Beteiligte

…, Klägerin und Revisionsklägerin

…, Beklagte und Revisionsbeklagte

1. …, 2. …

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) die vom beigeladenen Land Rheinland-Pfalz für die Klägerin entrichteten Nachversicherungsbeiträge von insgesamt 11.690,64 DM an das beigeladene Versorgungswerk der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern zu übertragen hat.

Die Klägerin war von November 1980 bis zum. 30. April 1983 im Bezirk des Oberlandesgerichts K. ... (OLG) als Rechtsreferendarin Beamtin auf Widerruf im Dienste des beigeladenen Landes. Bereits in einem Schreiben vom 10. März 1983 hatte der Präsident des OLG der Klägerin ua mitgeteilt: "Sie werden daher gebeten, frühestens ein Jahr nach Ablauf des Monats, in dem Sie die zweite juristische Staatsprüfung bestanden haben, eine Erklärung nach dem anliegenden Muster hier vorzulegen." In dem beigefügten Muster hieß es ua: "Unbedingt erst ein Jahr nach Ablauf des Monats, in der Sie die zweite juristische Staatsprüfung abgelegt haben, abgeben." Seit August 1983 ist die Klägerin als selbständige Rechtsanwältin tätig. Mit Wirkung vom 1. Februar 1985 errichtete das beigeladene Land das Versorgungswerk der rheinland-pfälzischen Rechtsanwaltskammern (Rechtsanwaltsversorgungsgesetz - RAVG - vom 29. Januar 1985 Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Rheinland-Pfalz - GVBl - S 37).

Am 6. Mai 1985 beantragte die Klägerin beim Präsidenten des OLG, die Nachversicherung bei dem beigeladenen Versorgungswerk durchzuführen. Der Beigeladene zu 1) führte jedoch insgesamt 11.690,64 DM Nachversicherungsbeiträge an die Beklagte ab. Mit dem streitigen Bescheid vom 5. Februar 1986, bestätigt durch Widerspruchsbescheid vom 17. April 1986, lehnte die Beklagte die Durchführung der Nachversicherung zum Beigeladenen zu 2) ab, weil die Klägerin innerhalb eines Jahres seit Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis weder Pflichtmitglied einer berufsständischen Versorgungseinrichtung geworden sei noch den Antrag auf Zahlung des Nachversicherungsbetrages an das Versorgungswerk gestellt habe (§ 124 Abs 6a und 6b des Angestelltenversicherungsgesetzes - AVG -).

Klage und - vom Sozialgericht Mainz (SG) zugelassene - Berufung, die auf die Überweisung der Nachversicherungsbeiträge an den Beigeladenen zu 2) gerichtet waren, sind erfolglos geblieben (Urteil des SG vom 8. Januar 1987; Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz - LSG - vom 21. Januar 1988). Das LSG hat ausgeführt, nach Wortlaut und Zweck der nicht planwidrig lückenhaften und verfassungsgemäßen Regelung des § 124 Abs 6a und 6b AVG bestehe die Wahlmöglichkeit des Nachversicherungsberechtigten nur für ein Jahr nach dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beamtentätigkeit. Ob der Beigeladene zu 1) eine weitergehende Zusage erteilt habe, könne dahingestellt bleiben, weil eine unvollständige oder unrichtige Auskunft des Arbeitgebers keinen Herstellungsanspruch gegen die Beklagte auslösen könne.

