Entscheidungsstichwort (Thema)

Zahlung von Unterhaltsgeld auch für die Zeit der Anfertigung des Meisterstücks und für die Zeit der Meisterprüfung

 

Orientierungssatz

Die nach AFG § 36 für die Förderung beruflicher Bildungsmaßnahmen erforderliche arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit ist danach zu beurteilen, welche Wirkung die Teilnahme an diesen Maßnahmen für den einzelnen haben wird. Der Erfolg einer Maßnahme in der beruflichen Wirklichkeit kann bei der Prüfung der Förderungsfähigkeit nicht außer acht gelassen werden. Für die Stellung auf dem Arbeitsmarkt ist aber - über den Erwerb der auf dem Meisterlehrgang vermittelten beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten hinaus - gerade die Ablegung der Meisterprüfung von besonderer Bedeutung. Inhaltlich müssen daher der auf die Ablegung dieser Prüfung ausgerichtete Meisterlehrgang und die anschließende Prüfung selbst als eine einheitliche Fortbildungsmaßnahme angesehen werden. Die Prüfung ist der qualifizierende Abschluß der Bildungsmaßnahme. Demgemäß ist auch in AFuU § 12 (Fassung: 1969-12-18) angeordnet, daß zu den von der BA zu tragenden notwendigen Lehrgangsgebühren auch Vorbereitungszeit zur Meisterprüfung (Anfertigung des Meisterstücks) und in der Prüfung selbst kein Unterricht erteilt wird, steht dieser Auffassung nicht entgegen. AFG § 34 S 2 bedeutet nicht, daß nur die Teilnahme an reinen Unterrichtsveranstaltungen gefördert werden soll. Im Rahmen der Förderung einer insgesamt durch Unterricht - also die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und die praktische Unterweisung durch Lehrkräfte - charakterisierten Bildungsmaßnahme ist die Förderbarkeit auch andersartiger - begleitender oder ergänzender - Veranstaltungen nicht ausgeschlossen. Der auf die Ablegung der Meisterprüfung ausgerichtete Meisterlehrgang und die anschließende Prüfung sind demnach eine einheitliche Bildungsmaßnahme, und zwar dann, wenn die Prüfung in zeitlichem und organisatorischem Zusammenhang mit dem Lehrgang steht.

 

Normenkette

AFG § 34 S. 2 Fassung: 1969-06-25, § 44 Abs. 1 Fassung: 1969-06-25; AFuU § 5 Abs. 1 Fassung: 1969-12-18, § 12 Fassung: 1969-12-18

 

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 19. Oktober 1973 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat dem Kläger die Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.

 

Tatbestand

Der im Jahre 1943 geborene Kläger, der das Tischlerhandwerk erlernt und ausgeübt hat, nahm in der Zeit vom 8. April 1969 bis zum 30. September 1970 an einem Vollzeitlehrgang der Staatlichen Gewerbeschule in H zur Vorbereitung auf die Meisterprüfung teil. Die Beklagte gewährte ihm für diese Zeit zunächst mit Bescheid vom 4. März 1969 eine Beihilfe zur beruflichen Fortbildung und vom Inkrafttreten des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) vom 1. Juli 1969 an mit Bescheid vom 5. September 1969 Unterhaltsgeld (Uhg) nach § 44 AFG. Außerdem übernahm sie die durch den Lehrgang anfallenden Kosten einschließlich der Prüfungsgebühren. Am 14. Oktober 1970 sprach der Kläger beim Arbeitsamt H. vor und begehrte die Weiterzahlung des Uhg bis zum 4. November 1970, dem für die mündliche Prüfung festgesetzten Tag. Die Beklagte sah dies als neuen Antrag an und gewährte ihm mit Bescheid vom 16. Oktober 1970 - geändert durch Bescheid vom 16. November 1970 - gekürztes Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG für die Zeit vom 14. Oktober bis 1. November 1970; vom 2. November 1970 an hatte der Kläger Krankengeld bezogen. Am 4. November 1970 legte der Kläger, der inzwischen sein Meisterstück gefertigt hatte, die Meisterprüfung bei der Handwerkskammer H ab.

Der Widerspruch des Klägers, mit dem er unter Hinweis auf die Anfertigung des Meisterstücks die Weiterzahlung des vollen Uhg über den 30. September 1970 hinaus bis zum Prüfungstag beantragte, hatte lediglich hinsichtlich der Berechnung des gekürzten Uhg Erfolg. Im übrigen wurde er mit der Begründung zurückgewiesen, die Meisterprüfung sei nicht mehr Bestandteil des bereits am 30. September 1970 beendeten Lehrgangs (Widerspruchsbescheid vom 30. April 1971).

