmehr bleibt der Verwaltung bei der Beurteilung über das Vorhandensein der Voraussetzungen ein Beurteilungsspielraum, der bei der Beurteilung der tatsächlichen Voraussetzungen seine Grenzen in der Pflicht zur Aufklärung (§§ 12 - 19 VerwVG) und der sachgerechten Würdigung des Ergebnisses dieser Aufklärung hat, und der bei der Beurteilung der Subsumierbarkeit der als gegeben angesehenen Tatsachen seine Grenzen mindestens dort hat, wo die Auslegung des Gesetzes, sei es dem Wortlaut oder der Rechtsprechung nach, keine Zweifel mehr übrig läßt. In demselben Maße, wie die Verwaltungsbehörde bei ihrer Entscheidung über einen Antrag eines Berechtigten unter Beachtung der von ihr zu fordernden Sorgfalt befugt und verpflichtet ist, darüber zu befinden, ob und welche Tatsachen als Voraussetzungen des Anspruchs gegeben sind, insbesondere, ob der vom Antragsteller vorgetragene Sachverhalt als festgestellt angesehen werden kann, muß sie auch berechtigt sein, bei Abgabe eines Anerkenntnisses darüber zu befinden, ob und welcher Sachverhalt als Voraussetzung für die Anerkennung des erhobenen Anspruchs als gegeben anzusehen ist. Im Rahmen der Entscheidungsbefugnis darüber, ob die anspruchsbegründenden Tatsachen vorliegen, steht damit der Verwaltung aber zugleich die Befugnis zu, über den Anspruch zu verfügen, soweit dieser vom Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen abhängt. Im vorliegenden Fall ist die Frage der Subsumierbarkeit der gegebenen Tatsachen unter das BVG als Voraussetzung für das Anerkenntnis des Anspruchs auf Anerkennung der Gesundheitsstörung und Rentengewährung gemäß dem Bescheid vom 20. Oktober 1959, also die Frage der Entscheidungsfreiheit und Verfügungsfreiheit in rechtlicher Beziehung nicht erheblich, weil kein Zweifel besteht, daß dann, wenn die Tuberkulose verschlimmert ist und die MdE 25 v. H. beträgt, auch der anerkannte Anspruch dem Gesetz nach gegeben ist. Im übrigen kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, wo des Näheren die Grenzen der Verwaltungsbehörde bei der Feststellung der tatsächlichen Voraussetzungen eines geltend gemachten Anspruchs nach dem BVG zu ziehen sind und wo damit auch die Verfügbarkeit der Verwaltung über den Anspruch in diesem Rahmen aufhört, denn im vorliegenden Fall hat die Beklagte das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen, die zu der Abgabe des Anerkenntnisses vom 2. September 1959 geführt haben, unbedenklich annehmen dürfen, da diese vorlagen. In diesem Zusammenhang weist das LSG zu Recht auf das Gutachten des Dr. S. vom 11. Juli 1959 hin, der unter eingehender Würdigung aller ihm zu jener Zeit bekannten Tatsachen die Auffassung vertreten hat, daß die Lungentuberkulose durch die Erkrankung des Klägers als Soldat im Jahre 1943 beeinflußt worden und im Oktober 1955 anläßlich ihrer Aktivierung subjektiv bemerkbar und röntgenologisch erkannt worden ist. Diese Auffassung hat Dr. S in seinem Gutachten vom 22. August 1959 als "überzeugend" bezeichnet. Wenn die Beklagte daraufhin die tatsächlichen Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs als gegeben angesehen und daraufhin den Anspruch des Klägers gem. dem Bescheid vom 20. Oktober 1959 anerkannt hat, so ist sie bei der Abgabe ihres Anerkenntnisses innerhalb des Rahmens einer sachgemäßen Beweiswürdigung verblieben und hat somit die Grenzen der ihr insoweit über den Anspruch selbst zustehenden Verfügungsbefugnis nicht überschritten.