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 124 Abs 6a Satz 1 und Abs 6b AVG. Diese Vorschriften müßten im Wege der Analogie so gelesen werden, daß die dort genannten Jahresfristen erst mit der Errichtung eines Versorgungswerkes zu laufen beginnen, dies jedenfalls dann, wenn eine Nachversicherung bis dahin noch nicht durchgeführt worden sei. Außerdem habe das LSG § 34 des 10. Buches des Sozialgesetzbuches (SGB 10) verkannt. Der Präsident des OLG habe im Rahmen des Vollzugs des § 124 AVG zugesagt, sie könne ihr Wahlrecht - sogar frühestens - nach Ablauf eines Jahres nach Ablegung der zweiten juristischen Staatsprüfung ausüben. Auch § 9 Satz 2 SGB 10 sei verkannt worden, nach dem das Verwaltungsverfahren einfach und zweckmäßig durchzuführen ist. Die Beklagte habe über die Durchführung der Nachversicherung rechtswidrig entschieden, weil das Interesse an einem geordneten und klaren Verwaltungsvollzug wegen der Untätigkeit des Beigeladenen zu 1) nicht dadurch berührt werde, daß die Nachversicherung jetzt zum Beigeladenen zu 2) durchgeführt werde. Dieses vom Gesetzgeber angestrebte Ziel habe die Beklagte vereitelt. Auch seien § 1 AVG und Art 14 des Grundgesetzes (GG) verletzt, weil der zweckmäßige Aufbau einer Altersversorgung beeinträchtigt werde. Schließlich habe das Berufungsgericht gegen die §§ 153, 136 Abs 1 Nr 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) verstoßen. Es habe weder ihren Antrag vom 6. Mai 1985 noch die Nachversicherung zur Beklagten noch ihren vom Beigeladenen zu 1) bislang nicht beschiedenen Widerspruch von 5. November 1985 gegen die Durchführung der Nachversicherung zur Beklagten erwähnt. Das Verhalten des Beigeladenen zu 1) müsse sich die Beklagte zurechnen lassen, da der Gesetzgeber diesen Verfahrensteil dem ehemaligen Dienstherrn zugewiesen habe.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Mainz vom 21. Januar 1988 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 8. Januar 1987 zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 5. Februar 1986 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. April 1936 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Nachversicherungsbeiträge für die Zeit vom 1. November 1980 bis zum 30. April 1983 an das beigeladene Versorgungswerk zu überweisen.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Der Beigeladene zu 1) beantragt,

die Revision der Klägerin zu verwerfen.

Der Beigeladene zu 2) hat sich nicht geäußert.

Die Beklagte trägt vor: Da das berufsständische Versorgungswerk erst am 1. Februar 1985 errichtet worden sei, habe der gemäß § 124 Abs 6b AVG zu stellende Antrag nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Frist gestellt werden können. Ein anderes Ergebnis lasse sich weder durch einen Analogieschluß noch durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 124 AVG erzielen (Hinweis auf die Entscheidung des erkennenden Senats vom 11. Februar 1988 - 4/11a RA 9/87).

Das beigeladene Land meint, die von der Klägerin vorgebrachten Gründe trügen die Revision nicht. Das Schreiben des Präsidenten des OLG Koblenz vom 10. März 1983 enthalte keine Zusage. § 124 Abs 6a Satz 1 und Abs 6b AVG lasse keinen Raum für eine Analogie in dem von der Klägerin gewünschten Sinne. Auch ihre übrigen Rügen griffen nicht durch. Der zweckmäßige Aufbau einer Altersversorgung sei nicht beeinträchtigt, da die an die Beklagte entrichteten Nachversicherungsbeiträge für die Klägerin keinesfalls verloren und auch nicht wirtschaftlich wertlos seien. Daraus, daß die Nachversicherung bis Mai 1985 noch nicht durchgeführt worden sei, könne die Klägerin kein für sie günstigeres Ergebnis herleiten. Das Schreiben des Präsidenten des OLG vom 10. März 1983 habe sich offensichtlich nur auf die Nachversicherung in der Rentenversicherung der Angestellten bezogen. Da es damals noch kein gesetzliches Versorgungswerk für Rechtsanwälte in Rheinland-Pfalz gegeben habe, sei § 124 Abs 6a und 6b AVG nicht behandelt worden. Die in dem Schreiben hervorgehobene Jahresfrist sei die des § 125 Abs 1 Buchst d Unterabsatz aa) AVG gewesen. Hätte sich die Klägerin nach Ablauf dieser Jahresfrist gemeldet und ihr Beschäftigungsverhältnis dargelegt, wäre die Nachversicherung bei der Beklagten vor Februar 1985 abgeschlossen gewesen. Der Antrag auf Überweisung der Nachversicherungsbeiträge an den Beigeladenen zu 2) sei unwirksam gewesen, weil die Klägerin nicht innerhalb der Jahresfrist des § 124 Abs 6a AVG Mitglied des berufsständischen Versorgungswerks geworden sei.

II.