Die hiergegen erhobene Klage hat das Sozialgericht (SG) Hamburg mit Urteil vom 26. September 1972 unter Zulassung der Berufung abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) dieses Urteil aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide antragsgemäß verurteilt, ihm für die Zeit vom 1. Oktober bis 1. November 1970 volles Uhg unter Anrechnung des für diese Zeit bereits gezahlten gekürzten Uhg zu gewähren (Urteil vom 19. Oktober 1973). Zur Begründung hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt: Die Meisterprüfung diene zwar nicht der Ausbildung, sondern der Kontrolle, ob die Kenntnisse und Fertigkeiten des Prüflings für eine Tätigkeit als Handwerksmeister ausreichen; sie sei aber für die Stellung auf dem Arbeitsmarkt von entscheidender Bedeutung, weil ohne sie die den Meistern vorbehaltenen Arbeiten nicht übernommen werden dürften. Der Zweck der Förderung einer Ausbildung zum Handwerksmeister sei also zumindest gefährdet, wenn die Prüfung davon ausgenommen werde. Demgemäß werde die Prüfung bei der Gebührenerstattung nach § 12 Satz 2 der Anordnung des Verwaltungsrates der Bundesanstalt für Arbeit über die individuelle Förderung der beruflichen Fortbildung und Umschulung vom 18. Dezember 1969 (AFuU 1969 - ANBA 1970 S. 85) auch ausdrücklich berücksichtigt; gleiches müsse für das Uhg nach § 44 AFG gelten. Das Uhg sei kein "Stundenlohn" für geleistete Unterrichtsstunden, sondern solle den Unterhalt während der Zeit sichern, die wegen der Ausbildung nicht zur Erwerbstätigkeit genutzt werden könne; es werde sogar für die notwendigen Erholungszeiten gewährt (§ 11 Abs. 4 AFuU 1969). Es sei daher nicht nur für die Prüfungszeit selbst, sondern auch für gewisse Zeiten der Vorbereitung auf die Prüfung zu leisten. Das gekürzte Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG könne regelmäßig nicht vor Ablegung der Abschlußprüfung gewährt werden; es dürfe aber auch keine Lücke in der wirtschaftlichen Sicherung gerade in dieser Zeit starker Belastung entstehen. Es entspreche auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, daß eine Ausbildung erst mit der Prüfung abgeschlossen werde (vgl. § 1259 Abs. 1 Nr. 4 b Reichsversicherungsordnung - RVO -). Aus den genannten Gründen sei Uhg grundsätzlich auch für die Dauer einer die Ausbildung abschließenden Prüfung zu zahlen, sofern diese sachlich und zeitlich an die Ausbildung anschließe; dabei müßten die Dauer der Prüfungsvorbereitung und der Prüfungsarbeiten in einem angemessenen Verhältnis zum Umfang und zur Bedeutung der Ausbildung stehen. Das sei hier der Fall. Von den fünf Wochen bis zur mündlichen Prüfung habe der Kläger rund vier Wochen zur Anfertigung des Meisterstücks - einem notwendigen Bestandteil der Meisterprüfung - gebraucht; das sei nach Auskunft der Gewerbeschule angemessen. Die Fortbildung des Klägers habe hiernach mit der Prüfung am 4. November 1970 abgeschlossen. Da die allgemeinen Voraussetzungen für die Förderung bis zum 1. November 1970 vorgelegen hätten, stehe ihm bis dahin noch das volle Uhg zu. Der Anspruch hänge nicht von einem besonderen Antrag ab, da er nur die Verlängerung der bereits im Januar 1969 beantragten Leistung betreffe, die von der Beklagten am 30. September 1970 zu früh eingestellt worden sei.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 34, 44 AFG und der §§ 5, 11 AFuU 1969 mit folgender Begründung: Nach § 34 Satz 1 AFG seien unter beruflichen Bildungsmaßnahmen nur Veranstaltungen in Unterrichtsform zu verstehen; dementsprechend sei in § 44 Abs. 1 AFG auch die Gewährung von Uhg auf Teilnehmer an Maßnahmen mit Unterricht beschränkt. Nach § 5 Abs. 1 AFuU 1969 sei Unterricht die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und die praktische Unterweisung durch Lehrkräfte. Beides liege bei der Anfertigung des Meisterstücks nicht vor. Für die hierzu verwandte Zeit könne daher Uhg auch nicht in sinngemäßer Anwendung des § 44 Abs. 1 AFG geleistet werden. Wäre die tatsächliche Teilnahme an einem Unterricht nicht Voraussetzung für die Gewährung von Uhg, so hätte es der Sonderregelung des § 11 Abs. 4 AFuU 1969 für die Zahlung von Uhg während der Unterrichtsferien nicht bedurft. Die Zeit der Anfertigung des Meisterstücks könne auch nicht als Prüfungszeit angesehen werden; erst die Begutachtung durch den Prüfungsausschuß gehöre zur Prüfung. Dem Kläger könne daher ungekürztes Uhg für die hier streitige Zeit nicht gewährt werden. Auf die Frage, ob ihm das gekürzte Uhg nach § 44 Abs. 5 AFG für die Zeit vom 14. Oktober ab zu Recht gewährt worden sei, komme es dabei nicht an. Wegen des Revisionsvorbringens im einzelnen wird auf den Inhalt der Revisionsbegründungsschrift Bezug genommen.

