Leitsatz (redaktionell)

Auch ein Beamter gehört jedenfalls dann zum Kreis der berufsmäßigen Arbeitnehmer iS des AVAVG § 75 Abs 1, wenn er sich nach seinem Ausscheiden aus dem öffentlichen Dienst entschließt, eine abhängige Arbeit auszuüben.

 

Normenkette

AVG § 25 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; RVO § 1248 Abs. 2 Fassung: 1957-02-23; AVAVG § 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 28. Juni 1963 aufgehoben; die Sache wird zu neuer Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen.

 

Gründe

I

Der Kläger, geboren 20. Juli 1899, war nach Schulbesuch, Lehrzeit, Kriegsdienst im ersten Weltkrieg, Aufenthalt im Lazarett und einer anschließenden Tätigkeit von 1 1/4 Jahren in der Kolonial- und Materialwarenhandlung seines Bruders Angehöriger der Schutzpolizei von August 1920 bis Februar 1924. Nach erneuter Tätigkeit bei seinem Bruder war er von Oktober 1925 bis Juni 1928 wieder bei der Schutzpolizei, sodann 3/4 Jahre lang Gastwirt und von Juni 1929 bis Mai 1937 Kraftfahrer. Von Juli 1937 bis Mai 1945 war der Kläger Lohnbuchhalter bei einem Luftnachrichtenzeugamt; nach Kriegsende arbeitete er von Oktober 1945 bis August 1947 als Einkäufer. Am 1. September 1947 trat er wieder in die Schutzpolizei Berlin ein, mit Ablauf des 30. September 1959 wurde er wegen Erreichens der Altersgrenze für Polizeivollzugsbeamte (60 Jahre) in den Ruhestand versetzt. Am 1. Oktober 1959 meldete er sich beim Facharbeitsamt IV Berlin arbeitslos, das Landessozialgericht (LSG) stellte fest, er habe sich für eine kaufmännische Tätigkeit registrieren lassen, nach einer Mitteilung des Arbeitsamtes aber nicht in Arbeit vermittelt werden können.

Am 4. Oktober 1960 beantragte der Kläger bei der Beklagten Altersruhegeld wegen Vollendung des 60. Lebensjahres und einjähriger Arbeitslosigkeit (§ 25 Abs. 2 des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -). Die Beklagte Lehnte den Antrag ab (Bescheid vom 9. Januar 1961); sie hielt den Kläger nicht für arbeitslos im Sinne des Rechts der Rentenversicherung. Auf die Klage hob das Sozialgericht (SG) Berlin den Bescheid der Beklagten auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger ab 1. Oktober 1960 Altersruhegeld zu zahlen (Urteil vom 11. Juli 1962). Die Berufung der Beklagten wies das LSG Berlin zurück (Urteil vom 28. Juni 1963): Der Kläger habe Anspruch auf das Altersruhegeld nach § 25 Abs. 2 AVG; er habe das 60. Lebensjahr vollendet, die Wartezeit von 180 Monaten erfüllt und sei auch "seit mindestens einem Jahr ununterbrochen arbeitslos" gewesen; es könne dahingestellt bleiben, ob ein Beamter "Arbeitnehmer" im Sinne von § 75 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) sei und in welchem Umfang ein Beamter im Ruhestand noch Beamteneigenschaft habe, jedenfalls sei der Kläger seit seiner Pensionierung dem Kreis der Arbeitnehmer zuzurechnen; dem stehe der Bezug von Ruhegehalt nicht entgegen; die Pensionierung von Polizeivollzugsbeamten schon mit Vollendung des 60. Lebensjahres beruhe auf der Erwägung, daß solche Beamte wegen des anstrengenden und unregelmäßigen Dienstes vorzeitig dienstunbrauchbar werden, Dienstunfähigkeit sei aber weder der Arbeitsunfähigkeit noch der Berufsunfähigkeit (im Sinne von § 23 Abs. 2 AVG) gleichzusetzen. Der Kläger sei nach seinem Gesundheitszustand noch arbeitsfähig, er habe seine Arbeitsbereitschaft auch nicht eingeschränkt, finde jedoch wegen seines Alters keine Arbeit; er dürfe hinsichtlich des Anspruchs auf das "vorzeitige" Altersruhegeld nicht anders behandelt werden als andere Versicherte, die zwar noch nicht die Voraussetzungen für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllen, aber wegen ihres Alters keine Arbeit mehr finden und deshalb in den Genuß des "vorzeitigen" Altersruhegeldes kommen können. Der Kläger stehe dem "Arbeitsmarkt" objektiv und subjektiv zur Verfügung, er sei weder durch familiäre Bindungen noch durch Pflichten aus seinem früheren Beamtenverhältnis oder aus sonstigen Gründen gehindert, eine Arbeit aufzunehmen; er habe seine Arbeitsbereitschaft auch durch monatliche Meldung beim Arbeitsamt und durch Aufgabe von Annoncen bekundet; dies sei nicht ausschließlich zu dem Zweck geschehen, um die Voraussetzungen für das Altersruhegeld zu erfüllen; mit der Pensionierung sei auch keine "Befriedung" der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers eingetreten, vielmehr habe sich dadurch das laufende monatliche Einkommen des Klägers von 770,85 DM monatlich (Gehalt) auf zunächst 320,02 DM monatlich (Ruhegehalt) verringert; die einmalige Abfindung von 6.304,14 DM habe diese Verringerung nur vorübergehend ausgleichen können. Das LSG ließ die Revision zu. Das Urteil wurde der Beklagten am 22. Juli 1963 zugestellt.