Mit den von der Beklagten in diesem Zusammenhang vorgetragenen Bedenken gegen den Inhalt des Gutachtens von Dr. St will sie anscheinend eine Verletzung des § 128 SGG durch das LSG rügen. Diese Rüge greift schon deshalb nicht durch, weil die Beklagte keine Tatsachen und Beweismittel im Sinne des § 164 Abs. 2 Satz 2 SGG angegeben hat, aus denen sich ergibt, in welcher Beziehung das LSG bei seiner Feststellung, die Annahme der tatsächlichen Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs durch die Beklagte sei auf Grund der ärztlichen Gutachten im Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses vertretbar gewesen, das Recht auf freie richterliche Beweiswürdigung verletzt haben soll (siehe dazu BSG in SozR SGG § 164 Bl. Da 10 Nr. 28). Die Beklagte nimmt insoweit nur eine andere Beweiswürdigung vor, die im übrigen von ihrer eigenen früheren Beweiswürdigung abweicht.

Soweit die Beklagte gegen die Wirksamkeit des Anerkenntnisses noch vorträgt, sie sei nicht befugt gewesen, auf die gesetzlichen Folgen einer Versäumung der Anmeldefrist im Sinne des § 57 BVG aF zu verzichten, sie hätte mit dem Verzicht auf die Fristversäumnis einen Anspruch anerkannt, den das Gesetz ausschließt, kann ihr nicht gefolgt werden. Dabei kann dahinstehen, ob der Beklagten eine Verfügungsbefugnis, den Versorgungsanspruch aus dem Gesichtspunkt der verspäteten Anmeldung des Anspruches abzulehnen, schon deshalb genommen war, weil die Voraussetzungen des Anspruchs unzweifelhaft gegeben waren (vgl. BSG 14, 246), so daß sie mit der Anerkennung nur noch einer sie ohnehin treffenden Pflicht nachkam. Selbst wenn die Anwendung der Fristvorschrift aus dem erwähnten Grunde noch nicht entfallen sein sollte, so war immerhin tatsächlich noch sehr zweifelhaft, wann die Folgen der Schädigung beim Kläger bemerkbar geworden sind, und wann und wie lange der Kläger durch außerhalb seines Willens liegende Umstände an der Anmeldung verhindert war. Die Beklagte hat dazu eine Feststellung selbst nicht getroffen, zwar hat sie den Bescheid vom 25. Mai 1957 noch auf die Versäumung der Anmeldefrist gestützt, nicht mehr jedoch den Widerspruchsbescheid. Erst später im Berufungsverfahren hat sie dann auf ihre frühere Behauptung, die Anmeldefrist sei versäumt gewesen, zurückgegriffen, um die Wirksamkeit ihres Anerkenntnisses anzugreifen. Ob aber nun z. Z. der Abgabe des Anerkenntnisses die Beklagte überhaupt noch an ihren Behauptungen über die Fristversäumnis festhalten wollte, und ob sie schon überzeugt war, daß eine Fristversäumnis nicht vorliegt, wie dies später vom LSG in seinem Urteil begründet worden ist, kann dahinstehen; sie konnte jedenfalls nur Zweifel an dem Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der Fristversäumnis gehabt haben, denn andernfalls hätte sie sich im Widerspruchs- und Klageverfahren darauf berufen, zudem würde sie damit bekunden, daß sie pflichtwidrig in Kenntnis eines materiell-rechtlichen Ausschlußgrundes einen Anspruch anerkannt habe. Das kann aber selbst bei der in diesem Verfahren gezeigten Haltung der Beklagten zu ihren früheren Handlungen nicht unterstellt werden. Lagen aber lediglich Zweifel vor, ob die tatsächlichen Voraussetzungen der Fristversäumnis vorhanden waren, so konnte die Beklagte im Rahmen ihrer Feststellungsbefugnis davon ausgehen, daß die tatsächlichen Voraussetzungen der Fristversäumnis bei der Anmeldung nicht gegeben waren; sie konnte daher auch insoweit unbeschadet der §§ 56, 57 BVG den Anspruch des Klägers anerkennen.