Die Beklagte beantragt,

unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 26. September 1972 zurückzuweisen,

hilfsweise,

die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündlicher Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) einverstanden erklärt.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision der Beklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das LSG hat zutreffend entschieden, daß die Beklagte dem Kläger für den hier streitigen Zeitraum von der Beendigung des Lehrgangs bis zum Beginn der Krankengeldzahlung Uhg nach § 44 Abs. 1 AFG zu gewähren hat.

Dieser Sachentscheidung steht nicht entgegen, daß in den das Uhg betreffenden früheren Bescheiden dem Kläger die Leistung jeweils nur bis zum 30. September 1970 bewilligt worden ist. Diese Befristung bedeutete keine Ablehnung der Leistung für einen möglicherweise längeren Zeitraum, für den die Anspruchsvoraussetzungen bei der Bewilligung noch nicht zu übersehen waren. Ebensowenig bedeutet es einen bindenden Verzicht auf die vom Kläger begehrte Weiterzahlung des vollen Uhg, daß er am 14. Oktober 1970 beim Arbeitsamt den Antrag auf das gekürzte Uhg stellte.

Bei der Ausbildung des Klägers zum Meister in seinem erlernten Handwerksberuf handelt es sich für ihn eindeutig um eine Maßnahme der beruflichen Fortbildung i. S. des § 41 Abs. 1 AFG. Es sind auch keine Umstände erkennbar, aus denen sich gegen die Richtigkeit der summarischen Feststellung des LSG, daß die Förderungsvoraussetzungen hierfür insgesamt unstreitig vorgelegen haben, irgendwelche rechtlichen Bedenken herleiten ließen. Die Förderbarkeit auch des hier streitigen Zeitraums ergibt sich dabei aus der Zusammengehörigkeit von Meisterlehrgang und Meisterprüfung. Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 17. Dezember 1974 - 7 RAr 36/73 - dargelegt hat, wird diese Zusammengehörigkeit vom Ziele der Förderung her deutlich. Die Förderung ist i. S. des § 43 Abs. 1 Nr. 1 AFG auf einen beruflichen Aufstieg des Klägers gerichtet. Dieser Aufstieg ist aber nicht schon mit dem Durchlaufen des Meisterkurses allein, sondern erst mit der Ablegung der Meisterprüfung erreicht. Die nach § 36 AFG für die Förderung beruflicher Bildungsmaßnahmen erforderliche arbeitsmarktpolitische Zweckmäßigkeit ist danach zu beurteilen, welche Wirkung die Teilnahme an diesen Maßnahmen für den einzelnen haben wird; der Erfolg einer Maßnahme in der beruflichen Wirklichkeit kann daher bei Prüfung der Förderbarkeit nicht außer acht gelassen werden. Für die Stellung auf dem Arbeitsmarkt ist aber - über den Erwerb der auf dem Lehrgang vermittelten beruflichen Kenntnisse und Fertigkeiten hinaus - gerade die Ablegung der Meisterprüfung von besonderer Bedeutung (vgl. §§ 7, 21, 48, 51 der Handwerksordnung - HWO -). Inhaltlich müssen daher der auf die Ablegung dieser Prüfung ausgerichtete Meisterlehrgang und die anschließende Prüfung selbst als eine einheitliche Fortbildungsmaßnahme angesehen werden. Die Prüfung ist der "qualifizierende Abschluß" der Bildungsmaßnahme, auf dessen Bedeutung auch die AFuU 1969 in § 2 Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 Satz 2, § 3 Abs. 3 Satz 1 hinweist. Demgemäß ist in § 12 AFuU 1969 angeordnet, daß zu den von der Beklagten zu tragenden notwendigen Lehrgangsgebühren auch die unvermeidbaren Prüfungsgebühren gehören. Schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung, erst recht aber nach Sinn und Zweck der Förderung der beruflichen Fortbildung handelt es sich dabei nicht um eine ausdehnende Sonderregelung, sondern um eine folgerichtige Klarstellung dahin, daß Bildungsmaßnahmen und abschließende Prüfung zusammengehören. Dem steht § 34 AFG, wonach sich die Förderung der Teilnahme an beruflichen Bildungsmaßnahmen auf Maßnahmen "mit" (verschiedenartigem) Unterricht erstreckt, nicht entgegen. Abgesehen davon, daß auch diese Vorschrift in Satz 2 letztlich auf den Erfolg abstellt, bedeutet sie nicht, daß lediglich die Teilnahme an reinen Unterrichtsveranstaltungen - hierzu gehört die auf Kontrolle des beruflichen Bildungsstandes gerichtete Meisterprüfung nicht - gefördert werden soll. Im Rahmen der Förderung einer insgesamt durch Unterricht - also die Vermittlung theoretischer Kenntnisse und die praktische Unterweisung durch Lehrkräfte - charakterisierten Bildungsmaßnahme ist die Förderbarkeit auch andersartiger - begleitender oder ergänzender - Veranstaltungen damit nicht ausgeschlossen.