Die Revision ist zulässig. In der Sache ist das Begehren der Klägerin, die Beklagte zur Überweisung der Nachversicherungsbeiträge an die beigeladene Rechtsanwaltsversorgung zu verpflichten, nicht begründet.

Die Klägerin war während ihrer Referendarzeit in Rheinland-Pfalz vom 1. November 1980 bis zum 30. April 1983 nach § 6 Abs 1 Nr 2 AVG versicherungsfrei, weil sie als Landesbeamtin lediglich für ihren Beruf als Volljuristin ausgebildet wurde. Mit ihrem Ausscheiden aus dem versicherungsfreien Referendardienst traf den Dienstherrn, das beigeladene Land Rheinland-Pfalz, die Pflicht aus § 9 Abs 1 Satz 1 AVG, sie nachzuversichern. Zweck der Nachversicherung ist es, Personen, die im Hinblick auf eine anderweitige Versorgung in ihrer Beschäftigung versicherungsfrei waren, als Ersatz für die weggefallene Aussicht auf diese Versorgung eine soziale Sicherung durch die gesetzliche Rentenversicherung in der Weise zu verschaffen, daß sie gestellt werden, als seien sie versicherungspflichtig beschäftigt gewesen. Maßgebender Zeitpunkt für die Nachversicherung ist das unversorgte Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung. Zu diesem Zeitpunkt ist der Nachversicherungsfall eingetreten. Daher ist grundsätzlich die Nachversicherung sofort durchzuführen, wenn nicht im Einzelfall Gründe vorliegen, die den alsbaldigen Eintritt der Rentenversicherung entbehrlich machen, dh einen Aufschub der Nachversicherung (§ 125 AVG) rechtfertigen. Die Pflicht des Arbeitgebers, hier des beigeladenen Landes, die Nachversicherungsbeiträge sofort abzuführen, entsteht im Zeitpunkt des Ausscheidens des Beschäftigten aus dem Beamtenverhältnis (BSG SozR 2200 § 1403 RVO Nr 6 S 19 f mwN). Aus den vom Berufungsgericht in bezug genommenen Akten und dem Zusammenhang seiner tatsächlichen Feststellungen, an die der Senat gebunden ist (§ 163 SGG), ergibt sich, daß im Falle der Klägerin, die nach ihrem Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis am 30. April 1983 bereits Anfang August 1983 als selbständige Rechtsanwältin tätig geworden ist, weder Aufschubgründe iS von § 125 AVG vorgelegen haben, noch eine den Eintritt des Aufschubs bewirkende Entscheidung des beigeladenen Landes nach § 125 Abs 3 Satz 1 AVG ergangen noch der Klägerin eine Bescheinigung nach § 125 Abs 4 AVG erteilt worden ist. Da nur die Beklagte, nicht aber der Arbeitgeber mit bindender Wirkung für Arbeitgeber und Versicherten zu entscheiden hat, ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 125 Abs 1 AVG für einen Aufschub der Beitragsentrichtung gegeben sind und ob eine wirksame Aufschubentscheidung iS des § 125 Abs 3 AVG vorliegt (BSG SozR 2200 § 1403 Nr 2), die Beklagte aber keine derartige Entscheidung getroffen hat, mußte der Beigeladene zu 1) die Nachversicherungsbeiträge für die Klägerin sofort nach deren Ausscheiden aus dem Referendardienst, dh im Jahre 1983 an die Beklagte abführen. Das hat das beigeladene Land aber rechtswidrigerweise erst nach Ablauf von mehr als zwei Jahren im August 1985 getan. Daß es die Nachversicherung nicht alsbald nach dem Ausscheiden der Klägerin durchgeführt hat, berührt jedoch die Wirksamkeit der an die BfA entrichteten Nachversicherungsbeiträge nicht (Urteil des erkennenden Senats vom 11. Februar 1988 - 4/11a RA 9/87 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Beklagte hat sie auch nicht beanstandet.