Am 7. August 1963 legte die Beklagte Revision ein, sie beantragte,

die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils sowie des Urteils des SG Berlin vom 11. Juli 1962 abzuweisen.

Zur Begründung trug sie vor: Der Kläger sei während seiner Tätigkeit als Polizeibeamter nicht "Arbeitnehmer" gewesen, das Berufsbild und das Arbeitsleben des Klägers ließen auch nicht den Schluß zu, daß im Zeitpunkt des Antrags auf Altersruhegeld eine Beschäftigung als Arbeitnehmer die Lebensgrundlage für ihn gewesen sei; aber auch dann, wenn der Kläger nach seinem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis wieder in den Kreis der Arbeitnehmer eingetreten sei, sei er in der fraglichen Zeit nicht arbeitslos im Sinne von § 75 AVAVG gewesen; insoweit genüge nicht, daß der Kläger sich nach seiner Pensionierung regelmäßig einmal im Monat beim Arbeitsamt gemeldet habe, vielmehr müsse als Indiz für die subjektive Arbeitsbereitschaft mindestens hinzukommen, daß die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht mehr so konsolidiert gewesen seien wie vor der Meldung beim Arbeitsamt. Bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers sei das LSG aber von einem offensichtlich unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, es habe nicht beachtet, daß das Ruhegehalt des Klägers rückwirkend ab 1. Oktober 1959 auf 553,36 DM monatlich festgesetzt worden sei und ab 1. September 1960 620,42 DM monatlich betragen habe, insoweit habe das LSG wegen die §§ 128, 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen; es habe damit aus der Höhe des Ruhegehalts auch unrichtige Schlußfolgerungen auf die Arbeitsbereitschaft des Klägers gezogen.

Der Kläger beantragte,

die Revision zurückzuweisen.

Er trug im wesentlichen vor, durch seine Beamteneigenschaft werde weder seine Zugehörigkeit zum Kreise der Arbeitnehmer noch seine Arbeitslosigkeit in Frage gestellt; jedenfalls sei er aber nach Beendigung seines aktiven Dienstes Arbeitnehmer gewesen, hieran ändere auch die ihm gewährte Pension nichts, die Arbeitnehmereigenschaft hänge nicht von seinen wirtschaftlichen Verhältnissen ab; Lebensgrundlage eines Menschen, der sich aus dem Erwerbsleben zurückgezogen habe, sei die aus seinem gesamten Arbeitsleben resultierende Versorgung, in Fällen der vorliegenden Art also die Leistungen der Rentenversicherung und die beamtenrechtliche Versorgung, deshalb könne die beamtenrechtliche Versorgung für sich allein niemals die Funktion der künftigen Lebensgrundlage übernehmen; das LSG habe auch zu Recht die subjektive Arbeitsbereitschaft bejaht und es habe die wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nach der Pensionierung richtig festgestellt und gewürdigt.

II

Die Revision der Beklagten ist zulässig (§§ 162 Abs. 1 Nr. 1, 164 SGG); sie ist auch begründet.