Die Einbeziehung der Prüfung in eine Fortbildungsmaßnahme setzt allerdings voraus, daß es sich um eine diese Maßnahme abschließende Prüfung handelt. Es genügt dazu nicht, daß der Lehrgang inhaltlich der Vorbereitung auf eine Prüfung dient, vielmehr muß die Prüfung auch in zeitlichem und organisatorischem Zusammenhang mit dem Lehrgang stehen. Dieser Zusammenhang ergibt sich im vorliegenden Fall eindeutig daraus, daß die Staatliche Gewerbeschule dem Kläger bereits unter dem 2. September 1970 bescheinigte, daß der Vorbereitungslehrgang am 30. September enden, der Kläger anschließend in den Werkräumen der Schule sein Meisterstück (Dauer der Herstellung rund vier Wochen) fertigen und am 4. November die Prüfung ablegen werde. Da Lehrgang und Prüfung hiernach planmäßig aufeinander abgestimmt waren, ist es ohne Bedeutung, daß für die Prüfung nicht die Schule als Maßnahmeträger, sondern die Handwerkskammer zuständig war.

Ist hiernach die Prüfung im vorliegenden Fall als Bestandteil der Fortbildungsmaßnahme zu fördern, so muß das grundsätzlich auch hinsichtlich der Gewährung von Uhg für die Prüfungszeit insoweit gelten, als es dem Sinn und Zweck dieser Leistung entspricht. Das Uhg soll das Arbeitseinkommen des Bildungswilligen für die Zeit ersetzen, während der er wegen der Teilnahme an der Bildungsmaßnahme keine Erwerbstätigkeit zumutbar verrichten kann. Wenn § 44 Abs. 1 AFG hierbei wieder auf Maßnahmen "mit" Unterricht abstellt, so gilt insoweit das gleiche wie zu § 34 AFG. Nach der Fassung des Regierungsentwurfs zum AFG (§ 43 Abs. 1) sollte Uhg gewährt werden, wenn die Maßnahme wegen ihrer Art und ihres Umfangs die Arbeitskraft des Teilnehmers so in Anspruch nimmt, daß er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht (BT-Drucks. V/4110 S. 20 links). Mit der Abänderung durch den Bundestagsausschuß für Arbeit sollte lediglich die Anknüpfung an die Arbeitslosengeldregelung vermieden und die Abgrenzung erleichtert werden (s. zu Drucks. V/4110 S. 10 zu § 43 Abs. 1). Daß damit gegenüber dem Entwurf keine grundsätzliche Einschränkung der Leistungsgewährung beabsichtigt war, ist schon aus der Beseitigung des vorgesehenen völligen Ausschlusses der Teilnehmer an Maßnahmen mit berufsbegleitendem Unterricht ersichtlich. Aus der Begründung (aaO) ergibt sich auch, daß die Beschäftigung "über den Unterricht hinaus mit dem Nacharbeiten und Vorarbeiten des Lehrstoffes" Berücksichtigung finden sollte. Das LSG hat also zutreffend ausgeführt, daß das Uhg kein "Stundenlohn" für die Teilnahme an Unterrichtsstunden ist. Es ist daher grundsätzlich auch für Zeiten der Teilnahme an förderungsfähigen Maßnahmen zu gewähren, die aus besonderen Gründen nicht mit Unterricht belegt sind. Dementsprechend gewährt die Beklagte nach § 11 Abs. 4 AFuU 1969 das Uhg auch während der festgelegten Ferienzeiten, in denen kein Unterricht stattfindet. Sieht sie aber - in richtiger Auslegung des § 44 AFG - von dem Erfordernis der Unterrichtserteilung für diese Zeiten ab, in denen der Bildungswillige - streng genommen - durch die Teilnahme an der Maßnahme nicht an der Ausübung einer Erwerbstätigkeit gehindert wäre, so kann sie sich nicht auf das Fehlen des Unterrichts bei Zeiten berufen, in denen der Bildungswillige durch die Teilnahme an der eine Bildungsmaßnahme abschließenden Prüfung tatsächlich an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. Da die Gewährung des Uhg in diesem Falle noch wesentlich stärker dem Sinn und Zweck der Regelung entspricht, als in jenem, wäre es verfehlt, per argumentum e contrario aus der ausdrücklichen Regelung für Ferienzeiten auf die Unzulässigkeit der Uhg-Gewährung für Prüfungszeiten zu schließen.