Mit ihrem weiteren Vorbringen, das Anerkenntnis vom 2. September 1959 sei deshalb unwirksam, weil "nicht ein bestimmter Bruchteil des Gesamtleidenszustandes anerkannt" worden sei, will die Beklagte anscheinend ihre Ansicht zum Ausdruck bringen, sie sei nicht berechtigt gewesen, den unteilbaren Anspruch nur teilweise anzuerkennen. Der Beklagten ist zuzugeben, daß ein Teilanerkenntnis nur insoweit abgegeben werden kann, als es sich um einen teilbaren Anspruch handelt (siehe dazu Peters/Sautter/Wolff, SGG § 101 Anm. 3). Im vorliegenden Fall hat die Beklagte jedoch mit der Anerkennung der "Lungentuberkulose im Sinne einer nicht richtunggebenden Verschlimmerung" als Schädigungsfolge bei einer MdE um 25 v. H. deutlich zum Ausdruck gebracht, daß die beim Kläger festgestellte Lungentuberkulose durch schädigende Einwirkungen im Sinne des BVG nur verschlimmert worden und daß die MdE für diesen Verschlimmerungsanteil mit 25 v. H. zu bewerten ist. Daß es sich dabei um die Zuerkennung eines vom Gesetz auch in dieser Form zulässigen Anspruchs handelt, hat die Beklagte selbst nicht mit irgendeiner Begründung in Zweifel ziehen können. Die Frage der Unteilbarkeit eines Anspruches war im vorliegenden Falle überhaupt nicht erheblich. Nach allem war demnach die Beklagte wie der Kläger berechtigt, in dem Anerkenntnis den Anspruch des Klägers dem Umfang nach so abzugrenzen, wie es in dem Bescheid vom 20. Oktober 1959 zum Ausdruck gekommen ist.