Das beigeladene Land hat die Beiträge gemäß § 124 Abs 6 Satz 1 AVG zu Recht an die beklagte BfA entrichtet. Zwar sieht § 124 Abs 6a AVG in der ab 1. Januar 1973 geltenden Fassung des Art 1 § 2 Nr 34 des Rentenreformgesetzes (RRG) vom 16. Oktober 1972 (BGBl I S 1965) die Zahlung eines Betrages in Höhe der Nachversicherungsbeiträge auch an eine öffentlich-rechtliche Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung der Berufsgruppe des Nachzuversichernden vor. Indessen ist diese Sondernachentrichtung nur statthaft, wenn folgende Voraussetzungen (kumulativ) zusammentreffen:

-

Der Nachzuversichernde muß während der versicherungsfreien Beschäftigung bis zum Ausscheiden Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe gewesen sein oder nach dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer solchen Einrichtung werden;

-

diese Pflichtmitgliedschaft muß "innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden" erworben sein;

-

der Nachzuversichernde muß die Sondernachentrichtung an die Berufsversorgung wirksam beantragt haben. Der Antrag ist nur wirksam, wenn a) er innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung gestellt wird (Abs 6b Satz 1 aaO) und b) der Antragsteller "im Zeitpunkt der Antragstellung" der Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe iS von Abs 6a Satz 1 - letzter Teilsatz - aaO bereits "angehörte".

Im vorliegenden Fall hatte die Klägerin binnen einer Frist von einem Jahr, die mit dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Referendardienstzeit am 30. April 1933 begonnen hatte (vgl BSG SozR 2200 § 1403 Nr 3), weder die Mitgliedschaft in dem - damals noch nicht gegründeten - beigeladenen Versorgungswerk erworben, noch einen Antrag gestellt bzw stellen können. Das beigeladene Land war also nach dem Ausscheiden der Klägerin verpflichtet, die Nachversicherung bei der beklagten BfA durchzuführen. Die Nachversicherungsbeiträge gelten gemäß §§ 124 Abs 4 Satz 1, 9 Abs 5a AVG als rechtzeitige Pflichtbeiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Sie können der Klägerin nicht als "zu Unrecht entrichtete Beiträge" iS von § 26 Abs 1 der Gemeinsamen Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB 4) rückerstattet - und sodann etwa an den Beigeladenen zu 2) weitergeleitet - werden, da sie - wie ausgeführt - wirksam entrichtet worden sind. Schließlich liegt auch keine Zahlung an den unzuständigen Versicherungszweig vor, die zu der Erwägung veranlassen könnte, ob die Beiträge in entsprechender Anwendung von § 143 AVG zu beanstanden sind. Denn das Land konnte die Beiträge wie gesagt - wirksam nur an die Beklagte abführen. Nicht einmal eine Erstattung des sogenannten Hälfteanteils der Beiträge nach § 82 AVG kommt in Betracht, da die Klägerin gemäß § 10 Abs 1 und 3 AVG nach ihrem Ausscheiden aus dem Referendardienst zur freiwilligen Versicherung berechtigt ist. Es bedarf daher hier keiner Erörterung, ob dieser Erstattungsform nicht schon entgegensteht, daß die Nachversicherungsbeiträge in voller Höhe vom Arbeitgeber allein getragen worden sind (vgl § 82 Abs 8 AVG).

Dem Berufungsgericht ist entgegen der Ansicht der Klägerin darin beizupflichten, § 124 Abs 6a und 6b AVG sei nicht planwidrig lückenhaft. Sachgrund der Nachversicherung ist das durch den Ausfall der beamtenrechtlichen Versorgung hervorgerufene Schutzbedürfnis. Die während der versicherungsfreien Beschäftigung - in rückschauender Betrachtung - entstandene Sicherungslücke beim Aufbau eines Schutzes für Alter und Invalidität soll nach dem Zweck des Gesetzes beim Ausscheiden aus dieser Tätigkeit durch sofortige Nachversicherung dieser Zeiten geschlossen werden (BSG SozR 2200 § 1232 Nr 20 S 52 mwN). Daher darf die Nachentrichtung von Beiträgen nach näherer Maßgabe des § 125 Abs 1 AVG nur aufgeschoben werden, wenn nach den Umständen des Einzelfalles im Zeitpunkt des Nachversicherungsfalles, dh beim Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung, entweder das - im Regelfall vorliegende - Schutzbedürfnis nicht besteht (§ 125 Abs 1 Buchst a und c AVG) oder die begründete Aussicht gegeben ist, es werde nur vorübergehend vorliegen und in absehbarer Zeit, dh innerhalb eines Jahres oder bei sofort aufgenommener probeweiser Beschäftigung innerhalb von 2 Jahren, durch Fortsetzung einer versicherungsfreien Beschäftigung oder Übertritt in eine solche entfallen (§ 125 Abs 1 Buchst b und d AVG).