Hiernach ist Uhg jedenfalls für die Zeit der Abschlußprüfung einer Bildungsmaßnahme in dem Umfang zu gewähren, in dem die notwendige Teilnahme an Prüfungsveranstaltungen der Teilnahme am Unterricht in § 44 Abs. 1 AFG entspricht. Dazu hat das LSG - soweit es sich um nach § 162 Abs. 2 SGG aF revisibles Recht handelt rechtsirrtumsfrei - festgestellt, daß die Anfertigung des Meisterstücks notwendiger, weil vorgeschriebener Bestandteil der Meisterprüfung ist (vgl. §§ 45 ff, § 91 Abs. 1 Nr. 6, § 106 Abs. 1 Nr. 9 HWO; § 17 der Meisterprüfungsordnung der Handwerkskammer Hamburg vom 24. Oktober 1967 iVm §§ 2, 3 der diese ergänzenden Fachlichen Vorschriften für die Meisterprüfung im Tischler-Handwerk). Hierfür hat der Kläger nach Feststellung des LSG die nach Auskunft der Staatlichen Gewerbeschule angemessene Zeit von vier Wochen verwendet; damit ist die hier streitige Zeit vom 1. Oktober bis zum 1. November 1970 fast voll mit einer Prüfungsveranstaltung belegt. Das LSG hat darüber hinaus zutreffend erkannt, daß für eine angemessene Zeit von der Beendigung der Unterrichtsveranstaltungen bis zum Prüfungsabschluß das Uhg weiterzugewähren ist, auch soweit sie nicht unmittelbar durch die Teilnahme an bestimmten Prüfungsmaßnahmen, sondern durch die Vorbereitung auf die Prüfung in Anspruch genommen wird. Durch die Regelung des § 44 Abs. 5 AFG wird sichergestellt, daß der Teilnehmer an einer Bildungsmaßnahme noch nach Abschluß der Maßnahme, d. h. - also nach Ablegung der Abschlußprüfung - für den Fall der Arbeitslosigkeit das - allerdings um 15 v. H. gekürzte - Uhg erhält. Es würde aber dem Sinn und Zweck der Uhg-Regelung widersprechen, den Teilnehmer für einen Zeitraum zwischen dem Ende des Unterrichts und dem Abschluß der Prüfung, von dem ab er erst wieder dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, ohne Unterhaltssicherung zu lassen. Der Umfang dieses Zwischenzeitraums, für den dem Prüfungsteilnehmer mit Rücksicht auf die Prüfungsvorbereitung die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten ist, muß allerdings in einem angemessenen Verhältnis zu den besonderen Anforderungen der Prüfung und dem Umfang und der Bedeutung der Ausbildung stehen. Dabei erübrigt sich für den vorliegenden Fall eine nähere Abgrenzung. Die wenigen zwischen Unterrichtsende, Anfertigung des Meisterstücks und Prüfungsabschluß dem Kläger verbleibenden veranstaltungsfreien Tage überschreiten jedenfalls nicht die Dauer einer nach Teilnahme an einem anderthalbjährigen Vollzeitlehrgang zuzubilligenden Vorbereitungszeit.

Die Revision der Beklagten ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1649548

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