Das angenommene Anerkenntnis ist auch nicht, wie die Beklagte meint, rückwirkend unwirksam geworden. Es kann dahinstehen, ob - wie das LSG und die Beklagte annehmen - ein angenommenes Anerkenntnis entsprechend § 580 Ziffer 7 b ZPO in Verbindung mit § 179 SGG "angefochten" werden kann (Baumbach, ZPO, 27. Aufl., Grundzüge 1 c vor § 578; für die gegenteilige Auffassung beim Prozeßvergleich vgl. BSG 7, 279). Selbst wenn nämlich unterstellt wird, daß ein angenommenes Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 SGG entsprechend den Vorschriften des § 179 SGG in Verbindung mit dem 4. Buche der ZPO beseitigt werden kann, würde es im vorliegenden Fall an den hierfür erforderlichen Voraussetzungen fehlen. Bei entsprechender Anwendung dieser Vorschriften wäre eine "Anfechtung" des Anerkenntnisses nur möglich, wenn eine zur Zeit der Abgabe des Anerkenntnisses bereits vorhandene Urkunde erst später im Verfahren gefunden oder verwertbar wird, die eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Nach den insoweit nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) handelt es sich bei dem Röntgenbild des Jahres 1954 zwar um eine nachträglich aufgefundene Urkunde im Sinne des § 580 Ziff. 7 b ZPO, jedoch hätte diese Urkunde keine andere Entscheidung der Beklagten herbeigeführt. Bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhangs der Lungentuberkulose mit schädigenden Einwirkungen im Sinne des BVG war für Dr. St der Inhalt der Urkunde nicht von wesentlicher Bedeutung. Das ergibt sich insbesondere aus seinen Ausführungen auf Seite 20 seines Gutachtens vom 11. Juli 1959 (Bl. 76 der Akten des SG); dort sieht er es für unmöglich an, daß die chronische Erkrankung beim Kläger in der Zeit "zwischen der Schirmbildaufnahme im Juli 1954 und der Übersichtsaufnahme im Oktober 1955" entstanden sein soll. Er meint, das Schirmbild des Jahres 1954 sei entweder eine diagnostische Fehldeutung oder eine Verwechslung gewesen. Dieser Auffassung hat sich Dr. S entgegen seiner im Verwaltungsverfahren geäußerten Meinung in der Stellungnahme vom 22. August 1959 mit den Worten angeschlossen, daß "die Deutung von Dr. St überzeugend" sei, und hat zur Erläuterung angeführt, daß die Entwicklung ... "nicht im Zeitraum 1954/1955" - also in der Zeit von der Fertigung der wiedergefundenen Schirmbildaufnahme bis zur Entdeckung der Lungentuberkulose im Oktober 1955 - eingesetzt haben kann. Beide Sachverständigen sind also bei der Beurteilung des ursächlichen Zusammenhanges der Lungentuberkulose des Klägers mit schädigenden Einwirkungen im Sinne des BVG davon ausgegangen, daß der Inhalt des Schirmbildes aus dem Jahre 1954 nicht gegen die Anerkennung dieser Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge im Sinne der Verschlimmerung spreche. Das im Laufe des Berufungsverfahrens wiederaufgefundene Schirmbild würde demnach bei der Beurteilung des Zusammenhangs zu keiner anderen Entscheidung der Beklagten geführt haben, denn die Beklagte hat sich, wie in ihrem Schriftsatz vom 2. September 1959 ausdrücklich betont ist, wegen der von Dr. S und Dr. St bekundeten Auffassung zu dem Anerkenntnis bereit gefunden. Die Beklagte übersieht offenbar bei ihrem Vorbringen, daß die Frage, ob die wiederaufgefundene Urkunde eine andere Entscheidung herbeigeführt haben würde, nach dem Sachstand im Zeitpunkt der Abgabe des Anerkenntnisses zu beantworten ist. Im übrigen war das LSG nicht gemäß § 103 SGG verpflichtet - wie die Beklagte meint -, Dr. S und Dr. S zu hören, denn nach deren Gutachten war die Frage, ob die Schirmbildaufnahme des Jahres 1954 im Falle ihres Wiederauffindens zu einer anderen medizinischen Beurteilung geführt haben würde, eindeutig beantwortet. Da somit das wiederaufgefundene Röntgenbild vom Jahre 1954 zu keiner anderen Entscheidung geführt haben würde, kann das Anerkenntnis mit der Geltendmachung des erwähnten Wiederaufnahmegrundes gemäß § 580 Ziff. 7 b ZPO i. V. m. § 179 SGG nicht beseitigt werden.