Nach § 25 Abs. 2 Satz 1 AVG erhält auf Antrag das ("vorzeitige") Altersruhegeld der Versicherte, der das 60. Lebensjahr vollendet, die Wartezeit erfüllt hat - dies trifft beim Kläger zu - und seit mindestens einem Jahr ununterbrochen arbeitslos ist, für die weitere Dauer der Arbeitslosigkeit. Das LSG hat festgestellt, der Kläger sei am 4. Oktober 1960, an dem er das Altersruhegeld beantragt hat, seit mindestens einem Jahr ununterbrochen arbeitslos gewesen; es hat jedoch nicht alle Tatsachen ermittelt und gewürdigt, die für diese Feststellung erheblich gewesen sind. Das LSG hat für die Beurteilung der Frage, ob der Kläger "arbeitslos" gewesen ist, ausdrücklich zwar nur § 75 AVAVG (in der seit April 1957 geltenden Fassung) herangezogen; es hat jedoch in den Urteilsgründen erörtert, ob der Kläger in der maßgebenden Zeit "dem Arbeitsmarkt auch objektiv wie subjektiv zur Verfügung gestanden" habe, es hat damit zu Recht im Ergebnis für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit auch die Voraussetzungen des § 76 AVAVG geprüft. Zwar ist der Begriff der "Arbeitslosigkeit" nur in § 75 AVAVG erläutert, während sich aus § 76 AVAVG ergibt, unter welchen Voraussetzungen jemand der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und damit - bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen des § 74 Abs. 1 AVAVG - Anspruch auf Arbeitslosengeld oder (§ 145 Abs. 1 AVAVG) Unterstützung (Arbeitslosenhilfe) hat. Das Bundessozialgericht (BSG) hat jedoch mehrfach entschieden (vgl. Urteile des BSG vom 28. September 1961, BSG 15, 131 ff; vom 28. Februar 1963, BSG 18, 287 ff; vom 18. Februar 1964, BSG 20, 190 ff), Arbeitslosigkeit im Sinne von § 25 Abs. 2 AVG schließe grundsätzlich die Tatbestandsmerkmale des § 76 AVAVG ein; das Altersruhegeld wegen Arbeitslosigkeit solle ebenso wie das Arbeitslosengeld und die Unterstützung (Arbeitslosenhilfe) nur den Versicherten zugute kommen, die trotz ihrer Beschäftigungslosigkeit 1. ernstlich bereit, 2. ungeachtet der Lage des Arbeitsmarktes nach ihrem Leistungsvermögen imstande sowie 3. nicht durch sonstige Umstände ... gehindert seien, eine Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes auszuüben, und nach der im Arbeitsleben herrschenden Verkehrsauffassung für eine Vermittlung als Arbeitnehmer in Betracht kommen (§ 76 Abs. 1 Nr. 1-3 AVAVG).

Das LSG hat deshalb zu Recht zunächst geprüft (§ 75 Abs. 1 AVAVG), ob der Kläger "berufsmäßig in der Hauptsache als Arbeitnehmer tätig zu sein pflegt, aber vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht" (und nicht im Betrieb eines Angehörigen mithilft, was hier nicht in Betracht kommt). Die Erwägungen des LSG und der Beteiligten darüber, ob zum "Kreis der berufsmäßigen Arbeitnehmer" im sinne von § 75 Abs. 1 AVAVG auch Beamte im Ruhestand gehören können, sind jedoch nicht beachtlich. Der Senat hat - im Anschluß an BSG 18, 287 ff - in dem Urteil BSG 20, 190 ff eingehend dargelegt, daß die "Arbeitnehmereigenschaft" im Sinne von § 75 Abs. 1 AVAVG schon durch den Entschluß zur Aufnahme oder Wiederaufnahme abhängiger Arbeit begründet werde und nicht die vorherige Ausübung einer Arbeitnehmertätigkeit, noch weniger die Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erfordere. Deshalb gehört auch ein Beamter im Ruhestand, der sich zur Aufnahme oder Wiederaufnahme abhängiger Arbeit entschließt, zum Personenkreis des § 75 Abs. 1 AVAVG.