In dieses Schutzkonzept der Nachversicherungsregelungen fügt sich § 124 Abs 6a und 6b AVG ein. Er betrifft Personen, bei denen es fraglich sein kann, ob die Sicherungslücke zweckmäßig durch eine Nachversicherung gerade bei der BfA zu schließen ist. Gerade bei Pflichtmitgliedern berufsständischer Versicherungs- oder Versorgungseinrichtungen, die aus einer versicherungsfreien Beschäftigung ausscheiden, kann es nach den Umständen des Einzelfalles sowie nach Art und Ausmaß des durch diese Einrichtungen gewährten sozialen Schutzes dem genannten Grundgedanken der Nachversicherung mehr entsprechen, den Betrag der Beiträge, die an die BfA im Wege der Nachversicherung zu entrichten wären, statt dessen an die berufsständische Einrichtung abzuführen, um den durch sie gewährten Schutz zu verbessern. Auf welchem der beiden Wege die mit der Nachversicherung verfolgten Ziele eher erreicht und wirksamer durchgesetzt werden können, entzieht sich einer abschließenden Beurteilung durch den Bundesgesetzgeber. Denn zum einen werden Art und Umfang des durch derartige Einrichtungen gewährten Schutzes weithin durch die Gesetzgebung der Länder festgelegt, zum anderen sind häufig die Umstände des Einzelfalles für die Zweckmäßigkeit der einen oder anderen Lösung ausschlaggebend. Folgerichtig ist in § 124 Abs 6a und 6b AVG grundsätzlich und für den Regelfall die sofortige, dh keinen Aufschub (§ 125 AVG) duldende Nachversicherung bei der BfA vorgeschrieben. Für den Fall jedoch, daß im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung dem Schutzbedürfnis des Nachzuversichernden durch eine Zahlung an eine berufsständische Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung wirksamer Rechnung getragen werden kann, ist dem Nachzuversichernden der andere Weg eröffnet worden. Dessen Entscheidung, wie er sich effektiver zu sichern gedenkt, hängt demnach grundsätzlich davon ab, daß er im Zeitpunkt des Nachversicherungsfalles aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung seiner Berufsgruppe ist. Dadurch wird den Mitgliedern berufsständischer Versorgungseinrichtungen im Rahmen der Nachversicherung eine dem Antragsrecht auf Befreiung von der Versicherungspflicht (§ 7 Abs 2 AVG) entsprechende Rechtsstellung eingeräumt (vgl BT-Drucks VI/2916 S 45 f).

Da versicherungsfreie Beschäftigungen häufig - wie auch im vorliegenden Fall - der Berufsausbildung dienen und der Nachzuversichernde anschließend eine nichtangestelltenversicherungspflichtige Berufstätigkeit aufnimmt, aufgrund welcher er Pflichtmitglied einer berufsständischen Versicherungs- oder Versorgungseinrichtung wird, liegt es nach den Grundgedanken der Nachversicherung nahe, auch solchen Personen die Entscheidung über den für sie zweckmäßigen Weg anheimzustellen. Voraussetzung ist aber, daß der Schutz durch die berufsständische Einrichtung alsbald nach dem Ausscheiden des Nachzuversichernden aus der versicherungsfreien Beschäftigung wirksam wird. Denn nur dann kann der Nachzuversichernde vor die Frage gestellt sein, ob er besser durch die Nachversicherung bei der BfA oder durch eine vergleichbare Zahlung an die berufsständische Einrichtung geschützt wird. Da es typischerweise eine gewisse Zeit beansprucht, bis ein vormals versicherungsfrei beschäftigter Berufsanfänger eine nichtangestelltenversicherungspflichtige Tätigkeit aufnimmt und Pflichtmitglied einer berufsständischen Einrichtung wird, hält es sich im Regelungsrahmen der Nachversicherungsbestimmungen, daß der Gesetzgeber in Anlehnung an die Aufschubfristen des § 125 Abs 1 Buchst d Unterabschnitte aa) und cc) AVG einen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Nachversicherungsfall und dem Beginn der Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Einrichtung nur dann noch als gegeben erachtet, wenn der Schutz durch die berufsständische Einrichtung innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden beginnt.