Die Beklagte hat ihre Willenserklärung auch nicht, wie sie vorbringt, nach den Vorschriften des BGB, insbesondere nach den §§ 119 ff BGB, wirksam angefochten, so daß aus diesem Grunde das Anerkenntnis unwirksam wäre. Es kann dahinstehen, ob das Anerkenntnis nur eine Prozeßhandlung (Rosenberg, Lehrbuch des deutschen Zivilprozeßrechts, 8. Aufl. § 59, 2 b B a 2 c S. 275 ff, § 131, I 6 r, 647, 648; Baumbach/Lauterbach, ZPO, Einf. zu § 306 Anm. 1 B; RG in JW 1926 S. 2740) oder gleichzeitig auch eine materiell - rechtliche Willenserklärung ist (Stein/Jonas/Schönke, ZPO, 18. Aufl. § 307 Anm. I 1 sowie Vorbemerkung VI 2 vor § 128; Wieczorek, ZPO und Nebengesetze 1957, § 306 Anm. II mit weiteren Literaturhinweisen; Peters/Sautter/Wolff, Kommentar zur Sozialgerichtsbarkeit, § 101 SGG Abs. 3 und Krebs in DOK 1962, 73). Ebenso kann dahinstehen, ob die Beklagte entgegen der Feststellung des LSG ihr Anerkenntnis ausdrücklich in einer Erklärung wegen Willensmängel gem. §§ 119 ff BGB angefochten hat. Selbst wenn dem Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 SGG eine prozeßrechtliche und eine materiell-rechtliche Doppelnatur zukommt, so daß die Abgabe wie seine Annahme als materiell-rechtliche Willenserklärung anzufechten wäre, so hat das LSG im vorliegenden Fall festgestellt, daß ein Willensmangel im Sinne des § 119 BGB bei der Abgabe des Anerkenntnisses nicht vorgelegen hat. Diese Feststellung hat die Beklagte wirksam nicht angegriffen. Jedenfalls kann dies nicht allein durch die ständig sich wiederholende Behauptung der Beklagten geschehen, daß sie die Lungentuberkulose nur im Sinne der "nicht richtunggebenden Verschlimmerung" habe anerkennen wollen. Wenn aus diesem Grunde eine wirksame Anfechtung der Anerkenntniserklärung nicht möglich war, so kann dahinstehen, ob die Beklagte überhaupt die Anfechtung rechtzeitig erklärt hat. Unter diesen Umständen kann unerörtert bleiben, ob die Rügen durchgreifen, welche die Beklagte gegen die Feststellung des LSG erhoben hat, daß sie eine Anfechtung nicht vorgenommen hat. Aus dem gleichen Grunde kann auch die Frage unerörtert bleiben, ob durch eine verspätete Absetzung der Gründe des angefochtenen Urteils ein Berichtigungsantrag der Beklagten abgelehnt worden ist, den die Beklagte anscheinend gegen die erwähnte Feststellung hat erheben wollen (zu vergl. Ausführungen unter VIII d der Revisionsbegründung vom 21. August 1962).

Ferner ist das Anerkenntnis der Beklagten auch nach § 123 BGB nicht wirksam angefochten. Nach dieser Vorschrift kann derjenige eine Willenserklärung anfechten, der zu ihrer Abgabe durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist. Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen mußte. Daß die Beklagte etwa durch eine Drohung zu ihrer Erklärung veranlaßt worden ist, hat sie selbst niemals behauptet. Sie will aber anscheinend geltend machen, daß sie durch das Vorbringen des Klägers über die röntgenologische Feststellung einer Tuberkulose durch Dr. A im Jahre 1946 und die eidesstattliche Bekundung des Zeugen B. über die Rippenfellerkrankung im Jahre 1943 arglistig getäuscht und zur Abgabe der Anerkenntniserklärung veranlaßt worden sei. Zunächst hat die Beklagte nicht eindeutig erklärt, wann und bei welcher Gelegenheit sie eine derartige Anfechtung erklärt haben will, wobei zu bemerken ist, daß die Erkenntnis, durch den Zeugen B getäuscht worden zu sein, der Beklagten erst nach der Vernehmung des B. am 25. April 1962 gekommen sein kann, in welcher er eine Erklärung für die von ihm in der eidesstattlichen Versicherung gebrauchte Bezeichnung der Krankheit (Rippenfellentzündung) gegeben hat. Es kann aber auch dahingestellt bleiben, ob die Beklagte überhaupt und ob sie rechtzeitig (§ 124 BGB) ihre Anerkenntniserklärung wegen arglistiger Täuschung angefochten hat, weil sie durch die erwähnten Bekundungen gar nicht getäuscht worden sein kann. Abgesehen davon, daß sie ausdrücklich die Gutachten der Ärzte Dr. S und Dr. St zum Anlaß ihres Anerkenntnisses erklärt hat, hätte sie dann, wenn sie den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen B vom 23. Oktober 1957 uneingeschränkt geglaubt hätte, nicht mehr - wenigstens nicht ohne weitere ärztliche Gutachten - den ablehnenden Widerspruchsbescheid vom 14. Januar 1958 erlassen können. Zudem hat die Beklagte weder ausdrücklich behauptet noch durch Behauptung von Tatsachen dargelegt, daß B. sie "arglistig" mit seiner eidesstattlichen Versicherung "getäuscht" habe, was unbedingt zur Wirksamkeit einer Anfechtung gem. § 123 BGB gehören würde. Auch durch die Behauptung des Klägers, er sei im Jahre 1946 von Dr. A geröntgt worden und dieser habe schon damals größere Lungenverschwartungen festgestellt, kann die Beklagte nicht getäuscht und zur Abgabe der Anerkenntniserklärung veranlaßt worden sein, denn dieser Arzt hat bereits vor Abgabe des Anerkenntnisses in seiner Erklärung vom 2. März 1959 dem SG mitgeteilt, daß der Kläger bei ihm in der behaupteten Zeit nicht in Behandlung gewesen ist. Eine Durchschrift dieses Schreibens hatte die Beklagte erhalten.