Das LSG hat jedoch nicht ausreichend geprüft, ob der Kläger auch alle Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 AVAVG erfüllt. Auch wenn das LSG - was hier nicht zu beanstanden ist - das Leistungsvermögen (§ 76 Abs. 1 Nr. 2) des Klägers bejaht und Hinderungsgründe für die Aufnahme einer mehr als nur geringfügigen Beschäftigung (§ 76 Abs. 1 Nr. 3) verneint hat, ist zu prüfen gewesen, ob sich die Arbeitsbereitschaft des Klägers darauf erstreckt habe, eine Beschäftigung "unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes" auszuüben und ob er insbesondere zur Aufnahme einer solchen Beschäftigung "ernstlich" bereit (§ 76 Abs. 1 Nr. 1) gewesen ist. Das LSG hat festgestellt, der Kläger habe sich bei dem Facharbeitsamt Berlin IV "für eine kaufmännische Tätigkeit registrieren lassen"; soweit der Kläger nach dem Urteil des LSG seine Arbeitsbereitschaft auch "durch Annoncenaufgaben bekundet" hat, ist nicht festgestellt, um welche Beschäftigungen der Kläger sich in diesen Anzeigen bemüht hat; in den vom Kläger dem LSG (mit Schriftsatz vom 25. März 1963) vorgelegten Anzeigen, die der Kläger übrigens erst etwa zwei Jahre nach Ablauf der für die Anwendung des § 25 Abs. 2 AVG maßgeblichen Jahresfrist aufgegeben hat, hat er sich als "Polizeibeamter i. R., Handlungsgehilfe, Lohnbuchhalter" bezeichnet, dem Senator für Verkehr und Betriebe in Berlin hat er sich nach seinen Angaben in diesem Schriftsatz "als Kassierer angeboten". Der allgemeine Arbeitsmarkt umfaßt jedoch fachlich alle Beschäftigungen, für die der Arbeitslose, ohne Einschränkung auf seine etwa früher ausgeübten Berufe, bei verständiger Prüfung des Einzelfalles in Betracht kommt (Urteil des BSG vom 30.10.1959, BSG 11, 16 ff), im vorliegenden Falle also nicht etwa nur kaufmännische Arbeiten. Auf diesen Kreis von Tätigkeiten muß sich auch ein Versicherter der gesetzlichen Rentenversicherungen im Rahmen des § 25 Abs. 2 AVG - ähnlich wie bei der Beurteilung der Erwerbsunfähigkeit in § 24 Abs. 2 AVG - vorweisen lassen, die Verweisungsmöglichkeiten sind im Recht der Rentenversicherungen nur bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit (§ 23 Abs. 2 AVG) stärker begrenzt. Der Kläger hätte daher dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung gestanden, wenn er sich etwa - mit oder ohne Inanspruchnahme des Arbeitsamts - nur um kaufmännische Tätigkeiten bemüht oder seine Arbeitsbereitschaft sonst eingeschränkt hätte.

Aber auch dann, wenn der Kläger sich zur Aufnahme jeder für ihn verständigerweise in Betracht kommenden Arbeit bereiterklärt hat, hat das LSG nach dem bisher ermittelten Sachverhalt noch nicht davon überzeugt sein dürfen, der Kläger sei hierzu auch "ernstlich" bereit gewesen. Der Senat hat in dem Urteil, BSG 20, 190 ff, 197 dargelegt, das Wort "ernstlich" besage nicht nur, daß Verwaltung und Gerichte die Arbeitsbereitschaft eingehend zu prüfen haben; da sich die Bereitschaft als subjektiver Vorgang der unmittelbaren Feststellung entziehe, sei das Wort "ernstlich" auf die objektiven Nachweise der Arbeitsbereitschaft zu beziehen. Die vom LSG bisher festgestellten objektiven Umstände genügen nicht, um die Ernstlichkeit der Arbeitsbereitschaft des Klägers darzutun. Zwar kann es hierfür von Bedeutung sein, daß sich ein bisher Beschäftigter, dessen Arbeitsleben nach allgemeiner Erfahrung noch nicht beendet ist, unmittelbar nach der Beendigung seines letzten Arbeitsverhältnisses arbeitslos gemeldet und der Meldekontrolle laufend unterzogen hat.