Soweit die Klägerin meint, der Gesetzgeber habe nicht den Fall vor Augen gehabt, daß ein Versorgungswerk erst später als ein Jahr nach dem Ausscheiden errichtet wird, besagen die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks VI/2916 S 45 f) etwas anderes. Dort heißt es: "Personen einzubeziehen, die weder während des Beamtenverhältnisses noch binnen Jahresfrist nach dem Ausscheiden aus diesem Status Mitglieder eines Versorgungswerkes sind oder geworden sind, besteht keine Veranlassung." Da die Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk keinesfalls vor dessen Errichtung begründet werden kann, liegt auf der Hand, daß der von der Klägerin angesprochene Fall mitbedacht worden ist. Sie übersieht, daß nach § 124 Abs 6a und 6b AVG die sofort durchzuführende Nachversicherung die Regel, das Wahlrecht des Nachzuversichernden die zur Vermeidung einer von vornherein ineffektiven Doppelsicherung geschaffene Ausnahme ist.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die zeitliche Begrenzung von einem Jahr ab Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung sowohl für den Erwerb der Mitgliedschaft bei der öffentlich-rechtlichen Versicherungs- und Versorgungseinrichtung der Berufsgruppe als auch für einen wirksamen Antrag auf Sondernachentrichtung an diese Einrichtung nicht wegen Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) oder gegen die Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 GG) verfassungswidrig. Die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG; Art 100 Abs 1 Satz 1 GG) ist daher nicht geboten.

Der allgemeine Gleichheitssatz (Art 3 Abs 1 GG) wäre nur dann verletzt, wenn die gesetzliche Differenzierung zwischen den Nachzuversichernden, die innerhalb eines Jahres nach dem Ausscheiden Mitglied einer berufsständischen Einrichtung geworden sind, und solchen, die es erst später werden, willkürlich wäre (vgl BVerfGE 51, 295, 300 st Rspr). Art 3 Abs 1 GG setzt dem Gesetzgeber erst dort eine Schranke, wo die ungleiche Behandlung nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist oder sich ein einleuchtender Grund für die gesetzgeberische Differenzierung nicht finden läßt, dh wo die Regelung unter keinem sachlich vertretbaren Grund gerechtfertigt erscheint (BVerfGE 60, 16, 43 st Rspr). Daß sachgerechte Gründe dafür sprechen, die Beachtlichkeit des Erwerbs einer Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Einrichtung für die Durchführung der Nachversicherung höchstens für die Dauer eines Jahres seit dem Eintritt des Nachversicherungsfalles anzuerkennen, ergibt sich bereits aus den obigen Darlegungen. Außerdem spricht dafür, daß nicht für eine unbestimmte Dauer nach dem Ende der versicherungsfreien Beschäftigung unklar oder in der Schwebe bleiben kann, ob der Ausgleich der Sicherungslücke bei der BfA oder außerhalb des Anwendungsbereiches des Sozialgesetzbuches auf andere Weise erfolgen soll. Tritt etwa durch Unfall alsbald nach dem Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung der Versicherungsfall der Berufs- oder der Erwerbsunfähigkeit - selbst bei dann unschädlich nicht erfüllter Wartezeit - ein (vgl §§ 23 Abs 1, 2 und 2a Nr 2; 24 Abs 2a iVm § 29 AVG), darf keine Ungewißheit darüber bestehen, ob der Nachzuversichernde die BfA als leistungsverpflichteten Versicherungsträger in Anspruch zu nehmen hat. Ferner begründet die sofort durchzuführende Nachversicherung bei der BfA zwischen dem Versicherten und diesem Leistungsträger gegenseitige Rechtsbeziehungen, die eine zeitlich unbeschränkte Übertragung der wirksam nachentrichteten Beiträge auf eine berufsständische Einrichtung nicht zulassen. Die Beklagte wäre wegen des Erfordernisses der Bereitstellung von Haushaltsmitteln für nicht vorhersehbare Erstattungsfälle belastet, der Versicherte in seiner Fähigkeit eingeschränkt, in bezug auf die versicherten Lebensrisiken für die Zukunft verläßlich und auf Dauer vorzusorgen. Außerdem würde der Nachversicherte durch eine zeitlich unbegrenzte Ausdehnung seines Wahlrechtes übersichert, weil er bis zum Beginn seiner Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Einrichtung bereits den Versicherungsschutz der Angestelltenversicherung genossen und ggf Leistungen unter Berücksichtigung des Wertes der Nachversicherungsbeiträge bezogen haben könnte, dann aber einen Teil seiner Beiträge der Versichertengemeinschaft wieder entziehen könnte.