Nun scheint die Beklagte ihre Anfechtung des Anerkenntnisses auch mit der Behauptung rechtfertigen zu wollen, der Kläger habe mit seinen Behauptungen über die erste Entdeckung der Tuberkulose durch Dr. A und der Zeuge B habe mit seiner eidesstattlichen Versicherung die Sachverständigen Dr. St und Dr. S getäuscht, so daß sie, die Beklagte, mittelbar getäuscht worden sei, wenn sie ihr Anerkenntnis auf der Grundlage der auf diesen Täuschungen beruhenden Gutachten der beiden Ärzte abgegeben habe. Auch mit diesem Vorbringen kann sie nicht gehört werden. Sowohl Dr. St als auch Dr. S haben sich zu dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung des Zeugen B vom 23. Oktober 1957 überhaupt nicht geäußert und sie in ihrem Gutachten nicht verwertet. Wenn aber die eidesstattliche Versicherung die Gutachten nicht beeinflußt hat, so kann auch die Beklagte keinesfalls mittelbar über die Gutachten der erwähnten Ärzte zur Abgabe des Anerkenntnisses beeinflußt worden sein. Ebensowenig können die Angaben des Klägers über die angebliche Feststellung der Tuberkulose im Jahre 1946 durch Dr. A mittel bar über die Gutachten der Ärzte Dr. St und Dr. S die Beklagte getäuscht und zur Abgabe des Anerkenntnisses veranlaßt haben. Beiden Ärzten hat nämlich bei Abgabe ihrer Gutachten, welche die Beklagte zur Grundlage des Anerkenntnisses gemacht hat, die in den Akten befindliche Bekundung des Dr. A vom 2. März 1959 vorgelegen, in welcher er hervorhebt, daß der Kläger bei ihm im Jahre 1946 gar nicht, sondern erst im Jahre 1956 in Behandlung gewesen ist. Konnten schon aus diesem Grunde die beiden Ärzte nicht durch die Angaben des Klägers über die Entdeckung der Tuberkulose im Jahre 1946 getäuscht worden sein, so hebt Dr. St noch ausdrücklich auf S. 20 seines Gutachtens hervor, daß es für seine Beurteilung des Krankheitsverlaufes unerheblich sei, "ob ein entsprechender Befund von Dr. A im Jahre 1946 erhoben wurde oder nicht". Die Beklagte kann also auch nicht mittelbar durch die Angaben des Klägers über die Entdeckung der Tuberkulose im Jahre 1946 getäuscht worden sein, weil die Sachverständigen den Angaben des Klägers insoweit gar keine Bedeutung beigemessen haben und zudem die Angaben des Klägers durch die Bekundung des Dr. A bereits bei Abgabe der Gutachten widerlegt waren. Konnte somit dem gegebenen Sachverhalt nach die Beklagte weder unmittelbar noch mittelbar durch die Angaben des Klägers oder die eidesstattliche Versicherung des Zeugen B getäuscht und zur Abgabe des Anerkenntnisses veranlaßt sein, so kann schon aus diesem Grunde ihre Anfechtung des Anerkenntnisses gem. § 123 BGB nicht durchgreifen, ohne daß auf weitere rechtliche Bedenken und insbesondere darauf einzugehen ist, ob überhaupt und ob auch rechtzeitig das Anerkenntnis wegen arglistiger Täuschung angefochten worden ist.