Der Meldung beim Arbeitsamt kommt aber als Indiz für die Ernstlichkeit der Arbeitsbereitschaft nicht die gleiche Bedeutung zu, wenn das Arbeitsleben infolge Erreichens einer gesetzlich oder auch vertraglich vorgesehenen Altersgrenze üblicherweise beendet ist und an die Stelle des bisherigen Arbeitseinkommens eine Versorgung auf öffentlich-rechtlicher oder auch privatrechtlicher Grundlage tritt. Die Meldung beim Arbeitsamt ist im vorliegenden Falle deshalb auch dann nicht als ausreichendes Indiz für die Ernstlichkeit der Arbeitsbereitschaft anzusehen wenn das LSG davon überzeugt gewesen ist, diese Meldung habe "nicht ausschließlich" den Zweck gehabt, die Voraussetzungen für den Anspruch auf das Altersruhegeld nach § 25 Abs. 2 AVG darzutun. Insoweit hat das LSG vielmehr die gesamten Arbeitsbemühungen des Klägers in der fraglichen Zeit und auf dem Gebiet des "allgemeinen Arbeitsmarktes" prüfen und es hat durch Rückfrage beim Arbeitsamt klären müssen, ob trotz günstiger Konjunkturlage Arbeitsmöglichkeiten für den Kläger auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in der fraglichen Zeit nicht nachweisbar gewesen sind; die vom LSG erwähnte Auskunft des Arbeitsamts (Bl. 68 der Gerichtsakten) besagt nur, es sei bisher nicht gelungen, dem Kläger "einen seinen Wünschen und Kenntnissen entsprechenden Arbeitsplatz" nachzuweisen, sie besagt nichts darüber, ob und welche Arbeitsmöglichkeiten dem Kläger angeboten worden sind und ob er zur Aufnahme von etwa angebotener Arbeit bereit gewesen ist, aber nur aus möglicherweise nicht von ihm zu vertretenden Gründen nicht hat vermittelt werden können. Einen objektiven Anhaltspunkt für die Ernstlichkeit der Arbeitsbereitschaft kann, was das LSG nicht verkannt hat, auch eine wesentliche Änderung in den persönlichen, insbesondere den wirtschaftlichen Verhältnissen bilden, wenn sie für den Versicherten erkennbar der Anlaß gewesen ist, trotz seines Alters noch oder wieder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch insoweit hat sich das LSG aber nicht damit begnügen dürfen, nur das dem Kläger "zunächst" gewährte Ruhegeld von 320,02 DM monatlich dem letzten Gehalt vor der Zurruhesetzung in Höhe von 770,85 DM monatlich gegenüberzustellen. Das LSG hat nicht außer acht lassen dürfen, daß sich in den von ihm beigezogenen Rentenakten der Beklagten eine Mitteilung befunden hat, wonach das Ruhegehalt des Klägers ab 1. Oktober 1959 533,36 DM, ab 1. März 1960 580,51 DM und ab 1. September 1960 620,42 DM betragen hat; selbst wenn es zutrifft, daß die Rente erst im August 1960 rückwirkend erhöht worden ist, so haben für die Beurteilung der Ernstlichkeit der Arbeitsbereitschaft des Klägers auch die Bezüge, die ihm zwar nachträglich, aber noch während des hier erheblichen Zeitraums (1. Oktober 1959 bis Anfang Oktober 1960) bewilligt worden sind, berücksichtigt werden müssen; insoweit ist auch die dem Kläger gewährte Abfindung von 6.304,13 DM zu beachten gewesen; das LSG hat zwar festgestellt, diese Abfindung habe die Verringerung des Einkommens des Klägers infolge der Zurruhesetzung "nur vorübergehend" ausgleichen können, es hat aber nicht erörtert, ob die Einkommensverringerung nicht jedenfalls in der hier in Betracht kommenden Jahresfrist durch eine auch nur teilweise Mitberücksichtigung der Abfindung ausgeglichen und eine wesentliche Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers, die einen Rückschluß auf die Ernstlichkeit seiner Arbeitsbereitschaft zuließe, jedenfalls in dieser Zeit nicht eingetreten ist. Die Beklagte hat die tatsächlichen Feststellungen des LSG, soweit sie für die Beurteilung der Arbeitslosigkeit des Klägers erheblich gewesen sind, sonach zu Recht angegriffen, diese Feststellungen sind damit für das BSG nicht bindend (§ 163 SGG). Es ist möglich, daß das LSG bei weiterer Aufklärung des Sachverhalts zu anderen tatsächlichen Feststellungen und damit zu einem anderen rechtlichen Ergebnis kommt. Auf die Revision der Beklagten war das Urteil des LSG daher aufzuheben. Die Sache war zu neuer Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs. 2 Satz 2 SGG).

Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2391775

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