Eine Verletzung der Eigentumsgarantie (Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 GG) liegt gleichfalls nicht vor. Der Klägerin wird durch § 124 Abs 6a und 6b AVG kein rechtlicher Vorteil genommen, der ihr unabhängig von diesen Vorschriften gesetzlich zuerkannt war. Der Wert der Nachversicherungsbeiträge in der Rentenversicherung wird nicht angetastet. Die Nachversicherungsbeiträge gelten vielmehr als rechtzeitig entrichtete Beiträge für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Abgesehen davon, daß fraglich ist, ob diese Beiträge überhaupt dem Schutz des Eigentumsrechts nach Art 14 Abs 1 Satz 1 GG unterfallen, weil sie allein aus dem Vermögen des Arbeitgebers entrichtet worden sind, werden sie durch die hier allein streitige Beschränkung der Wahlmöglichkeit nicht zu wirtschaftlich oder rechtlich nutzlosen Aufwendungen. Beispielsweise gehen sie mit vollem Wert in eine Erwerbs- oder Berufsunfähigkeitsrente nach näherer Maßgabe des § 29 Abs 1 und 2 AVG ein, können - falls die Klägerin von ihrem Recht auf freiwillige Versicherung (§ 10 Abs 1 AVG) Gebrauch macht - zur Begründung eines Anspruches auf Altersruhegeld beitragen und insbesondere dann Bedeutung erlangen, wenn sie später in eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung übertreten sollte. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt sich die Ausgestaltung der Wahlmöglichkeit nach § 124 Abs 6a und 6b AVG als eine begünstigende Inhaltsbestimmung des Renteneigentums dar. Denn den Versicherten wird bei einem Ausscheiden aus einer versicherungsfreien Beschäftigung nicht nur der sofortige Schutz durch die Nachversicherung bei der BfA gewährt, sondern - wie ausgeführt - sachlich und zeitlich begrenzt zusätzlich noch die Befugnis, eine für sie günstigere Regelung zu wählen. Losgelös1-1 von diesen - grundgesetzgemäßen - Bestimmungen des Rentenversicherungsrechts gewährleistet Art 14 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 GG kein Recht auf "zweckmäßigen Aufbau einer Altersversorgung". Schutzobjekt ist vielmehr die gesamte erworbene rentenversicherungsrechtliche Position (BVerfGE 58, 109), nicht hingegen die Freiheit, über Art und Umfang der Altersvorsorge zu bestimmen. Es kann offen bleiben, ob insoweit Art 2 Abs 1 GG Grundrechtsschutz gewährt. Denn in ihrer Freiheit, Eigenvorsorge für das Alter zu treffen, wird die Klägerin nicht beeinträchtigt. Durch die Einräumung der zeitlich begrenzten Befugnis, den gesetzlichen Schutz durch Nachversicherung bei der BfA abzulehnen und statt dessen eine Zahlung des Arbeitgebers an eine berufsständische Einrichtung beanspruchen zu können, wird die Entscheidungsfreiheit der Klägerin, eigene Mittel, etwa durch Privatversicherungen oder Vermögensbildung, zur Vorsorge für Alter und Invalidität zu verwenden, nicht berührt. Die Beträge, die der frühere Arbeitgeber zur Nachversicherung oder zur Zahlung an eine berufsständische Einrichtung aufwenden muß, haben der Verfügungsgewalt der Klägerin niemals unterlegen. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, daß nach § 2 Abs 2 Nr 1 RAVG Rechtsanwälte auf Antrag ua dann von der Mitgliedschaft zum Beigeladenen zu 2) zu befreien sind, wenn sie bei Inkrafttreten des RAVG am 1. Februar 1985 in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert waren oder als freiwillig Versicherte an diese einkommensbezogene Beiträge unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze entrichtet und gleichzeitig ihre Anwartschaft auf eine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeitsrente aufrechterhalten haben. Es stand daher in der Disposition der Klägerin, durch eine Antragspflichtversicherung nach § 2 Abs 1 Nr 1 RAVG oder durch eine ausreichende freiwillige Versicherung die Voraussetzungen für eine Befreiung von der Mitgliedschaft, in der berufsständischen Einrichtung zu schaffen.