Schließlich geht auch die Auffassung der Beklagten fehl, das Anerkenntnis sei bei entsprechender Anwendung des § 779 BGB unwirksam. Nach dieser Vorschrift ist ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewißheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewißheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. Es kann dahinstehen, ob diese Vorschrift bei einem angenommenen Anerkenntnis im Sinne des § 101 Abs. 2 SGG überhaupt Anwendung finden kann. Selbst wenn dies anzunehmen ist, wäre das Anerkenntnis vom 2. September 1959 nicht unwirksam, weil nämlich im vorliegenden Fall der zwischen den Beteiligten als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit entsprochen hat. Die Beklagte hat das Anerkenntnis ausdrücklich auf Grund der Gutachten von Dr. St und Dr. S abgegeben, diese sind also Grundlage des Anerkenntnisses gewesen. Dieser Sachverhalt ist aber nicht weggefallen. Gleichermaßen geht der Hinweis der Beklagten fehl, das Anerkenntnis sei möglicherweise wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage unwirksam. Abgesehen davon, daß es sich insoweit nur darum handeln könnte, daß die Beklagte für die Zukunft an die sich aus dem angenommenen Anerkenntnis ergebenden Verpflichtungen nicht mehr gebunden wäre, ist auch insoweit - sofern die hierzu von Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Grundsätze auf einen Fall der vorliegenden Art überhaupt Anwendung finden können - nicht ersichtlich, daß die "Geschäftsgrundlage" des streitigen Anerkenntnisses weggefallen ist. Wie schon oben ausgeführt, war nach der ausdrücklichen Erklärung der Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 2. September 1959 Grundlage (Geschäftsgrundlage) des Anerkenntnisses die gutachtliche Stellungnahme von Dr. S vom 22. August 1959 und das Gutachten von Dr. St vom 11. Juli 1959. Diese sind aber nicht "weggefallen". Mit einer späteren anderweitigen medizinischen Auffassung, auch wenn sie - wie die Beklagte vorträgt - von Dr. S selbst stammt, fällt die "Geschäftsgrundlage des Anerkenntnisses" jedenfalls nicht weg. Das angenommene Anerkenntnis vom 2. September 1959 ist somit wirksam.

Die weiteren Ausführungen der Beklagten in ihrer Revisionsbegründung zum angefochtenen Urteil, soweit darin das LSG die Gutachten von Dr. H und Dr. H gewürdigt hat und dabei zu dem Ergebnis gelangt ist, daß der Kläger einen über den Umfang des Anerkenntnisses hinausgehenden Anspruch auf höhere Rente und Anerkennung weiterer Gesundheitsstörungen nicht hat, konnten vom Senat unberücksichtigt bleiben, denn insoweit ist die Beklagte durch die Entscheidung des LSG überhaupt nicht beschwert. Die Beklagte hat dabei offenbar übersehen, daß das LSG mit diesen Ausführungen die Zurückweisung der Berufung des Klägers begründet hat. Warum die Beklagte auch diesen Teil des Urteil angreifen will, ist unerfindlich.

Das LSG hat somit zutreffend das Anerkenntnis vom 2. September 1959 als wirksam angesehen und dementsprechend die Berufung der Beklagten zurückgewiesen, mit der die Beklagte die sich aus dem Anerkenntnis ergebende und im Urteil des SG ausgesprochene Verpflichtung zur Anerkennung der Tuberkulose im Sinne der Verschlimmerung und zur Gewährung einer Rente nach einer MdE um 25 v. H. hat beseitigen wollen.

Die Revision ist somit unbegründet.

Die Kostenentscheidung ergeht nach § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2380488

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