Im Ergebnis zutreffend hat das Berufungsgericht auch entschieden, die Klägerin könne den geltend gemachten Anspruch nicht auf eine vom Präsidenten des OLG erteilte Zusicherung oder auf einen Herstellungsanspruch stützen. Nach § 34 Abs 1 Satz 1 SGB 10 ist eine Zusicherung eine von der zuständigen Behörde erteilte Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen oder zu unterlassen. Darüber, ob dem Schreiben des Präsidenten des OLG vom 10. März 1983 eine derartige Zusage zu entnehmen ist, hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Aber selbst wenn die Erklärung den von der Klägerin behaupteten Inhalt hätte, könnte sie keine Rechtswirkung entfalten. Sie wäre nämlich gemäß § 34 Abs 2, 40 Abs 1 SGB 10 nichtig, weil sie an einem besonders schwerwiegenden und bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundigen Fehler litte, nämlich dem der absoluten Unzuständigkeit des Dienstherrn. Für die Vollziehung der Nachversicherung gemäß §§ 9, 124, 125 AVG ist - wie dargelegt - allein der Rentenversicherungsträger zuständig und hierbei auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern befugt, die Nachentrichtung der Beiträge durch Verwaltungsakt einzufordern. Öffentlich-rechtliche Arbeitgeber nehmen im Nachversicherungsverfahren grundsätzlich keine Aufgaben nach dem Sozialgesetzbuch wahr. Nur bei einer - im vorliegenden Fall nicht ergangenen - Entscheidung über den Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen nach § 125 Abs 3 Satz 1 iVm § 6 Abs 2 AVG üben sie öffentlich-rechtliche Befugnisse aus, deren Wirkung sich aber auf eine verwaltungs- oder arbeitsrechtliche Vorfrage beschränkt (BSG SozR 2200 § 1403 Nr 2 S 3 mwN).

Schließlich steht der Klägerin kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch gegen die Beklagte oder gegen das beigeladene Land zu. Dahingestellt bleiben kann, ob, was Voraussetzung eines solchen Anspruches wäre, ihr durch rechtswidriges, der Beklagten zuzurechnendes Verhalten ein Nachteil in der Sozialversicherung entstanden ist. Dies dürfte schon deswegen zumindest fraglich sein, weil sich der Rentenversicherungsträger bei Durchführung der Nachversicherung grundsätzlich das Verhalten des Arbeitgebers, der lediglich Zahlungsschuldner ist, nicht wird zurechnen lassen müssen. Auch ist nicht ersichtlich, worin der sozialrechtliche Nachteil der Klägerin bestehen könnte. Hätte sie sich nämlich nicht durch die - inhaltlich wohl nur auf die Aufschubregelung des § 125 AVG bezogenene - Belehrung in dem Schreiben vom 10. März 1983 von einer Antragstellung binnen eines Jahres seit dem Ausscheiden abhalten lassen, wäre die Nachversicherung in der nunmehr - verspätet - durchgeführten Weise schon damals vorzunehmen gewesen. Dies bedarf vorstehend keiner weiteren Erörterung, weil ein Herstellungsanspruch nur auf die Vornahme einer gesetzmäßigen Verwaltungshandlung gerichtet sein kann (BSGE 41, 126, 128 = SozR 7610 § 242 Nr 5, st Rspr). Nach dem Gesetz war aber die Nachversicherung der Klägerin bei der Beklagten - wie geschehen - durchzuführen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Bundessozialgericht

4 RA 18/88

Verkündet am

1. September 1988

 

Fundstellen

Dokument-Index HI518006

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